Eigenschaften/WirkungenATC-Code
L01BC59
Pharmakotherapeutische Gruppe: antineoplastische Mittel, Antimetaboliten
Wirkungsmechanismus
Lonsurf enthält das antineoplastische, Thymidin-basierte Nukleosid-Analoga Trifluridin und den Inhibitor der Thymidin-Phosphorylase (TPase) Tipiracil-Hydrochlorid, die in einem molaren Verhältnis von 1:0,5 kombiniert sind (Massenverhältnis 1:0,471).
Nach Aufnahme in Tumorzellen wird Trifluridin durch die Thymidin-Kinase phosphoryliert und als Desoxyribonucleinsäure-Substrat (DNS-Substrat) metabolisiert. Dann wird es über denselben Metabolismusweg wie das natürliche Substrat Thymidin direkt in den DNS-Strang eingebaut, und zwar an den Stellen gegenüber von Adenin. Dadurch greift Trifluridin in DNS-Funktionen ein, unterbricht den Zellzyklus in der Phase G2/M und begrenzt die Zellproliferation.
Trifluridin wird jedoch rasch durch TPase abgebaut und unterliegt nach oraler Einnahme einem hohen First-Pass-Effekt. Daher wird Trifluridin mit dem TPase-Inhibitor Tipiracil-Hydrochlorid kombiniert.
In präklinischen Studien wurde für Trifluridin/Tipiracil-Hydrochlorid sowohl an kolorektalen Tumorzelllinien, die auf 5-Fluorouracil (5-FU) ansprachen, als auch an resistente Zelllinien eine Antitumoraktivität gezeigt.
Die zytotoxische Aktivität von Trifluridin/Tipiracil-Hydrochlorid korrelierte in unterschiedlichen humanen Tumor-Xenotransplantaten stark mit der in die DNS eingebauten Menge von Trifluridin, was den Einbau von Trifluridin in die zelluläre DNS als primären Wirkungsmechanismus nahelegt.
Pharmakodynamik
In einer unverblindeten Studie mit Patienten mit fortgeschrittenen soliden Tumoren wurde die Wirkung von Lonsurf auf das QT/QTc-Intervall untersucht. Laut den Ergebnissen des linearen gemischten Modells überschritt in keinem Fall der obere Grenzwert des einseitigen 95-%-Vorhersageintervalls den Schwellenwert der Nichtunterlegenheit von 20 ms. Lonsurf hatte im Vergleich zum Placebo keinen klinisch relevanten Effekt auf das QT/QTc-Intervall (siehe Tabelle 5).
Tabelle 5: Vorhersagemodell für die adjustierten Veränderungen des QTc-Intervalls gegenüber den Ausgangswerten und dem Placebo in Abhängigkeit von den Trifluridin-Plasmakonzentrationen (im Hinblick auf die kardiale Sicherheit evaluierbare Population, n = 30)
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Schätzunga
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90 %-Vorhersageintervallea
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Gabe einer Einzeldosis (Zyklus 1, Tag 1)
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Bei der mittleren Cmax (2974,7 ng/ml nach 2 h)
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0,9524
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(–2,6185; 4,5233)
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Bei der beobachteten Cmax (7490 ng/ml nach 0,5 h)
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7,4136
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(3,0936; 11,7337)
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Gabe mehrerer Dosen (Zyklus 1, Tag 12)
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Bei der mittleren Cmax (5583,3 ng/ml nach 2 h)
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–2,2420
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(–5,7066; 1,2226)
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Bei der beobachteten Cmax (11900 ng/ml nach 0,5 h)
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4,0010
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(0,1737; 7,8282)
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a
Der Schätzwert und das zweiseitige 90 %-Vorhersageintervall sind Vorhersageschätzungen für die adjustierten Veränderungen gegenüber den Ausgangswerten und dem Placebo des Modells. Anmerkung: Die mittlere Cmax ist der Durchschnitt der Cmax-Werte aller Patienten der Population für die kardiale Sicherheit; die beobachtete Cmax ist der höchste Cmax-Wert aller Patienten der für die kardiale Sicherheit evaluierbaren Population.
