Interaktionen
Wenn Fosamprenavir und Ritonavir zusammen gegeben werden, kann das Wechselwirkungsprofil von Ritonavir überwiegen, da Ritonavir der stärkere CYP3A4-Inhibitor ist. Vor Beginn einer Behandlung mit Telzir mit Ritonavir muss daher die gesamte Fachinformation zu Ritonavir zu Rate gezogen werden. Ritonavir hemmt ferner CYP2D6, allerdings in einem geringeren Umfang als CYP3A4. Ritonavir induziert CYP3A4, CYP1A2, CYP2C9 und die Glucuronyl-Transferase. Zusätzlich werden sowohl Amprenavir, der wirksame Metabolit von Fosamprenavir, als auch Ritonavir hauptsächlich in der Leber über CYP3A4 metabolisiert. Daher können Arzneimittel, die entweder auf dem gleichen Weg metabolisiert werden oder die Aktivität von CYP3A4 verändern, die Pharmakokinetik von Amprenavir und Ritonavir verändern. Umgekehrt kann Fosamprenavir mit Ritonavir in ähnlicher Weise die Pharmakokinetik von anderen Arzneimitteln, die über diesen Weg metabolisiert werden, beeinflussen.
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Nachfolgend sind Beispiele für Substrate, Inhibitoren oder Induktoren von CYP3A4 aufgeführt, bei deren gleichzeitiger Verabreichung mit Fosamprenavir es zu Wechselwirkungen kommen könnte. Diese Liste erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. In manchen Fällen ist die klinische Relevanz der möglichen Interaktionen nicht bekannt bzw. nicht untersucht. Die Patienten sind daher bei der Kombination mit Fosamprenavir auf die mit diesen Arzneimitteln assoziierten Toxizitätserscheinungen hin zu überwachen.
Kontraindizierte Kombinationen (vgl. «Kontraindikationen»):
- CYP3A4-Substrate mit geringer therapeutischer Breite:
Telzir darf nicht gleichzeitig mit Arzneimitteln gegeben werden, die eine geringe therapeutische Breite besitzen und ausserdem Substrate des Cytochrom P450-Isoenzyms 3A4 (CYP3A4) darstellen. Die gleichzeitige Gabe kann zu einer kompetitiven Hemmung der Metabolisierung dieser Substanzen führen, dadurch deren Plasmaspiegel erhöhen und möglicherweise schwerwiegende und/oder lebensbedrohliche Nebenwirkungen hervorrufen wie Herzrhythmusstörungen (z.B. Amiodaron, Astemizol, Bepridil, Cisaprid, Pimozid, Chinidin, Terfenadin), Hypotension (z.B. mit dem α-Blocker Alfuzosin), anhaltende Sedierung oder Atemdepression (z.B. Midazolam, Triazolam, Quetiapin) sowie periphere Vasospasmen oder Ischämie (z.B. Ergotamin, Dihydroergotamin).
Telzir darf nicht gleichzeitig mit Sildenafil, wenn Sildenafil zur Behandlung einer pulmonalen arteriellen Hypertonie eingesetzt wird, verabreicht werden (zur gleichzeitigen Anwendung von Fosamprenavir und Sildenafil bei Patienten mit erektiler Dysfunktion, siehe Abschnitte «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen» und «Interaktionen»). Es besteht ein erhöhtes Risiko für Sildenafil-assoziierte schwere unerwünschte Wirkungen (s. «Kontraindikationen»).
- CYP2D6-Substrate mit geringer therapeutischer Breite
Telzir mit Ritonavir darf nicht zusammen mit Arzneimitteln gegeben werden, deren wirksame Bestandteile vorwiegend über CYP2D6 metabolisiert werden und für die erhöhte Plasmaspiegel mit schwerwiegenden und/oder lebensbedrohlichen Nebenwirkungen verbunden sind. Zu diesen wirksamen Bestandteilen gehören Flecainid und Propafenon.
