Warnhinweise und VorsichtsmassnahmenAllgemeines
Die Entscheidung, Concerta nach detaillierter Anamnese und Untersuchung bei hyperkinetischen Verhaltensstörungen zu verschreiben, sollte von der Beurteilung des Schweregrades der Symptome und dem Alter des Kindes abhängig gemacht werden. Die Verschreibung sollte nicht allein aufgrund des Vorhandenseins einzelner oder mehrerer auffälliger Verhaltensmerkmale erfolgen. Stehen die Symptome mit akuten Stressreaktionen in Verbindung, ist Concerta im Allgemeinen nicht indiziert.
Langzeitanwendung (mehr als 12 Monate)
Die Sicherheit und Wirksamkeit der Langzeitanwendung von Methylphenidat wurden nicht systematisch in kontrollierten Studien untersucht. Die Behandlung mit Methylphenidat sollte und muss nicht unbegrenzt erfolgen. Bei Kindern und Jugendlichen wird sie in der Regel während oder nach der Pubertät abgesetzt. Patienten unter Langzeitbehandlung (d.h. über mehr als 12 Monate) müssen laufend entsprechend den Richtlinien in «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen» (siehe unten) sorgfältig hinsichtlich Herz-Kreislaufstatus, Wachstum (Kinder), Gewicht, Appetit, Entwicklung von neuen oder Verschlechterung von bestehenden psychiatrischen Erkrankungen überwacht werden. Psychiatrische Erkrankungen, die überwacht werden sollten, werden unten beschrieben und beinhalten (sind aber nicht begrenzt auf): motorische oder vokale Tics, aggressives Verhalten, Agitiertheit, Angst, Depression, Psychose, Manie, Wahnvorstellungen, Reizbarkeit, mangelnde Spontaneität, Rückzug und übermässige Perseveration.
Wird Methylphenidat über längere Zeit (über 12 Monate) verordnet, soll regelmässig der langfristige Nutzen des Arzneimittels für den einzelnen Patienten neu bewerten werden, indem behandlungsfreie Zeitabschnitte eingelegt werden, um das Verhalten des Patienten ohne medikamentöse Behandlung zu beurteilen. Es wird empfohlen, Methylphenidat mindestens einmal im Jahr abzusetzen, um das Befinden des Patienten zu beurteilen (bei Kindern vorzugsweise während der Schulferien). Eine Besserung kann möglicherweise aufrechterhalten bleiben, wenn das Arzneimittel vorübergehend oder dauerhaft abgesetzt wurde.
Ältere Patienten
Methylphenidat darf nicht bei älteren Patienten angewendet werden. Sicherheit und Wirksamkeit von Methylphenidat in dieser Altersgruppe wurden nicht nachgewiesen. Concerta wurde nicht für ADHS bei Patienten, die älter als 65 Jahre sind, untersucht.
Patienten unter 6 Jahren
Concerta darf bei Patienten unter 6 Jahren nicht angewendet werden. Zu Wirksamkeit und Sicherheit und zur Dosierung bei Kindern unter 6 Jahren liegen keine ausreichenden Daten vor.
Strukturelle Herzanomalien, andere schwere Herzerkrankungen und plötzlicher Tod
Bei Patienten mit strukturellen Herzanomalien oder anderen schweren Herzproblemen, die mit ZNS-Stimulanzien, einschliesslich Methylphenidat, in normalen Dosierungen behandelt wurden, wurde über plötzliche Todesfälle berichtet. Solche Ereignisse wurden vereinzelt auch bei Patienten mit vermuteten vorbestehenden kardiovaskulären Erkrankungen beobachtet. Bei Patienten mit strukturellen Herzanomalien oder kardiovaskulären Vorerkrankungen (z.B. Kardiomyopathien, schwerwiegenden Herzrhythmusstörungen oder anderen schwerwiegenden Herzproblemen) sollte Methylphenidat deshalb nicht angewendet werden, da diese sie einer erhöhten Gefährdung für die sympathomimetischen Wirkungen des stimulierenden Arzneimittels aussetzen könnten.