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Klinische Wirksamkeit
Metastasiertes kolorektales Karzinom
Randomisierte Phase-III-Studie mit Lonsurf als Monotherapie im Vergleich zu Placebo
Die klinische Wirksamkeit und Sicherheit von Lonsurf wurden in einer internationalen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Studie (RECOURSE) bei Patienten mit vorbehandeltem metastasiertem KRK untersucht. Der primäre Endpunkt für die Wirksamkeit war das Gesamtüberleben (Overall Survival, OS); weitere Wirksamkeitsendpunkte waren das progressionsfreie Überleben (Progression Free Survival, PFS), die Tumoransprechrate (Overall Response Rate, ORR) und die Krankheitskontrollrate (Disease Control Rate, DCR: vollständiges Ansprechen, teilweises Ansprechen oder Stabilisierung der Krankheit). Insgesamt wurden 800 Patienten in einem Verhältnis von 2:1 randomisiert und erhielten entweder Lonsurf (n = 534) plus bestmögliche unterstützende Therapie (Best Supportive Care, BSC) oder ein Placebo (n = 266) plus BSC. Lonsurf wurde basierend auf der Körperoberfläche (KOF) dosiert, wobei die Anfangsdosierung 35 mg/m2/Dosis betrug. Die Studienmedikation wurde über die ersten 2 Wochen hinweg zweimal täglich, jeweils morgens und abends nach den Mahlzeiten, an den ersten 5 Tagen pro Woche oral gegeben, gefolgt von 2 Tagen Pause. Darauf folgten 2 Wochen Therapiepause. Dieser Zyklus wurde alle 4 Wochen wiederholt. Die Behandlung wurde bis zur Krankheitsprogression oder dem Auftreten einer inakzeptablen Toxizität (siehe «Dosierung/Anwendung») fortgesetzt.
Das mediane Alter der 800 randomisierten Patienten betrug 63 Jahre, 61 % waren männlich, 58 % Kaukasier, 35 % asiatisch/orientalisch und 1 % der Patienten war afroamerikanisch mit schwarzer Hautfarbe. Alle Patienten hatten zu Beginn einen ECOG-Performance-Status (PS) von 0 oder 1 (ECOG = Eastern Cooperative Oncology Group). Die Erkrankung trat primär im Kolon (62 %) oder im Rektum (38 %) auf. Zu Studienbeginn lag bei 51 % aller Patienten eine KRAS-Mutation vor, während bei 49 % der Patienten KRAS in der Wildtyp-Form vorlag. Die Patienten hatten median drei vorgängige Therapielinien gegen das metastasierte KRK erhalten. Alle Patienten waren mit Fluoropyrimidin-, Oxaliplatin- und Irinotecan-basierten Chemotherapien vorbehandelt. Alle, ausser einem Patienten, hatten Bevacizumab und alle Patienten mit KRAS-Wildtyp-Tumoren, bis auf zwei Patienten, hatten Panitumumab oder Cetuximab erhalten. Beide Studienarme waren im Hinblick auf die krankheitsspezifischen und demografischen Charakteristika zu Studienbeginn vergleichbar.
Eine wie geplant nach 72 % Ereignissen (n = 574) durchgeführte erste Analyse des primären Endpunkts (OS) zeigte einen klinisch relevanten und statistisch signifikanten Überlebensvorteil von Lonsurf plus BSC im Vergleich zu Placebo plus BSC (Hazard Ratio [HR]: 0,68, 95 % KI [0,58; 0,81]; p < 0,0001). Das mediane OS betrug 7,1 Monate in der Gruppe Lonsurf plus BSC bzw. 5,3 Monate in der Placebogruppe; die Einjahresüberlebensrate betrug 26,6 % in der Lonsurf- bzw. 17,6 % in der Placebogruppe plus BSC.
Das PFS war bei Patienten, die Lonsurf plus BSC erhielten, signifikant besser (HR: 0,48, 95 % KI [0,41; 0,57]; p < 0,0001) (siehe Tabelle 6).
