ZusammensetzungWirkstoff: Aciclovirum.
Tabletten zu 200 mg: Aciclovirum, excip. pro compresso.
Tabletten zu 400 mg: Aciclovirum, excip. pro compresso.
Tabletten zu 800 mg: Aciclovirum, excip. pro compresso.
Eigenschaften/WirkungenAciclovir ist eine antivirale Substanz, welche in vitro und in vivo eine hemmende Wirkung gegen Herpes-simplex-Viren (HSV), Typ I und II, und gegen Varicella-Zoster-Viren (VZV) aufweist.
In der Zellkultur hat Aciclovir die grösste antivirale Aktivität gegen das HSV I, gefolgt mit abnehmender Wirkung gegen HSV II und VZV. Die Hemmwirkung von Aciclovir auf HSV I, HSV II und VZV ist sehr selektiv. Die Thymidinkinase (TK) der normalen, nicht infizierten Zelle verwendet Aciclovir kaum als Substrat, daher ist die Toxizität auf die Wirtszelle gering. Die TK hingegen, die durch das HSV oder VZV codiert ist, führt Aciclovir in Aciclovirmonophosphat, einem Nukleosidanalogon, über, welches in ein Diphosphat und schliesslich durch Zellenzyme ins Triphosphat umgewandelt wird. Das Aciclovir-Triphosphat interferiert mit der viralen DNS-Polymerase und verhindert die virale DNS-Replikation, so dass nach Einbau in die Virus-DNS die Kette unterbrochen wird.
Langdauernde und wiederholte Anwendungen von Aciclovir bei Schwerimmunsupprimierten können zu Virusstämmen mit reduzierter Empfindlichkeit führen, die nicht mehr auf eine Aciclovirtherapie ansprechen. Meistens zeigen die klinischen Isolate mit reduzierter Empfindlichkeit einen relativen Mangel an viraler TK, aber es wurden auch Stämme mit veränderter viraler TK oder viraler DNS-Polymerase gefunden. Auch in vitro können bei der Exposition von HSV-Isolaten mit Aciclovir weniger empfindliche Stämme entstehen. Die Beziehung zwischen der in vitro bestimmten Empfindlichkeit der HSV-Isolate und der klinischen Antwort auf die Aciclovirtherapie ist nicht klar. Es ist daher wichtig, bei aktiven Läsionen Kontakte zu meiden, die eine Virusübertragung begünstigen.
In-vitro- und tierexperimentelle Mutagenitätstests lassen bisher nicht auf ein genetisches Risiko für den Menschen schliessen; Aciclovir ist nicht kanzerogen.
Es gibt bis jetzt keine Daten über die Auswirkung von Aciclovir Tabletten auf die weibliche Fertilität. Keine Wirkung hingegen konnte auf die Zahl, die Morphologie und die Motilität der Spermien nachgewiesen werden.
PharmakokinetikAbsorption
Aciclovir (Tabletten) werden nur teilweise aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert; die Bioverfügbarkeit liegt zwischen 15 und 30%. Nach einer 4-stündlichen Dosierung von Aciclovir 200 mg ist im Steady-state Cmax 0,7 µg/ml und Cmin 0,4 µg/ml. Nach entsprechender Dosierung mit 400 mg, bzw. 800 mg 4-stündlich ist Cmax 1,2 µg/ml, bzw. 1,8 µg/ml und Cmin 0,6 µg/ml, bzw. 0,9 µg/ml. tmax wird nach ca. 1,5 h erreicht.
Beim Erwachsenen betragen die mittleren Plasmakonzentrationen im Steady-state nach einer 1-stündigen Infusion, 8-stündlich durchgeführt, mit Aciclovir 2,5 mg/kg, 5 mg/kg und 10 mg/kg: Cmax 5,1 µg/ml, 9,8 µg/ml und 20 µg/ml und Cmin gemessen 7 h später: 0,5 µg/ml, 0,7 µg/ml und 2,3 µg/ml.