Kardiale Erkrankungen - Erwachsene
Plötzlicher Tod, Schlaganfall und Myokardinfarkt wurden bei Erwachsenen berichtet, die stimulierende Arzneimittel in normalen Dosierungen für ADHS einnehmen. Obwohl in diesen Fällen der Einfluss der Stimulanzien unbekannt ist, haben Erwachsene eine höhere Wahrscheinlichkeit als Kinder für schwerwiegende strukturelle Herzanomalien, Kardiomyopathien, schwerwiegende Herzrhythmusstörungen, koronare Herzkrankheiten oder andere schwerwiegende Herzprobleme. Erwachsene mit diesen Anomalien dürfen generell nicht mit stimulierenden Arzneimitteln behandelt werden.
Missbrauch und kardiovaskuläre Ereignisse
Der Missbrauch von Stimulanzien des zentralen Nervensystems kann mit plötzlichem Tod und anderen schwerwiegenden kardiovaskulären unerwünschten Ereignissen assoziiert sein.
Kardiovaskulärer Status vor und unter der Therapie
Um bestehende Herzkrankheiten zu erkennen, sollte bei Patienten, bei denen eine Behandlung mit Methylphenidat vorgesehen ist, eine sorgfältige Anamnese (einschliesslich Abklärung der Familiengeschichte in Bezug auf plötzliche Todesfälle oder ventrikuläre Arrhythmien) und eine physische Untersuchung durchgeführt werden. Falls erste Befunde oder anamnestische Angaben auf eine solche Erkrankung hinweisen, sollten weitere kardiologische Untersuchungen durchgeführt werden (z.B. Elektrokardiogramm, Echokardiogramm).
Vorsicht ist insbesondere angebracht bei der Behandlung von Patienten, deren Gesundheitszustand durch eine Erhöhung von Blutdruck oder Pulsfrequenz beeinträchtigt werden könnte (siehe «Kontraindikationen»). Der kardiovaskuläre Status sollte sorgfältig beobachtet werden. Blutdruck und Herzfrequenz sollten bei jeder Dosisanpassung und bei klinischem Bedarf und dann in angemessenen Abständen (mindestens aber alle 6 Monate) überprüft und schriftlich dokumentiert werden.
Treten während einer Behandlung mit Methylphenidat Symptome wie Palpitationen, Brustschmerzen bei körperlicher Anstrengung, Synkopen, Dyspnoe oder andere Symptome auf, welche auf eine Herzerkrankung hindeuten, sollte umgehend eine kardiologische Abklärung erfolgen.
Methylphenidat sollte bei Patienten abgesetzt werden, bei denen wiederholt Tachykardien, Arrhythmien oder ein erhöhter systolischer Blutdruck (>95. Perzentil) gemessen wurde. Eine Überweisung an einen Kardiologen ist indiziert.
Die Anwendung von Methylphenidat ist kontraindiziert bei bestimmten vorbestehenden Herz-Kreislauferkrankungen, wenn nicht der Rat eines Kardiologen eingeholt wurde (siehe «Kontraindikationen»).
Die Auswertung von Daten aus klinischen Studien mit Methylphenidat bei Kindern und Jugendlichen mit ADHS hat gezeigt, dass Patienten unter Methylphenidat-Behandlung häufig eine Änderung des diastolischen und systolischen Blutdrucks um über 10 mmHg gegenüber dem Ausgangswert im Vergleich zu den Kontrollen entwickeln. Ein Anstieg der diastolischen und systolischen Blutdruckwerte wurde ebenfalls bei klinischen Studiendaten von erwachsenen ADHS-Patienten festgestellt. Darüber hinaus kam es in klinischen Studien an Kindern unter Methylphenidat gegenüber Placebo während des Tages zu einer Erhöhung des Ruhepulses um durchschnittlich 2-6 Schläge pro Minute.
