Kombinierter Lebendvirus-Impfstoff gegen Masern, Mumps und Röteln
Eigenschaften/WirkungenKlinische Studien mit 279 dreifach seronegativen Kindern zwischen 11 Monaten und 7 Jahren zeigten, dass M-M-R II stark immunogen wirkt und im allgemeinen gut verträglich ist. In Studien mit diesem Impfstoff wurden nach einer Injektion Masern-hämagglutinationshemmende (HI) Antikörper bei 95%, Mumps-neutralisierende Antikörper bei 96%, und Röteln HI-Antikörper bei 99% aller seronegativen Impflinge induziert.
Der in M-M-R II enthaltene RA 27/3-Stamm bewirkt eine höhere Hämagglutinationshemmung unmittelbar nach der Impfung, eine höhere Komplementbildung und höhere neutralisierende Antikörpertiter als andere Stämme von Rötelnimpfstoffen; dieser Stamm erzeugt auch ein breiteres Spektrum zirkulierender Antikörper, einschliesslich anti-theta und anti-iota präzipitierende Antikörper. Der Rötelnvirus-Stamm RA 27/3 simuliert immunologisch eine natürliche Infektion besser als andere Rötelnvirus-Impfstoffe. Die höheren Titer und das breitere Antikörperspektrum, die durch den Impfstoff des Röteln-Lebendvirus-Stammes RA 27/3 verursacht werden, stehen offenbar im Zusammenhang mit einer grösseren Widerstandsfähigkeit gegen subklinische Reinfektion durch das Wildvirus.
Die volle Schutzwirkung wird etwa 4 Wochen nach der Impfung erreicht. Im bisherigen Beobachtungszeitraum (Masern 20 Jahre, Mumps 15 Jahre, Röteln 18 Jahre) wurde bei den
erfolgreich Geimpften ein Antikörpertiter aufrechterhalten, so dass man von einer lang andauernden Immunität ausgehen kann.
Indikationen/AnwendungsmöglichkeitenGemäss den Empfehlungen des Bundesamtes für Gesundheit (BAG) ist M-M-R II zur gleichzeitigen aktiven Immunisierung gegen Masern, Mumps und Röteln von Personen im Alter ab 12 Monaten angezeigt. Eine Nachimpfung mit M-M-R II wird im Alter von 15 bis 24 Monaten empfohlen und kann ab einem Monat nach der Erstdosis verabreicht werden (siehe Nachimpfung).
In speziellen Fällen, in denen ein erhöhtes Infektionsrisiko besteht, kann die Impfung gegen Masern, Mumps und Röteln auch vor dem 12. Lebensmonat, jedoch nicht vor dem 9. Lebensmonat, erfolgen. Eine Altersbegrenzung für die MMR-Impfung besteht nicht.
Heranwachsende und erwachsene nicht schwangere Frauen
Die Immunisation mit Röteln-Lebendvirus von Frauen im gebärfähigen Alter, welche nicht schwanger sind, ist indiziert, wenn bestimmte Vorsichtsmassnahmen beachtet werden (siehe unten und «Vorsichtsmassnahmen»). Die Impfung von Mädchen nach der Pubertät vermittelt individuellen Schutz gegen eine mögliche Röteln-Infektion während einer Schwangerschaft und verhindert damit eine Röteln-Infektion des Fetus und als Folge davon kongenitale Schäden.
Frauen im gebärfähigen Alter sollten angewiesen werden, innerhalb von 3 Monaten nach der Impfung nicht schwanger zu werden.
Es wird empfohlen, die Immunität gegenüber Röteln-Virus vor der Impfung durch Bestimmung der Antikörper zu untersuchen.
