Warnhinweise und VorsichtsmassnahmenAnästhesien mit Desfluran sollen nur durch ausgebildetes Anästhesiepersonal ausgeführt werden, und ein speziell für Desfluran bestimmtes Verdampfungsgerät ist zu verwenden (siehe auch unter „Unerwünschte Wirkungen“: Verletzung, Vergiftung und durch Eingriffe bedingte Komplikationen).
Ausrüstungen zum Freihalten der Atemwege, zur künstlichen Beatmung, zur Sauerstoffapplikation und zur Reanimation müssen sofort verfügbar sein.
Blutdrucksenkung und Atemdepression verstärken sich mit zunehmender Narkosetiefe.
Maligne Hyperthermie
Bei empfindlichen Personen können Inhalationsanästhetika wie Suprane einen hypermetabolischen Zustand der Skelettmuskulatur auslösen, der zu dem bekannten klinischen Syndrom der malignen Hyperthermie und einem erhöhten Sauerstoffbedarf führt. Suprane (Desfluran) kann möglicherweise eine maligne Hyperthermie auslösen. Das klinische Syndrom manifestiert sich durch Hyperkapnie und kann mit Muskelsteife, Tachykardie, Tachypnoe, Zyanose, Arrhythmien und/oder Blutdruckschwankungen einhergehen. Manche dieser unspezifischen Beschwerden können bereits bei leichter Narkose auftreten: akute Hypoxie, Hyperkapnie und Hypovolämie. Die Behandlung umfasst das sofortige Absetzen von Suprane bzw. des auslösenden Mittels, die intravenöse Gabe von Dantrolen-Natrium sowie das Ergreifen symptomatischer Massnahmen. Da ein Nierenversagen zeitverzögert auftreten kann, ist die Harnproduktion zu überwachen und gegebenenfalls zu unterstützen. Suprane darf bei Patienten mit einer Prädisposition zu maligner Hyperthermie nicht eingesetzt werden (siehe unter “Kontraindikationen”). Es gibt Berichte über maligne Hyperthermie mit tödlichem Ausgang unter Desfluran.
Perioperative Hyperkaliämie
Die Anwendung von Inhalationsanästhetika, einschliesslich Desfluran, führte bei Patienten vereinzelt zu einer Erhöhung des Serum-Kaliumspiegels und in der Folge zu Herzrhythmusstörungen in der postoperativen Phase, manchmal mit letalem Verlauf. Patienten mit latenter oder manifester Muskeldystrophie, insbesondere vom Typ Duchenne, scheinen am anfälligsten zu sein. Die meisten, aber nicht alle diese Fälle wurden mit der gleichzeitigen Gabe von Succinylcholin in Verbindung gebracht. Bei diesen Patienten kam es auch zu einem signifikanten Anstieg des Serum-Kreatininkinasespiegels und in einigen Fällen zu Veränderungen im Urin, die denen einer Myoglobinurie entsprechen.
Trotz der Ähnlichkeit mit einer malignen Hyperthermie zeigten sich bei keinem Patienten Anzeichen oder Symptome einer Muskelrigidität oder eines erhöhten Gesamtstoffwechsels. Eine frühzeitige und aggressive Behandlung der Hyperkaliämie sowie der persistierenden Arrhythmien wird empfohlen, ebenso wie die anschliessende Abklärung einer latenten neuromuskulären Erkrankung.
Pädiatrische Neurotoxizität
Präklinische Studien zeigen, dass die Anwendung von Anästhetika oder Sedativa, welche NMDA-Rezeptoren blockieren oder die GABA-erge Übertragung potenzieren, während der Zeit des schnellen Hirnwachstums oder der Synaptogenese zu einem Zellverlust im sich entwickelnden Gehirn führt, was mit anhaltenden kognitiven Defiziten verbunden sein kann. Die klinische Bedeutung dieser Befunde ist nicht bekannt (siehe unter «Schwangerschaft,Stillzeit» und «Präklinische Daten»).