Tabelle 6: Ergebnisse zur Wirksamkeit aus der klinischen Phase-III-Studie (RECOURSE) bei Patienten mit metastasiertem kolorektales Karzinom
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Lonsurf + BSC (n=534)
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Placebo + BSC (n=266)
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Gesamtüberleben (OS)
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Anzahl Todesfälle, n (%)
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364 (68,2)
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210 (78,9)
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Medianes OS (Monate)a [95 % KI]b
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7,1 [6,5; 7,8]
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5,3 [4,6; 6,0]
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Hazard Ratio [95 % KI]
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0,68 [0,58; 0,81]
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p-Wert c
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< 0,0001 (einseitig und zweiseitig)
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Progressionsfreies Überleben (PFS)
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Anzahl Ereignisse «Progression oder Tod», n (%)
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472 (88,4)
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251 (94,4)
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Medianes PFS (Monate)a [95 % KI]b
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2,0 [1,9; 2,1]
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1,7 [1,7; 1,8]
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Hazard Ratio [95 % KI]
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0,48 [0,41; 0,57]
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p-Wertc
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< 0,0001 (einseitig und zweiseitig)
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a Kaplan-Meier-Schätzungen
b Nach der Methode von Brookmeyer und Crowley
c Stratifizierter Log-Rank-Test (Strata: KRAS-Status, Zeit seit der Diagnose der ersten Metastase, Region)
Eine nach 89 % der Ereignisse (n = 712) durchgeführte aktualisierte Analyse des OS bestätigte den klinisch relevanten und statistisch signifikanten Überlebensvorteil von Lonsurf plus BSC im Vergleich zu Placebo plus BSC (HR: 0,69, 95 % KI [0,59; 0,81]; p < 0,0001); das mediane OS betrug 7,2 Monate in der Lonsurf- bzw. 5,2 Monate in der Placebogruppe, die Einjahresüberlebensrate 27,1 % bzw. 16,6 %.
Der OS-Vorteil von Lonsurf gegenüber dem Placebo wurde sowohl in der Subgruppe der Patienten mit mutiertem KRAS-Status als auch bei Patienten mit nichtmutiertem KRAS-Status (Wildtyp) beobachtet.
Bei den Patienten mit nichtmutiertem KRAS-Status betrug das mediane OS 8 Monate (95 % KI [6,9; 9,2]) in der Gruppe Lonsurf plus BSC bzw. 5,7 Monate (95 % KI [4,5; 6,6]) in der Gruppe Placebo plus BSC (Hazard Ratio 0,58, 95 % KI [0,45; 0,74]); bei den Patienten mit mutiertem KRAS-Status betrug das mediane OS 6,5 Monate (95 % KI [5,6; 7,1]) in der Lonsurf-Gruppe bzw. 4,9 Monate (95 % KI [4,2; 6,1]) in der Placebogruppe (Hazard Ratio 0,80, 95 % KI [0,63; 1,02]). Es wurde keine statistisch signifikante Interaktion zwischen dem Status des KRAS-Gens und der Studienbehandlung festgestellt (p = 0,4213).
Zwischen den beiden Gruppen bestand kein Unterschied im Hinblick auf die beste vollständige oder teilweise Tumoransprechrate ORR (siehe Tabelle 7). Ein deutlicher Unterschied wurde jedoch festgestellt beim Anteil der Patienten, bei denen die Stabilisierung der Krankheit das beste Ansprechen war (42,4 % in der Gruppe Lonsurf plus BSC bzw. 15,9 % in der Gruppe Placebo plus BSC); bei der DCR bestand ein signifikanter Unterschied von 27,7 Prozentpunkten (95 % KI [21,5; 34,0]; p < 0,0001) zwischen der Lonsurf- (44 %) und der Placebogruppe (16 %).
Tabelle 7: Beste ORR/DCR (im Hinblick auf das Tumoransprechen evaluierbare Population, n = 760)
Parameter
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Lonsurf (n=502)
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Placebo (n=258)
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Beste Tumoransprechrate (ORR)
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n (%)
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95 % KIa
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n (%)
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95 % KIa
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Vollständig oder teilweise
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8 (1,6)
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0,7; 3,1
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1 (0,4)
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0,0; 2,1
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Vollständig
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0 (0,0)
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1 (0,4)
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Teilweise
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8 (1,6)
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0 (0,0)
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Stabile Krankheit
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213 (42,4)
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41 (15,9)
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Krankheitsprogression (radiologisch)
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260 (51,8)
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195 (75,6)
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Nicht evaluierbarb
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21 (4,2)
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21 (8,1)
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Vollständig, teilweise oder stabile Krankheit (DCR)
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221 (44,0)
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39,6; 48,5
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42 (16,3)
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12,0; 21,4
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Unterschied der ORR (Lonsurf–Placebo [95 % KIc]
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1,2 [–0,1; 2,5]
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p-Wertd
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0,2862
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Unterschied der DCR (Lonsurf–Placebo [95 % KIc]
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27,7 [21,5; 34,0]
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p-Wertd
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< 0,0001
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a
Zweiseitiges Konfidenzintervall nach Clopper-Pearson. b Tumorbedingt verstorbene Patienten, die im Laufe der Behandlungsphase der Studie jedoch nicht evaluiert wurden. c Normal-Approximation. d Zweiseitiger Fisher-Test.
