Eigenschaften/WirkungenATC-Code
Pharmakotherapeutische Gruppe: Antineoplastische Mittel, Proteinkinase-Inhibitoren, ATC-Code: L01EX18.
Wirkungsmechanismus
Avapritinib ist ein Typ-1-Kinase-Inhibitor, der eine biochemische In-vitro-Aktivität auf die PDGFRA-D842V- und KIT-D816V-Mutanten gezeigt hat, die mit einer Resistenz gegen Imatinib, Sunitinib und Regorafenib, mit halben maximalen Hemmkonzentrationen (IC50) von 0,24 nM bzw. 0,27 nM und einer grösseren Wirksamkeit gegen klinisch relevante KIT-Exon-11-, KIT-Exon-11/17- und KIT-Exon-17-Mutanten als gegen das KIT-Wildtyp-Enzym assoziiert sind.
In zellulären Assays hemmte Avapritinib die Autophosphorylierung von KIT D816V und PDGFRA-D842V mit einer IC50 von 4 nM bzw. 30 nM. In zellulären Assays hemmte Avapritinib die Proliferation in KIT-mutierten Zelllinien, einschliesslich einer murinen Mastozytom-Zelllinie und einer humanen Mastzell-Leukämie-Zelllinie. Avapritinib zeigte auch eine wachstumshemmende Aktivität in einem Xenograft-Modell des murinen Mastozytoms mit KIT-Exon-17-Mutation.
Pharmakodynamik
Beziehungen zwischen Exposition und Ansprechen
Basierend auf Daten aus vier klinischen Studien, die bei Patienten mit fortgeschrittenen malignen Erkrankungen und systemischer Mastozytose durchgeführt wurden, darunter NAVIGATOR, EXPLORER und PATHFINDER, war eine höhere Exposition mit einem erhöhten Risiko für Nebenwirkungen des Grades ≥ 3, für gepoolte kognitive Nebenwirkungen jeden Grades, für gepoolte kognitive Nebenwirkungen des Grades ≥ 2 und für gepoolte Ödeme des Grades ≥ 2 im Dosisbereich von 30 mg bis 400 mg (0,1 bis 1,33 Mal die empfohlene Dosis für GIST und 0,15 bis 2 Mal die empfohlene Dosis für AdvSM) einmal täglich assoziiert.
Basierend auf den Expositions- und Wirksamkeitsdaten von EXPLORER und PATHFINDER (n = 84) war eine höhere Avapritinib-Exposition mit einer schnelleren Zeit bis zum Ansprechen über den Dosisbereich von 30 mg bis 400 mg (0,15 bis 2 Mal die empfohlene Dosis für AdvSM) einmal täglich assoziiert.
Kardiale Elektrophysiologie
Die Wirkung von AYVAKYT auf das QTc-Intervall wurde in Rahmen der offenen, einarmigen NAVIGATOR-Studie (siehe «Klinische Wirksamkeit») an 27 Patienten mit GIST untersucht, denen eine Dosis von 300 mg oder 400 mg (1,33 Mal die empfohlene GIST Dosis von 300 mg) einmal täglich verabreicht wurde. Bei der mittleren maximalen Steady-State-Konzentration (Cmax) von 899 ng/ml wurde kein grosser mittlerer Anstieg des QTc-Werts (d. h. > 20 ms) festgestellt (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Klinische Wirksamkeit
Gastrointestinale Stromatumoren (GIST) mit einer PDGFRA-D842V-Mutation
Die Wirksamkeit von AYVAKYT wurde in NAVIGATOR, einer multizentrischen, einarmigen, offenen klinischen Studie, untersucht. Geeignete Patienten mussten eine bestätigte Diagnose von GIST und einen ECOG-Leistungsstatus (PS) von 0 bis 2 aufweisen. In die Studie wurden zunächst Patienten mit einer Anfangsdosis von 400 mg einmal täglich aufgenommen, die später aufgrund von Toxizität auf die empfohlene Dosis von 300 mg einmal täglich reduziert wurde. Die Patienten erhielten AYVAKYT bis zur Krankheitsprogression oder inakzeptablen Toxizität. Insgesamt wurden in der NAVIGATOR-Studie 28 Patienten mit PDGFRA-D842V-mutiertem inoperablem oder metastasiertem GIST mit der empfohlenen Anfangsdosis von 300 mg einmal täglich behandelt. Die PDGFRA-D842V-Mutationen wurden durch lokale oder zentrale Beurteilung mit einem PCR- oder NGS-basierten Assay identifiziert. Bei 71 % der Patienten, bei denen die PDGFRA-D842V-Mutation vorlag, wurde die Dosis im Verlauf der Therapie auf 200 mg oder 100 mg einmal täglich reduziert.
