Eigenschaften/WirkungenATC-Code
L04AG14
Wirkungsmechanismus
Ublituximab ist ein chimärer monoklonaler Antikörper, der selektiv gegen CD20-exprimierende Zellen gerichtet ist.
CD20 ist ein Zelloberflächenantigen, das auf Prä-B-Zellen, reifen B-Zellen und B-Gedächtniszellen, jedoch nicht auf lymphoiden Stammzellen und Plasmazellen exprimiert wird. Nach der Bindung von Ublituximab an CD20 kommt es zur Lyse von CD20-exprimierenden B-Zellen, überwiegend durch antikörperabhängige zellvermittelte Zytotoxizität (Antibodydependent Cell-mediated Cytotoxicity, ADCC) und in geringerem Mass durch komplementabhängige Zytotoxizität (Complement-dependent Cytotoxicity, CDC). Aufgrund eines spezifischen Glykosylierungsmusters seiner Fc-Region weist Ublituximab eine erhöhte Affinität für FcγRIIIa (CD16) auf und bewirkt eine antikörperabhängige zelluläre Zytolyse von B-Zellen.
Pharmakodynamik
Die Behandlung mit Ublituximab führt bereits ab dem ersten Tag nach Behandlungsbeginn zu der erwarteten pharmakologischen Wirkung einer raschen Depletion von CD19+-Zellen im Blut. Die Depletion hielt während der gesamten Behandlungsphase an. Die B-Zellzahl wird anhand von CD19 ermittelt, da im Assay die Erkennung von CD20 in Gegenwart von Ublituximab beeinträchtigt wird.
In den Phase-III-Studien führte die Behandlung mit Ublituximab in beiden Studien nach der ersten Infusion zu einer medianen Reduktion der CD19+-B-Zellzahl um 97% gegenüber dem Ausgangswert.
Die Depletion hielt während der gesamten Dauer der Behandlung an.
In den Phase-III-Studien wiesen 5.5% der Patienten zwischen jeder Anwendung von Ublituximab mindestens zu einem Zeitpunkt eine B-Zell-Repletion auf (> untere Normgrenze [LLN] oder Ausgangswert).
Bei der längsten Nachbeobachtungsdauer nach der letzten Ublituximab-Infusion in den Phase-III-Studien stellte sich heraus, dass die mediane Zeit bis zur B-Zell-Repletion (Rückkehr zum Ausgangswert oder LLN, falls früher) 70 Wochen betrug.
Klinische Wirksamkeit
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Ublituximab wurden in zwei randomisierten, doppelblinden, mittels aktivem Vergleichspräparat kontrollierten klinischen Studien mit Double-Dummy-Verfahren (ULTIMATE I und ULTIMATE II) und identischem Design beurteilt. Die Studienpatienten litten an RMS (gemäss McDonald-Kriterien von 2010) und wiesen in den zwei vorangegangenen Jahren eine nachweisbare Krankheitsaktivität auf (definiert durch klinischen Befund oder Bildgebung). Das Studiendesign und die Ausgangsmerkmale der Studienpopulation sind in Tabelle 3 zusammengefasst.
Die demographischen Eckdaten und die Ausgangsmerkmale waren in den beiden Behandlungsgruppen ausgewogen. Die Patienten erhielten entweder: (1) Ublituximab 450 mg plus orales Placebo; oder (2) Teriflunomid 14 mg plus Placebo-Infusion. Mit der oralen Behandlung (aktiv oder Placebo) wurde an Tag 1 von Woche 1 begonnen, und die Behandlung wurde bis zum letzten Tag von Woche 95 fortgeführt. Die Infusionen (aktiv oder Placebo) starteten in Woche 1, Tag 1 mit einer Dosis von 150 mg. Danach erfolgte eine Steigerung auf 450 mg in Woche 3, Tag 15, und die Behandlung mit 450 mg wurde in Woche 24, Woche 48 und Woche 72 fortgeführt.
Tabelle 3: Studiendesign, demographische Eckdaten und Ausgangsmerkmale
Bezeichnung der Studie
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Studie 1 (ULTIMATE I) (n = 545)
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Studie 2 (ULTIMATE II) (n = 544)
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Studiendesign
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Studienpopulation
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Patienten mit RMS
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Krankengeschichte bei der Voruntersuchung
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Mindestens zwei Schübe innerhalb der letzten zwei Jahre, ein Schub innerhalb des letzten Jahres oder Vorliegen eines Gadolinium(Gd)- aufnehmenden Herdes in T1-Wichtung im vergangenen Jahr; EDSS* zwischen 0 und einschliesslich 5.5
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Dauer der Studie
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2 Jahre
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Behandlungsgruppen
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Gruppe A: Ublituximab 450 mg i.v.-Infusion + orales Placebo Gruppe B: Teriflunomid 14 mg oral + i.v.-Infusion Placebo
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Ausgangsmerkmale
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Ublituximab 450 mg (n = 271)
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Teriflunomid 14 mg (n = 274)
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Ublituximab 450 mg (n = 272)
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Teriflunomid 14 mg (n = 272)
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Mittleres Alter (Jahre)
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36.2
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37.0
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34.5
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36.2
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Altersspanne (Jahre) bei Aufnahme
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18-55
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18-55
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18-55
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18-55
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Geschlechterverteilung (% Männer/% Frauen)
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38.7/61.3
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34.7/65.3
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34.6/65.4
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35.3/64.7
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Mittlere/mediane Krankheitsdauer seit Diagnose (Jahre)
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4.9/2.9
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4.5/2.5
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5.0/3.2
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5.0/3.7
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Patienten ohne vorherige krankheitsmodifizierende Therapie (%)**
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59.8
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59.1
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50.7
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57.0
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Mittlere Anzahl von Schüben im letzten Jahr
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1.3
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1.4
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1.3
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1.2
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Mittlerer EDSS*
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2.96
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2.89
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2.80
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2.96
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Anteil von Patienten mit Gd-aufnehmenden T1-Herden
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43.2
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42.3
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51.8
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49.6
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* Expanded Disability Status Scale