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Eine Behandlung mit Lonsurf plus BSC führte zu einer statistisch signifikanten Verlängerung eines ECOG-PS von unter 2 im Vergleich zu Placebo plus BSC. Die mediane Zeit bis zum Erreichen eines ECOG-PS von ≥2 betrug in der Lonsurf-Gruppe 5,7 Monate und in der Placebogruppe 4,0 Monate (HR: 0,66, 95 % KI [0,56; 0,78]; p < 0,0001).
Randomisierte Phase-III-Studie mit Lonsurf in Kombination mit Bevacizumab im Vergleich mit Lonsurf
Die klinische Wirksamkeit und Sicherheit von Lonsurf in Kombination mit Bevacizumab wurde in einer internationalen randomisierten offenen Phase-III-Studie (SUNLIGHT) bei Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom beurteilt, die zuvor ein therapeutisches Schema von maximal zwei systemischen Behandlungen für fortgeschrittene Krankheiten erhalten hatten, darunter Fluoropyrimidin, Irinotecan, Oxaliplatin, ein monoklonaler anti-VEGF-Antikörper und/oder ein monoklonaler anti-EGFR-Antikörper für Patienten mit einem Tumor vom RAS-Wildtyp. Primärer Wirksamkeitsendpunkt war das Gesamtüberleben und sekundäre Wirksamkeitsendpunkte waren das progressionsfreie Überleben (PFS, progression-free survival) gemäss Beurteilung durch den Prüfarzt.
Insgesamt 492 Patienten wurden 1:1 randomisiert, entweder in den Studienarm mit Lonsurf in Kombination mit Bevacizumab (n=246) oder in den Studienarm mit Lonsurf als Monotherapie (n=246).
Die Patienten erhielten Lonsurf (Anfangsdosis 35 mg/m2) per os zweimal täglich an den Tagen 1 bis 5 und 8 bis 12 eines jeden 28tägigen Zyklus, allein oder in Kombination mit Bevacizumab (5 mg/kg) intravenös verabreicht alle 2 Wochen (an den Tagen 1 und 15) eines jeden 4-wöchigen Zyklus. Ausgeschlossen von der Studie waren Patienten mit unkontrollierter Hypertonie, einer Proteinurie ≥1 g/24 h oder 2+ im Urin-Teststreifen, einem thromboembolischen Ereignis mit Ursprung aus einer tiefen Vene oder einer Hämorrhagie/einer Blutung des Grades ≥3 in den 4 Wochen vor der Randomisierung, einer bekannte Gerinnungsstörung oder einem thromboembolischen Ereignis an einer tiefen Arterie im Verlauf der 6 letzten Monate.
Patienten mit einem ECOG PS 2 wurden ausgeschlossen.