Anästhesieerhaltung bei Kindern und Jugendlichen
Aufgrund der limitiert verfügbaren Daten bei nicht-intubierten pädiatrischen Patienten ist Desfluran bei diesen Patienten nicht für die Anästhesieerhaltung zugelassen.
Bei Kindern und Jugendlichen mit Asthma oder einer kurz zurückliegenden Atemwegsinfektion sollte Desfluran mit Vorsicht angewendet werden, da die Möglichkeit verengter Atemwege und von erhöhtem Atemwegswiderstand besteht.
Vorsicht ist geboten bei der Anwendung von Desfluran besonders bei Kindern von bis zu 6 Jahren zur Anästhesieerhaltung mit einer Larynxmaske (LMA) oder einer Gesichtsmaske, da hier ein erhöhtes Risiko für Atemstörungen besteht, z. B. Husten und Laryngospasmus, vor allem wenn die LMA während der tiefen Anästhesie abgenommen wird.
Postoperative Aufregung bei Kindern
Das Aufwachen aus der Narkose kann bei Kindern zu einem kurzen Zustand der Aufregung führen, welcher die Kooperationsbereitschaft beeinträchtigen könnte.
Geburtshilfe
Da nur begrenzte Erfahrungen im Bereich der Geburtshilfe vorliegen, kann Desfluran bei derartigen Operationen nicht empfohlen werden (siehe unter «Schwangerschaft,Stillzeit»).
Verlängerung des QTc-Intervalles
Desfluran verlängert signifikant das QTc-Intervall. Sehr selten wurde über Torsades de Pointes berichtet (siehe unter «Unerwünschte Wirkungen»). Suprane sollte mit Vorsicht verwendet werden bei entsprechend prädisponierten Patienten, z.B. solchen mit kongenitalem langem QTc-Syndrom oder bei gleichzeitiger Einnahme von Arzneimitteln, die für eine Verlängerung des QTc-Intervalles bekannt sind.
Es liegen Meldungen über Fälle vor, bei denen es durch halogenierte Anästhetika zu Leberfunktionsstörungen, Gelbsucht und fataler Lebernekrose kam. Derartige Reaktionen deuten auf eine Überempfindlichkeit hin. Desfluran kann bei Patienten, die durch vorangegangene Narkosen gegen halogenierte Anästhetika sensibilisiert wurden, eine Sensibilisierungshepatitis auslösen. Zirrhose, Virushepatitis oder andere bereits bestehende Lebererkrankungen können dafür ausschlaggebend sein, dass ein anderes Anästhetikum einem halogenierten Produkt vorgezogen wird.
Desfluran kann zu einer Liquorzunahme und einem Anstieg des intrakraniellen Druckes bei Patienten mit raumfordernden Hirnläsionen führen. Bei diesen Patienten sollte Desfluran mit einer MAC von 0,8 oder weniger verabreicht werden. Zusätzlich sollten während der Narkoseeinleitung Barbiturate verwendet werden. Bis zur kranialen Dekompression sollte im Hyperventilations-Modus (Hypokapnie) gearbeitet werden. Besondere Aufmerksamkeit muss der Aufrechterhaltung des zerebralen Perfusionsdruckes gegeben werden.
Bei Patienten mit koronarer Herzkrankheit ist die Aufrechterhaltung der normalen Blutdruckverhältnisse erforderlich, um eine Myokardischämie zu vermeiden. Deutliche Steigerungen der Pulsfrequenz, des durchschnittlichen Arteriendrucks und der Epinephrin- und Norepinephrinspiegel stehen mit einer schnellen Zunahme der Desfluran-Konzentration in Zusammenhang. Bei Patienten mit Risiko zu koronarer Herzkrankheit oder bei Patienten, bei denen ein Anstieg von Herzfrequenz oder Blutdruck nicht wünschenswert ist, soll Desfluran nicht als alleiniger Wirkstoff zur Narkoseeinleitung verwendet werden. Das Anästhetikum sollte in Kombination mit anderen Arzneimitteln verabreicht werden, bevorzugt mit intravenös verabreichten Opioiden und Hypnotika.