- Rifampicin
Rifampicin ist ein starker CYP3A4-Induktor. Es wurde gezeigt, dass Rifampicin eine 82%-ige Verringerung der AUC von Amprenavir verursacht, die zu einem virologischen Versagen und zu einer Resistenzentwicklung führen kann. Bei dem Versuch, die erniedrigten Plasmaspiegel durch eine Dosiserhöhung anderer Protease-Inhibitoren in Kombination mit Ritonavir auszugleichen, wurden sehr häufig unerwünschte Wirkungen an der Leber beobachtet. Die kombinierte Anwendung von Rifampicin zusammen mit Telzir und niedrig dosiertem Ritonavir ist kontraindiziert (vgl. «Kontraindikationen»).
- Johanniskraut (Hypericum perforatum)
Die Serumspiegel von Amprenavir und Ritonavir können durch die gleichzeitige Anwendung von pflanzlichen Zubereitungen mit Johanniskraut (Hypericum perforatum) erniedrigt werden. Der Grund hierfür liegt in der Induktion metabolisierender Enzyme durch Johanniskraut. Pflanzliche Zubereitungen, die Johanniskraut enthalten, dürfen daher nicht mit Telzir mit Ritonavir kombiniert werden. Wenn ein Patient bereits Johanniskraut einnimmt, sind die Amprenavir- und Ritonavirspiegel und, wenn möglich, die Viruslast zu überprüfen und das Johanniskraut abzusetzen. Die Amprenavir- und Ritonavirspiegel könnten durch das Absetzen von Johanniskraut ansteigen. Die induzierende Wirkung von Johanniskraut kann bis zu mindestens 2 Wochen nach Absetzen anhalten.
- HMG-CoA-Reduktaseinhibitoren
Telzir mit Ritonavir darf nicht mit den HMG-CoA-Reduktaseinhibitoren Simvastatin und Lovastatin kombiniert werden, da diese bezüglich Metabolismus vom Cytochrom 3A4 stark abhängig sind. Die gleichzeitige Verabreichung von Telzir mit Ritonavir kann zu erhöhten Konzentrationen der HMG-CoA-Reduktaseinhibitoren führen und dadurch eine Rhabdomyolyse verursachen. Atorvastatin darf nicht in höheren Dosen als 20 mg gegeben werden.
Wirkung von Telzir auf andere Arzneimittel
Antiretrovirale Arzneimittel:
- Nicht-nukleosidanaloge Reverse-Transkriptase-Hemmer
Efavirenz: Es gibt keine klinisch relevante Interaktion, wenn 700 mg Fosamprenavir zusammen mit 100 mg Ritonavir 2x täglich gleichzeitig mit Efavirenz (600 mg 1x täglich) angewendet werden.
Nevirapin: Wurde Fosamprenavir 700 mg mit Ritonavir 100 mg 2x täglich zusammen mit 200 mg Nevirapin verabreicht, verringerten sich die AUC und Cmin Werte von Amprenavir um 11 % resp. 19 %, während Cmax unverändert blieb. AUC, Cmax und Cmin von Nevirapin waren um 14 %, 13 % resp. 22 % erhöht. Eine Dosisanpassung ist bei der kombinierten Gabe von Fosamprenavir 700 mg / Ritonavir 100 mg 2x täglich zusammen mit Nevirapin nicht notwendig.
- Nukleosid-/Nukleotidanaloge Reverse-Transkriptase-Hemmer
Interaktionsstudien mit Abacavir, Lamivudin und Zidovudin wurden mit Amprenavir ohne Zusatz von Ritonavir durchgeführt. Auf der Basis von Daten aus diesen Studien und da kein signifikanter Einfluss von Ritonavir auf die Pharmakokinetik von NRTI zu erwarten ist, wird durch die gleichzeitige Gabe von Fosamprenavir mit Ritonavir mit diesen Arzneimitteln keine signifikante Veränderung der Exposition der gleichzeitig angewendeten wirksamen Bestandteile erwartet.
Didanosin: Es wurden keine Interaktionsstudien mit Videx® EC Kapseln durchgeführt. Die Kapseln enthalten keinen Puffer; eine signifikante Interaktion bei der gleichzeitigen Anwendung mit Telzir wird daher nicht erwartet.
Tenofovir: Zu diesem Zeitpunkt können keine Empfehlungen zur gleichzeitigen Anwendung von Fosamprenavir mit Ritonavir und Tenofovir gegeben werden.