Die Behandlung wurde beibehalten bis zur Krankheitsprogression oder bis zum Auftreten einer inakzeptablen Toxizität (siehe Dosierung/Anwendung). Die Parameter bei Aufnahme in die Studie waren im Allgemeinen gut ausgeglichen zwischen den zwei Studienarmen. Das mediane Alter betrug 63 Jahre (Intervall 20-90), wobei 44 % ≥65 Jahre und 12 % ≥75 Jahre alt waren. 52 % der Patienten waren Männer, 95 % waren Kaukasier, 46 % hatten eine Punktzahl (Score) 0 auf der ECOG-Leistungsskala und 54 % hatten eine Punktzahl von 1. Primäre Krankheitslokalisation war das Kolon (73 %) oder das Rektum (27 %). Insgesamt 71 % der Patienten hatten einen Status mit RAS-Mutante. Die mediane Behandlungsdauer betrug 5 Monate in der Gruppe Lonsurf-Bevacizumab und 2 Monate in der Gruppe Lonsurf. Insgesamt 92 % der Patienten hatten zuvor für ihr fortgeschrittenes kolorektales Karzinom zwei Schemata einer Tumortherapie erhalten, 5 % hatten 1 Schema und 3 % mehr als 2 Schemata erhalten. Alle Patienten hatten vorher Fluoropyrimidin bekommen, 99,8% bzw. 98,4% bekamen Irinotecan bzw. Oxaliplatin (aber 100 % der Patienten hatten Irinotecan und Oxaliplatin im Verlauf ihrer Krankheit erhalten, d.h. in der neoadjuvanten, adjuvanten oder metastasierenden Phase). 72 % hatten zuvor eine Behandlung mit monoklonalem anti-VEGF Antikörper erhalten und 94 % der Patienten mit RAS Wildtyp-Status eine vorgängige Behandlung mit monoklonalem anti-EGFR Antikörper4.
Lonsurf in Kombination mit Bevacizumab induzierte eine statistisch signifikante Verbesserung des Gesamtüberlebens sowie des progressionsfreien Überlebens im Vergleich zu Lonsurf als Monotherapie.
Tabelle 8: Ergebnisse der Wirksamkeit im Verlauf der klinischen Phase-III-Studie (SUNLIGHT) bei Patienten mit metastasiertem kolorektalem Karzinom (Ende der Datenerhebung: 19. Juli 2022)
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Lonsurf plus Bevacizumab (n = 246)
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Lonsurf (n = 246)
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Gesamtüberleben
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Zahl der Todesfälle, n (%)
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148 (60,2)
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183 (74,4)
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Medianes Gesamtüberleben (Monate)a [95 %-KI]
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10,8 [9,4, 11,8]
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7,5 [6,3 8,6]
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Hazard ratio (relatives Risiko) [95 %-KI]
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0,61 [0,49, 0,77]
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p-Wert
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<0,001 (unilateral)
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Progressionsfreies Überleben (gemäss Prüfarzt)
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Zahl der Progressionen oder Todesfälle, n (%)
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206 (83,7)
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236 (95,9)
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Medianes progressionsfreies Überleben (Monate) [95 %-KI]
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5,6 [4,5, 5,9]
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2,4 [2,1, 3,2]
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Hazard ratio [95 %-KI]
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0,44 [0,36, 0,54]
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p-Wert
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<0,001 (unilateral)
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a Schätzwerte nach Kaplan-Meier
b Methodologie nach Brookmeyer und Crowley
c Stratifizierter log-rank Test (Strata: Region, Zeit seit der Diagnose der ersten Metastase, Status des RAS Gens)
d Methodologie nach Kalbfleish und Prentice log-log Transformation
Metastasiertes Magenkarzinom
Die klinische Wirksamkeit und Sicherheit von Lonsurf wurde in einer internationalen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase III-Studie (TAGS) bei Patienten mit metastasiertem Magenkarzinom (einschliesslich Adenokarzinom des gastroösophagealen Übergangs), die zuvor mit einer Chemotherapie behandelt wurden (siehe Details unten).
Der primäre Endpunkt bezüglich Wirksamkeit war das Gesamtüberleben (overall survival, OS), unterstützende Endpunkte waren progressionsfreies Überleben (progression free survival, PFS), Gesamt-Ansprechrate (overall response rate, ORR), Krankheits-Kontrollrate (disease control rate, DCR), Zeit bis zur Verschlechterung des ECOG-Status ≥2 sowie Lebensqualität (quality of life, QoL). Die Beurteilung des Tumors wurde gemäss den Bewertungskriterien RECIST (Response Evaluation Criteria in Solid Tumors), Version 1.1, alle acht Wochen durchgeführt.
Insgesamt wurden 507 Patienten im Verhältnis 2:1 randomisiert, die Lonsurf (n = 337) plus BSC (best supportive care) oder Placebo (n = 170) plus BSC erhielten. Lonsurf wurde basierend auf der Körperoberfläche (KOF) dosiert, die Anfangsdosierung betrug 35 mg/m2/Dosis. Die Studienmedikation wurde über 2 Wochen hinweg 2x täglich, jeweils morgens und abends nach den Mahlzeiten, an 5 Tagen pro Woche oral gegeben, mit 2 Tagen Pause. Daraufhin folgten 14 Tage Therapiepause. Dieser Zyklus wurde alle 4 Wochen wiederholt. Die Behandlung wurde bis zur Krankheitsprogression oder dem Auftreten einer inakzeptablen Toxizität (siehe «Dosierung/Anwendung») fortgesetzt.