Distribution
Die Plasmaproteinbindung ist relativ gering (9-33%) und Interaktionen durch Verdrängung sind nicht anzunehmen. Die Konzentration im Liquor erreicht ca. 50% des Plasmaspiegels und diejenige im Bläscheninhalt herpetischer Hauteffloreszenzen entspricht ungefähr der Plasmakonzentration. Das durchschnittliche Verteilungsvolumen beim Erwachsenen im Steady-state beträgt 48 l/1,73 m² und beim Neugeborenen 28,8 l/1,73 m². Aciclovir ist plazentagängig und tritt auch in die Muttermilch über. Die Konzentrationen in der Muttermilch sind höher als die aktuellen Plasmakonzentrationen der Mutter (s. auch «Schwangerschaft/Stillperiode»). Die mittlere ED50 für HSV dürfte bei 0,1 µg/ml und für VZV bei 1 µg/ml liegen.
Metabolismus/Elimination
9-Carboxymethoxymethylguanin ist der einzige Aciclovir-Metabolit von Bedeutung und macht etwa 10-15% der im Urin ausgeschiedenen Menge aus. Nach intravenöser Applikation von Aciclovir ist beim Erwachsenen die Halbwertszeit ungefähr 2,9 Stunden. Der Hauptanteil von Aciclovir wird unverändert durch die Nieren ausgeschieden. Die renale Aciclovir-Clearance ist wesentlich grösser als die Kreatinin-Clearance, so dass neben der glomerulären Filtration auch eine tubuläre Sekretion an der renalen Ausscheidung des Medikamentes beteiligt sein muss. Die extrarenale Elimination beträgt 10% (Q0 = 0,1) und die Gesamtkörper-Clearance 260 ± 81 ml/min/1,73 m².
Kinetik in besonderen klinischen Situationen
Bei Kindern über 1 Jahr wurden ähnliche Werte für Cmax und Cmin gemessen wie beim Erwachsenen, wenn Dosen von 250 mg/m² anstelle von 5 mg/kg und 500 mg/m² anstelle von 10 mg/kg verabreicht wurden.
Die mittlere Halbwertszeit im Alter zwischen 1 und 17 Jahren beträgt 2,5 Stunden.
Beim Neugeborenen (0-3 Monate), die mit einer 1-stündigen Infusion 8-stündlich mit einer Dosis von 10 mg/kg behandelt wurden, fand man ein Cmax von 13,8 µg/ml und ein Cmin von 2,3 µg/ml. Die Halbwertszeit betrug 3,8 Stunden.
Grundsätzlich hängt die t½ vom Reifestand der renalen Exkretionsmechanismen ab, der wiederum eine Funktion des Gestationsalters, des chronologischen Alters und des Gewichtes ist. Die mittlere Ganzkörper-Clearance beim Neugeborenen am Termin beträgt ungefähr 1/3 der von Erwachsenen.
Bei älteren Patienten nimmt die Ganzkörper-Clearance mit zunehmendem Alter ab, verbunden mit einer Abnahme der Kreatinin-Clearance, ohne wesentliche Änderung der Halbwertszeit.
Bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz beträgt die Halbwertszeit 19,5 Stunden und die Halbwertszeit während der Hämodialyse 5,7 Stunden. Der Plasmaspiegel von Aciclovir fällt während der Dialyse um zirka 60%.
Wie Studien gezeigt haben, ändern sich weder die pharmakokinetischen Daten von Aciclovir noch von Zidovudin, wenn die beiden Substanzen bei HIV-Infizierten gemeinsam eingesetzt werden.
Indikationen/AnwendungsmöglichkeitenBelegte Indikationen
Herpes-simplex-I- und -II-Virus-Infektionen
- Haut- und Schleimhautinfektionen, besonders primärer und rezidivierender Herpes genitalis und Herpes labialis.
- Prophylaxe von Herpes-simplex-Infektionen bei Immunsuppression.
- Suppression von rezidivierenden Herpes-simplex-Infektionen (besonders Herpes genitalis) bei Immunkompetenten, die anders ungenügend beeinflusst werden können und häufige und längerdauernde Beschwerden verursachen.
Herpes-Varizella-Zoster-Virus-Infektionen
Herpes-Zoster-Infekte (Therapiebeginn so früh wie möglich, d.h innerhalb 72 Stunden), bei Immunkompetenten, vor allem aber bei Immunsupprimierten, bei disseminierten Formen und Zoster ophthalmicus.
Eine positive Beeinflussung der postherpetischen Neuralgie (PHN) ist zurzeit ungenügend belegt.