- Proteasehemmer:
Lopinavir / Ritonavir: Eine Dosierungsempfehlung für die gleichzeitige Anwendung von Telzir mit Ritonavir und Lopinavir/Ritonavir kann nicht gegeben werden, es wird jedoch eine engmaschige Überwachung empfohlen, da die Sicherheit und Wirksamkeit dieser Kombination nicht bekannt ist. Cmax, AUC und Cmin von Lopinavir waren um 30 %, 37 % bzw. 52 % erhöht, wenn 400 mg Lopinavir mit 100 mg Ritonavir 2x täglich in Kombination mit 700 mg Fosamprenavir und 100 mg Ritonavir 2x täglich über zwei Wochen gegeben wurde. Cmax, AUC und Cmin von Amprenavir waren um 58 %, 63 % bzw. 65 % verringert.
Wenn 533 mg Lopinavir mit 133 mg Ritonavir in Kombination mit 1400 mg Fosamprenavir 2x täglich über zwei Wochen gegeben wurde, blieben Cmax, AUC und Cmin von Lopinavir im Vergleich zu den Werten nach Gabe von 400 mg Lopinavir mit 100 mg Ritonavir 2x täglich unverändert. AUC und Cmin von Amprenavir waren jedoch um 26 % bzw. 42 % verringert; die Cmax war hingegen im Vergleich zu den Werten nach Gabe von 700 mg Fosamprenavir zusammen mit 100 mg Ritonavir 2x täglich nicht signifikant verändert.
Tipranavir / Ritonavir: Interaktionsstudien zu Fosamprenavir und Tipranavir wurden bislang nicht durchgeführt. Allerdings waren Cmax, AUC und Cmin Plasmaspiegel von Amprenavir um 39%, 44% resp. 55% vermindert, wenn Tipranavir/Ritonavir (600 mg/100 mg zweimal täglich) während zwei Wochen zusammen mit Amprenavir/Ritonavir (500 mg/100 mg zweimal täglich) verabreicht wurde. Cmax, AUC und Cmin von Tipranavir blieben unverändert. Zur gemeinsamen Gabe von Fosamprenavir/Ritonavir und Tipranavir/Ritonavir kann keine Dosierungsempfehlung gegeben werden. Deshalb wird die Kombination von Fosamprenavir mit Tipranavir/Ritonavir nicht empfohlen.
Es wurden keine Interaktionsstudien zwischen Fosamprenavir in Kombination mit Ritonavir und den folgenden Proteasehemmern durchgeführt: Indinavir, Saquinavir, Nelfinavir und Atazanavir.
- Integrase-Inhibitoren:
Raltegravir: Nach Koadministration von Fosamprenavir/Ritonavir 700/100 mg 2x täglich und Raltegravir 400 mg 2x täglich wurde eine Reduktion der Amprenavir Cmin um 19 – 33% und der Raltegravir Cmin um 36 – 54% beobachtet. Die klinische Signifikanz dieser Reduktionen ist unbekannt.
Dolutegravir: Nach Koadministration von Fosamprenavir/Ritonavir 700/100 mg 2x täglich und Dolutegravir 50 mg 1x täglich war die Amprenavir Pharmakokinetik unverändert. Die Dolutegravir AUC(0-t), Cmax und Cτ waren um 35%, 24% resp. 49% reduziert bei Kombination mit Fosamprenavir/Ritonavir. Es wird keine Dosisanpassung von Fosamprenavir oder Dolutegravir empfohlen basierend auf den Daten zur Beziehungen zwischen Exposition und klinischem Ansprechen. Vorsicht ist geboten und klinisches Monitoring ist empfohlen, wenn diese Kombination bei Integrase-Inhibitor-resistenten Patienten gegeben wird.
- HCV Medikamente:
Telaprevir: Koadministration von Fosamprenavir mit Ritonavir und Telaprevir führt zu einer reduzierten steady State-Exposition gegenüber Amprenavir und Telaprevir. Der Mechanismus dieser Interaktion ist unbekannt. Die gleichzeitige Verwendung von Fosamprenavir mit Ritonavir und Telaprevir wird nicht empfohlen.
- CCR5-Rezeptor-Antagonisten:
Maraviroc: Mangels zuverlässiger Erfahrung wird die gleichzeitige Verwendung von Fosamprenavir mit Ritonavir und Maraviroc nicht empfohlen.
