Eigenschaften/WirkungenATC-Code
J06BA01
Pharmakotherapeutische Gruppe (normales Immunglobulin vom Menschen): Immunsera und Immunglobuline: Normale Immunglobuline vom Menschen.
Wirkungsmechanismus
Die IG 10 % Komponente ist für die therapeutische Wirkung des Arzneimittels verantwortlich. Die rekombinante humane Hyaluronidase unterstützt die Verteilung und Resorption des IG 10 %.
Pharmakodynamik
Normales Immunglobulin vom Menschen enthält hauptsächlich Immunglobulin G (IgG) mit einem breiten Spektrum an opsonisierenden und neutralisierenden Antikörpern gegen infektiöse Erreger.
Normales Immunglobulin vom Menschen enthält IgG Antikörper, die auch in der Normalbevölkerung vorhanden sind. Es wird in der Regel aus gepooltem humanem Plasma von nicht weniger als 1000 Spenden hergestellt. Die Verteilung der IgG Subklassen entspricht in etwa der von nativem humanem Plasma. Die Gabe angemessener Dosen von normalem Immunglobulin vom Menschen kann zu einer Normalisierung pathologisch verminderter IgG Spiegel führen. Der Wirkmechanismus bei Indikationen mit Ausnahme von Substitutionstherapien ist nicht vollständig geklärt, beinhaltet jedoch immunmodulatorische Wirkungen.
Die rekombinante humane Hyaluronidase ist eine lösliche, rekombinante Form der humanen Hyaluronidase, die durch zeitweise Depolymerisation von Hyaluron die Permeabilität des subkutanen Gewebes erhöht. Hyaluronan ist ein Polysaccharid, das in der interzellulären Matrix des Bindegewebes vorliegt. Es wird durch die natürlich vorhandene Enzym Hyaluronidase depolymerisiert. Im Gegensatz zur stabilen Struktur der interstitiellen Matrix wird Hyaluronan schnell abgebaut; die Halbwertszeit beträgt etwa einen halben Tag. Die rekombinante humane Hyaluronidase von HyQvia wirkt lokal. Die Auswirkungen der Hyaluronidase sind umkehrbar, und die Permeabilität des subkutanen Gewebes wird innerhalb von 24 bis 48 Stunden wiederhergestellt.
Klinische Wirksamkeit
PID
Die Wirksamkeit und Sicherheit von HyQvia wurde in einer Phase 3 Studie (160603) an 83 Patienten mit primären Immundefekten untersucht. Die Patienten wurden (nach einer kurzen Titrationsphase) in Behandlungsintervallen von 3 oder 4 Wochen über einen Zeitraum von insgesamt 12 Monaten mit dem Arzneimittel behandelt. Die Dosis entsprach der zuvor verabreichten Dosis an intravenösem IG 10 % (320 bis 1000 mg/kg Körpergewicht alle 4 Wochen) und wurde individuell angepasst, um über den gesamten Verlauf der Studie angemessene IgG-Spiegel zu gewährleisten.
In dieser Studie lag die jährliche Rate validierter, akuter, schwerer bakterieller Infektionen unter HyQvia bei 0,025 (obere Grenze des einseitigen 99 %-Konfidenz-intervalls: 0,046). Insgesamt war die Infektionsrate unter HyQvia niedriger als während der vorangegangenen 3 Monate intravenöser IG 10 %-Gabe: Die Punktschätzung der annualisierten Rate aller Infektionen lag bei 2,97 (95 % Konfidenzintervall: 2,51 bis 3,47) unter HyQvia und bei 4,51 (95 % Konfidenzintervall: 3,50 bis 5,69) unter intravenöser IG 10 %-Infusion.
Fast alle Patienten erreichten unter HyQvia das bereits zuvor unter intravenöser IG 10 %-Gabe bestehende Dosierungsintervall. 78/83 Patienten (94 %) erreichten das bereits zuvor angewendete Dosierungsintervall von 3 oder 4 Wochen, bei einem Patienten verkürzte sich das Dosierungsintervall von 4 auf 3 Wochen, bei einem von 4 auf 2 Wochen und bei einem von 3 auf 2 Wochen (2 Patienten schieden während der Titrationsphase aus der Studie aus).
Die mediane Anzahl an Infusionsstellen pro Monat lag unter HyQvia bei 1,09 und war damit etwas niedriger als die mediane Anzahl der Infusionsstellen unter intravenösem IG 10 % (1,34) in dieser Studie und bedeutend niedriger als die mediane Anzahl der Infusionsstellen in einer Studie mit subkutan verabreichtem IG 10 % (21,43).
Sechsundsechzig (66) Patienten, die bis zum Ende an der Phase III Zulassungsstudie teilgenommen hatten, nahmen an einer Anschlussstudie (160902) zur Einschätzung der Langzeitsicherheit, Verträglichkeit und Wirksamkeit von HyQvia bei primären Immundefekten teil. Die gesamte kombinierte Exposition der Patienten mit primären Immundefekten in beiden Studien betrug 187,69 Patientenjahre; die längste Exposition bei Erwachsenen betrug 3,8 Jahre und 3,3 Jahre bei Kindern und Jugendlichen.
