Eigenschaften/WirkungenATC-Code
A16AX28
Wirkungsmechanismus
Sepiapterin ist ein natürlicher Vorläufer des enzymatischen Cofaktors BH4, eines kritischen Cofaktors für die Phenylalaninhydroxylase (PAH). Sepiapterin wirkt als duales pharmakologisches Chaperon (Sepiapterin und BH4 jeweils mit eigener Bindungsaffinität für verschiedene PAH) einschliesslich PAH-Varianten, die bei PKU häufig anzutreffen und bekanntermassen unempfindlich gegenüber BH4 sind, darunter 10 der 15 häufigsten gegenüber BH4 nachweislich unempfindlichen PAH-Varianten und verbessert die Aktivität des defekten Enzyms PAH, wobei eine hohe intrazelluläre Konzentration von BH4 erreicht wird. Durch die Erhöhung der Konformationsstabilität des fehlgefalteten Enzyms PAH und die Steigerung der intrazellulären Konzentrationen von BH4 ist Sepiapterin in der Lage, die Phe-Spiegel im Blut wirksam zu reduzieren.
Pharmakodynamik
Kardiale Elektrophysiologie
Es wurde eine klinische Studie durchgeführt, um die Risiken für eine Verlängerung des QT-Intervalls bei gesunden Erwachsenen zu beurteilen. Die Ergebnisse zeigten, dass eine vernachlässigbare zentrale Tendenz mit Zunahme der Placebo-adjustierten QTcF-Veränderung gegenüber dem Ausgangswert mit den Sepiapterin- oder BH4-Konzentrationen bestand und dass Sepiapterin in Dosen bis zu 120 mg/kg, die mit einer fettreichen Ernährung verabreicht wurden, gut verträglich und nicht mit einer QT-Verlängerung verbunden war. Mit steigender BH4-Konzentration wurde ein verkürztes QT-Intervall beobachtet. Dies wurde jedoch nicht als klinisch bedeutsam erachtet, da die maximale Reduktion des QTcF -2.13 ms (90%-KI: -3.47-0.79 ms) beim geometrischen Mittel der Baseline-korrigierten Cmax von BH4 von 732.38 ng/ml betrug, d. h. weniger als die postprandiale QTcF-Verkürzung von -5.78 ms.
Klinische Wirksamkeit
Die Wirksamkeit von Sephience wurde in drei klinischen Studien an Patienten mit PKU untersucht.
Studie 1 (PTC923-MD-003-PKU) war eine 2-teilige, weltweite, doppelblinde, randomisierte, placebokontrollierte Studie an 157 Patienten mit PKU aller Alterstufen.
Teil 1 der Studie untersuchte das Ansprechen auf Sepiapterin durch eine 14-tägige offene Behandlung mit Sepiapterin, gefolgt von einer mindestens 14-tägigen Sepiapterin-Auswaschphase. 73.1% (114/156) der Studienteilnehmer zeigten eine Senkung des Phe-Spiegels im Blut um ≥ 15% als Reaktion auf Sepiapterin. Die Dosis von Sepiapterin bei Patienten ab 2 Jahren betrug 60 mg/kg/Tag. Die Patienten wurden angewiesen, ihre übliche Ernährung ohne Modifikation weiter beizubehalten.
Patienten im Alter von ≥ 2 Jahren mit einer Reduktion des Phe-Spiegels im Blut um ≥ 15% wurden als Responder eingestuft und weiter in Teil 2 der Studie aufgenommen (n = 110). Nach der Auswaschphase von Teil 1 der Studie wurden die Patienten zu gleichen Teilen für die Behandlung mit Sepiapterin 20 mg/kg täglich für die Wochen 1 und 2, 40 mg/kg/day täglich für die Wochen 3 und 4, 60 mg/kg täglich für die Wochen 5 und 6 (n = 56) oder Placebo (n = 54) für 6 Wochen randomisiert. Die primäre Wirksamkeit wurde anhand der mittleren Veränderung des Phe-Blutspiegels vom Ausgangswert bis Woche 5 und 6 in der mit Sepiapterin behandelten Gruppe im Vergleich zur mittleren Veränderung in der Placebogruppe bei Patienten beurteilt, die während Teil 1 der Studie eine Reduktion des Phe-Blutspiegels um ≥ 30% zeigten. In Teil 2 waren die demografischen Merkmale zwischen den beiden Behandlungsarmen gut ausgeglichen. Das mediane Alter zum Zeitpunkt der Unterzeichnung der Einwilligungserklärung lag bei 14 Jahren (Spanne: 2–54 Jahre), und die Patienten waren überwiegend weiss (91.8%). Bei mehr als der Hälfte (65.5%) der 110 Teilnehmer wurde die PKU bei der Geburt diagnostiziert, und die Mehrzahl (82.7%) hatte eine «biochemisch definierte» nichtklassische PKU.
Der Unterschied zwischen den 2 Behandlungsgruppen war statistisch signifikant (p < 0,0001) (Tabelle 7).
Die Ausgangswerte (Baseline) des mittleren Phe-Blutspiegels waren für die Sepiapterin- und die Placebogruppe vergleichbar (Tabelle 7; Abbildung 1).
