ZusammensetzungWirkstoff: Glibenclamidum.
1 Tablette Euglucon 5 enthält 5 mg Glibenclamidum, Excipiens pro compresso.
1 Tablette Semi-Euglucon enthält 2,5 mg Glibenclamidum, Excipiens pro compresso.
Eigenschaften/WirkungenGlibenclamid ist ein orales Antidiabetikum vom Sulfonylharnstoff-Typ. Wie andere Sulfonylharnstoffe ist seine blutzuckersenkende Wirkung an die Fähigkeit zur Bildung von körpereigenem Insulin gekoppelt, d.h. bei Fehlen noch funktionsfähiger Betazellen ist es unwirksam. Betazytotrope Effekte am Pankreas führen zu einer Verstärkung der Insulinsekretion und zu einer Herabsetzung der Glucosereizschwelle der B-Zellen bzw. zu einer Erhöhung ihrer Ansprechbarkeit durch Glukose. Extrapankreatische Effekte treten vor allem bei langdauernder Verabreichung auf. Sie führen bei verminderter Insulinempfindlichkeit des peripheren Gewebes (Insulinresistenz) zu einer Erhöhung der Insulinbindung und -empfindlichkeit des «Zielgewebes». Die blutzuckersenkende Wirkung von Glibenclamid setzt rasch ein und kann bis zu 24 Stunden anhalten. Diesem Umstand ist bei der Dosierung und deren Kontrolle Rechnung zu tragen.
PharmakokinetikAbsorption
Nach oraler Gabe wird Glibenclamidum rasch und zu 70-90% resorbiert. Die maximalen Serumspiegel - 90 bis 160 ng/ml nach 2,5 mg und 18 bis 300 ng/ml nach 5 mg - werden nach 2-4 Stunden erreicht. Die Resorptionsrate wird durch gleichzeitige Nahrungsaufnahme nur unwesentlich beeinflusst.
Distribution
Das Verteilungsvolumen beträgt 30-40 l. Glibenclamid wird zu mehr als 98% an Serumproteine gebunden. Die blutzuckersenkende Schwellenkonzentration von Glibenclamid im Serum beträgt 30-50 ng/ml, doch besteht keine direkte Beziehung zwischen Plasmaspiegel und hypoglykämischer Wirkung.
Autoradiographische Untersuchungen an verschiedenen Tierspezien ergaben, dass Glibenclamid in keinem Organ in wesentlichen Konzentrationen angereicht wird. Eine Kumulation im Blut wurde bei Patienten mit normaler Nierenfunktion nach wiederholter Gabe nicht beobachtet.
Glibenclamid passiert die Placenta nur in minimalen Konzentrationen. Wie andere Sulfonylharnstoffe wird es vermutlich mit der Muttermilch ausgeschieden.
Metabolismus
Das resorbierte Glibenclamid wird in der Leber vollständig durch Hydroxylierung der Cyclohexylgruppe (in 4-trans - resp. 3-cis - Stellung) metabolisiert, wodurch die blutzuckersenkende Wirkung praktisch aufgehoben wird.
Elimination
Nach intravenöser Verabreichung beträgt die Serum-Halbwertszeit ungefähr 2 Stunden, nach oraler Gabe 2-5 Stunden. Verschiedene Studien weisen darauf hin, dass bei Patienten mit Diabetes mellitus die Halbwertszeit bis zu 8-10 Stunden verlängert sein kann. 8-10 Stunden nach Einnahme der 2,5 mg Tablette fällt der Plasmaspiegel auf Werte unterhalb von 20 ng/ml. Eine Kumulation wird nicht beobachtet.
Ausscheidung der Metaboliten erfolgt zu etwa gleichen Teilen über die Nieren und die Galle und ist nach 45-72 Stunden abgeschlossen.
Kinetik in besonderen klinischen Situationen
Bei niereninsuffizienten Patienten ist die renale Elimination von Hydroxyglibenclamid in Abhängigkeit von der Schwere der Erkrankung deutlich vermindert und die biliäre Ausscheidung kompensatorisch erhöht. Es ist nicht bekannt ob Erkrankungen, bei denen der Plasmaspiegel sinkt, die Verteilung und Wirkung von Glibenclamid beeinflussen.
Indikationen/AnwendungsmöglichkeitenNicht insulinpflichtiger Diabetes mellitus (Erwachsenendiabetes, Typ II-Diabetes), wenn Diät allein nicht ausreicht.
