Unerwünschte WirkungenEs wurde über Medikationsfehler oder Verwechslungen mit anderen Insulinen berichtet. Insbesondere wurden versehentlich lang wirksame Insuline anstelle des Insulinanalogons Glulisin verabreicht.
In klinischen Studien wurden zwischen Insulin Glulisin und den Vergleichssubstanzen (kurzwirksame Insuline) keine klinisch relevanten Unterschiede in der Gesamthäufigkeit von unerwünschten Wirkungen gefunden. Die beobachteten Nebenwirkungen waren bekannt für diese Substanzklasse und sind demzufolge den Insulinen gemeinsam.
Die Häufigkeiten der unerwünschten Wirkungen wird wie folgt angegeben: «sehr häufig» (≥10%), «häufig» (≥1%, <10%), «gelegentlich» (≥0,1%, <1%), «selten» (≥0,01%, <0,1%) und «sehr selten» (<0,01%).
Hypoglykämie
Zu einer Hypoglykämie, einer häufigen (schwere Hypoglykämien) bis sehr häufigen Nebenwirkung der Insulintherapie, kann es kommen, wenn die Insulindosis den Insulinbedarf überschreitet. Schwere Hypoglykämien, insbesondere wenn sie wiederholt auftreten, können zu neurologischen Schäden führen. Anhaltende oder schwere Hypoglykämien können lebensbedrohlich sein. Die Symptome einer Hypoglykämie (Blutzuckerabfall unter 2–3 mmol/l) sind:
Neurovegetative Zeichen: Schwitzen, Hungergefühl, Zittern (neurovegetative Warnsymptome), Blässe, Herzklopfen, Kopfschmerzen.
Neuroglykopenische Zeichen: Konzentrationsstörungen, Verhaltensauffälligkeiten (Unruhe, Reizbarkeit, Aggressivität, Verwirrtheit u.a.), Bewusstseinsstörungen , Koordinations-, Seh- und Sprachstörungen. Diese können über Benommenheit und Somnolenz bis zur Bewusstlosigkeit fortschreiten. Die Hypoglykämie kann auch zu epileptischen Anfällen führen oder sich wie ein zerebraler Insult, z.B. mit (meist vorübergehender) Hemiparese, Aphasie, positivem Babinskizeichen, manifestieren.
Abgeschwächte/veränderte Warnsymptome: Besonders bei Einstellung auf tiefe Blutzuckerwerte (z.B. bei Mehrfachinjektionen nach dem Basis-Bolus-Prinzip), aber auch bei lang bestehendem Diabetes (u.U. mit Neuropathie), bei Präparatewechsel u.a. können die Warnsymptome der Hypoglykämie verändert und die neurovegetativen Symptome abgeschwächt sein oder erst spät auftreten. Dies wurde von einigen Patienten auch nach Umstellung von tierischem auf humanes Insulin, aber auch sonst gelegentlich bei Präparatewechsel, beobachtet.
Der insulinbehandelte Diabetiker und seine Umgebung sind deshalb zu instruieren, dass sich eine Hypoglykämie auch überraschend und als erstes durch neuroglykopenische Zeichen wie Konzentrationsstörungen, Unruhe, Verhaltensauffälligkeiten und Bewusstseinsstörungen anzeigen kann, was dazu führen kann, dass er eventuell nicht früh genug mit Einnahme von Zucker reagiert.
Die Umstellung auf ein anderes Insulinpräparat soll nur unter sorgfältiger ärztlicher Kontrolle und nach genauer Instruktion erfolgen. Auch das Behandlungsschema soll nur nach Absprache mit dem Arzt oder auf seine Anweisung geändert werden.
Als Ursachen einer Hypoglykämie kommen in Frage: Auslassen einer Mahlzeit, Erbrechen, Durchfall, aussergewöhnliche körperliche Anstrengung, Insulinüberdosierung, endokrine Krankheiten wie Nebennierenrindeninsuffizienz, Hypothyreose u.a.
Therapie der Hypoglykämie: siehe unter «Überdosierung».
Nach jeder schweren Hypoglykämie ist die Diabeteseinstellung zu überprüfen; der Patient ist anzuweisen, den Arzt so bald als möglich über jede durchgemachte schwere Hypoglykämie zu orientieren.
