AMZVZusammensetzungWirkstoff: Procarbazinum ut Procarbazini hydrochloridum.
Hilfsstoffe: Excipiens pro capsula.
Galenische Form und Wirkstoffmenge pro EinheitHartkapseln zu 50 mg.
Indikationen/AnwendungsmöglichkeitenMorbus Hodgkin (Kombinationschemotherapie).
Non-Hodgkin Lymphome (Kombinationschemotherapie).
Dosierung/AnwendungProcarbazin soll unter Aufsicht von in der Chemotherapie erfahrenen Onkologen/Hämatologen angewendet werden.
Während der ersten Behandlungsphase sollte der Patient wenn möglich hospitalisiert werden.
Procarbazin wird in einer täglichen Dosis von 100 mg/m² Körperoberfläche als Einmalgabe an 7 bis 14 Tagen eines Behandlungszyklus in Kombination mit anderen Zytostatika verabreicht, wobei die Dosierung und Dauer der Behandlung:
a) dem verwendeten Chemotherapie-Protokoll;
b) dem aktuellen Funktionszustand des Knochenmarks (Verlaufskontrolle von Granulozyten und Thrombozyten im peripheren Blut);
c) der Knochenmarkreserve (kumulative chemotherapeutische Vorbehandlung, vorangegangene Strahlentherapie) und
d) der zu erwartenden myelosuppressiven Wirkung im Rahmen der Kombinationschemotherapie mit anderen Zytostatika
anzupassen ist.
Spezielle Dosierungsanweisungen Bei Patienten mit Nieren- oder Leberinsuffizienz liegen keine klinischen Studien vor. Bei schwerer Nieren- oder Leberinsuffizienz ist Natulan kontraindiziert. Bei leichter bis mässiggradiger Nieren- oder Leberinsuffizienz können keine Dosierungsempfehlungen gemacht werden.
Bei pädiatrischen und älteren Patienten liegen keine klinischen Studien vor. Es können keine Dosierungsempfehlungen gemacht werden.
Einnahme mit/unabhängig von Mahlzeit.
Die Kapseln sind mit Wasser ganz zu schlucken ohne zu kauen oder zu lutschen. Sie sollten nicht geöffnet werden. Bei der Handhabung sollten möglichst Einmalhandschuhe verwendet werden respektive unmittelbar nach dem Kontakt mit den Kapseln sollten die Hände gewaschen werden. Es ist darauf zu achten, dass das in den Kapseln enthaltene Pulver (z.B. bei einer Beschädigung der Kapsel) nicht eingeatmet wird und nicht mit der Haut oder Schleimhaut in Kontakt kommt. Falls es zu einem Hautkontakt kommt, ist die Stelle mit Wasser und Seife zu waschen, bei Augenkontakt ist mit Wasser zu spülen. Beschädigte Kapseln dürfen nicht eingenommen werden, sondern sollten fachgerecht entsorgt werden. Wird Pulver aus der Kapsel verschüttet, soll dieses mit einem feuchten Wegwerf-Tuch aufgenommen und in einem verschlossenen Behältnis fachgerecht entsorgt werden.
KontraindikationenÜberempfindlichkeit gegenüber Procarbazin, oder einem der Hilfsstoffe. Myelosuppression mit Granulozyto- und Thrombozytopenie, die nicht auf eine Knochenmarkinfiltration durch die maligne Grunderkrankung zurückzuführen ist.
Schwangerschaft und Stillzeit.
Schwere Nieren- und/oder Leberinsuffizienz.
Warnhinweise und VorsichtsmassnahmenAufgrund der myelosuppresiven Eigenschaften von Procarbazin sind vor und während der Verabreichung der Substanz regelmässige Blutbildkontrollen, einschliesslich der Bestimmung der Thrombozytenzahl sowie der Granulozytenzahl durch Untersuchung des Differentialblutbildes, durchzuführen.
Aufgrund der vorwiegend renalen Elimination ist die Nierenfunktion (Serum-Kreatinin, Kreatinin-Clearance) vor und während der Verabreichung von Procarbazin laborchemisch zu bestimmen. Ebenfalls ist die Leberfunktion wegen der hepatischen Metabolisierung von Procarbazin laborchemisch zu bestimmen.
