Eigenschaften/WirkungenATC-Code
L01CD01
Wirkungsmechanismus
Paclitaxel ist ein Antimikrotubuli-Wirkstoff, der die Zusammenlagerung der Mikrotubuli aus den Tubulindimeren fördert und die Mikrotubuli durch Hemmung ihrer Depolymerisation stabilisiert. Diese Stabilisierung führt zu einer Hemmung der normalen dynamischen Reorganisation des mikrotubulären Netzwerkes, das für die vitale Interphase und die mitotischen Zellfunktionen wesentlich ist. Zudem induziert Paclitaxel die Bildung von abnormen Mikrotubuli-Bündeln während des gesamten Zellzyklus und erzeugt multiple Mikrotubuli-Astern in der Mitose.
Pharmakodynamik
Paclitaxel-Albumin Spirig HC enthält Paclitaxel, das an ca. 130 nm grosse Humanserumalbumin-Nanopartikel gebunden ist, so dass Paclitaxel in einem nicht-kristallinen, amorphen Zustand vorliegt. Nach intravenöser Verabreichung dissoziieren die Nanopartikel rasch zu löslichen, ca. 10 nm grossen, an Albumin gebundenen Paclitaxel-Komplexen. Es ist bekannt, dass Albumin die kaveoläre Transzytose von Plasmakomponenten in die Endothelzellen vermittelt und im Rahmen von In-vitro-Studien wurde nachgewiesen, dass die Gegenwart von Albumin den Transport von Paclitaxel durch die Endothelzellen fördert. Es wird angenommen, dass dieser vermehrte transendotheliale kaveoläre Transport durch den gp-60-Albuminrezeptor vermittelt wird und aufgrund des albuminbindenden Proteins SPARC (secreted protein acidic rich in cysteine) eine verstärkte Paclitaxel-Akkumulation im Bereich des Tumors auftritt.
Klinische Wirksamkeit
Metastasiertes Mammakarzinom
Die Anwendung von Paclitaxel-Albumin für metastasiertes Mammakarzinom wird durch Daten von 106 Patienten in zwei einarmigen unverblindeten Studien und von 454 Patienten, die in einer randomisierten Phase-III-Vergleichsstudie behandelt wurden, unterstützt.
Randomisierte Vergleichsstudie
Diese multizentrische Studie wurde bei Patienten mit metastasiertem Mammakarzinom durchgeführt, die alle 3 Wochen eine Monotherapie mit Paclitaxel erhielten, entweder in Form von lösungsmittelhaltigem Paclitaxel 175 mg/m2 als 3-stündige Infusion mit Prämedikation zur Verhütung einer allergischen Reaktion (N = 225) oder in Form von Paclitaxel-Albumin 260 mg/m2 als 30-minütige Infusion ohne Prämedikation (N = 229).
Bei der Aufnahme in die Studie hatten 64% der Patienten einen beeinträchtigten Allgemeinzustand (ECOG 1 oder 2), 79% hatten viszerale Metastasen und 76% hatten mehr als 3 Metastasestellen. 14% der Patienten hatten vorher noch keine Chemotherapie erhalten, 27% hatten nur eine adjuvante Chemotherapie, 40% nur wegen Metastasierung und 19% wegen Metastasierung und zur adjuvanten Behandlung. 59% der Patienten erhielten das Studienarzneimittel als Zweitlinien-Therapie oder in späterer Therapielinie. 77% der Patienten hatten früher bereits Anthracycline erhalten. Patienten mit Taxan Vorbehandlung wurden nicht in die Studie eingeschlossen.
Im primären Wirksamkeitsendpunkt Gesamtansprechrate (complete and partial response nach RECIST Kriterien) wurde bei Paclitaxel-Albumin vs. Nicht albumingebundenes Paclitaxel mit 24,0% vs. 11,1%; p <0,001 ein statistisch signifikantes Ergebnis erzielt. Die mediane Zeit bis zur Progression der Krankheit betrug 5,0 vs. 2,7 Monate. Daten zum Gesamtüberleben liegen nicht vor.
In einer retrospektiven Auswertung der Studie war bei gegenüber Anthrazyklin refraktären Patienten PFS: 19,9 vs. 15,4 Wochen; p = 0,021 und das Gesamtüberleben 57,0 vs. 46,7 Wochen p = 0,047.
Adenokarzinom des Pankreas
Randomisierte Vergleichsstudie
In einer offenen, randomisierten, Studie wurde an 861 Patienten Paclitaxel-Albumin /Gemcitabin mit der Gemcitabin-Monotherapie als Erstlinienbehandlung bei Patienten mit metastasiertem Adenokarzinom des Pankreas verglichen. Paclitaxel-Albumin wurde den Patienten (N = 431) als intravenöse Infusion über 30-40 Minuten in einer Dosis von 125 mg/m2 gefolgt von Gemcitabin als intravenöse Infusion über 30-40 Minuten in einer Dosis von 1'000 mg/m2 an den Tagen 1, 8 und 15 von jedem 28-tägigen Zyklus verabreicht. In der Vergleichstherapiegruppe wurde die Gemcitabin-Monotherapie den Patienten (N = 430) in Zyklus 1 in einer Dosis von 1'000 mg/m2 wöchentlich über 7 Wochen mit anschliessender 1-wöchiger Therapiepause und dann in Zyklus 2 und in weiteren Zyklen an den Tagen 1, 8 und 15 von jedem 28-tägigen Zyklus (entsprechend der laut FI empfohlenen Dosis und des laut FI empfohlenen Dosierungsschemas) verabreicht.