Dosierung/AnwendungFür Euglucon/Semi-Euglucon gibt es - wie für alle anderen Sulfonylharnstoffderivate - kein einheitliches Behandlungsschema, sondern die Dosierung muss für jeden Patienten individuell eingestellt werden. Im allgemeinen beginnt man mit der niedrigstmöglichen Dosierung von (½-) 1 Tablette Semi-Euglucon (2,5 mg Glibenclamidum) täglich vor dem Frühstück. Je nach Stoffwechsellage kann die Dosis unter regelmässiger Überwachung des Blutglucose-Spiegels in Intervallen von 1-2 Wochen um jeweils 1 Tablette Semi-Euglucon (= ½ Tablette Euglucon 5) gesteigert werden, bis der Blutzuckerspiegel ausreichend gesenkt ist. Im allgemeinen ist mit einer Tagesdosis von 3 Tabletten Euglucon 5 (= 15 mg Glibenclamidum) das Wirkungsmaximum erreicht, in Ausnahmefällen mit maximal 4 Tabletten Euglucon 5 täglich.
Bei älteren Patienten und bei solchen mit Lebererkrankungen kann eine niedrigere Dosierung angezeigt sein. Unter diesen Umständen ist die Anfangsdosierung besonders sorgfältig einzustellen.
Tagesdosen bis zu 2 Tabletten Euglucon 5 können meist als Einmalgabe (= maximale Einzeldosis) vor dem Frühstück eingenommen werden. Darüberliegende Anteile werden vor dem Abendessen eingenommen.
Behandlungsbeginn mit Euglucon 5/Semi-Euglucon nur unter ärztlicher Aufsicht. Bei Patienten, deren Diabetes gewöhnlich mit Diät allein kontrolliert wird und die nur eine vorübergehende Verschlimmerung erleben, kann eine Behandlung kurzer Dauer ausreichen. Zur Verhinderung einer Hypoglykämie bei langdauernder Behandlung muss Glibenclamid infolge einer verbesserten Insulinempfindlichkeit reduziert oder ganz abgesetzt werden. Die Umstellung von einem anderen oder auf ein anderes Sulfonylharnstoffpräparat ist möglich. Es ist unbedingt darauf zu achten, dass selbst bei vorangeganger maximaler Dosierung immer mit tiefen Dosen von 2,5-5 mg Glibenclamid begonnen wird, damit eine Hypoglycämie infolge hoher Restplasma-Spiegel verhindert wird. Die Wirkung von 5 mg Glibenclamid entspricht etwa der von 350 mg Chlorpropamid oder 1400 mg Tolbutamid.
Euglucon 5/Semi-Euglucon ist unzerkaut mit etwas Flüssigkeit vor der Mahlzeit einzunehmen.
Wenn die Wirksamkeit von Glibenclamid nachlässt, kann es zusammen mit Insulin gegeben werden. Es kann auch mit anderen, nicht betazytotropen oralen Antidiabetika kombiniert werden.
AnwendungseinschränkungenKontraindikationen
Insulinpflichtiger Diabetes mellitus (juveniler Diabetes, Typ I-Diabetes), diabetisches Koma, diabetische Stoffwechselentgleisung (insbesondere Präkoma, Ketoazidose), schwere Funktionsstörungen von Leber, Niere, Nebennierenrinde, Hypophysenvorderlappen und Schilddrüse, unübliche Stresssituationen (z.B. notfallmässige chirurgische Massnahmen, hoch fieberhafte Infekte). Überempfindlichkeit gegen Glibenclamid.
Vorsichtsmassnahmen
Bis zur optimalen Einstellung (zu Behandlungsbeginn, bei Präparatewechsel), unregelmässiger Nahrungsaufnahme besteht ein erhöhtes Risiko leichter oder schwerer Hypoglykämien. Diese können die Aufmerksamkeit des Patienten und insbesondere die Sicherheit bei Autofahren oder Bedienen von Maschinen beeinträchtigen. Hypoglykämische Reaktionen können bei eingeschränkter Nieren- oder Leberfunktion auftreten und sie können durch falsche Indikationsstellung, Überdosierung von Glibenclamid, Interaktionen mit anderen Wirkstoffen, starke körperliche Belastung und Diätfehler hervorgerufen werden. Die Befolgung der Diätvorschriften und die regelmässige Tabletteneinnahme sind deshalb unerlässlich, und der Patient ist dementsprechend zu instruieren.