Nachimpfung
Alle Kinder sollten vor dem Eintritt in den Kindergarten oder in die Schule zwei Dosen M-M-RII erhalten haben (Bundesamt für Gesundheit und Schweizerische Kommission für Impffragen: Impfplan für routinemässige Schutzimpfungen, Supplementum VI-II, Stand August 2001). Das Impfschema für die routinemässige Schutzimpfung gegen Masern, Mumps und Röteln sieht folgendermassen aus:
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Alter 1. Dosis 2. Dosis
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12 Monate X
15-24 Monate X
4-7 Jahre X und/oder X
11-15 Jahre X und/oder X
Erwachsene X und/oder X
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Anwendung mit anderen Impfstoffen Zeitabstände zu Impfungen mit Impfstoffen aus inaktivierten Erregern, Toxoiden, Polysacchariden oder entsprechenden Kombinationen sind nicht erforderlich.
Lebend-Impfstoffe können simultan verabreicht werden. M-M-RII sollte nicht weniger als einen Monat vor oder nach Verabreichung anderer Lebendvirus-Impfstoffe appliziert werden. Bei simultaner Anwendung sind die Injektionen an kontralateralen Körperstellen vorzunehmen.
Dosierung/AnwendungDer rekonstituierte Impfstoff wird subkutan injiziert; eine intramuskuläre Applikation ist ebenfalls möglich.
Nicht intravenös injizieren. M-M-RII darf nicht gleichzeitig mit Immunglobulin (IG) verabreicht werden. Die gesamte Menge von 0,5 ml injizieren. Nach gründlicher Reinigung der Einstichstelle wird die gesamte Menge des rehydrierten Impfstoffs injiziert. Die Impfung erfolgt vorzugsweise subkutan. Ein Kontakt von Impfstoff oder Lösungsmittel mit Desinfektionsmitteln kann die Wirksamkeit beeinträchtigen. Deshalb ist darauf zu achten, dass vor der Resus-pendierung der Flaschenstopfen und vor Durchführung der Impfung die Injektionsstelle wieder trocken sind.
Zur Rehydrierung injiziert man die gesamte Menge des Lösungsmittels von der Spritze in die Stechampulle mit dem lyophilisierten Impfstoff und schüttelt bis zur völligen Durchmischung. Dann
wird das gesamte Volumen des rehydrierten Impfstoffs zur Injektion wieder in die Spritze aufgezogen. Der gebrauchsfertige Impfstoff ist gelb und darf nur verwendet werden, wenn dieser ganz klar ist. Zur Zubereitung darf nur das in der Fertigspritze mitgelieferte Lösungsmittel verwendet werden, da es frei von Konservierungsmitteln oder anderen antiviralen Substanzen ist, welche den Impfstoff inaktivieren könnten.
AnwendungseinschränkungenKontraindikationen
M-M-RII ist kontraindiziert bei
bekannten, schweren allergischen Reaktionen auf die Bestandteile des Impfstoffes; angeborener, erworbener oder therapiebedingter Immundefizienz;
Patienten mit Blutdyskrasien, Leukämie, Lymphomen jeder Art oder anderen malignen Neoplasmen, welche das Knochenmark oder das lymphatische System schädigen;
primären und erworbenen Immunmangelzuständen, einschliesslich Patienten, die infolge von AIDS oder anderer klinisch manifester Infektionen mit humanen immundefizienten Viren immunsupprimiert sind; zellulärer Immundefizienz; Hypogammaglobulinämie und Dysgammaglobulinämie; Personen mit einer familiären Anamnese von kongenitalem oder hereditärem Immunmangel, bis die Immunkompetenz des potentiellen Impflings erwiesen ist;
Personen mit akuten behandlungsbedürftigen Erkrankungen. Diese sollten frühestens 2 Wochen nach Genesung geimpft werden.