Dosierung/AnwendungEin frühzeitiger Therapiebeginn, eventuell schon im Prodromalstadium, ist vorteilhaft. Bei schwer Immungeschädigten oder bei gestörter Resorption kann die angegebene Dosis verdoppelt oder eine i.v.-Form vom Wirkstoff Aciclovir gewählt werden.
Erwachsene und Kinder über 12 Jahre
(Immunkompetente und normale Nierenfunktion)
- Herpes simplex, Herpes genitalis, mukokutane Infekte: 5× 200 mg täglich alle 4 h (8 h Nachtpause). Dauer der Behandlung: 5 Tage und mehr.
- Suppression bei rezidivierendem Herpes: 4× 200 mg täglich oder 2× 400 mg täglich. Manchmal kann auch eine Dosis von 200 mg 3× täglich oder sogar 2× täglich genügen. (Ein periodischer Unterbruch nach 6-12 Monaten Therapie ist empfehlenswert.)
- Prophylaxe von Herpes simplex bei Immungeschädigten: 4× 200 mg täglich; in schweren Fällen (z.B. nach Knochenmarktransplantation) oder gestörter Resorption: 4× 400 mg täglich oder i.v.-Therapie. Dauer: Zeitspanne des Infektionsrisikos.
- Varizellen und Herpes Zoster: 5× 800 mg täglich über 7 Tage. Beim Immungeschädigten ist die i.v.-Applikation vorzuziehen.
Spezielle Dosierungsanweisungen
Kinder
Herpes simplex und Prophylaxe bei Immungeschädigten:
>2 Jahre: Erwachsenendosis.
Es gibt noch keine Daten zur Suppressionsbehandlung bei immunkompetenten Kindern, auch nicht zur Behandlung des Herpes Zoster.
Die wenigen vorhandenen Daten lassen annehmen, dass schwer immunsupprimierte Kinder, die älter als zwei Jahre sind, die Erwachsenendosis erhalten sollten.
Ältere Patienten
Im Alter nimmt die Aciclovir-Clearance parallel zur Kreatinin-Clearance ab. Deshalb soll bei hohen Acerpes-Dosen speziell auf genügende Flüssigkeitszufuhr geachtet werden und bei eingeschränkter Nierenfunktion muss die Dosis reduziert werden.
Eingeschränkte Nierenfunktion
Beim Dosierungsschema 5× 200 mg/Tag ist eine Dosisanpassung nur bei schwerer Nierenfunktionsstörung nötig, nämlich:
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Kreatinin-Clearance Dosis Dosierungsintervall
(ml/min) (mg) (h)
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<10 200 12
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Beim Dosierungsschema mit 5× 800 mg/Tag ist eine Dosisanpassung nötig bei:
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Kreatinin-Clearance Dosis Dosierungsintervall
(ml/min) (mg) (h)
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10-25 800 8
<10 800 12
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Es handelt sich hier um Maximaldosen. Aufgrund der interindividuellen stark variierenden Plasmaspiegel, muss unter Umständen bei einzelnen Patienten tiefer dosiert werden. Dies gilt insbesondere für Patienten mit schwerer, dialysepflichtiger Niereninsuffizienz. Am Computermodell durchgeführte Untersuchungen zeigen, dass nach einer «loading dose» von 400 mg eine Erhaltungsdosis von 2× 200 mg genügt, um vergleichbare therapeutische Plasmaspiegel aufrechtzuerhalten.
AnwendungseinschränkungenKontraindikationen
Acerpes ist kontraindiziert bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegenüber Aciclovir oder gegenüber einem in Acerpes enthaltenen Hilfsstoff. Bei schwerer Nierenfunktionsstörung ist das Dosierungsschema im Abschnitt «Spezielle Dosierung» zu berücksichtigen.
Vorsichtsmassnahmen
Solange man wenig Erfahrung über die Anwendung während der Schwangerschaft hat, ist besonders bei der suppressiven Langzeitbehandlung eine wirksame Kontrazeption indiziert.
Patienten sollten auf die Möglichkeit einer Virusübertragung, besonders bei frischen Läsionen, aufmerksam gemacht werden.
Da Herpes genitalis eine sexuell übertragbare Krankheit ist, sollen Patienten/-innen angewiesen werden, jeglichen Sexualkontakt zu vermeiden, solange sichtbare Läsionen erkennbar sind.