Die demografischen Ausgangsdaten und Krankheitsmerkmale waren: mittleres Alter 64 Jahre (Spanne: 29 bis 90 Jahre), 66 % männlich, 66 % weiss, ECOG-PS von 0-2 (61 % und 5 % der Patienten hatten einen ECOG-Status 1 bzw. 2), 97 % hatten eine metastasierte Erkrankung, die grösste Zielläsion war bei 58 % > 5 cm, 90 % hatten eine vorherige chirurgische Resektion, und die mittlere Anzahl der vorherigen Behandlungen mit Tyrosinkinase-Inhibitoren betrug 1 (Spanne: 0 bis 5).
Der primäre Endpunkt für die Wirksamkeit war die Gesamtansprechrate (Overall Response Rate, ORR) auf Grundlage der Krankheitsbeurteilung durch eine unabhängige radiologische Untersuchung unter Verwendung modifizierter RECIST v1.1-Kriterien, wobei Lymphknoten und Knochenläsionen nicht als Zielläsionen galten und ein fortschreitendes Wachstum neuer Tumorknoten innerhalb einer bereits bestehenden Tumormasse als Progression angesehen wurde. Ein zusätzlicher Wirksamkeitsergebnismassstab war die Dauer des Ansprechens (Duration Of Response, DOR) und das progressionsfreie Überleben (PFS).
Die Daten repräsentieren eine mediane Nachbeobachtungszeit von 34,5 Monaten für alle noch lebenden Patienten mit PDGFRA D842V-Mutationen. Das mediane Überleben wurde mit 68 % der noch lebenden Patienten noch nicht erreicht. Das mediane progressionsfreie Überleben betrug 24 Monate.
Die Wirksamkeitsergebnisse bei Patienten mit GIST mit PDGFRA-D842V-Mutationen, die in NAVIGATOR mit der empfohlenen Anfangsdosis von 300 mg einmal täglich behandelt wurden, sind in Tabelle 3 zusammengefasst.
Tabelle 3. Wirksamkeitsergebnisse für Patienten mit GIST mit PDGFRA-D842V-Mutationen in NAVIGATOR, die mit der empfohlenen Anfangsdosis von 300 mg einmal täglich behandelt wurden (primäre Analyse, Stichtag 16. November 2018)
Wirksamkeitsparameter
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N = 28
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mRECIST 1.1 ORR1, (%) (95 %-KI) CR PR
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92,9 (76,5; 99,1) 3,6 89,3
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Abkürzungen: KI = Konfidenzintervall; CR = vollständiges Ansprechen; DOR = Ansprechdauer; mRECIST 1.1 = Ansprechbewertungskriterien bei soliden Tumoren V1.1, modifiziert für Patienten mit inoperablen oder metastasierten GIST; N = Anzahl der Patienten; NE = nicht schätzbar; ORR = Gesamtansprechrate; PR = partielles Ansprechen
1 ORR ist definiert als Patienten, die ein CR oder PR erreichten (CR + PR).
Die mediane Ansprechdauer (DOR) betrug 22,1 Monate (14,1; NE).
Es gab keinen offensichtlichen Unterschied in der ORR zwischen den Patienten, die 300 mg täglich erhielten (N = 28), im Vergleich zu den Patienten, die 400 mg täglich erhielten (N = 10).