Die kurz- und langfristigen klinischen Auswirkungen dieser kardiovaskulären Effekte bei Kindern und Jugendlichen sind nicht bekannt. Mögliche klinische Komplikationen können als Ergebnis der in den klinischen Studiendaten beobachteten Wirkungen nicht ausgeschlossen werden, insbesondere wenn die Behandlung bei Kindern und Jugendlichen in das Erwachsenenalter fortgeführt wird.
Zentral wirksame alpha-2-Agonisten
Vorsicht ist geboten bei der gleichzeitigen Anwendung zentral wirksamer alpha-2-Agonisten wie Clonidin, da schwere unerwünschte Wirkungen einschliesslich plötzlicher Todesfälle berichtet wurden (siehe «Interaktionen»).
Halogenierte Anästhetika
Wenn ein chirurgischer Eingriff geplant ist, sollte Methylphenidat am Tag des Eingriffs nicht eingenommen werden, da sonst das Risiko eines plötzlichen Anstiegs von Blutdruck und Herzfrequenz im Verlauf der Operation besteht (siehe «Interaktionen»).
Zerebrovaskuläre Erkrankungen
Bei der Anwendung von Concerta wurde über zerebrovaskuläre Erkrankungen, wie zerebrale Vaskulitis/Arteriitis, zerebrovaskuläre Okklusion und zerebrale Hämorrhagie berichtet (siehe «Unerwünschte Wirkungen»). Ein frühzeitiges Erkennen aufgrund starker Hinweise kann das umgehende Absetzen von Concerta ermöglichen und ist für eine frühzeitige Behandlung wesentlich. Starke Hinweise sind neu auftretende neurologische Symptome, die auf eine zerebrale Ischämie oder Hämorrhagie hindeuten, wie starke Kopfschmerzen, Taubheitsgefühl, (einseitige) Schwäche, Lähmung, Beeinträchtigung von Koordination, Visus, Sprache, Sprechen oder Gedächtnis.
Patienten mit zusätzlichen Risikofaktoren (wie kardiovaskuläre Erkrankungen in der Vorgeschichte, Begleitmedikation, die den Blutdruck erhöht) sollten bei jedem Termin auf neurologische Anzeichen und Symptome nach Behandlungsbeginn mit Methylphenidat untersucht werden.
Bei Patienten mit vorbestehenden zerebrovaskulären Erkrankungen (z.B. Aneurysma, vaskuläre Fehlbildungen/Anomalien) wird die Behandlung mit Concerta nicht empfohlen (siehe «Kontraindikationen»).
Krampfanfälle
Concerta darf nur mit Vorsicht bei Patienten mit Epilepsie angewendet werden. Es gibt klinische Hinweise darauf, dass Methylphenidat bei Patienten mit epileptischen Anfällen in der Anamnese, oder mit vorbestehenden Anomalien des EEG ohne epileptische Anfälle oder, in sehr seltenen Fällen, bei Patienten ohne vorherige epileptische Anfälle und Hinweise im EEG, die Krampfschwelle herabsetzen kann. Beim Auftreten von Krampfanfällen oder bei einer Zunahme der Anfallshäufigkeit sollte Methylphenidat abgesetzt werden.
Sehstörungen
In seltenen Fällen sind Symptome von Sehstörungen vorgekommen. Dabei ist über Akkommodationsstörungen und verschwommenes Sehen berichtet worden.