Antibiotika / Antimykotika:
Clarithromycin: Eine Erhöhung der Clarithromycin-Spiegel ist bei gleichzeitiger Anwendung von Telzir / Ritonavir und Clarithromycin zu erwarten. Diese Interaktion wurde jedoch nicht untersucht. Es können keine Dosisanpassungen empfohlen werden, die sicherstellen, dass die gleichzeitige Anwendung sowohl ausreichend wirksam als auch sicher ist.
Erythromycin: Es wurde keine pharmakokinetische Studie mit Fosamprenavir mit Ritonavir in Kombination mit Erythromycin durchgeführt, jedoch könnten die Plasmaspiegel beider Arzneimittel im Fall der gleichzeitigen Gabe erhöht sein.
Ketoconazol / Itraconazol: Die gleichzeitige Anwendung von Fosamprenavir 700 mg mit Ritonavir 100 mg zweimal täglich zusammen mit Ketoconazol 200 mg einmal täglich erhöhte die Plasmakonzentrationen Cmax von Ketoconazol um 25 % und erhöhte die AUC (0-τ) auf das 2,69-fache der Werte, die unter der einmal täglichen Gabe von 200 mg Ketoconazol alleine beobachtet werden. Cmax, AUC und Cmin von Amprenavir blieben unverändert. In Kombination mit Telzir und Ritonavir werden hohe Dosen (>200mg/Tag) von Ketoconazol oder Itraconazol nicht empfohlen.
Rifabutin: Die gleichzeitige Gabe von Amprenavir und Rifabutin (300 mg 1x täglich) führte zu einem Anstieg der Plasmakonzentration (AUC) von Rifabutin um 200 %. Die AUC0-48 von Rifabutin war nach gleichzeitiger Gabe von reduzierten Rifabutin-Dosen (150 mg alle zwei Tage) und Fosamprenavir (700 mg zweimal täglich) mit Ritonavir (100 mg zweimal täglich) unverändert, Cmax war um 14 % verringert. Allerdings waren AUC0-48 und Cmax von 25-O-Desacetylrifabutin um das 11- beziehungsweise 6fache erhöht, was möglicherweise zu einem Anstieg der mit Rifabutin verbundenen Nebenwirkungen, insbesondere Uveitis, führen kann. Basierend auf einem historischen Vergleich scheint Rifabutin die Aufnahme von Amprenavir nicht zu reduzieren (AUC-Anstieg 1.35-fach, Cmax-Anstieg 1.36-fach, Cmin-Anstieg 1.17-fach). Auf Basis dieser Daten wird eine Verringerung der Standarddosierung von Rifabutin um 75 % (d.h. 150 mg alle zwei Tage) empfohlen, wenn Telzir mit Ritonavir eingenommen wird. Weitere Dosisreduktionen können erforderlich sein.
Wirkung anderer Arzneimittel auf Telzir
- Arzneimittel, die bei gemeinsamer Anwendung mit Telzir die Plasmaspiegel von Amprenavir verringern können:
Magensäurereduzierende Arzneimittel (Antazida, H2-Blocker, PPI): Die Resorption des Prodrugs Fosamprenavir war in präklinischen und klinischen Versuchen säureabhängig. Durch die gleichzeitige Gabe einer Einzeldosis von 1400 mg Fosamprenavir zusammen mit einer Einzeldosis von 30 ml Suspension eines Antazidums (entspr. 2,75 g Aluminiumhydroxid und 1,8 g Magnesiumhydroxid) wurden die AUC und die Cmax von Amprenavir um 18% bzw. 35% verringert, während die Cmin (C 12 h) vergleichbar war. «Multiple Dose»-Studien mit Antazida liegen nicht vor.
Die Anwendung von Telzir mit magensäurereduzierenden Arzneimitteln kann infolge eines erhöhten gastrischen pH-Wertes zu reduzierten Plasmakonzentrationen von Fosamprenavir führen. Telzir sollte nicht gleichzeitig mit diesen Arzneimitteln, sondern 2 Std. vor oder 1 Std. nach diesen Arzneimitteln eingenommen werden.
Eine Einzeldosis von 300 mg Ranitidin, 1 h vor einer Einzeldosis von 1400 mg Fosamprenavir verabreicht, verringerte die AUC von Amprenavir im Plasma um 30% und die Cmax um 51%.