** Patienten, die in den 5 Jahren vor der Randomisierung keinerlei RMS-Medikation erhalten haben.
Die wichtigsten klinischen und MRT-Wirksamkeitsergebnisse sind in Tabelle 4 dargestellt.
Die Ergebnisse dieser Studien zeigen, dass Ublituximab im Vergleich zu oralem Teriflunomid 14 mg eine signifikante Verminderung von Schüben und der mittels MRT beurteilten subklinischen Krankheitsaktivität bewirkte.
Tabelle 4: Wichtigste klinische und MRT-Endpunkte in den Studien ULTIMATE I und ULTIMATE II
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Studie 1 (ULTIMATE I)
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Studie 2 (ULTIMATE II)
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Endpunkte
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Ublituximab 450 mg
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Teriflunomid 14 mg
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Ublituximab 450 mg
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Teriflunomid 14 mg
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Klinische Endpunkte1
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Jährliche Schubrate (Annualised Relapse Rate, ARR) (primärer Endpunkt) Relative Reduktion
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0.076
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0.188
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0.091
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0.178
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59% (p < 0.0001)
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49% (p = 0.0022)
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Anteil von schubfreien Patienten nach 96 Wochen
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86%
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74%
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87%
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72%
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Anteil von Patienten mit nach 12 Wochen bestätigter Behinderungsprogression2, 3 Risikoreduktion (gepoolte Analyse)4
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5.2% Ublituximab vs. 5.9% Teriflunomid
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16% (p = 0.5099)
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Anteil von Patienten ohne Hinweis auf Krankheitsaktivität (No Evidence of Disease Activity, NEDA)
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45%
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15%
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43%
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11%
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(p < 0.0001)7
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(p < 0.0001)7
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MRT-Endpunkte5
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Mittlere Anzahl Gd-aufnehmender T1-Herde in der MRT-Aufnahme6 Relative Reduktion
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0.016
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0.491
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0.009
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0.250
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97% (p < 0.0001)
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97% (p < 0.0001)
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Mittlere Anzahl neuer und/oder sich vergrössernder T2hyperintenser Herde in der MRT-Aufnahme6 Relative Reduktion
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0.213
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2.789
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0.282
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2.831
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92% (p < 0.0001)
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90% (p < 0.0001)
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1 Auf Grundlage der modifizierten Intent-to-Treat(mITT)-Population, definiert als alle randomisierten Patienten, die mindestens eine Infusion der Studienmedikation erhalten haben und von denen mindestens eine Wirksamkeitsbeurteilung zum Zeitpunkt des Studienbeginns und danach vorlag. ULTIMATE I: Ublituximab (N = 271), Teriflunomid (N = 274). ULTIMATE II: Ublituximab (N = 272), Teriflunomid (N = 272).
2 Prospektiv gepoolte Daten aus Studie 1 und Studie 2: Ublituximab (N = 543), Teriflunomid (N = 546).
3 Definiert als Anstieg des EDSS-Score um mindestens 1.0 Punkte gegenüber dem EDSS-Ausgangsscore bei Patienten mit einem Ausgangsscore von 5.5 oder weniger, oder um mindestens 0.5 Punkte bei einem Ausgangsscore von > 5.5, Kaplan-Meier-Schätzer in Woche 96.
4 Auf Grundlage der Hazard Ratio.
5 Auf Grundlage der MRTmITT-Population (mITT-Patienten mit MRT zu Studienbeginn und danach). ULTIMATE I: Ublituximab (N = 265), Teriflunomid (N = 270). ULTIMATE II: Ublituximab (N = 272), Teriflunomid (N = 267).
6 In Woche 96.
7 Nominaler p-Wert.
Immunogenität
Serumproben von RMS-Patienten wurden während des Behandlungszeitraums auf Antikörper gegen Ublituximab getestet. In klinischen Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit wurden während der 96-wöchigen Behandlungsphase bei 81% der mit Ublituximab behandelten Patienten zu mindestens einem Zeitpunkt Antikörper gegen das Arzneimittel (Anti-Drug Antibodies, ADA) nachgewiesen.
ADA waren generell vorübergehend (in Woche 96 waren 18.5% der Patienten ADA-positiv). Eine neutralisierende Aktivität wurde bei 6.4% der mit Ublituximab behandelten Patienten festgestellt. Das Vorliegen von ADA oder neutralisierenden Antikörpern hatte keine erkennbare Wirkung auf die Sicherheit oder Wirksamkeit von Ublituximab.
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