Tabelle 7: Mittlere Veränderung der Phe-Blutspiegel von Baseline bis Woche 5 und Woche 6 in Teil 2 (primäres Analysekollektiv mit Phe-Reduktion vs. Baseline von ≥ 30% in Teil 1)
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Sepiapterin (n = 49)
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Placebo (n = 49)
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Unterschied Sepiapterin vs. Placebo
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p-Wert
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Baseline*
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n
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49
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49
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Mittelwert (SD)
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646.11 (253.007)
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654.04 (261.542)
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Weeks 5 and 6**
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n
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49
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49
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Mittelwert (SD)
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236.04 (174.942)
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637.85 (259.886)
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Mittlere (SD) Veränderung vs. Baseline (μmol/l)
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-410.07 (204.442)
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-16.19 (198.642)
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Mittlere (SD) prozentuale Veränderung vs. Baseline (%)
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-62.8%
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1.4%
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LS-Mittelwert-Schätzung für die mittlere Veränderung vs. Baseline
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LS-Mittelwert (SE)
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-415.75 (24.066)
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-19.88 (24.223)
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-395.87 (33.848)
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<0.0001
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95%‑KI
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(-463.52, -367.97)
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(-67.97, 28.21)
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(-463.07, -328.66)
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Abkürzungen: KI: Konfidenzintervall, LS: Least Squares (kleinste Quadrate), MMRM: Mixed Model for Repeated Measures (gemischtes Modell für wiederholte Messungen), Phe: Phenylalanin, SD: Standardabweichung, SE: Standardfehler
*Baseline sind die durchschnittlichen Phe-Blutspiegel an Tag -1 und Tag 1 in Teil 2 der Studie.
**Die Phe-Konzentration im Blut basierten auf den Durchschnittswerten in den Wochen 5 und 6.
LS-Mittelwerte, Standardfehler, Konfidenzintervalle und p-Werte basieren auf einem MMRM mit der Veränderung des Phe-Spiegels im Blut gegenüber dem Ausgangswert zu den Beurteilungszeitpunkten nach Baseline als Response-Variable und festen Effekten für Behandlung, Phe-Ausgangswert im Blut, Baseline-Phe-Stratum, Besuchstermin und Interaktion zwischen Besuchstermin und Behandlung.
Ähnliche Reaktionen wurden bei Patienten mit klassischer PKU (cPKU) beobachtet, bei denen nach 6 Wochen unter Sepiapterin eine Senkung des Phe-Spiegels im Blut um 69% (n = 6) gegenüber einem Anstieg um 3% unter Placebo (n = 9) festgestellt wurde.
Abbildung 1: Mittlere Veränderung der Phe-Blutspiegel von Baseline bis Woche 5 und Woche 6 in Teil 2 (primäres Analysekollektiv mit Phe-Reduktion vs. Baseline von ≥ 30% in Teil 1)

Abkürzungen: Phe: phenylalanine; SD: standard deviation (Standardabweichung).
Studie 3 (PTC923-MD-004-PKU) ist eine laufende, multizentrische, offene Phase-3-Studie zur Beurteilung der Sicherheit und der ernährungsbezogenen Phe-Toleranz während der Langzeitbehandlung mit Sepiapterin bei Patienten mit PKU. Interimsdaten von 169 Patienten, die mit Sephience behandelt wurden: 7.5 mg/kg für Teilnehmer im Alter von 0 bis < 6 Monaten, 15 mg/kg für Teilnehmer im Alter von 6 bis < 12 Monaten, 30 mg/kg für Teilnehmer im Alter von 12 Monaten bis < 2 Jahren oder 60 mg/kg für Teilnehmer im Alter von ≥ 2 Jahren täglich. Interimsdaten zeigen, dass die tägliche Verabreichung von Sepiapterin mit einer etwa 2.3-fachen Zunahme der mittleren täglichen Phe-Aufnahme (27.1 mg/kg/Tag zu Beginn der Studie gegenüber 62.5 mg/kg/Tag in Woche 26) verbunden war.
Abbildung 2: Mittlere (SD) Phe-Aufnahme über die Nahrung und Phe-Blutspiegel im Verlauf der Zeit während der Beurteilung der ernährungsbezogenen Phe-Toleranz (Analysekollektiv der ernährungsbezogenen Phe-Toleranz)

Abkürzungen: Phe: Phenylalanin, RDA: empfohlene Tagesmenge, SD: Standardabweichungg, W: Woche
Hinweis: Die Baseline ist definiert als durchschnittliche tägliche Phe-Aufnahme (mg/kg/Tag) in Monat 1. Diese Abbildung fasst die Daten zusammen, die im Rahmen der Beurteilung der ernährungsbezogenen Phe-Toleranz erhoben wurden. Die untere gepunktete Linie entspricht der RDA für einen Erwachsenen mit PKU, die 0.8 g Protein/kg (entsprechend etwa 40 mg Phe pro kg/Tag) beträgt. Die obere gepunktete Linie zeigt die empfohlenen Phe-Konzentration im Blut.
Diese Daten deuten darauf hin, dass die Behandlung mit Sepiapterin möglicherweise eine Liberalisierung der hochrestriktiven Diät erlaubt, die Patienten mit PKU einhalten müssen. Zum Zeitpunkt des Datenschnitts standen keine Analysen der Lebensqualität zur Verfügung.
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