Serotoninsyndrom
Bei gleichzeitiger Anwendung von Methylphenidat mit serotonergen Arzneimitteln ist über das Auftreten des Serotoninsyndroms berichtet worden. Wenn die gleichzeitige Anwendung von Methylphenidat mit einem serotonergen Arzneimittel gerechtfertigt ist, ist das unverzügliche Erkennen der Symptome des Serotoninsyndroms wichtig. Zu diesen Symptomen gehören unter anderem Veränderungen des mentalen Zustandes (z.B. Agitiertheit, Halluzinationen, Koma), vegetative Instabilität (z.B. Tachykardie, labiler Blutdruck, Hyperthermie), neuromuskuläre Anomalien (z.B. Hyperreflexie, Koordinationsstörung, Rigidität) und/oder gastrointestinale Symptome (z.B. Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö). Methylphenidat muss bei Verdacht auf ein Serotoninsyndrom so schnell wie möglich abgesetzt werden (siehe «Interaktionen»).
Medikamentenabhängigkeit und Missbrauch
Patienten sollten sorgfältig hinsichtlich Missbrauchs und Fehlgebrauchs von Methylphenidat überwacht werden.
Wegen des Potentials für Fehlgebrauch und Missbrauch sollte Methylphenidat bei Patienten mit bekannter Drogen- und/oder Alkoholabhängigkeit mit Vorsicht angewendet werden.
Chronischer Missbrauch kann zu ausgeprägter Toleranz und psychischer Abhängigkeit mit abnormalem Verhalten in verschiedenen Schweregraden führen. Speziell bei parenteralem Abusus können manifeste psychotische Episoden vorkommen.
Bei der Entscheidung über eine ADHS-Behandlung ist das Patientenalter, das Bestehen von Risikofaktoren für Suchtstörungen (wie z.B. gleichzeitige oppositionelle oder Verhaltens- und bipolare Störungen), früherer oder bestehender Missbrauch zu berücksichtigen. Vorsicht ist geboten bei emotional instabilen Patienten, wie z.B. früheren Drogen- oder Alkoholabhängigen, da diese Patienten die Dosis eigenständig erhöhen könnten.
Bei einigen Patienten mit einem hohen Missbrauchsrisiko sind möglicherweise Methylphenidat oder andere Stimulanzien nicht geeignet, und eine Therapie ohne Stimulanzien sollte erwogen werden.
Absetzen
Eine sorgfältige Überwachung ist beim Absetzen des Arzneimittels erforderlich, da es dabei zu Entzugserscheinungen sowie zur Demaskierung von Depressionen oder von chronischer Überaktivität kommen kann. So ist insbesondere beim Absetzen nach missbräuchlicher Anwendung eine engmaschige Beobachtung erforderlich, da schwere Depressionen auftreten können. Zudem benötigen einige Patienten auch bei therapeutischem Gebrauch möglicherweise Nachuntersuchungen über einen längeren Zeitraum und/oder eine Nachbehandlung demaskierter Symptome der zugrundeliegenden Störung.
Psychiatrische Erkrankungen
Psychiatrische Komorbiditäten bei ADHS sind häufig und sollten bei der Verschreibung von Stimulanzien berücksichtigt werden. Vor Behandlungsbeginn mit Methylphenidat sollte der Patient auf bestehende psychiatrische Erkrankungen untersucht und eine Familienanamnese hinsichtlich psychiatrischer Erkrankungen erhoben werden. Im Falle des Auftretens psychiatrischer Symptome oder der Verschlimmerung einer bestehenden psychiatrischen Erkrankung sollte die Therapie mit Methylphenidat nicht fortgesetzt werden, wenn nicht der Nutzen der Behandlung das potenzielle Risiko für den Patienten überwiegt.
Bei jeder Dosisanpassung und dann mindestens alle 6 Monate und bei jedem Besuch ist zu kontrollieren, ob sich psychiatrische Störungen entwickelt oder verschlechtert haben; eine Unterbrechung der Behandlung könnte angebracht sein.
Psychotische und manische Symptome
Die Verabreichung von Methylphenidat an Patienten mit psychotischen Störungen kann die Symptome von Verhaltens- oder Denkstörungen verstärken.