Desfluran sollte nicht angewendet werden bei Patienten mit einer Neigung zu Bronchokonstriktion, da es bei solchen Patienten zu Bronchospasmen kommen kann.
Die Anwendung von Desfluran bei hypovolämischen, hypotensiven oder geschwächten Patienten ist nicht eingehend untersucht worden. Für diese Patienten wird eine niedrigere Konzentration empfohlen.
Kommt es während der Anästhesieerhaltung nach rascher inkrementeller Erhöhung der endtitalen Desfluran-Konzentration zu einem Anstieg der Herzfrequenz und des Blutdrucks, ist dies nicht unbedingt auf eine unzureichende Anästhesie zurückzuführen. Veränderungen, die auf eine Sympathikus-Aktivierung zurückzuführen sind, klingen nach ca. 4 Minuten ab. Ein Anstieg der Herzfrequenz und des Blutdrucks ohne eine bzw. vor einer raschen Erhöhung der Desfluran-Konzentration kann als leichte Anästhesie interpretiert werden.
Während der Anästhesieerhaltung müssen im Rahmen der Beurteilung der Anästhesietiefe Blutdruck und Puls sorgfältig überwacht werden.
Wird Suprane in Rückatmungssystemen mit Kohlendioxidabsorbern verwendet, kann es in Ausnahmesituationen durch Interaktion mit trockenem Kohlendioxid-Absorber zur Bildung von Kohlenmonoxid kommen. Das entstehende Carboxihaemoglobin und die verminderte Sauerstofftransportkapazität des Blutes wird durch das Routinemonitoring wie z.B. die Pulsoximetrie nicht erkannt.
Um das Risiko einer Kohlenmonoxid-Bildung im Rückatmungssystem möglichst gering zu halten, sollen nur feuchte Kohlendioxid-Absorber gebraucht werden.
Um dessen Austrocknung zu vermeiden, soll der Absorberkalk nach Gebrauch des Narkoseapparats nicht langdauernd zur «Spülung» einem hohen Fluss von O2 oder von Pressluft ausgesetzt werden. Stattdessen kann Raumluft verwendet werden.
In seltenen Fällen wurde bei der Anwendung von Anästhetika dieser Klasse (halogenierte Anästhetika) in Verbindung mit ausgetrocknetem CO2-Absorptionsmittel (besonders bei Kaliumhydroxid-haltigen wie z.B. Baralyme®) über extreme Hitzeentwicklung, Rauchentwicklung und/oder Spontanentzündung in der Anästhesieapparatur berichtet. Wenn vermutet wird, dass das CO2-Absorptionsmittel ausgetrocknet ist, muss es ersetzt werden, bevor Desfluran angewendet wird.
Der Farbindikator der meisten CO2-Absorber muss sich nicht notwendigerweise infolge einer Austrocknung verändern. Das Ausbleiben einer signifikanten Farbveränderung darf deshalb nicht als Gewährleistung einer ausreichenden Hydratation des CO2-Absorptionsmittels angesehen werden. CO2-Absorber sollten, unabhängig vom Zustand des Farbindikators, regelmässig ausgetauscht werden.
Bei Anwendung von Desfluran ist, wie bei anderen schnell wirksamen Anästhetika, ein rasches Aufwachen des Patienten möglich. Dies ist zu berücksichtigen, wenn postanästhetische Schmerzen zu erwarten sind. Deshalb sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass dem Patienten gegen Ende des Eingriffs bzw. kurz nach Verlegung in die Aufwachstation ein geeignetes Analgetikum verabreicht wird.
Um eine endgültige Empfehlung für wiederholte Anwendung von Desfluran zu geben, liegen noch keine ausreichenden Erfahrungen vor. Eine mehrmalige Anwendung innerhalb kurzer Zeit sollte mit Vorsicht erfolgen.
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