Die steady State-Pharmakokinetik von Esomeprazol wurde nach einer multiple Dose-Gabe von 20 mg Esomeprazol 1x/Tag, gleichzeitig verabreicht mit der morgendlichen Dosis von Fosamprenavir 700 mg / Ritonavir 100 mg 2x/Tag, nicht beeinflusst. Die Gabe von Esomeprazol 20 mg 1x/Tag, koadministriert mit Fosamprenavir 700 mg/Ritonavir 100 mg 2x/Tag, führte im Plasma zu einem signifikanten Abfall der AUC von Amprenavir auf 90.7% (84.3-97.7%). Die Cmax von Amprenavir sank nicht signifikant auf 95.3% (86.4 - 105%) und die Cmin nicht signifikant auf 92.7% (84.5 - 102%) (Referenz-Behandlung: alleinige Gabe von Fosamprenavir 700 mg/Ritonavir 100 mg 2x/Tag).
Aufgrund dieser Datenlage dürfen magensäurehemmende Arzneimittel nur vorsichtig und bei begründeter Indikation zusammen mit Fosamprenavir verabreicht werden. Die Daten favorisieren die Verwendung von Esomeprazol in der Standarddosierung anstelle von H2-Blockern oder Antazida. Bei Patienten mit länger dauernder magensäurehemmender Behandlung mit Esomeprazol muss der Erfolg der anti-HIV-Therapie mit Fosamprenavir mit geeigneten Methoden (z.B. PCR der HIV-RNA) engmaschig überprüft werden.
Antikonvulsiva:
Phenytoin: Bei gleichzeitiger Anwendung von Fosamprenavir (700 mg 2x täglich) und Ritonavir (100 mg 2x täglich) mit Phenytoin (300 mg 1x täglich) waren die AUC resp. Cmin von Amprenavir um 20% resp. 19% erhöht bei unveränderter Cmax. Durch Phenytoin wurde die AUC von Ritonavir um 29% vermindert. Die Cmax von Ritonavir sank um 27% und die Cmin wurde um 36% reduziert. Die AUC, Cmax und Cmin von Phenytoin waren um 22%, 20% bzw. 29% verringert. Wenn Fosamprenavir/Ritonavir in Kombination mit Phenytoin gegeben wird, ist daher keine Anpassung der Fosamprenavir/Ritonavir Dosierung notwendig. Es wird jedoch empfohlen, die Phenytoin Plasmakonzentrationen zu überwachen und die Phenytoin-Dosis soweit erforderlich zu erhöhen.
Die gleichzeitige Anwendung von anderen Antikonvulsiva, die Enzyminduktoren sind (Phenobarbital, Primidon, Carbamazepin und Topiramat), mit Fosamprenavir wurde nicht untersucht, kann aber zu einer Erniedrigung der Plasmaspiegel von Amprenavir führen. Bei der Anwendung derartiger Kombinationen ist Vorsicht geboten (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Dexamethason: kann CYP3A4 induzieren und die Plasmakonzentrationen von Amprenavir senken.
- Arzneimittel, deren Plasmaspiegel bei gemeinsamer Anwendung mit Telzir erhöht sein können
Andere Arzneimittel mit einer geringen therapeutischen Breite: Einige Substanzen (z.B. (systemisch gegebenes) Lidocain und Halofantrin) können bei gleichzeitiger Anwendung von Telzir schwere Nebenwirkungen verursachen. Eine gleichzeitige Anwendung wird daher nicht empfohlen.
Benzodiazepine: die gleichzeitige Anwendung von Telzir mit Midazolam oder Triazolam könnte zu verlängerter Sedation oder Atemwegsdepression führen und ist daher kontraindiziert.
Calciumkanalblocker: Amlodipin, Diltiazem, Felodipin, Isradipin, Nicardipin, Nifedipin, Nimodipin, Nisoldipin und Verapamil: Die Serumkonzentrationen dieser Arzneimittel können erhöht werden, wodurch möglicherweise die Wirkung und Toxizität dieser Arzneimittel verstärkt werden (z.B. Hypotension, Synkopen u.a.).