Basierend auf Ergebnissen der Phase-3-Studie VOYAGER wurde in einer Untergruppe von 13 Patienten mit PDGFRA-D842V-Mutation über ein partielles Ansprechen bei 3 von 7 Patienten in der Avapritinib-Gruppe (43 % ORR) und bei keinem der 6 Patienten in der Regorafenib-Gruppe (0 % ORR), berichtet. Das mediane PFS war bei Patienten mit PDGFRA-D842V-Mutationen, die zu Avapritinib randomisiert wurden, nicht abschätzbar (95 %-KI: 9.7; NE) im Vergleich zu 4.5 Monaten bei Patienten, die Regorafenib erhielten (95 %-KI: 1.7; NE).
Fortgeschrittene systemische Mastozytose (AdvSM)
Die Wirksamkeit von AYVAKYT wurde in PATHFINDER, einer multizentrischen, einarmigen, offenen klinischen Phase-2-Studie untersucht. Geeignete Patienten mussten eine bestätigte Diagnose von AdvSM gemäss der Weltgesundheitsorganisation (WHO) und einen ECOG-Leistungsstatus (PS) von 0 bis 3 aufweisen. Patienten mit AHN mit hohem und sehr hohem Risiko, wie AML oder Hochrisiko-MDS, und Philadelphia-Chromosom-positiven Malignomen wurden ausgeschlossen. Von den 107 Patienten, die an der Studie teilnahmen, wurden 105 Patienten mit einer Anfangsdosis von 200 mg oral einmal täglich behandelt und die Behandlung erfolgte bis zur Krankheitsprogression oder inakzeptabler Toxizität. Medikamentöse palliative und unterstützende Massnahmen waren zulässig. Die primäre Untersuchung der Wirksamkeit beschränkte sich auf Patienten, die nach den modifizierten Kriterien der Internationalen Arbeitsgruppe für die Erforschung und Behandlung von myeloproliferativen Neoplasien und des Europäischen Kompetenznetzes für Mastozytose (mIWG-MRT-ECNM) als auswertbar eingestuft wurden, die mindestens eine Dosis von AYVAKYT erhalten haben, bei denen mindestens zwei Knochenmarkuntersuchungen nach Studienbeginn durchgeführt wurden und die mindestens 24 Wochen lang an der Studie teilgenommen haben oder bei denen die Studie beendet wurde.
Der primäre Endpunkt für die Wirksamkeit von AYVAKYT bei der Behandlung von AdvSM basierte auf der Gesamtansprechrate (ORR) gemäss den modifizierten IWG-MRT-ECNM-Kriterien, wie vom zentralen Ausschuss adjudiziert. Zusätzliche Wirksamkeitsergebnismessungen waren die Dauer des Ansprechens (DOR), die Zeit bis zum Ansprechen, PFS und das Gesamtüberleben (OS). Insgesamt wurden in der PATHFINDER-Studie 47 Patienten, bei denen ein Ansprechen festgestellt werden konnte und die mindestens eine vorherige systemische Therapie erhielten, mit der empfohlenen Anfangsdosis von 200 mg einmal täglich behandelt und hatten eine mediane Behandlungsdauer von 11 Monaten, wobei 48.6 % der Patienten länger als ein Jahr behandelt wurden. Die mediane Dauer der Nachbeobachtung für diese Patienten betrug 14,6 Monate (95%-Konfidenzintervall: 11,2; 17,8).
Das Durchschnittsalter der Studienpopulation lag bei 69 Jahren (Bereich: 31 bis 86 Jahre), 70 % waren männlich, 92 % waren weiss, 66 % hatten einen ECOG-PS von 0–1, 34 % einen ECOG-PS von 2–3, 36 % erhielten bei Studienbeginn eine laufende Kortikosteroidtherapie für AdvSM, 65 % hatten eine vorherige antineoplastische Therapie, 84 % der Patienten, die zuvor eine antineoplastische Therapie erhalten hatten, erhielten Midostaurin, und 89 % hatten eine D816V-Mutation. Das mediane Knochenmark-Mastzellinfiltrat betrug 70 %, der mediane Serum-Tryptase-Spiegel 325 ng/ml und die mediane KIT-D816V-Mutationsallelfraktion 26,2 %.