Im primären Wirksamkeitsendpunkt Gesamtüberleben (OS) wurden für Paclitaxel-Albumin /Gemcitabin vs. Gemcitabin mit 8,5 vs. 6,7 Monaten, HR 0,72 (CI 95% 0,617, 0,835), p <0,001 ein signifikanter Unterschied gezeigt. Die Sekundärendpunkte progressionsfreies Überleben (PFS) 5,5 vs. 3,7 Monate, HR 0,69 (CI 95% 0,581, 0,821) p <0,0001 und Gesamtansprechrate 23% vs. 7% p <0,0001 waren ebenfalls signifikant.
Nicht-kleinzelliges Lungenkarzinom
Randomisierte Vergleichsstudie
Eine multizentrische, randomisierte, unverblindete Studie wurde an 1052 Chemotherapie-naiven Patienten mit nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom Stadium IIIb/IV durchgeführt. Verglichen wurde in der Studie Paclitaxel-Albumin in Kombination mit Carboplatin versus lösungsmittelhaltiges Paclitaxel in Kombination mit Carboplatin als Erstlinienbehandlung bei Patienten mit fortgeschrittenem nicht-kleinzelligem Lungenkarzinom. Dreiundzwanzig Prozent der Patienten hatten einen Performance-Status von ECOG 0,76% der Patienten hatten einen Performance-Status von ECOG 1. Bei allen Patienten war der molekulare Genmutationsstatus unbekannt. Keiner der in Studie CA031 behandelten Patienten hatte zuvor eine zielgerichtete Therapie im Hinblick auf eine EGFR-Mutation oder EML4-ALK-Mutation erhalten. Paclitaxel-Albumin wurde den Patienten (N = 521) als intravenöse Infusion über 30 Minuten in einer Dosis von 100 mg/m2 an den Tagen 1, 8 und 15 eines jeden 21-Tage-Zyklus ohne Steroid-Prämedikation und ohne Prophylaxe mit Granulozyten-Kolonien-stimulierendem Faktor verabreicht. Unmittelbar nach dem Ende der Paclitaxel-Albumin -Gabe wurde Carboplatin in einer Dosis von AUC = 6 mg•min/ml nur an Tag 1 eines jeden 21-Tage-Zyklus intravenös verabreicht. Lösungsmittelhaltiges Paclitaxel wurde den Patienten (N = 531) als intravenöse Infusion über 3 Stunden in einer Dosis von 200 mg/m2 mit Standard-Prämedikation verabreicht; unmittelbar im Anschluss daran wurde Carboplatin in einer Dosis von AUC = 6 mg•min/ml intravenös verabreicht. Beide Arzneimittel wurden an Tag 1 eines jeden 21-Tage-Zyklus verabreicht. In beiden Studienarmen wurde die Behandlung bis zum Progress oder bis zur Entwicklung einer inakzeptablen Toxizität fortgeführt. Die Patienten erhielten in beiden Studienarmen im Median 6 Behandlungszyklen.
Primärer Wirksamkeitsendpunkt war die Gesamtansprechrate, definiert als der prozentuale Anteil von Patienten, die ‒ basierend auf einer unabhängigen, zentralen, verblindeten radiologischen Befundung anhand der RECIST-Leitlinien ‒ eine objektive bestätigte komplette oder partielle Remission erreichten. Die Patienten im Paclitaxel-Albumin/Carboplatin-Arm wiesen eine im Vergleich zu den Patienten im Kontrollarm signifikant höhere Gesamtansprechrate auf: 33% versus 25%, p = 0,005. Zwischen den beiden Behandlungsarmen bestand beim progressionsfreien Überleben (PFS; erhoben durch verblindete radiologische Befundung) und Gesamtüberleben (OS) kein statistisch signifikanter Unterschied. Eine Nichtunterlegenheitsanalyse wurde für progressionsfreies Überleben (PFS) und Gesamtüberleben (OS) durchgeführt, mit einer vorgegebenen Nichtunterlegenheitsgrenze von 15%. Das Nichtunterlegenheitskriterium wurde sowohl für PFS als auch für OS erfüllt. Das mediane OS betrug 12,1 Monate im Paclitaxel-Albumin/Carboplatin-Arm und 11,2 Monate im Kontrollarm.
Klinische Wirksamkeit bei pädiatrischen Patienten
Die Pharmakokinetik und die Antitumoraktivität, beurteilt anhand der Gesamtansprechrate (overall response rate, ORR) von Paclitaxel-Albumin, wurden in einer Phase-I/II-Studie mit 106 Patienten (≥6 Monate bis ≤24 Jahre) mit rezidivierenden oder refraktären pädiatrischen soliden Tumoren bewertet. Im Phase-I-Abschnitt der Studie wurde ermittelt, dass die maximal verträgliche Dosis (maximum tolerated dose, MTD) 240 mg/m² beträgt, verabreicht als intravenöse Infusion über 30 Minuten am 1., 8. und 15. Tag jedes 28-tägigen Zyklus. Die MTD wurde pädiatrischen Patienten mit rezidivierendem oder refraktärem Ewing-Sarkom, Neuroblastom und Rhabdomyosarkom im Phase-II-Abschnitt der Studie verabreicht.
Es gibt keinen Anhalthaltspunkt für eine Wirksamkeit bei Kindern und Jugendlichen in den untersuchten Tumorentitäten.
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