PDE5-Inhibitoren: Basierend auf den Daten zu Ritonavir und anderen Proteasehemmern ist bei gleichzeitiger Anwendung mit Telzir mit Ritonavir ein beträchtlicher Anstieg der Plasmakonzentrationen von PDE5-Inhibitoren (z.B. Sildenafil und Vardenafil) und eine damit verbundene Erhöhung der durch PDE5-Inhibitoren verursachten Nebenwirkungen einschliesslich Hypotension, Sehstörungen und Priapismus zu erwarten. Eine gleichzeitige Anwendung von PDE5-Inhibitoren für die Behandlung einer erektilen Dysfunktion oder pulmonaler arterieller Hypertonie bei Patienten unter Therapie mit Fosamprenavir wird nicht empfohlen. Die gleichzeitige Anwendung von Fosamprenavir ist kontraindiziert bei Patienten, welche aufgrund einer pulmonaren arteriellen Hypertonie mit Sildenafil behandelt werden (s. «Kontraindikationen»).
Fluticasonpropionat (Interaktion mit Ritonavir): In einer klinischen Studie, in der Ritonavir 100 mg Kapseln zweimal täglich zusammen mit 200 µg Fluticasonpropionat intranasal (1x täglich) über 7 Tage an Probanden gegeben wurden, stiegen die Fluticasonpropionat-Plasmaspiegel signifikant an, während das endogene Kortisol um ungefähr 86% (90% Konfidenzintervall 82 - 89%) absank. Stärkere Effekte sind nach Inhalation von Fluticasonpropionat zu erwarten.
Systemische kortikosteroide Wirkungen einschliesslich Morbus Cushing und Suppression der Nebennierenfunktion wurden bei Patienten berichtet, die Ritonavir zusammen mit inhalativ oder intranasal verabreichtem Fluticasonpropionat erhalten hatten; diese könnten auch bei anderen Kortikosteroiden, die über P450 3A verstoffwechselt werden z.B. Budenosid), auftreten (vgl. «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Aus diesem Grund sollte die gleichzeitige Gabe von Telzir mit Ritonavir zusammen mit diesen Glukokortikoiden vermieden werden, es sei denn, der mögliche Nutzen einer Behandlung überwiegt das Risiko systemischer kortikosteroider Wirkungen.
Eine Reduktion der Glukokortikoid-Dosis sollte zusammen mit einer
engmaschigen Überwachung auf lokale und systemische Wirkungen oder einem Wechsel auf ein Glukokortikoid, das kein Substrat von CYP3A4 darstellt (z.B. Beclometason), in Erwägung gezogen werden. Darüber hinaus muss im Falle eines Absetzens der Glukokortikoide die schrittweise Dosisreduktion über einen längeren Zeitraum durchgeführt werden. Die Wirkung einer hohen systemischen Fluticason-Exposition auf die Plasmaspiegel von Ritonavir ist bisher nicht bekannt.
HMG-CoA-Reduktase-Inhibitoren: Sollte eine Behandlung mit einem HMG-CoA-Reduktase-Hemmstoff angezeigt sein, werden Pravastatin oder Fluvastatin empfohlen, da deren Metabolismus nicht von CYP3A4 abhängig ist und daher Wechselwirkungen mit Proteasehemmern nicht wahrscheinlich sind. Bei HMG-CoA-Reduktase-Hemmstoffen wie Lovastatin und Simvastatin, deren Verstoffwechselung stark von CYP3A4 abhängig ist, sind ausgeprägte Erhöhungen der Plasmaspiegel bei gleichzeitiger Anwendung von Telzir mit Ritonavir zu erwarten. Da Plasmaspiegelerhöhungen dieser HMG-CoA-Reduktase-Hemmstoffe zu Myopathie einschliesslich einer Rhabdomyolyse führen können, darf Lovastatin oder Simvastatin nicht zusammen mit Telzir / Ritonavir eingenommen werden (vgl. «Kontraindikationen»). Eine Anpassung der Dosis von Telzir oder Ritonavir ist bei gleichzeitiger Anwendung mit Atorvastatin nicht erforderlich. Atorvastatin darf jedoch nicht in höheren Dosen als 20 mg/Tag verwendet werden.
