Warnhinweise und VorsichtsmassnahmenBevor mit einer Behandlung begonnen wird, sollten die Ursachen für die Infertilität des Paares genau abgeklärt und mögliche Kontraindikationen für eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden. Insbesondere sollten die Patientinnen auf Hypothyreose, Nebennierenrindeninsuffizienz, Hyperprolaktinämie und Tumoren der Hypophyse und des Hypothalamus untersucht und ggf. entsprechend behandelt worden sein.
Bei Patientinnen, die an einer klinisch relevanten systemischen Erkrankung leiden, bei der eine Schwangerschaft zu einer Verschlechterung des Zustandes führen könnte, müssen vor Gabe von Ovitrelle besondere Vorsichtsmassnahmen getroffen werden.
Ovarielles Hyperstimulationssyndrom (OHSS)
Eine gewisse Vergrösserung der Ovarien ist bei einer kontrollierten ovariellen Stimulation zu erwarten. Bei zu starker Stimulation kann es jedoch zu einem OHSS kommen. Dieses umfasst eine deutliche Vergrösserung der Ovarien, hohe Sexualhormonspiegel im Serum und eine Zunahme der Gefässpermeabilität, die zu einer Flüssigkeitsansammlung im Peritonealraum, in der Pleurahöhle und in seltenen Fällen in der Perikardhöhle führen kann.
Ein OHSS tritt in der Regel 1-2 Wochen nach der Injektion von Ovitrelle und der Ovulation ein.
Ein OHSS kann in unterschiedlichen Schweregraden auftreten:
Ein leichtes OHSS geht mit Unterleibsschmerzen und anderen abdominalen Beschwerden sowie mit einer Vergrösserung der Ovarien einher. Bei einem mittelschweren OHSS können zusätzlich Übelkeit, Erbrechen, Ascites (sonographisch nachweisbar) und eine deutliche Vergrösserung der Ovarien auftreten.
Bei einem schweren OHSS (ca. 1 % aller Fälle) können folgende Symptome beobachtet werden: starke Vergrösserung der Ovarien, aufgeblähtes Abdomen, Unterleibsschmerzen, Gewichtszunahme, Dyspnoe und Oligurie sowie gastrointestinale Symptome wie Übelkeit, Erbrechen und Diarrhoe. Es kann zu Hypovolämie, Hämokonzentration, Elektrolytstörungen, sekundärem Hyperaldosteronismus, Hyperkoagulabilität, Ascites, Hämoperitoneum, Pleuraergüssen und akuten respiratorischen Beschwerden kommen. In sehr seltenen Fällen können bei einem schweren OHSS Ovarialtorsion oder thromboembolische Ereignisse (wie Lungenembolie, ischämischer Schlaganfall oder Herzinfarkt) als Komplikationen auftreten.
Unabhängige Risikofaktoren für die Entwicklung eines OHSS sind u.a. höhere Dosen exogener Gonadotropine, eine hohe Anzahl sich in ART-Zyklen entwickelnder Ovarialfollikel und Oozyten, hohe absolute oder schnell ansteigende Estradiolspiegel im Serum, frühere OHSS-Episoden, polyzystisches Ovarialsyndrom, junges Lebensalter und geringe Körpermasse.
Da sich ein OHSS schnell (innerhalb von 24 Stunden bis hin zu einigen Tagen) zu einem ernsten medizinischen Notfall entwickeln kann, muss eine sorgfältige Überwachung der Patientin während der Behandlung und für mindestens zwei Wochen nach der hCG-Gabe gewährleistet sein.
Um das Risiko für ein OHSS zu verringern, werden die Einhaltung der empfohlenen Dosierung sowie eine sonographische Überwachung des Follikelwachstums und Bestimmungen der Estradiolspiegel im Serum empfohlen. Bei anovulatorischen Patientinnen ist das Risiko für ein OHSS erhöht bei Estradiolspiegeln im Serum von > 900 pg/ml (3'300 pmol/l) und bei mehr als drei Follikeln mit einem Durchmesser von ≥14 mm. Bei der assistierten Reproduktion ist das Risiko eines OHSS erhöht, wenn ein Estradiolspiegel im Serum von > 3'000 pg/ml (11'000 pmol/l) und 20 oder mehr Follikel mit einem Durchmesser von ≥12 mm vorliegen. Wenn der Estradiolspiegel im Serum höher ist als 5'500 pg/ml (20'200 pmol/l) und die Gesamtzahl der Follikel 40 oder mehr beträgt, sollte kein hCG verabreicht werden.
