ZusammensetzungWirkstoff: Lofepraminhydrochlorid.
Galenische Form und Wirkstoffmenge: 1 Lacktablette enthält: Lofepraminum 70 mg ut Lofepramini hydrochloridum, Excipiens pro compresso obducto.
Eigenschaften/WirkungenLofepramin wirkt stimmungsaufhellend, angstlösend und psychomotorisch stabilisierend und ist für die ambulante Behandlung geeignet. Periphere anticholinerge Wirkungen wie Mundtrockenheit, Obstipation, Akkommodationsstörungen fehlen, oder sind nur schwach ausgeprägt. Im Vergleich zu anderen Antidepressiva, speziell trizyklischen Antidepressiva, ist Lofepramin wesentlich weniger kardiotoxisch.
In biochemischen Modellen an der Ratte erleichtert Lofepramin die noradrenerge Neurotransmission durch eine starke Hemmung der neuronalen Wiederaufnahme von Noradrenalin. In wesentlich schwächerer Form wird auch die Serotonin-Wiederaufnahme gehemmt. Nach chronischer Gabe führt Lofepramin zu einer Reduzierung von β1-Rezeptoren (β-Down-Regulation).
PharmakokinetikAbsorption
Aufgrund seiner hohen Lipophilie unterliegt Lofepramin einer raschen und weitgehenden Absorption. Maximale Plasmakonzentrationen werden nach oraler Gabe innerhalb von 1-2 Stunden erreicht.
Distribution
Lofepramin zeigt eine Plasmaproteinbindung von über 99%. Die Substanz wird bevorzugt in periphere Kompartimente verteilt. Lofepramin überwindet die Bluthirnschranke.
Metabolismus
Die Metabolisierung von Lofepramin erfolgt überwiegend in der Leber durch Demethylierung, Hydroxylierung, Oxydation und Konjugation. Lofepramin wird am aliphatischen Stickstoff desalkyliert, wobei P-Chlorbenzoesäure und Desmethylimipramin (DMI) entstehen. Die gebildete P-Chlorbenzoesäure wird rasch und überwiegend als Glycinkonjugat (p-Chlorhippursäure) ausgeschieden. DMI wird weiter metabolisiert zu 2-Hydroxy-DMI und p-Chlor-2-Hydroxy-Iminodibenzyl. Diese erscheinen nach Konjugation in den Ausscheidungsprodukten. Mit 50% renaler und fäkaler Ausscheidung liegt eine ausgewogene Ausscheidungsbilanz vor.
Elimination
Die initiale Elimination aus dem Plasma erfolgt mit Halbwertszeiten von ca. 1 Stunde. In dieser Zeit sind etwa 90% des Lofepramin aus dem Plasma eliminiert. Die terminale Elimination erfolgt mit einer Halbwertszeit von ca. 18 Stunden.
Kinetik in besonderen klinischen Situationen
Lofepramin unterliegt einer vollständigen metabolischen Clearance. Daher wird bei einer Einschränkung der Nierenfunktion keine Veränderung der Pharmakokinetik von Lofepramin erwartet. Bei stark eingeschränkter Leberfunktion könnte eine Beeinträchtigung der metabolischen Clearance von Lofepramin eintreten.
Indikationen/AnwendungsmöglichkeitenGamonil ist zur Behandlung von Depressionen unterschiedlicher Genese geeignet.
Dosierung/AnwendungÜbliche (eventuell maximale) Einzel- oder Tagesdosis, Dosisintervall
Gamonil 70 ist individuell zu dosieren, und zwar in Abhängigkeit von der Schwere der Depression und der individuellen Empfindlichkeit des Patienten.
Leichte bis mittelschwere Depressionen: 2 Tabletten zu 70 mg pro Tag. Bei leichten depressiven Verstimmungen kann 1 Tablette zu 70 mg pro Tag ausreichen.
Ausgeprägte depressive Zustände, schwere Depressionen: 3 Tabletten zu 70 mg pro Tag.
Spezielle Dosierungsanweisungen
Bei älteren Patienten empfiehlt sich eine einschleichende und niedrigere Dosierung. Die jeweilige Tagesdosis ist in 2 (morgens und abends) bzw. 3 Einzeldosen (morgens, mittags, abends) aufzuteilen.