Cmax, AUC und Cmin von Atorvastatin waren nach Gabe von Atorvastatin (10 mg 1x täglich über 4 Tage) mit 700 mg Fosamprenavir 2x täglich und 100 mg Ritonavir 2x täglich über zwei Wochen auf 284 %, 253 % und 173 % erhöht. Cmax, AUC und Cmin von Amprenavir waren unverändert. Bei gleichzeitiger Anwendung mit Telzir mit Ritonavir sollten keine höheren Atorvastatin-Dosen als 20 mg/Tag gegeben werden, eine sorgfältige Überwachung auf durch Atorvastatin bedingte Toxizität ist erforderlich.
Immunsuppressiva: Es wird eine häufigere Überwachung der therapeutischen Konzentrationen bis zur Stabilisierung der Spiegel empfohlen, da die Plasmakonzentrationen von Cyclosporin, Rapamycin und Tacrolimus bei gleichzeitiger Gabe von Fosamprenavir mit Ritonavir erhöht sein können.
Trizyklische Antidepressiva: Eine sorgfältige Überwachung der therapeutischen Wirkungen und Nebenwirkungen von trizyklischen Antidepressiva (zum Beispiel Desipramin und Nortryptilin) wird bei gleichzeitiger Gabe von Telzir empfohlen.
Antineoplastische Arzneimittel:
Wenn antineoplastische Arzneimittel (z.B. Dasatinib, Nilotinib, Ibrutinib, Vinblastin und Everolimus), die durch CYP3A metabolisiert werden, gemeinsam mit Fosamprenavir mit/ohne Ritonavir verabreicht werden, können die Plasmakonzentrationen dieser antineoplastischen Arzneimittel erhöht werden und das Risiko von unerwünschten Ereignissen, die normalerweise mit diesen antineoplastischen Arzneimitteln verbunden sind, vergrössern. Bei gleichzeitiger Verabreichung mit antineoplastischen Arzneimitteln, die durch CYP3A metabolisiert werden, beachten Sie bitte die entsprechenden Fachinformationen zu diesen Arzneimitteln.
Antipsychotika:
Quetiapin: Aufgrund der CYP3A4 Inhibition durch Fosamprenavir wird erwartet, dass die Quetiapin Konzentrationen ansteigen. Die gleichzeitige Anwendung von Fosamprenavir und Quetiapin ist kontraindiziert, da dies die Quetiapin-bedingte Toxizität erhöht. Erhöhte Quetiapin Plasmaspiegel können zu Koma führen.
Lurasidon:
Wenn eine gleichzeitige Verabreichung mit Fosamprenavir notwendig ist, sollte die Lurasidon-Dosis reduziert werden. Beachten Sie die Fachinformation für Lurasidon hinsichtlich der gleichzeitigen Anwendung mit moderaten CYP3A4-Hemmern.
Die gleichzeitige Verabreichung von Fosamprenavir mit Ritonavir und Lurasidon ist wegen des Risikos für schwere und/oder lebensbedrohliche Reaktionen kontraindiziert (vgl. «Kontraindikationen»).
- Arzneimittel, deren Plasmaspiegel bei gemeinsamer Anwendung mit Telzir verringert sein können:
Methadon: Die gleichzeitige Anwendung von Fosamprenavir 700 mg und Ritonavir 100 mg 2x täglich mit Methadon 1x täglich (≤200 mg) für 14 Tage erniedrigte die AUC (0-τ) und Cmax des aktiven (R-) Methadon Enantiomers um 18% resp. 21%. Die Cmin von R-Methadon wurde um 11% vermindert und die tmax um 1.75h verzögert. Die AUC(0-τ) und die Cmax des inaktiven S-Methadon-Enantiomers wurden um jeweils 43% reduziert. Die Cmin von S-Methadon wurde um 41% vermindert und die tmax um 0.85h verzögert. Basierend auf historischen Vergleichen scheint Methadon die Pharmakokinetik von Amprenavir im Plasma nicht zu verändern. Auf der Grundlage dieser Daten ist keine Dosisanpassung notwendig, wenn Fosamprenavir mit Ritonavir gleichzeitig mit Methadon angewendet wird. Sicherheitshalber sollten die Patienten jedoch auf Entzugssymptome hin überwacht werden.