Schwangerschaft und Stillzeit
M-M-RII darf schwangeren Frauen nicht verabreicht werden. Mögliche Auswirkungen des Impfstoffes auf die fetale Entwicklung sind bisher nicht bekannt. Wenn gebärfähige Frauen geimpft werden, muss eine Schwangerschaft während drei Monaten nach der Impfung ausgeschlossen werden (siehe Vorsichtsmassnahmen, Schwangerschaft). Eine versehentlich in der Schwangerschaft durchgeführte Impfung ist jedoch keine Indikation für einen Schwangerschaftsabbruch. Ausreichende Erfahrungen über die Anwendung während der Stillzeit liegen bisher nicht vor. Es ist nicht bekannt ob das Masern- oder das Mumpsvirus des Impfstoffs in die Muttermilch ausgeschieden wird. Studien haben gezeigt, dass stillende Mütter, die im Wochenbett mit lebend abgeschwächten Röteln-Impfstoffen geimpft wurden, das Virus in die Muttermilch ausscheiden können und es auf die gestillten Säuglinge übertragen.
Vorsichtsmassnahmen
Masern- und Mumps-Lebendvirus-Impfstoffe werden auf Hühnerembryo-Zellkulturen gezüchtet. Personen, die lediglich aufgrund einer Befragung als «allergisch auf Hühnereiweiss» oder aufgrund einer positiven Hauttestung als Hühnereiweissallergiker eingestuft werden, besteht in der Regel kein erhöhtes Risiko für die Impfung mit M-M-RII. In den äusserst seltenen Fällen, in denen Personen nach dem Verzehr von Hühnereiweiss mit klinischen Symptomen wie Urtikaria, Lippen- und Epiglottisödem, Laryngo- oder Bronchospasmus, Blutdruckabfall oder Schock reagieren, soll die Impfung nur unter sorgfältiger klinischer Überwachung und der Möglichkeit einer sofortigen Therapie erfolgen. Wie bei anderen Impfstoffen auch sind bei anaphylaktischen Reaktionen geeignete Sofortmassnahmen (Adrenalin, Kortikosteroide, Antihistaminika, Volumenauffüllung, Sauerstoff) zu ergreifen. Es ist erwiesen, dass Personen nicht einem erhöhten Risiko ausgesetzt sind, falls sie auf Eier allergisch sind, die Allergien jedoch nicht von anaphylaktischer oder anaphylaktoider Art sind. Solche Personen sollten auf die übliche Art geimpft werden.
Entsprechende Vorsicht ist geboten bei der Verwendung von M-M-RII bei Personen mit einer individuellen oder familiären Anamnese von Fieberkrämpfen, einer Anamnese von zerebralen Schäden oder irgendwelchen andern Zuständen, bei denen eine zusätzliche Belastung durch Fieber vermieden werden sollte. Der Arzt soll Temperaturerhöhungen überwachen, welche nach der Impfung auftreten können (siehe «Unerwünschte Wirkungen»).
Kinder und junge Erwachsene, von denen bekannt ist, dass sie mit humanen immundefizienten Viren infiziert, aber keine expliziten klinischen Manifestationen von Immunsuppression aufweisen, können geimpft werden. Weil die Immunisierung weniger effektiv sein kann als bei nicht infizierten Personen, sollten die Geimpften hinsichtlich der Krankheiten, vor denen die Impfung schützen soll, streng
überwacht werden. In ausgewählten Fällen kann die Bestimmung der Antikörpertiter helfen, geeignete Schutzmassnahmen einzuleiten; dazu gehört auch die passive Immunprophylaxe. Im Falle eines angeborenen oder erworbenen Immundefekts sollte vor der Impfung mit einem Lebendimpfstoff der den Immundefekt behandelnde Arzt konsultiert werden. Die serologische Kontrolle des Impferfolges ist bei Patienten mit Immundefizienz angezeigt.
Nach Blut- oder Plasmatransfusionen oder Verabreichung von humanem Immunglobulin sollte die Impfung mindestens drei Monate aufgeschoben werden.
Es gibt keine Berichte einer Übertragung von lebend abgeschwächten Masern- oder Mumpsviren von geimpften Personen auf seronegative Kontaktpersonen. Attenuiertes Röteln-Virus wird in geringen Mengen 7 bis 28 Tage lang aus dem Rachen ausgeschieden, ohne dass Erkrankungen ungeschützter Kontaktpersonen zu befürchten sind.