Behandlungsbedingte psychotische Symptome (visuelle/taktile/auditive Halluzinationen und Wahnvorstellungen) oder Manie bei Patienten ohne bekannte psychotische Erkrankung oder Manie können durch übliche Dosierungen von Methylphenidat hervorgerufen werden (siehe «Unerwünschte Wirkungen»). Wenn manische oder psychotische Symptome auftreten, sollte an einen möglichen kausalen Zusammenhang mit Methylphenidat gedacht und ein Abbruch der Therapie in Erwägung gezogen werden.
Bipolare Störungen
Besondere Vorsicht ist geboten bei der Anwendung von Stimulanzien zur Behandlung von ADHS bei Patienten, bei denen eine komorbide bipolare Störung vorliegen könnte, die sich aber aktuell im euthymen oder Erhaltungs-Intervall befinden, da bei solchen Patienten eine manische Episode ausgelöst werden kann. Vor dem Behandlungsbeginn mit Stimulanzien muss bei Patienten mit komorbiden depressiven Symptomen sehr sorgfältig abgeklärt werden, ob bei ihnen ein Risiko für eine bipolare Störung besteht. Zu diesen Abklärungen gehört die Aufnahme einer detaillierten psychiatrischen Krankengeschichte, einschliesslich einer Familien-Anamnese von Suiziden, bipolaren Störungen und Depressionen. Eine engmaschige kontinuierliche Überwachung ist bei diesen Patienten erforderlich (siehe oben unter «Psychiatrische Erkrankungen»). Die Patienten sollten bei jeder Dosisanpassung, mindestens alle 6 Monate und bei jeder Untersuchung auf Symptome hin überwacht werden.
Schwere Depressionen
Concerta soll nicht zur Behandlung schwerer Depressionen verwendet werden.
Aggressives oder feindseliges Verhalten
Bei Patienten, die eine Therapie mit Concerta beginnen, sollte auf das Auftreten oder die Verstärkung von aggressivem Verhalten oder Feindseligkeit geachtet werden. Eine sorgfältige Überwachung ist nötig, und zwar bei Behandlungsbeginn, bei jeder Dosisanpassung und dann mindestens alle 6 Monate und bei jeder Untersuchung. Aggression ist häufig mit ADHS assoziiert; dennoch wurde von unerwartetem Auftreten oder einer Verstärkung von Aggression während der Therapie mit Concerta berichtet. Bei Patienten, die diese Verhaltensänderungen zeigen, sollte der Arzt bzw. die Ärztin die Notwendigkeit einer Anpassung der Behandlung abklären, wobei zu beachten ist, dass eine Auf- oder Abtitration angebracht sein kann. Ein Therapieabbruch kann in Betracht gezogen werden (siehe «Unerwünschte Wirkungen»).
Suizidalität
Patienten, bei denen während der ADHS-Behandlung Suizidgedanken oder suizidales Verhalten auftreten, sollten sofort von ihrem Arzt bzw. ihrer Ärztin beurteilt werden. Eine Verschlimmerung der zugrunde liegenden psychiatrischen Erkrankung und ein möglicher kausaler Zusammenhang mit der Methylphenidat-Behandlung sollte in Erwägung gezogen werden. Eine entsprechende Behandlung der zu Grunde liegenden psychiatrischen Erkrankung kann notwendig sein und eine Beendigung der Methylphenidat-Behandlung sollte in Erwägung gezogen werden.
Tics
Stimulanzien mit Wirkung auf das Zentralnervensystem einschliesslich Methylphenidat sind mit der Auslösung oder Verschlimmerung motorischer und verbaler Tics in Verbindung gebracht worden. Die Verschlimmerung eines Tourette-Syndroms wurde ebenfalls beobachtet (siehe «Unerwünschte Wirkungen»). Vor der Behandlung mit Stimulanzien sollte deshalb eine klinische Beurteilung der Patienten und der Familienanamnese hinsichtlich Tics oder eines Tourette-Syndroms durchgeführt werden. Während der Behandlung mit Methylphenidat sollten die Patienten bei jeder Dosisanpassung und dann mindestens alle 6 Monate oder bei jedem Besuch hinsichtlich des Auftretens von Tics oder eines Tourette-Syndroms überwacht werden; falls klinisch geboten, sollte die Behandlung abgebrochen werden.