Paroxetin: Bei Gabe von 20 mg Paroxetin einmal täglich zusammen mit 700 mg Fosamprenavir und 100 mg Ritonavir zweimal täglich über 10 Tage an gesunde Probanden, verringerten sich Cmax und AUC von Paroxetin um 51% bzw. 55%. Der Mechanismus dieser Wechselwirkung ist noch nicht geklärt. Basierend auf einem historischen Vergleich wurde die Pharmakokinetik von Amprenavir durch Paroxetin nicht verändert. Deshalb wird bei gleichzeitiger Verabreichung von Paroxetin mit Telzir und Ritonavir empfohlen, die Dosis von Paroxetin schrittweise auf Basis einer klinischen Bewertung des antidepressiven Ansprechens zu steigern. Zusätzlich sollten Patienten, die stabil auf Paroxetin eingestellt sind und die eine Behandlung mit Telzir und Ritonavir beginnen, auf das antidepressive Ansprechen hin überwacht werden.
Orale Antikoagulantien: Bei gleichzeitiger Gabe von Antikoagulanzien vom Coumarintyp oder anderen oralen Antikoagulantien zusammen mit Telzir mit Ritonavir wird eine verstärkte Kontrolle der INR (International Normalised Ratio) wegen der Möglichkeit einer Abschwächung oder Verstärkung der antithrombotischen Wirkung empfohlen.
Steroide: Die gleichzeitige Verabreichung von Fosamprenavir 700 mg zweimal täglich + Ritonavir 100 mg zweimal täglich mit Brevinor® (Ethinylestradiol (EE) 0,035 mg / Norethisteron (NE) 0,5 mg) einmal täglich senkte die Plasma-AUC(0-τ) von EE um 37% und den Cmax-Wert um 28% und die Werte von AUC(0-τ), Cmax, und Cτ für NE um 34%, 38% bzw. 26%. Die pharmakokinetischen Parameter von Amprenavir im Fliessgleichgewicht waren durch die gleichzeitige Verabreichung mit Brevinor® nicht in signifikantem Masse beeinflusst; allerdings fielen die AUC(0-τ) und der Cmax-Wert von Ritonavir im Vergleich zu historischen Daten bei Frauen, die Fosamprenavir/Ritonavir allein erhalten hatten, um 45% bzw. 63% höher aus. Neben der Verminderung der Exposition gegenüber hormonellen Kontrazeptiva führte die gleichzeitige Verabreichung von Fosamprenavir mit Ritonavir und Brevinor® bei 22% (7/32) der gesunden Probandinnen zu klinisch signifikanten Steigerungen der Transaminasespiegel, was als Anzeichen einer Leberzellschädigung gelten muss. Daher wird Frauen im gebärfähigen Alter die Verwendung von alternativen, nicht-hormonellen Verhütungsmethoden (Kondome) empfohlen, da die Kontrazeption vermindert sein kann (vgl. «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Gleichzeitig wurden vermehrt über Übelkeit, Diarrhoe, Hautausschläge und Studienabbrüche wegen unerwünschten Wirkungen (34% bei der Kombination Fosamprenavir/Ritonavir und Kontrazeptivum vs. 5% beim Kontrazeptivum alleine) berichtet.
Potentielle Wirkung auf Substrate des P-Glykoproteins:
Fosamprenavir ist ein Prodrug von Amprenavir, welches in oder in der Nähe der Darmschleimhaut rasch in Amprenavir konvertiert wird. Amprenavir ist ein starker Aktivator des Kernrezeptors PXR (pregnane X receptor), welcher unter anderem die Induktion des Cytochroms 3A4 (gesteigerte Metabolisierung) und die Induktion des P-Glykoproteins (gesteigerte Exkretion z.B. in den Darm, Effluxpumpe) vermittelt. Dabei ist Amprenavir selbst ein Substrat und Hemmstoff für das P-Glykoprotein. Der Cytochrom 3A4 Hemmstoff Ritonavir kann die P-Glykoprotein Induktion nur unvollständig hemmen, so dass eine beschleunigte Elimination von P-Glykoprotein Substraten wie Digoxin ggf. trotz Ritonavir möglich sein kann. Klinische Untersuchungen zu diesen Interaktionen fehlen. Bei Comedikation mit Medikamenten, die bekannte Substrate des P-Glykoproteins sind (z.B. Digoxin, Azithromycin), muss ggf. ein Drug Monitoring durchgeführt werden (z.B. Digoxin) oder auf klinische Zeichen des Therapieversagens (z.B. Azithromycin) geachtet werden.
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