Therapiedauer
Nach Eintritt der antidepressiven Wirkung ist bei leichten bis mittelschweren Depressionen eine Erhaltungsdosis von 1 Tablette zu 70 mg, bei ausgeprägten depressiven Zuständen von 2 Tabletten zu 70 mg ausreichend. Bei schweren Depressionen ist eine Behandlung über mehrere Monate erforderlich. Nach Abklingen der Symptome sollte die Therapie noch einige Zeit weitergeführt und die Dosis allmählich reduziert werden.
Korrekte Art der Einnahme
Einnahme unzerkaut während oder nach dem Essen mit reichlich Flüssigkeit.
AnwendungseinschränkungenKontraindikationen
Gleichzeitige Gabe von MAO-Hemmern: Bei Umstellung von MAO-Hemmern auf Lofepramin und umgekehrt ist ein 14tägiges medikationsfreies Intervall einzuhalten.
Akute Alkohol-, Schlafmittel-, Analgetika- und Psychopharmakaintoxikationen sowie akute Delirien, Engwinkelglaukom, Prostataadenom mit Restharnbildung, in den ersten Monaten nach einem Myokardinfarkt, bei schweren Reizleitungsstörungen des Herzens (ausser nach Schrittmacherimplantation) und bei schweren Herzrhythmusstörungen (Vorhofflattern, höhergradige ventrikuläre Arrhythmien).
Über eine Behandlung von Kindern liegen bisher keine systematischen Untersuchungen vor.
Vorsichtsmassnahmen
Relative Einschränkungen: Bei Patienten mit Prostatahypertrophie und Neigung zu Glaukom sollte eine Anwendung nur unter sorgfältiger Kontrolle erfolgen. Ebenso ist Vorsicht geboten bei Patienten mit Epilepsie, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Hirnschäden, Lebererkrankungen, schweren Nierenschäden, Blutbildstörungen und Stenosen im Bereich des Magen-Darm-Kanals.
Vigilität, Reaktionsbereitschaft: Lofepramin kann auch bei bestimmungsgemässem Gebrauch das Reaktionsvermögen so weit verändern, dass z.B. die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Strassenverkehr oder zum Bedienen von Maschinen beeinträchtigt wird. Das gilt in verstärktem Masse im Zusammenwirken mit Alkohol.
Abhängigkeit: Es gibt für Lofepramin keine Hinweise auf Gewöhnung oder Abhängigkeit.
Schwangerschaft, Stillzeit
Schwangerschafts-Kategorie B.
Reproduktionsstudien bei Tieren haben keine Risiken für den Fötus gezeigt, aber man verfügt über keine kontrollierten Studien bei schwangeren Frauen.
Da die Substanz (Metabolit) in die Muttermilch übergeht, sollte der Säugling nicht gestillt werden.
Unerwünschte WirkungenEs können in Abhängigkeit von der Dosis und der individuellen Empfindlichkeit besonders am Anfang der Behandlung folgende Nebenwirkungen auftreten, die meist leicht und vorübergehend sind:
Haut: allergische Reaktionen [z.B. Hautreaktionen, Juckreiz, selten Photosensibilität (Sonnenallergie), Gesichtsödem, in Einzelfällen Purpura], Stomatitis, Schwitzen.
Nervensystem und Psyche: Unruhe, Schlafstörungen und Schwindel, Zittern, Kopfschmerzen; selten: Müdigkeit, Hypomanie, Verwirrtheitszustände, psychotische Reaktionen, Parästhesien (z.B. Kribbeln, Taubheitsgefühl), sexuelle Störungen; sehr selten: extrapyramidale Störungen, Auslösung von zerebralen Krampfanfällen.
Spezielle Sinnesorgane: Akkommodationsstörungen, Glaukomauslösung; selten: Geschmacksstörungen; sehr selten: Tinnitus.
Magen-Darm-System: Mundtrockenheit, gastrointestinale Beschwerden (z.B. Übelkeit, Erbrechen, Obstipation).