Nach einer Masern-Mumps-Röteln-Impfung kann die Empfindlichkeit gegenüber Tuberkulin und anderen Recall-Antigenen für 4 Wochen oder länger herabgesetzt sein oder fehlen. Entsprechende Tests sollten deshalb zur Vermeidung falsch-negativer Reaktionen vor oder frühestens 6 Wochen nach der Impfung durchgeführt werden.
Kinder, die sich in Behandlung gegen Tuberkulose befanden, haben keine Verschlimmerung der Krankheit durchgemacht, als sie mit der Masern-Lebendvirus-Impfstoff immunisiert wurden; bis heute gibt es keine Untersuchungen, die über den Effekt der Masern-Lebendvirus-Impfstoffes auf unbehandelte tuberkulöse Kinder berichten.
Unerwünschte WirkungenDie bei der Anwendung von M-M-RII zu erwartenden Nebenwirkungen entsprechen denen, welche nach der Impfung mit jedem der drei monovalenten Impfstoffe allein auftreten können.
Lokale Reaktionen an der Injektionsstelle
Lokale Reaktionen wie Rötung und Schwellung treten nur selten auf.
Allgemeine (systemische) Reaktionen
Gelegentlich können, meist in der 2. Woche nach der Impfung, grippeähnliche Symptome wie kurz andauerndes Fieber, Schweissausbrüche, Schüttelfrost, Abgeschlagenheit, Kreislaufreaktionen, Kopfschmerzen und Katarrh sowie gastrointestinale Störungen vorkommen.
Ein schwaches, masernähnliches Exanthem kann sich im gleichen Zeitraum ausbilden und ist gewöhnlich nicht generalisiert. In Einzelfällen ist Otitis media beobachtet worden. Eine mumpsähnliche Erkrankung mit verkürzter Inkubationszeit ist in seltenen Fällen nicht auszuschliessen. In Einzelfällen wurde im zeitlichen Zusammenhang mit der Impfung das Auftreten einer Pankreatitis beobachtet. In Einzelfällen trat eine vorübergehende schmerzhafte Hodenschwellung auf.
Ähnlich wie bei natürlichen Röteln kann es auch 2 bis 4 Wochen nach der Verabreichung von Röteln-Lebend-Impfstoffen zu Arthralgien oder - in Einzelfällen chronischen - Arthritiden sowie Myalgien, Exanthemen und Lymphknotenschwellungen kommen. Die Häufigkeit von Gelenkaffektionen nimmt mit dem Alter der Impflinge zu. Arthritiden mit Gelenkergüssen sind äusserst selten. In Einzelfällen sind Thrombozytopenien, Purpura, Erythema exsudativum multiforme und allergische Reaktionen beobachtet worden, die jedoch nur ausnahmsweise eine Therapie erforden. In äusserst seltenen Fällen ist über anaphylaktische Reaktionen berichtet worden.
Neurologische Komplikationen wie Fieberkrämpfe und flüchtige Gangunsicherheiten sind selten. In Einzelfällen sind Meningo-Enzephalitis (Häufigkeit: 1:1 Million Impfungen), Myelitis, Neuritis und aufsteigende Lähmungen bis hin zur Atemlähmung (Guillain-Barré-Syndrom) berichtet worden.
Sonstige HinweiseHaltbarkeit
Vor der Zubereitung ist M-M-RII bei 2 bis 8 °C und vor Licht geschützt zu lagern. Der Impfstoff sollte nach der Aufbereitung so bald wie möglich verwendet werden. Der Impfstoff ist vor Licht zu schützen, da Lichteinwirkung das Virus inaktivieren kann. Der rehydrierte Impfstoff ist vor Licht geschützt bei 2 bis 8 °C zu lagern und falls er nicht innert 8 Stunden gebraucht wurde, zu vernichten.
Stand der InformationJanuar 2002.
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