Ein OHSS kann schwerer und langwieriger verlaufen, wenn eine Schwangerschaft eintritt. Vor Verabreichung von hCG zur Auslösung der Ovulation führt eine überschiessende Reaktion der Ovarien auf die Gonadotropinbehandlung hingegen selten zu einem OHSS. Bei Hinweisen auf eine ovarielle Hyperstimulation wird daher empfohlen, kein hCG zu verabreichen und die Patientin anzuweisen, für mindestens 4 Tage auf Geschlechtsverkehr zu verzichten oder geeignete Kontrazeptionsmethoden anzuwenden.
Bei einem leichten oder mittelschweren OHSS ist im allgemeinen eine Überwachung der Patientin ausreichend. Im Falle eines schweren OHSS muss die Gonadotropinbehandlung abgebrochen, die Patientin hospitalisiert und eine entsprechende Behandlung eingeleitet werden. Die Behandlung des OHSS erfolgt symptomatisch. Insbesondere muss auf einen Ausgleich des Flüssigkeits- und Elektrolythaushalts geachtet werden.
Mehrlingsschwangerschaften
Bei Patientinnen, die sich einer Ovulationsinduktion unterziehen, ist die Häufigkeit einer Mehrlingsschwangerschaft im Vergleich zur natürlichen Konzeption erhöht.
Mehrlingsschwangerschaften, insbesondere höhergradige, können ein erhöhtes Risiko für die Mutter und den Geburtsverlauf darstellen.
Die Inzidenz von Mehrlingsschwangerschaften nach Verabreichung von FSH/hCG oder hMG/hCG beträgt ca. 20 %. Bei den meisten Mehrfachkonzeptionen handelt es sich jedoch um Zwillingskonzeptionen.
Um das Risiko einer höhergradigen Mehrlingsschwangerschaft zu minimieren, wird eine sorgfältige Überwachung des ovariellen Ansprechens empfohlen. Bei Patientinnen, die sich einer ART unterziehen, hängt das Risiko einer Mehrlingsschwangerschaft vorwiegend von der Anzahl der eingesetzten Embryonen, deren Qualität und dem Alter der Patientin ab.
Ektopische Schwangerschaften
Bei Frauen mit vorausgehenden Tubenerkrankungen besteht das Risiko einer ektopischen Schwangerschaft, unabhängig davon, ob die Schwangerschaft durch spontane Konzeption oder durch eine Fertilitätsbehandlung eingetreten ist. Die Prävalenz ektopischer Schwangerschaften nach ART in einer solchen Population war Berichten zufolge jedoch höher als in der Allgemeinbevölkerung.
Fehlgeburten
Die Inzidenz von Fehlgeburten ist bei Patientinnen, die sich einer Stimulationsbehandlung oder einer ART unterziehen, höher als in der Durchschnittsbevölkerung.
Kongenitale Missbildungen
Die Prävalenz kongenitaler Missbildungen kann nach einer ART etwas höher liegen als nach spontaner Konzeption. Dies wird auf Unterschiede in den Eigenschaften der Eltern (z.B. Alter der Mutter, Eigenschaften der Spermien) und die höhere Inzidenz von Mehrlingsschwangerschaften zurückgeführt.
Thromboembolische Ereignisse
Das Risiko venöser und arterieller thromboembolischer Ereignisse ist während und nach einer Behandlung mit Gonadotropinen (einschliesslich hCG) erhöht. Über solche Ereignisse wurde sowohl im Zusammenhang mit einem OHSS als auch unabhängig davon berichtet. Ein erhöhtes Risiko besteht insbesondere bei Vorliegen weiterer Risikofaktoren wie Thrombophilie, Adipositas oder positiver Eigen- oder Familienanamnese (d.h. thromboembolischen Ereignissen in jungen Jahren bei einem Geschwister oder Elternteil). In solchen Fällen sollte daher eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass auch während einer Schwangerschaft die Inzidenz venöser thromboembolischer Ereignisse erhöht ist.
Neoplasien der Sexualorgane
Es liegen Berichte sowohl über gutartige als auch über bösartige Tumoren der Ovarien und anderer Sexualorgane bei Frauen vor, die sich mehreren Zyklen einer Infertilitätsbehandlung unterzogen haben. Bisher ist nicht bekannt, ob eine Behandlung mit Gonadotropinen das Risiko für diese Tumoren bei infertilen Frauen erhöht.
Beeinträchtigung von Schwangerschaftstests
Die Patientin soll darauf hingewiesen werden, dass nach Anwendung von Ovitrelle die immunologische Bestimmung von hCG in Serum und Urin bis zu 10 Tage lang beeinträchtigt sein und möglicherweise zu einem falsch-positiven Schwangerschaftstest führen kann.
Natrium
Dieses Arzneimittel enthält weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Dosis, d. h., es ist nahezu «natriumfrei».
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