Ein Unterbruch der Behandlung mit einer Procarbazin enthaltenden Kombinationschemotherapie sollte erwogen werden bei:
Leukopenie (Leukozyten <4'000/mm³);
Thrombozytopenie (Thrombozyten <100'000/mm³);
Blutungen oder Blutungstendenz;
ZNS-Symptomen wie Parästhesien, Neuropathien oder Verwirrtheit;
Überempfindlichkeitsreaktion;
Abdominellen Krämpfen oder Diarrhöe;
Symptomen einer Stomatitis;
pulmonalen Veränderungen im Sinne einer interstitiellen Pneumonie.
InteraktionenDie gleichzeitige Einnahme von Procarbazin und Alkohol kann infolge Hemmung der Aldehyddehydrogenase ein Antabus-Syndrom (wie Disulfiram) auslösen. Während der Behandlung mit Natulan sind deshalb alkoholische Getränke zu vermeiden.
Da Procarbazin ein schwacher Hemmer der Monoaminoxidase (MAO) ist, kann die gleichzeitige Einnahme von Procarbazin und Nahrungsmitteln mit einem hohen Gehalt an Tyramin zu Bluthochdruckkrisen führen. Daher müssen Käse, Streichkäse, Bier, Rotwein, Wermut, Sherry, Portwein, Hartwurst (Salami), Leber, Hefe oder Hefe-Extrakte, Bohnen, überreife Früchte, Avocado, Bananen, Feigen, Hering, geräuchertes oder mariniertes Fleisch oder Fisch, vermieden werden.
Aufgrund der MAO-Hemmung sind auch Wechselwirkungen mit sympathomimetisch wirksamen Arzneimitteln (Antiasthmatika, abschwellende Nasentropfen/-sprays, Antihypotonika), trizyklischen Antidepressiva (z.B. Amitriptylin, Imipramin) und Serotonin-Wiederaufnahme-Inhibitoren (z.B. Sertralin) möglich.
Die Wirkung von Barbituraten, Antihistaminika, Phenothiazinen, Narkotika und hypotensiv wirkenden Arzneimitteln kann verstärkt werden.
Die gleichzeitige Verabreichung von Procarbazin mit oralen Antidiabetika und Insulin kann deren blutzuckersenkenden Effekt verstärken.
Allopurinol kann zu einer Verlängerung der Procarbazin-Wirkung führen.
Schwangerschaft/StillzeitProcarbazin besitzt mutagene, erbgutschädigende Eigenschaften. Im Tierversuch ist Procarbazin embryotoxisch und teratogen. Procarbazin ist generell während der Schwangerschaft kontraindiziert. Bei vitaler Indikation zur Behandlung einer schwangeren Patientin soll jedoch eine medizinische Beratung über das mit der Behandlung verbundene Risiko von schädigenden Wirkungen für das Kind erfolgen.
Frauen im gebärfähigen Alter sollen nicht schwanger werden und während der Behandlung mit Procarbazin wirksame Methoden zur Empfängnisverhütung anwenden.
Tritt während der Behandlung dennoch eine Schwangerschaft ein, so ist die Möglichkeit einer genetischen Beratung zu nutzen.
Männern, die mit Procarbazin behandelt werden, wird empfohlen, während der Behandlung und bis 6 Monate danach kein Kind zu zeugen und sich vor Therapiebeginn wegen der Möglichkeit einer irreversiblen Infertilität nach Therapie mit Procarbazin über eine Sperma-Konservierung beraten zu lassen.
Zum Übertritt von Procarbazin oder seiner Metaboliten in die Muttermilch liegen keine Daten vor. Während der Behandlung ist das Stillen kontraindiziert. Ist aus therapeutischen Gründen eine Anwendung von Natulan in der Stillzeit notwendig, so muss abgestillt werden.
Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von MaschinenDa Natulan Nausea und Erbrechen verursachen kann, kann Procarbazin einen Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit oder die Fähigkeit Maschinen zu bedienen, haben.
Unerwünschte WirkungenDie sehr häufig auftretende dosisbegrenzende akute Toxizität von Procarbazin manifestiert sich als reversible Myelosuppression mit Granulozytopenie und Thrombozytopenie, die etwa eine Woche nach Therapiebeginn auftritt und bis zwei Wochen nach Therapieende persistieren kann.