Die Symptome einer andrenergen Gegenregulation können bei schleichender Entwicklung der Hypoglykämie, Vorliegen einer autonomen Neuropathie oder einer sympatholytischen Begleittherapie (vor allem β-Rezeptorenblocker, Clonidin oder ähnlich wirkende Mittel) abgeschwächt sein oder fehlen (siehe «Interaktionen»). Kreuzallergie zu Sulfonamidon und Sulfonamidderivaten ist möglich. Vorsicht ist ebenfalls geboten bei Vorliegen von Zerebralsklerose und kardivaskulären Risikofaktoren (Hypertonie, Rauchen).
Bei älteren Patienten kann Euglucon 5/Semi-Euglucon wegen seiner starken und langdauernden Wirkung schwere und persistierende Hypoglykämien verursachen. Dieses Risiko kann durch Verwendung eines Sulfonylharnstoffes mit kürzerer Halbwertszeit herabgesetzt werden.
Bei Kindern und jungen Erwachsenen wurde die Sicherheit und Wirksamkeit von Euglucon 5/Semi-Euglucon bisher nicht nachgewiesen.
In gewissen Fällen kann bei Patienten, die auf Glibenclamid nicht oder nicht mehr ausreichend ansprechen, die Glykämie mit einem andern Sulfonylharnstoffderivat unter Kontrolle gebracht werden. Eine langdauernde Verabreichung hoher Dosen Glibenclamid kann in gewissen Fällen zu einer Abschwächung der hypoglykämischen Wirkung führen.
Schwangerschaft/Stillzeit
Kategorie X.
Obwohl sich bisher im Humanbereich kein Hinweis auf ein Teratogenitätsrisiko von Euglucon 5 ergeben hat, sollen orale Antidiabetika während der Schwangerschaft nicht verabreicht werden, weil eine unstabile Stoffwechsellage während der Schwangerschaft leichter mit Insulin auszugleichen ist und weil es infolge Plazentagängigkeit dieser Präparate zu einer unerwünschten Stimulierung des fötalen Pankreas (Hyperplasie der Betazellen, fötale Hypoglykämie, Übergewicht des Fötus oder des Neugeborenen) kommen kann.
Es ist nicht auszuschliessen, dass Glibenclamid in die Muttermilch übergeht und beim Säugling eine Hypoglykämie verursacht, wie dies auch bei verschiedenen anderen Sulfonylharnstoffen bekannt ist. Aus Vorsichtsgründen ist deshalb während der Stillzeit auf Insulin umzustellen oder es ist abzustillen.
Unerwünschte WirkungenWie bei jeder Behandlung mit betazytotrope Substanzen wurden auch nach der Verabreichung von Euglucon hypoglykämische Reaktionen beobachtet. Hypoglykämie kann die Hilfsbedürftigkeit des Patienten evtl. mit vorübergehenden neurologischen Ausfallserscheinungen (Lähmungserscheinungen und Empfindungsstörungen) zur Folge haben, bei fehlenden Gegenmassnahmen u.U. sogar mit letalem Ausgang. Diese geschieht bei einem Ungleichgewicht zwischen Glibenclamid-Dosierung, Kohlehydrat-Einnahme, Körperbewegung und anderen, den Stoffwechsel beeinflussenden Faktoren.
Sehstörungen können vorübergehend zu Beginn der Behandlung auftreten. Gastrointestinale Nebenwirkungen (z.B. Übelkeit, Erbrechen, Magendruck, Völlegefühl oder Durchfall) sowie Überempfindlichkeitsreaktionen der Haut wie Urtikaria. Exantheme treten gelegentlich auf und sind reversibel. Veränderungen des hämatopoetischen Systems (z.B. Thrombozytopenie, Erythrozytopenie, Leukopenie, Agranulozytose, Panzytopenie, hämolytische Anämie) und Vasculitis sind selten. Sie sind im allgemeinen reversibel, können aber auch lebensbedrohlich sein. Gleiches gilt für das Auftreten von cholestatischem Icterus und Hepatitis.
InteraktionenBei gleichzeitiger Verabreichung von Glibenclamid und bestimmten anderen Medikamenten oder Alkohol kann es sowohl zu unerwünschter Verstärkung als auch Abschwächung des blutzuckersenkenden Effektes des Sulfonylharnstoffes kommen.