CIDP
In einer multizentrischen, randomisierten, placebokontrollierten Phase 3-Studie (Studie 161403, ADVANCE-1) wurden bei 132 erwachsenen Patienten mit CIDP die Wirksamkeit, Sicherheit und Verträglichkeit von HyQvia als Erhaltungstherapie zur Vorbeugung von Krankheitsschüben untersucht. HyQvia ermöglicht die Selbstinfusion einer therapeutischen Gesamtdosis alle 2 bis 4 Wochen. In die Studie wurden Teilnehmende (männlich und weiblich) im Alter von ≥18 Jahren, zum Zeitpunkt der Voruntersuchung mit dokumentierter Diagnose einer definitiven oder wahrscheinlichen CIDP gemäss den Kriterien der European Federation of Neurological Societies/Peripheral Nerve Society (EFNS/PNS) aus dem Jahr 2010, aufgenommen. Alle geeigneten Teilnehmer hatten in der Vergangenheit auf eine IgG-Behandlung angesprochen (teilweiser oder vollständiger Rückgang aller neurologischen Symptome und Einschränkungen) und hatten in den mindestens 12 Wochen vor der Voruntersuchung intravenös eine stabile IVIg-Dosis innerhalb eines Dosisbereichs entsprechend einer kumulativen Monatsdosis von 0,4 bis 2,4 g/kg Körpergewicht erhalten.
Der primäre Endpunkt war der Anteil der Teilnehmer mit einem Krankheitsschub, definiert als Anstieg um ≥1 Punkt im Vergleich zum Ausgangswert vor der SC-Behandlung in zwei aufeinanderfolgenden bereinigten INCAT (inflammatory neuropathy cause and treatment)-Behinderungsscores bei einer Messung im Abstand von weniger als sieben Tagen.
Die Analyse des primären Endpunkts unter Anwendung angemessener Post-hoc-Strategien zum Umgang mit zwischenzeitlich auftretenden Ereignissen und fehlenden Ergebniswerten unter Verwendung multipler Imputation zeigte eine Schubrate von 15,5 % (95 %-KI: 8,36, 26,84) in der HyQvia-Gruppe und 31,7 % (95 %-KI: 21,96, 43,39) in der Placebo-Gruppe. Die Behandlungsdifferenz betrug -16,2 (95 %-KI: -29,92, -1,27) zugunsten von HyQvia gegenüber Placebo.
Pädiatrische Population
PID
Die Wirksamkeit, Sicherheit, Verträglichkeit, Immunogenität und PK von HyQvia wurde in einer zulassungsrelevanten, prospektiven, multizentrischen, offenen Phase 3 Studie (Studie 161503, USA) an insgesamt 44 pädiatrischen Teilnehmern (im Alter von 3 bis 16 Jahren), die zuvor eine intravenöse oder subkutane Immunglobulintherapie erhalten hatten, untersucht. Das mediane Alter betrug 9,5 Jahre (Spanne: 3 bis 15 Jahre) und das mediane Gewicht betrug 34,52 kg (Spanne: 11,9 bis 92,7 kg). Von den 44 Studienteilnehmern waren 26 Studienteilnehmer (59,1%) männlich, 18 Studienteilnehmer (40,9%) weiblich und 40 Studienteilnehmer (90,9%) waren weiss.
Die pädiatrischen Teilnehmer wurden auf das subkutane HyQvia-Immunglobulin-Behandlungsschema umgestellt, verabreicht in den für die Anwendung von IVIg typischen Dosen (Volumina und Behandlungsintervalle). Die Behandlungsintervalle und Dosen in Epoch 1 wurden in einer Phase der Aufdosierung (Ramp-up) schrittweise auf einen Abstand von 3 oder 4 Wochen erhöht. Die Interimsdaten wurden ausgewertet, nachdem alle Teilnehmer 12 Monate (ein Jahr des Beobachtungszeitraums) an der Studie teilgenommen hatten. Insgesamt lag die mittlere Anzahl der Infusionen pro Monat bei 1,10 (Spanne: 1,0 bis 1,5) und war über die Altersgruppen hinweg vergleichbar. Die mediane Anzahl der Infusionsstellen pro Monat betrug 2,17 (Spanne: 1,1 bis 2,9), wobei die mediane Anzahl der Infusionsstellen pro Monat in allen Altersgruppen ähnlich war. Es gab keine klinisch bedeutsamen Unterschiede bei den IgG-Talspiegeln zwischen den Altersgruppen. HyQvia erwies sich als wirksam in Bezug auf das Auftreten von akuten schweren bakteriellen Infektionen (ASBI).
Die mittlere Rate an ASBI pro Teilnehmerjahr lag bei 0,04 und war somit statistisch signifikant niedriger (auf dem um die Zwischenanalyse bereinigten 1 % Niveau; p < 0,001) als der Schwellenwert von 1,0 ASBI pro Teilnehmerjahr. Ein Teilnehmer hatte zwei Fälle von ASBI bakterieller Pneumonie, und in dieser Studie wurden keine weiteren Episoden von schweren bakteriellen Infektionen gemeldet.
Die Wirksamkeit von HyQvia in dieser pädiatrischen Studie wurde ausserdem durch die annualisierte Rate aller Infektionen pro Teilnehmer belegt. Die mittlere Rate aller Infektionen pro Teilnehmerjahr betrug 3,20, mit einer Obergrenze des 95 % KI von 4,05, die mit den Ergebnissen der klinischen Zulassungsstudie übereinstimmt.
CIDP
Klinische Studien zu HyQvia an Kindern oder Jugendlichen (0 bis 18 Jahre) mit CIDP wurden nicht durchgeführt.
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