Infektionen Häufig: Infektionen, Herpes zoster.
Selten: Sepsis.
Neoplasmen Sekundäre Malignome, akute myeloische Leukämie (AML) ( 0,5-15,5%), myelodysplastisches Syndrom (0,9-23%), Myelosklerose, Non-Hodgkin-Lymphom (1,5%) Lungenkarzinom nach einer Latenzzeit von 3-5 Jahren.
Blut- und Lymphsystem Sehr häufig: Knochenmarksuppression, Anämie, Neutropenie, Leukopenie.
Häufig: Thrombozytopenie mit Blutungstendenz, Panzytopenie.
Sehr selten: Hämolytische Anämie.
Immunsystem Häufig: allergische Reaktion mit Hypereosinophilie oder Fieber.
Selten: Angioödem.
Sehr selten: anaphylaktischer Schock.
Psychiatrische Störungen Häufig: Verwirrtheit.
Selten: Depression.
Sehr selten: Halluzinationen, Psychosen.
Nervensystem Häufig: Neuropathien, Parästhesien der Extremitäten, Schläfrigkeit.
Selten: Kopfschmerzen.
Sehr selten: Krampanfälle, Ruhelosigkeit.
Atmungsorgane Häufig: Interstitielle Pneumonie.
Sehr selten: Lungenfibrose.
Gastrointestinale Störungen Sehr häufig: Nausea, Erbrechen.
Häufig: Anorexie, Obstipation, Diarrhöe, Stomatitis.
Selten: abdominelle Schmerzen.
Leber und Galle Häufig: Leberfunktionsstörungen.
Selten: Hepatitis, Ikterus.
Haut Häufig: makulopapuläres Exhantem, Hautrötung, Urtikaria, Alopezie.
Sehr selten: toxische epidermale Nekrolyse (Lyell Syndrom), Erythema exsudativum multiforme (Stevens-Johnson-Syndrom).
Muskelskelettsystem Sehr selten: Myalgien, Knorpel- und Knochennekrosen.
Reproduktionssystem und Brust Sehr häufig: Azoospermie (90%), Sterilität (50%), beides irreversibel.
Bei Frauen, die nach Kombinationschemotherapie mit Procarbazin eine normale Ovarialfunktion wiedererlangten, wurde bislang keine Beeinträchtigung der Fertilität oder eine Zunahme der Zahl von Fehlgeburten oder Fehlbildungen beschrieben.
ÜberdosierungDie Überdosierung von Procarbazin kann insbesondere bei Patienten mit eingeschränkter Knochenmarkreserve zu einer schweren Hypo- oder Aplasie des Knochenmarks führen. In diesem Fall können der Symptomatik entsprechende supportive Behandlungsmassnahmen auf einer internistisch-onkologischen Intensivstation notwendig sein, wie z. B. antibiotische Behandlung und Thrombozytenersatz. In jedem Fall sind bei Überdosierung regelmässige Blutbildkontrollen notwendig. Es gibt kein Antidot für Procarbazin.
Eigenschaften/WirkungenATC-Code: L01XB01
Wirkungsmechanismus/Pharmakodynamik Procarbazin ist ein Zytostatikum aus der Gruppe der alkylierenden Substanzen und stellt ein Methylhydrazin-Derivat dar.
Es ist ein «Prodrug», welches durch Metabolisierungsvorgänge aktiviert wird. Die Aktivierungsschritte sind bislang noch nicht vollständig bekannt. Einen ersten Schritt stellt die Oxidation der Hydrazingruppe dar, die zur Bildung einer Azo-Verbindung führt. Dieser Schritt kann sowohl enzymatisch durch Reaktion mit dem Cytochrom-P450-System in Leber und Niere als auch spontan in Gegenwart von molekularem Sauerstoff unter Bildung von Wasserstoffperoxid erfolgen. Weitere Metabolisierung führt zu Methylazoxy- und Benzylazoxy-Verbindungen mit hoher zytotoxischer Aktivität sowie zur Bildung entweder eines Benzyldiazonium-Ions oder eines Methyl- oder eines 4-N-Isopropylcarbamoyl-benzyl-Radikals (ebenfalls aktive Verbindungen). Es wird ferner vermutet, dass die Methylazoxyverbindung zur Freisetzung einer diazomethanähnlichen Verbindung führt, die über stark methylierende Eigenschaften verfügt. Untersuchungen haben in diesem Zusammenhang postuliert, dass Procarbazin auf diese Weise die Transmethylierung von Methylgruppen des Methionins in die t-RNA zu hemmen vermag. Der daraus resultierende Defekt der t-RNA führt zum Abbruch der Proteinsynthese.