Angst- und Spannungszustände oder Agitiertheit
Bei Patienten, die mit Methylphenidat behandelt wurden, ist über Angstzustände, Agitiertheit und Anspannung berichtet worden (siehe «Unerwünschte Wirkungen»). Methylphenidat wird auch mit der Verschlimmerung bestehender Angst- oder Spannungszustände oder Agitiertheit in Verbindung gebracht. Bei einigen Patienten führten die Angstzustände zu einem Absetzen von Methylphenidat. Die klinische Bewertung von Angst- und Spannungszuständen oder Agitiertheit sollte der Anwendung von Methylphenidat vorausgehen und die Patienten sollten regelmässig während der Behandlung, bei jeder Dosisanpassung und dann mindestens alle 6 Monate oder bei jeder Untersuchung auf das Auftreten oder die Verschlimmerung dieser Symptome hin untersucht werden.
Wachstum bei Kindern
Bei der Langzeitbehandlung von Kindern mit Methylphenidat wurde über eine unzureichende Gewichtszunahme und eine Wachstumsverzögerung berichtet. Follow-up-Untersuchungen bei Kindern zwischen 7 und 10 Jahren deuten darauf hin, dass Kinder, die konstant (z.B. 7 Tage pro Woche während 1 Jahr) Methylphenidat einnehmen, eine vorübergehende Verlangsamung der Wachstumsrate (im Durchschnitt 2 cm weniger Längenwachstum und 2,7 kg weniger Gewichtszunahme über 3 Jahre) zeigen können. Follow-up-Daten in einem Alter von 25 Jahren zeigten, dass die dauerhaft behandelten Patienten durchweg eine um 3,3 cm geringere Körpergrösse und ein um 7,4 kg höheres Gewicht aufwiesen als die unbehandelte Gruppe. Andere Langzeitstudien zeigten jedoch keine signifikante Wirkung von Methylphenidat auf Körpergrösse und Gewicht.
Aus diesem Grunde sollten Kinder und Jugendliche, die eine Langzeitbehandlung benötigen, sorgfältig (mindestens alle 6 Monate) bezüglich Grösse, Gewicht und Appetit überwacht und mindestens alle 6 Monate in einer Wachstumskurve dokumentiert werden. Bei Patienten, bei denen Wachstum oder Gewichtszunahme nicht den Erwartungen entsprechen, sollte die Behandlung unterbrochen werden.
Körpergewicht
Concerta kann zu vermindertem Appetit und erniedrigtem Gewicht führen. Eine Gewichtsabnahme wurde unter der Behandlung mit Methylphenidat auch bei Erwachsenen berichtet (siehe «Unerwünschte Wirkungen»). Auch bei Erwachsenen sollte das Gewicht daher regelmässig überwacht werden.
Möglichkeit einer gastrointestinalen Obstruktion
Da die Concerta Retardtabletten nicht verformbar sind und auch im Gastrointestinaltrakt ihre Form nicht merklich ändern, sollte Concerta normalerweise nicht an Patienten mit vorbestehender schwerer gastrointestinaler Stenose oder Verengung (pathologisch oder iatrogen), Dysphagie oder ausgeprägter Schwierigkeit, Tabletten zu schlucken, verabreicht werden. Es sind seltene Fälle obstruktiver Symptome bei Patienten mit bekannter Verengung in Verbindung mit der Einnahme von nicht-deformierbaren Arzneimitteln mit verzögerter Wirkstofffreisetzung berichtet worden.