Leber, Galle: Ein Anstieg der Leberenzyme kann vorkommen, normalerweise in den ersten 3 Monaten nach Therapiebeginn, in seltenen Fällen mit Ikterus oder Hepatitis verbunden.
Elektrolyte, Stoffwechsel, Hormonsystem: Selten: Syndrom der inadäquaten Sekretion des antidiuretischen Hormons (SIADH-Syndrom), Änderung des Blutzuckerspiegels, Gynäkomastie, Galaktorrhoe.
Herz-Kreislauf: Hypotonie (in Einzelfällen: Hypertonie), Tachykardie, Erregungsleitungsstörungen des Herzens, Verstärkung einer Herzinsuffizienz, Arrhythmien.
Blut: Da sehr selten Blutbildveränderungen (Leukopenie, Agranulozytose, Panzytopenie, Eosinophilie, Thrombozytopenie) vorkommen können, sollte das Blutbild kontrolliert werden, insbesondere beim Auftreten von Fieber, grippalen Infekten, Angina und verstärkter Blutungsneigung.
Urogenitaltrakt: Verzögerte Harnentleerung, Harnretention, in Einzelfällen: Hodenbeschwerden.
InteraktionenLofepramin kann mit Tranquilizern, Hypnotika und Neuroleptika zusammen eingenommen werden. Dabei können verstärkte Wirkungen der einzelnen Medikamente auftreten, die ggf. auch therapeutisch genutzt werden können.
Bei Kombination mit Narkosemitteln besteht ein erhöhtes Risiko von Herz-Kreislauf-Störungen. Wenn vor einer Anästhesie ein Absetzen von Lofepramin nicht möglich bzw. ratsam erscheint, ist eine Verwendung von Benzodiazepinen, Isofluran, Enfluran, Opiaten, Vecuronium vorzuziehen vor Atropin, Scopolamin, Halothan, Droperidol, Pancuronium.
Die Wirkung von antihypertensiven Mitteln vom Typ des Guanethidins oder des Clonidins kann abgeschwächt werden. Die sympathomimetische Wirkung von katecholaminhaltigen Arzneimitteln kann verstärkt werden. Bei gleichzeitiger Gabe von Anticholinergika kann deren anticholinerge Wirkung verstärkt werden. Eine gleichzeitige Gabe von Antiarrhythmika vom Chinidin-Typ kann Erregungsleitungsstörungen verstärken. Bei Digitalis-Glykosiden besteht eine erhöhte Gefahr von Rhythmusstörungen. Obwohl von Lofepramin noch nicht berichtet, ist bekannt, dass die gleichzeitige Gabe von Cimetidin und trizyklischen Antidepressiva die Plasmakonzentrationen der jeweiligen Antidepressiva erhöhen kann mit dem Risiko der Zunahme von Nebenwirkungen. Ebenso kann die Wirkung von Alkohol verstärkt werden; deshalb sollte während der Therapie mit Lofepramin auf Alkohol verzichtet werden.
ÜberdosierungBisher liegen nur wenige Fälle von Intoxikationen mit Todesfolge nach alleiniger Einnahme von Lofepramin mit oder ohne Alkohol vor und fast 60 dokumentierte Fälle von Intoxikationen ohne tödlichen Ausgang. Ein Drittel dieser Patienten nahm Lofepramin allein ein (geschätzte Dosis bis 4,9 g). Davon zeigten zwei Drittel vor allem anticholinerge Nebenwirkungen; die übrigen Patienten waren ohne Symptome (Dosisbereich bis 3,5 g).
Eine Behandlung von Intoxikationen sollte symptomatisch erfolgen: Falls die Einnahme von Lofepramin in einer Überdosis noch nicht zu lange zurückliegt, ist eine Magenentleerung angebracht. Die kardialen Funktionen sollten überwacht werden, da die Gefahr einer Hypertension und kardialer Arrhythmien besteht.
Sonstige HinweiseInkompatibilitäten
Inkompatibilitäten sind bisher nicht bekannt.
Beeinflussung diagnostischer Methoden
Über eine Störung diagnostischer Methoden durch Lofepramin ist bisher nichts bekannt.
Haltbarkeit
Die Lofepramin Lacktabletten sind 3 Jahre haltbar.
Stand der InformationNovember 1993.
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