Medikamente, welche die blutzuckersenkende Wirkung der Sulfonylharnstoffe verstärken können:
ACE-Hemmer, anabole Steroide und männliche Sexualhormone, Azapropazon, β-Rezeptorenblocker, Bezafibrat, Biguanid-Präparate, Chloramphenicol, Clofibrat und Derivate, Cumarin-Derivate, Cyclophosphamid, Disopyramid, Fenfluramin, Fenyramidol, Fluoxetin, Guanethidin, Isofosfamid, MAO-Hemmer, Miconazol, Fluconazol, Oxyphenbutazon, PAS., Pentoxyfyllin, (parenteral, hochdosiert), Phenylbutazon, Probenecid, Quinolone, Reserpin, Salizylate, Sulfinpyrazon, Sulfonamide, Tetrazykline, Tritoqualin, Trofosfamid.
Medikamente, welche die blutzuckersenkende Wirkung der Sulfinylharnstoffe abschwächen können:
Azetazolamid, Adrenalin, Barbiturate, Diazoxid, Diuretika, Gestagene, Glucagon, Kortikosteroide, Nikotinate (hochdosiert), Östrogene, Phenothiazinderivate, Phenytoin, Rifampicin, Schilddrüsenhormone, Sympathomimetika.
Unter β-Rezeptorenblockern, Clinidin, Guanethidin und Reserpin kann die Wahrnehmung der Warnsymptome einer Hypoglykämie beeinträchtigt sein. Bei gleichzeitiger Einnahme von H 2 -Antagonisten oder Clonidin wurde in seltenen Fällen sowohl unerwünschte Verstärkung als auch Abschwächung der blutzuckersenkenden Wirkung von Glibenclamid beobachtet.
Bei chronischen Missbrauch von Laxantien kann es zu einer Verschlechterung der Glukosetoleranz kommen. Chronischer Alkoholismus kann zu einer Verschlechterung der Stoffwechsellage führen. Die erlaubte Alkoholmenge ist mit dem Patienten zu vereinbaren.
ÜberdosierungBei absoluter oder relativer Überdosierung tritt eine Hypoglykämie auf.
Eine Hypoglykämie kann z.B. entstehen durch Einnahme einer zu hohen Dosis des Medikamentes, Auslassen von Mahlzeiten, ungewohnte körperliche Anstrengung. Erste Anzeichen sind z.B. Heisshunger, Schwitzen, Zittern, Unruhe, Reizbarkeit, depressive Verstimmung, Kopfschmerzen, Schlafstörungen oder vorübergehende neurologische Ausfallerscheinungen.
Behandlung der Hypoglykämie: Sofort Zucker, wenn möglich in Form von Glukose, einnehmen. Bei Bewusstlosen 20% Glucoselösung i.v. verabreichen in einer Anfangsdosierung von 40 ml. Eventuell Glucagon 0,5-1 mg i.v., s.c. oder i.m. (setzt intakte Leberglykogenreserven voraus). Da die Tendenz zum Wiederauftreten der Hypoglykämie besteht, ist eine weitere ärztliche Überwachung notwendig, gegebenenfalls Einweisung ins Krankenhaus.
Bei rechtzeitigem Eingreifen Magenspülung und Medizinalkohle.
Eine Dialyse dürfte wegen der hohen Proteinbindung von Glibenclamid keinen Nutzen bringen.
Sonstige HinweiseHinweise
Die wichtigste Grundlage der Diabetesbehandlung ist die Diät, gleichgültig ob der Patient nur mit Diät, mit Diät und oralen Antidiabetika oder mit Diät und Insulin behandelt wird. Bei Übergewichtigen ist eine Reduktion des Körpergewichtes unbedingt erforderlich. Deshalb muss eine individuell angepasste Diät strikte eingehalten werden.
Schwere Störungen des endokrinen Systems mit Beeinflussung der Gegenregulationsmöglichkeit bei Hypoglykämie sowie eine Verlängerung der Eliminationshalbwertszeit bei genetischem Defekt sind möglich. Jeder Diabetiker sollte unterrichtet werden, dass er bei Arztwechsel (z.B. Krankenhausaufenthalt, Erkrankungen im Urlaub) den behandelnden Arzt auf seine Zuckerkrankheit hinweisen muss. Bei besonderen Belastungen (z.B. Unfällen, Operationen, hochfieberhaften Infekten) kann eine temporäre Umstellung auf Insulin erforderlich sein.
Haltbarkeit
Das Medikament darf nach Ablauf des Verfalldatums nicht mehr verwendet werden.
Nicht über 30 °C lagern.
Stand der InformationJuli 2002.
RL88
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