Schwangerschaft/Stillperiode
Schwangerschafts-Kategorie C.
Erfahrungen über einen Einfluss auf die Schwangerschaft beim Menschen sind begrenzt. Eine Therapie ist während der Schwangerschaft nur unter Abwägen von Schaden und Nutzen angezeigt.
Bei der systemischen Anwendung hatte Aciclovir in international akzeptierten Standard-Tests bei Kaninchen, Ratten und Mäusen keine embryotoxische oder teratogene Wirkung. In einem nicht standardisierten Test bei Ratten traten fötale Missbildungen auf, aber lediglich bei sehr hohen, für die Mutter toxischen, subkutanen Dosen. Die klinische Bedeutung dieser Beobachtung ist noch unklar.
Nach einer peroralen Dosierung von 5× 200 mg täglich wurden Aciclovir-Konzentrationen in der Muttermilch gefunden, die 0,6-4,1-mal dem Plasmaspiegel entsprechen. Diese Konzentrationen würden den Säugling einer Dosis bis zu 0,3 mg/kg täglich aussetzen. Deshalb sollte Acerpes während der Stillzeit nicht verwendet werden.
Unerwünschte WirkungenDie Nebenwirkungen unter Kurzzeittherapie sind gering. Keine Nebenwirkung erreicht 10%. Hingegen wird unter Langzeittherapie (6 Monate und mehr) und Studienbedingungen von mehr als 13% der Patienten über Kopfschmerzen berichtet. Weniger häufig waren Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe und Bauchschmerzen. In Doppelblindstudien wurde jedoch in dieser Hinsicht zwischen der behandelten und der Placebo-Gruppe kein Unterschied festgestellt (Kopfschmerzen 9%). Selten wurde über eine geringe, vorübergehende Erhöhung des Bilirubins, der Leberenzyme (AST, ALT und alkalische Phosphatase), des Harnstoffes und des Kreatinins im Blut berichtet. Über schwere Nierenfunktionsstörungen unter oraler Aciclovir-Therapie wurde berichtet. Geringfügige Erniedrigung der hämatologischen Indices und geringe reversible neurologische Symptome und Müdigkeit wurden gemeldet. Es sind wenige Fälle von Exanthemen bekannt (0,3% bei Kurzzeit- und weniger als 3% bei Langzeitbehandlung), die nach Absetzen der Medikation wieder verschwanden.
Gelegentlich wurden reversible neurologische Störungen, vor allem Schwindel, Verwirrung, Halluzination, Depression, Müdigkeit, Somnolenz und Konvulsionen beobachtet und dies vor allem bei Patienten mit Niereninsuffizienz, welche höhere als die empfohlenen Dosierungen erhielten, oder bei Patienten mit anderen prädisponierenden Faktoren.
Hin und wieder wurde von einem diffusen Haarverlust berichtet, wobei die Korrelation zu Aciclovir ungewiss ist.
Bei Patienten, die gleichzeitig eine antiretrovirale Therapie (hauptsächlich Retrovir AZT oral) und Acerpes erhielten, wurde keine Zunahme der Toxizität beobachtet.
InteraktionenProbenecid erhöht die Halbwertszeit von Aciclovir. Andere Medikamente mit Wirkung auf die Nierenphysiologie könnten die Pharmakokinetik von Aciclovir beeinflussen, aber die klinische Erfahrung hat keine solchen Interaktionen gezeigt.
ÜberdosierungIntravenös wurden versehentlich Einzeldosen bis zu 80 mg/kg verabreicht, ohne dass es zu Nebenwirkungen gekommen ist.
Bei oraler Applikation ist bei einer Einzeldosis bis zu 5 g nicht mit schweren Nebenwirkungen zu rechnen. Wurden jedoch höhere Dosen eingenommen, sollte der Patient überwacht werden.
Aciclovir ist dialysierbar.
Sonstige HinweisePatienten sollten auf die Möglichkeit einer Virusübertragung, besonders bei frischen Läsionen, aufmerksam gemacht werden.
Haltbarkeit
Die Packungen sollten nur bis zu dem mit «EXP» bezeichneten Datum verwendet werden. Die Tabletten trocken, bei Raumtemperatur (15-25 °C) und ausserhalb der Reichweite von Kindern lagern.
Stand der InformationAugust 1999.
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