Zudem kann Procarbazin direkt die DNS durch kovalente Bindung eines oder mehrerer aktiver Metaboliten schädigen. So führt Procarbazin zu DNS-Einzelstrangbrüchen und hemmt die Transkription und Translation, wobei ungeklärt ist, ob es sich hierbei um sekundäre Effekte handelt.
Aktiviertes Procarbazin kann Chromosomenschäden wie Translokationen und Chromatidbrüche verursachen. Diese Wirkungen werden als verantwortlich für die mutagenen und karzinogenen Effekte von Procarbazin angesehen. Procarbazin wirkt zellzyklus-spezifisch.
Zusätzlich ist Procarbazin ein schwacher Inhibitor des Enzyms Monoaminooxidase (MAO) im Zentralnervensystem.
PharmakokinetikAbsorption Nach oraler Applikation von Procarbazin wird die maximale Konzentration im Plasma nach etwa 60 Min. erreicht. Die Bioverfügbarkeit ist 100%. Zum Einfluss von Nahrung auf die Absorption liegen keine Daten vor.
Distribution Zur Plasmaproteinbindung von Procarbazin und zum Verteilungsvolumen liegen keine Daten vor. Procarbazin passiert die Bluthirnschranke.
Metabolismus Procarbazin wird extensiv metabolisiert. Der erste Schritt, die Bildung einer Azo-Verbindung durch Oxidation der Hydrazingruppe, erfolgt sowohl enzymatisch via Cytochrom P450 in der Leber und Niere als auch spontan in Gegenwart von molekularem Sauerstoff. Die weitere Metabolisierung, die hauptsächlich in Leber und Niere stattfindet, führt zu verschiedenen, teilweise aktiven Verbindungen (siehe «Eigenschaften/Wirkungen»).
Elimination Procarbazin wird in Form von Metaboliten eliminiert, zu 70% über die Nieren, zu 4-12% mit den Faeces und ein Teil wird in Form von CO 2 und Methan abgeatmet. Die Halbwertzeit von Procarbazin beträgt 10 Minuten (i.v.-Gabe), diejenige der Azo-Verbindung 3 Stunden.
Kinetik spezielle Patientengruppen Daten zur Pharmakokinetik bei Patienten mit Leber- oder Niereninsuffizienz, bei älteren Patienten, Kindern und Jugendlichen liegen nicht vor.
Präklinische DatenTierexperimentelle Untersuchungen mit Procarbazin zur Fertilität, Embryotoxizität und Teratogenität ergaben bei verschiedenen Tierspezies Hinweise auf ein embryotoxisches und teratogenes Potential sowie auf eine Beeinträchtigung der Fertilität. Bei den Nachkommen behandelter weiblicher Ratten erwies sich Procarbazin als transplazentares neurotropes Kanzerogen.
Procarbazin erwies sich in verschiedenen Tests zur Mutagenität in vitro und in vivo als mutagener Wirkstoff.
Eine krebserzeugende Wirkung ist für Procarbazin tierexperimentell in verschiedenen Spezies nachgewiesen.
Sonstige HinweiseHaltbarkeit Das Arzneimittel darf nur bis zu dem auf dem Behälter mit «EXP» bezeichneten Datum verwendet werden.
Besondere Lagerungshinweise Bei Raumtemperatur (15-25 °C) in der Originalpackung vor Licht und Feuchtigkeit geschützt und ausser Reichweite von Kindern lagern.
Hinweise für die Handhabung Bei der Handhabung von Natulan und der Entsorgung sind die Richtlinien für Zytostatika zu befolgen (siehe auch «Dosierung/ Anwendung»).
Zulassungsnummer58201 (Swissmedic).
ZulassungsinhaberinSigma-Tau Pharma AG, Zofingen.
Stand der InformationMärz 2007.
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