Die Wirksamkeitsergebnisse für die auswertbaren Patienten mit AdvSM, die in PATHFINDER aufgenommen wurden, zuvor mindestens eine systemische Therapie erhalten hatten und mit Avapritinib in einer Anfangsdosis von 200 mg einmal täglich behandelt wurden, sind in Tabelle 4 zusammengefasst.
Tabelle 4. Wirksamkeitsergebnisse für auswertbare Patienten mit AdvSM in PATHFINDER, die zuvor mindestens eine systemische Therapie erhalten hatten und mit Avapritinib in einer Anfangsdosis von 200 mg einmal täglich behandelt wurden (primäre Analyse, Stichtag 20. April 2021
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Alle auswertbaren Patienten
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ASM
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SM-AHN
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MCL
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Gesamtansprechrate1, % gemäss modifizierter IWG-MRT-ECNM (95%-KI2)
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N = 47 51,1 (36,1; 65,9)
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N = 8 62,5 (24,5; 91,5)
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N = 29 62,5 (35,7; 73,6)
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N = 10 30 (6,7; 65,2)
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CR, %
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2
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0
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3
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0
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CRh, %
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9
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9
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7
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0
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PR, %
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40
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38
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45
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30
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CI, %
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9
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0
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10
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10
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Abkürzungen: CI = klinische Verbesserung; KI = Konfidenzintervall; CR = komplette Remission; CRh = komplette Remission mit teilweiser Erholung des peripheren Blutbildes: PR = partielle Remission; SD = stabile Erkrankung,
1 Die Gesamtansprechrate (ORR) gemäss modifiziertem IWG-MRT-ECNM ist definiert als Patienten, die eine CR, CRh, oder PR erreichten; PR (CR + CRh + PR)
Für alle im Hinblick auf das Ansprechen auswertbaren Patienten, die mit Avapritinib in einer Anfangsdosis von 200 mg einmal täglich behandelt wurden, war die mediane Dauer des Ansprechens nicht schätzbar (NE) (95%-Konfidenzintervall: NE, NE) und die mediane Zeit bis zum Ansprechen 1,9 Monate.
Bei allen im Hinblick auf das Ansprechen auswertbaren Patienten, die zuvor mindestens eine systemische Therapie erhalten hatten und mit Avapritinib in einer Anfangsdosis von 200 mg einmal täglich behandelt wurden (N = 47), lag der Median des progressionsfreien Überlebens (PFS) bei NE (95%-Konfidenzintervall: 17,5, NE). Das mediane Gesamtüberleben (OS) für auswertbare Patienten, die mit Avapritinib in einer Anfangsdosis von 200 mg einmal täglich behandelt wurden (N = 105), war ebenfalls NE (95%-Konfidenzintervall: 17,5, NE).
In einer supportiven, multizentrischen, einarmigen, offenen Phase-1-Studie (EXPLORER) betrug die ORR gemäss den mIWG-MRT-ECNM-Kriterien für 11 Patienten mit AdvSM, die zuvor mindestens eine systemische Therapie erhalten hatten und eine Anfangsdosis von 200 mg Avapritinib einmal täglich erhielten, 73 % (95%-Konfidenzintervall: 39; 94).
Ältere Patienten
Von den 204 Patienten mit inoperablem oder metastasiertem GIST, die AYVAKYT in NAVIGATOR erhielten, waren 40 % 65 Jahre oder älter, während 6 % 75 Jahre und älter waren. Von den 131 Patienten mit AdvSM, die AYVAKYT in EXPLORER und in PATHFINDER erhielten, waren 62 % 65 Jahre oder älter, während 21 % 75 Jahre und älter waren. Insgesamt wurden keine Unterschiede in der Wirksamkeit zwischen diesen Patienten und jüngeren erwachsenen Patienten beobachtet.
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