Hyperglykämie
Ein Anstieg des Blutzuckerspiegels, Hyperglykämie, Ketoazidose und Hyperosmolarität können auftreten, wenn z.B. die Insulindosis im Hinblick auf die Kohlenhydratzufuhr zu niedrig ist, die Wirkung des Insulins nachgelassen hat (z.B. infolge falscher Lagerung), die körperliche Aktivität reduziert wird, die Insulinempfindlichkeit infolge emotionalen oder körperlichen Stresses (z.B. bei Verletzungen, Operationen, fieberhaften Infektionen oder anderen Erkrankungen) verringert ist oder gleichzeitig Arzneimittel mit blutzuckersteigernder Wirkung gegeben werden (siehe «Interaktionen»).
Zeichen einer hyperglykämischen Stoffwechselentgleisung sind: Durst, Polyurie, Glucosurie, Ketonurie, Müdigkeit, trockene Haut, Gesichtsrötung, Appetitlosigkeit, Hypotonie und Tachykardie. Insbesondere bei Symptomen wie Erbrechen, Bauchschmerzen, schnelle tiefe Atmung, Somnolenz oder Koma muss immer auch an eine begleitende Ketoazidose gedacht werden. Eine schwere Hyperglykämie und Ketoazidose kann lebensbedrohlich werden. Eine Ketoazidose kann sich in Abhängigkeit von der Insulinverfügbarkeit innerhalb von Stunden bis Tagen entwickeln. Sobald mögliche Anzeichen einer Hyperglykämie oder Ketoazidose bemerkt werden, müssen Blutglukose und Keton im Urin bestimmt und gegebenenfalls unverzüglich Gegenmassnahmen eingeleitet werden.
Allgemeine Störungen und Reaktionen an der Applikationsstelle
Wie bei anderen Insulintherapien können sich häufig lokale allergische Reaktionen in Form von Rötungen, Schwellungen und/oder Juckreiz an der Injektionsstelle manifestieren. Diese leichten Reaktionen bilden sich meist innerhalb von wenigen Tagen oder Wochen zurück. Diese Reaktionen können mit anderen Faktoren als dem Insulin in Zusammenhang stehen, z.B. Irritationen durch Hautreinigungsmittel oder schlechte Injektionstechnik.
Weniger häufig, aber potentiell schwerwiegend sind systemische Allergien, wie generalisierte Allergien auf Insulin, welche mit Hautreaktionen (einschliesslich Pruritus) am ganzen Körper, Kurzatmigkeit, pfeifendem Atmen, Blutdruckabfall, raschem Puls oder Schwitzen einhergehen können. Schwere Fälle von generalisierter Allergie einschliesslich anaphylaktischen Reaktionen können lebensbedrohlich sein.
Haut
Wie bei jeder Insulintherapie kann es gelegentlich an der Injektionsstelle zu einer Lipodystrophie kommen, welche die Insulinresorption verzögert. Ein ständiger Wechsel der Einstichstelle im gegebenen Injektionsbereich kann helfen, diese Reaktionen zu reduzieren oder zu vermeiden.
Antikörper
In einer Studie mit Typ 1 Diabetikern (n= 333) blieb die Konzentration von kreuzreaktiven Insulinantikörpern (Antikörper, die sowohl mit humanem Insulin als auch mit Insulin Glulisin reagieren) nahe beim Baseline-Wert während den ersten 6 Monaten in den Patienten, die mit Insulin Glulisin behandelt wurden. Während den folgenden 6 Monaten wurde eine Erniedrigung der Antikörperkonzentration beobachtet. In einer Studie mit Typ 2 Diabetikern (n= 411) wurde eine vergleichbare Erhöhung der kreuzreaktiven Insulinantikörper Konzentration bei den Patienten, die mit Insulin Glulisin behandelt wurden und bei den Patienten, die mit humanem Insulin behandelt wurden, während den ersten 9 Monaten beobachtet. Danach erniedrigte sich die Antikörperkonzentration bei den Patienten mit Insulin Glulisin und blieb unverändert in den Patienten mit humanem Insulin. Es gab keine Korrelation zwischen der Konzentration von kreuzreaktiven Insulinantikörpern und Änderungen von HbA1c, Insulindosis oder Häufigkeit von Hypoglykämien.
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