Patienten mit Schluckstörungen
Um die verzögerte Wirkstofffreigabe der Retardtablette zu gewährleisten, sollte Concerta nur an Patienten verschrieben werden, die die Retardtablette als Ganzes schlucken können (siehe «Möglichkeit einer gastrointestinalen Obstruktion»). Die Patienten sollten informiert werden, dass Concerta Retardtabletten zusammen mit Flüssigkeit als Ganzes (ungeteilt) geschluckt werden müssen. Die Retardtabletten dürfen nicht zerkaut, zerteilt oder zerkleinert werden.
Ausscheidung der Tablettenhülle
Der Wirkstoff ist in einer nicht resorbierbaren Hülle enthalten, entwickelt für eine kontinuierliche Freisetzung des Wirkstoffes. Die nicht resorbierbare Tablettenhülle wird zusammen mit unlöslichen Komponenten des Tablettenkerns aus dem Körper ausgeschieden; die Patienten sollten nicht beunruhigt sein, falls sie in ihrem Stuhl ein tablettenähnliches Objekt entdecken.
Hämatologisch-klinische Untersuchung und andere laborchemische Parameter
Die Sicherheit der Langzeitbehandlung mit Methylphenidat ist nicht vollständig bekannt. Während einer länger dauernden Therapie sind regelmässige hämatologische Untersuchungen (komplettes Differentialblutbild und Thrombozytenzahlbestimmung) angezeigt. Bei Vorliegen einer Leukopenie, Thrombozytopenie, Anämie oder anderen Veränderungen einschliesslich der Hinweise auf schwerwiegende Nieren- oder Lebererkrankungen ist an einen Abbruch der Behandlung zu denken (siehe «Unerwünschte Wirkungen»).
Priapismus
Im Zusammenhang mit der Behandlung mit methylphenidathaltigen Produkten wurden sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Erwachsenen über Einzelfälle von langanhaltenden und schmerzhaften Erektionen (Priapismus) berichtet, die eine sofortige ärztliche Behandlung, gelegentlich auch eine chirurgische Intervention erforderten (siehe «Unerwünschte Wirkungen»). Priapismus wurde meist nicht während des Therapiebeginns berichtet, sondern entwickelte sich nach einiger Zeit der Einnahme des Arzneimittels, oft im Anschluss an eine Dosiserhöhung. Priapismus trat auch während einer methylphenidatfreien Zeit (Therapiepause oder Therapieabbruch) auf. Patienten, die schmerzhafte Erektionen entwickeln, die ungewöhnlich lang anhalten (mehr als 2 Stunden) oder häufig sind, sollten unverzüglich einen Arzt bzw. eine Ärztin aufsuchen. Die Medizinalpersonen sollen Patienten und ihre Eltern ausdrücklich auf dieses Problem und dessen Dringlichkeit hinweisen.
Ermüdung (Fatigue)
Concerta soll nicht zur Prävention oder Behandlung normaler Ermüdungszustände verwendet werden.
Nieren- oder Leberinsuffizienz
Es liegen keine Erfahrungen zur Anwendung von Methylphenidat bei Patienten mit Nieren- oder Leberinsuffizienz vor.
Lactose
Dieses Arzneimittel enthält Lactose. Patienten mit der seltenen hereditären Galactose-Intoleranz, völligem Lactase-Mangel oder Glucose-Galactose-Malabsorption sollten dieses Arzneimittel nicht einnehmen.
Natrium
Dieses Arzneimittel enthält weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Retardtablette, d.h. es ist nahezu «natriumfrei».
Auswahl der Methylphenidat-Darreichungsform
Der behandelnde Spezialist muss auf individueller Basis und je nach gewünschter Wirkungsdauer entscheiden, welche methylphenidathaltige Darreichungsform ausgewählt wird.
Drogenscreening
Dieses methylphenidathaltige Arzneimittel kann zu einem falsch positiven Laborwert für Amphetamine führen, insbesondere bei Verwendung von Immunoassay-Methoden. Leistungssportler müssen sich bewusst sein, dass dieses Arzneimittel bei Dopingkontrollen zu positiven Ergebnissen führen kann.
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