Das mediane Alter der 507 randomisierten Patienten betrug 63 Jahre, 73 % von Ihnen waren männlich, darüber hinaus alle Patienten hatten zu Beginn einen ECOG Performance Status (PS) von 0 oder 1. Der Primärtumor befand sich im Magen (71,0 %) oder im gastroösophagealen Übergang (28,6 %) oder in beiden Regionen (0,4 %). Die Anzahl der vorhergehenden Therapieregime zur Behandlung der metastasierten Erkrankung betrug im Mittel 3. Nahezu alle Patienten (99,8 %) hatten zuvor Fluorpyrimidine erhalten, 100 % eine Platintherapie und 90,5 % eine Therapie mit Taxanen und nur 9,5% hatten zuvor keine Taxane erhalten. 33 % der Patienten hatten Ramucirumab bekommen.
Eine Analyse des OS, wie geplant nach 76 % der Ereignisse (n = 384) durchgeführt, zeigte einen
statistisch signifikanten Überlebensvorteil bei Lonsurf plus BSC im Vergleich zu Placebo plus BSC
mit einer hazard ratio (HR) von 0,69; Vertrauensbereich (95 % CI [0,56 -0,85]; p-Werte betrugen 0,0003 bzw. 0,0006). Dies entspricht einer 31%igen Verringerung des Sterberisikos in der Lonsurf-Gruppe. Das mediane OS betrug 5,7 Monate (95 % CI [4,8-6,2]) in der Lonsurf plus BSC-Gruppe vs. 3,6 Monate (95 % CI [3,1-4,1]) in der Placebo plus BSC-Gruppe mit 1-Jahres-Überlebensraten von 21,2 % bzw. 13,0 %. Bei den 48 Patienten, die zuvor keine Taxane erhalten hatten, konnte kein Vorteil von Lonsurf entsprechend der Hazard Ratio (1,14) festgestellt werden, obwohl das mediane Überleben mit Lonsurf länger war (7,8 Monate gegenüber 5,4 Monaten in der Placebo-Gruppe). PFS war bei Patienten, die Lonsurf plus BSC erhielten, signifikant verbessert im Vergleich zu Placebo plus BSC (HR von 0,57; 95 % CI [0,47-0,70]; p < 0,0001 (siehe Tabelle 9).
Tabelle 9: Ergebnisse zur Wirksamkeit aus der Phase III (TAGS)-Studie bei Patienten mit metastasiertem Magenkarzinom
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Lonsurf plus BSC (N=337)
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Placebo plus BSC (N=170)
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Gesamtüberleben
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Anzahl Todesfälle, N (%)
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244 (72.4)
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140 (82.4)
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Median OS (Monate)a [CI 95%]b
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5.7 [4.8; 6.2]
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3.6 [3.1; 4.1]
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Hazard ratio [CI 95%]
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0.69 [0.56; 0.85]
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Progressionsfreies Überleben (PFS)
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Anzahl Ereignisse «Progression oder Tod», N (%)
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287 (85.2)
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156 (91.8)
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Median PFS (Monate)a [CI 95%] b
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2.0 [1.9; 2.3]
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1.8 [1.7; 1.9]
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Hazard ratio [CI 95%]
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0.57 [0.47; 0.70]
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P-Wertc
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<0.0001 (1-seitig und 2-seitig)
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a Kaplan-Meier-Schätzungenb nach der Methode von Brookmeyer/Crowley
c Stratifizierter Log-rank-Test (Strata: Region, ECOG-Status zu Baseline, vorhergehende Ramucirumab-Behandlung).
Tabelle 10: Beste Gesamtansprechrate (ORR)/), Krankheits-Kontrollrate (DCR) (auswertbare Population für Tumoransprechen, N = 435)
Parameter
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Lonsurf (N=290)
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Placebo (N=145)
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Beste Gesamtansprechrate
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n (%)
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CI 95%
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n (%)
|
CI 95%
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Gesamtansprechen oder teilansprechen (ORR)
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13 (4.5)
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2.4, 7.5
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3 (2.1)
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0.4, 5.9
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Gesamtansprechen
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1 (0.3)
|
|
0
|
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Teilansprechen
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12 (4.1)
|
|
3 (2.1)
|
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Stabile Erkrankung
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115 (39.7)
|
|
18 (12.4)
|
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Fortschreiten der Krankheit (radiologisch)
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120 (41.4)
|
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90 (62.1)
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Nicht bewertbar a
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42 (14.5)
|
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34 (23.4)
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Gesamtansprechen oder Teilansprechen oder stabile Erkrankung (DCR)
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128 (44.1)
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38.3, 50.1
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21 (14.5)
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9.2, 21.3
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Differenz des ORR (Lonsurf – placebo [CI 95%] b
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2.4 [-0.9, 5.7]
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P-Wert c
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0.2833
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Differenz des DCR (Lonsurf – placebo) [CI 95%] b
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29.7 [21.6, 37.7]
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P-Wert c
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< 0.0001
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a
Nicht bewertbar = Patienten ohne Tumorbeurteilung während der Behandlungszeit der Studie und: 1) krebsbedingter Tod oder 2) Abbruch der Behandlung aufgrund des klinischen Fortschreitens der Krankheit; b Gruppe TAS-102 minus Placebogruppe; c 2-seitig Fischer-Test
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Der Behandlungsvorteil in Bezug auf OS und PFS wurde durchgehend beobachtet, in allen Randomisierungsschichten und über die meisten relevanten, prä-spezifizierten Subgruppen hinweg, einschliesslich Geschlecht, Alter (< 65 Jahre; ≥65 Jahre), ethnische Zugehörigkeit, geographische Region (Japan; ex-Japan), ECOG-PS, vorhergehende Ramucirumab-Behandlung, vorhergehende Irinotecan-Behandlung, Anzahl der Vortherapien (2; 3; ≥4), Zeit seit der Metastasendiagnose (< 24; ≥24 Monate), vorherige Gastrektomie, Lage des Primärtumors (Magen, gastroösophagealer Übergang), Anzahl der Metastasen (<3; ≥3) und HER2-Status. Auf der anderen Seite wurde bei den 81 Patienten, die zuvor keine Taxane erhielten, die Wirksamkeit von Lonsurf nicht gefunden (HR=1,14, 95% CI von 0,55 bis 2,36).
Patienten, die zuvor mit Ramucirumab (Mono- oder Kombinationstherapie) behandelt wurden, hatten im Lonsurf- und Placebo-Arm eine mediane OS von 5,0 Monaten bzw. 3,8 Monaten (HR = 0,76; 95% CI [0,529, 1,086]). Die mediane OS bei Patienten, die zuvor nicht mit Ramucirumab behandelt wurden, betrug 6,0 Monate für den Lonsurf-Arm und 3,3 Monate für den Placebo-Arm (HR = 0,66; 95% CI [0,506, 0,855]).
Die mediane Zeit bis zum Erreichen einer Punktzahl grösser oder gleich 2 auf der ECOG-Leistungsskala betrug 4,3 Monate für den Lonsurf-Arm gegenüber 2,3 Monaten für den Placebo-Arm (HR = 0,69; 95% CI [0,562, 0,854]; p = 0,0005).
Ältere Patienten
In den RECOURSE- und TAGS-Studien gibt es nur begrenzt Daten zur Behandlung mit Lonsurf bei Patienten zwischen 75 und 84 Jahren (n = 85). Es gab keine Patienten, die 85 Jahre oder älter waren, mit Ausnahme von zwei Patienten in der TAGS-Studie. Die Wirkung von Lonsurf auf das OS war bei Patienten unter 65 Jahren und bei jenen ≥65 Jahren ähnlich.
In der SUNLIGHT-Studie waren 58 Patienten (12 %) 75 Jahre und älter und unter diesen war ein Patient 85 Jahre oder älter. Die Wirksamkeit von Lonsurf in Kombination mit Bevacizumab war im Hinblick auf das Gesamtüberleben ähnlich bei den Patienten im Alter <65 Jahren und denjenigen ≥65 Jahren.
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