ZusammensetzungWirkstoffe
Normales Immunglobulin vom Menschen zur intravenösen Anwendung (IVIg).
Humanes Plasmaprotein mit einem Mindestanteil von ≥98 % Immunglobulin G (IgG).
Verteilung der IgG Subklassen (ungefähre Werte): IgG1 69 %, IgG2 26 %, IgG3 3 %, IgG4 2 %.
Der maximale IgA Gehalt beträgt 25 Mikrogramm/ml.
Der Isoagglutinin Titer für anti-A Antikörper liegt bei 1:8 und für anti-B Antikörper bei 1:4 (Median gemessen mit dem Direkten Agglutinations-Test gemäss Europäischer Pharmakopöe (Ph. Eur.))
Hilfsstoffe
L-Prolin, Natriumhydroxid (entspricht maximal 1 mmol/l Natrium), Salzsäure, Wasser für Injektionszwecke
Indikationen/AnwendungsmöglichkeitenSubstitutionstherapie bei
·Primären Immunmangelkrankheiten (PID) wie:
·kongenitale Agammaglobulinämie und Hypogammaglobulinämie
·allgemeine variable Immunmangelkrankheit
·schwere kombinierte Immunmangelkrankheit
·Wiskott-Aldrich-Syndrom
·Sekundären Immundefekten (SID) bei Patienten mit schweren oder wiederkehrenden Infektionen, ineffektiver antimikrobieller Behandlung und entweder nachgewiesenem ungenügendem Anstieg von Impfantikörpern (PSAF*) oder IgG-Serumspiegeln von <4 g/l.
* PSAF = Ausbleiben eines mindestens 2-fachen Anstiegs der IgG-Antikörperkonzentration gegen Pneumokokken-Polysaccharide und Polypeptid-Antigen Impfstoff (PSAF = proven specific antibody failure).
Immunmodulation
·Primäre Immunthrombozytopenie (ITP) bei Kindern oder Erwachsenen mit einem hohen Blutungsrisiko oder vor chirurgischen Eingriffen zur Korrektur der Thrombozytenzahl
·Guillain-Barré-Syndrom
·Kawasaki-Syndrom
·Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP)
·Multifokale motorische Neuropathie (MMN)
Allogene Knochenmarktransplantation
Dosierung/AnwendungDosierung
Die Dosierung und Intervalle der Infusionen richten sich nach der Indikation. Bei der Substitutionstherapie sollte die Dosierung in Abhängigkeit der vorliegenden klinischen Reaktion individuell angepasst werden. Die folgenden Dosierungen gelten als Empfehlung.
Um die Rückverfolgbarkeit von biologischen Arzneimitteln sicherzustellen, wird empfohlen Handelsname und Chargennummer bei jeder Behandlung zu dokumentieren.
Substitutionstherapie bei primären Immunmangelkrankheiten (PID)
Es ist ein Dosierungsschema zu wählen, unter dem IgG Talspiegel (Bestimmung des IgG-Serumspiegels unmittelbar vor der nächsten Infusion) von mindestens 5 bis 6 g/l erreicht werden. Nach Beginn der Behandlung werden 3 bis 6 Monate benötigt, bis eine Gleichgewichtskonzentration erreicht ist. Die empfohlene Initialdosis liegt bei 0,4 bis 0,8 g/kg Körpergewicht (KG), gefolgt von mindestens 0,2 g/kg KG alle 3 bis 4 Wochen.
Die benötigte Dosis zur Aufrechterhaltung eines IgG-Talspiegels von 5 bis 6 g/l beträgt 0,2 bis 0,8 g/kg KG/Monat. Nach Erreichen der Gleichgewichtskonzentration beträgt das Dosierungsintervall 3 bis 4 Wochen. Zur Ermittlung der erforderlichen Dosis sowie des richtigen Dosierungsintervalls sollten die IgG-Talspiegel bestimmt werden.
Sekundäre Immundefekte (SID):
Die empfohlene Dosis beträgt 0,2 bis 0,4 g/kg KG alle 3 bis 4 Wochen.
IgG Talspiegel sollten gemessen und in Zusammenhang mit der Inzidenz von Infektion bewertet werden. Die Dosis sollte bei Bedarf angepasst werden, um einen optimalen Schutz vor Infektionen zu erreichen. Eine Dosiserhöhung kann bei Patienten mit persistierenden Infektionen erforderlich sein; eine Verringerung der Dosis kann in Betracht gezogen werden, wenn der Patient infektfrei bleibt.
Primäre Immunthrombozytopenie (ITP)
Zur Behandlung einer akuten Episode werden am ersten Tag 0,8 bis 1 g/kg KG verabreicht. Die Behandlung kann einmalig innerhalb von 3 Tagen wiederholt werden; oder 0,4 g/kg KG werden an 2 bis 5 aufeinanderfolgenden Tagen verabreicht. Im Falle eines erneuten Thrombozytenabfalls kann die Therapie wiederholt werden (siehe auch Kapitel «Eigenschaften/Wirkungen»).
Guillain-Barré-Syndrom
0,4 g/kg KG/Tag über 5 Tage. Die Erfahrung bei Kindern ist begrenzt.
Kawasaki-Syndrom
1,6 bis 2,0 g/kg KG verteilt über 2 bis 5 Tage, oder 2,0 g/kg KG als Einzeldosis. Die Patienten sollten als Begleitmedikation Acetylsalicylsäure erhalten.
Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP)
Die empfohlene Anfangsdosis beträgt 2 g/kg KG und wird, verteilt auf mehrere Dosen, an 2 bis 5 aufeinanderfolgenden Tagen verabreicht. Anschliessend werden alle 3 Wochen Erhaltungsdosen von 1 g/kg KG an einem Tag oder verteilt auf 2 nacheinander folgende Tage verabreicht.
Die langfristige Behandlung über 25 Wochen hinaus richtet sich nach dem Ansprechen auf die Erhaltungstherapie. Die niedrigste wirksame Erhaltungsdosis und das Dosierungsschema sind gemäss dem individuellen Krankheitsverlauf einzustellen.
Multifokale motorische Neuropathie (MMN)
Anfangsdosis: 2 g/kg KG über 2 bis 5 aufeinanderfolgende Tage.
Erhaltungsdosis: 1 g/kg KG alle 2 bis 4 Wochen oder 2 g/kg KG alle 4 bis 8 Wochen. Wird nach 6 Monaten eine unzureichende Wirkung der Behandlung festgestellt, sollte die Behandlung abgebrochen werden. Wenn die Behandlung wirksam ist, sollte die Notwendigkeit einer Langzeitbehandlung vom Arzt, auf Basis des Ansprechens des Patienten beurteilt werden. Die Dosierung und die Intervalle müssen eventuell an den individuellen Krankheitsverlauf angepasst werden.
Allogene Knochenmarktransplantation
Die Behandlung mit Immunglobulin vom Menschen kann als Teil der Konditionierung und nach der Transplantation erfolgen. Zur Behandlung von Infektionen und zur Prophylaxe einer Graft-versus-host-Reaktion ist die Dosierung individuell anzupassen.
Die Anfangsdosis beträgt üblicherweise 0,5 g/kg KG/Woche, beginnend sieben Tage vor der Transplantation. Die Behandlung wird bis zu 3 Monate nach der Transplantation weitergeführt. Bei fortbestehendem Antikörpermangel wird, bis zur Normalisierung des IgG Antikörperspiegels, eine Dosis von 0,5 g/kg KG/Monat empfohlen.
Die Dosierungsempfehlungen sind in der folgenden Tabelle zusammengefasst:
Anwendungsgebiet
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Dosis
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Injektionsintervalle
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Substitutionstherapie
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Primäre Immunmangelkrankheiten (PID)
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·Anfangsdosis: 0,4 bis 0,8 g/kg KG
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·Erhaltungsdosis: 0,2 bis 0,8 g/kg KG
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alle 3 bis 4 Wochen, um IgG Talspiegel von mindestens 5 bis 6 g/l zu erzielen
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Sekundäre Immundefekte (SID)
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0,2 bis 0,4 g/kg KG
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alle 3 bis 4 Wochen
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Immunmodulation
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Primäre Immunthrombozytopenie (ITP)
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0,8 bis 1 g/kg KG
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am ersten Tag; die Therapie kann innerhalb von 3 Tagen einmalig wiederholt werden
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oder 0,4 g/kg KG/Tag
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über 2 bis 5 Tagen
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Guillain-Barré-Syndrom
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0,4 g/kg KG/Tag
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über 5 Tage
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Kawasaki-Syndrom
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1,6 bis 2 g/kg KG
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auf mehrere Dosen verteilt über 2 bis 5 Tage, zusammen mit Acetylsalicylsäure
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oder 2 g/kg KG
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als Einzeldosis zusammen mit Acetylsalicylsäure
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Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP)
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Initialdosis: 2 g/kg KG
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auf mehrere Dosen verteilt über 2 bis 5 Tage
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Erhaltungsdosis: 1 g/kg KG
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alle 3 Wochen verteilt über 1 bis 2 Tage
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Allogene Knochenmarktransplantation
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Behandlung von Infektionen und Prophylaxe der «graft-versus-host-disease»
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0,5 g/kg KG
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wöchentlich, von Tag 7 vor bis zu 3 Monate nach der Transplantation
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Fortbestehendes Antikörpermangelsyndrom
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0,5 g/kg KG
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monatlich, bis zur Normalisierung des Antikörperspiegels
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Multifokale motorische Neuropathie (MMN)
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Initialdosis: 2 g/kg KG
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über 2 bis 5 aufeinanderfolgende Tage
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Erhaltungsdosis: 1 g/kg KG
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alle 2 bis 4 Wochen
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oder 2 g/kg KG
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alle 4 bis 8 Wochen über 2 bis 5 Tage
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KG = Körpergewicht
Art der Anwendung
Privigen ist intravenös zu verabreichen.
Infusionsgeschwindigkeit
Privigen soll mit einer initialen Infusionsgeschwindigkeit von 0,3 ml/kg KG/Stunde infundiert werden (ca. während 30 Minuten).
Bei guter Verträglichkeit kann die Infusionsgeschwindigkeit schrittweise auf 4,8 ml/kg KG/Stunde erhöht werden.
Bei Patienten mit Immunmangelkrankheiten, welche die Substitutionstherapie mit Privigen gut vertragen, kann die Infusionsgeschwindigkeit schrittweise auf einen maximalen Wert von 7,2 ml/kg KG/Stunde erhöht werden.
Kinder und Jugendliche
Die Dosierung bei Kindern und Jugendlichen (0 bis 18 Jahre) unterscheidet sich nicht von der bei Erwachsenen, da sich die Dosierung für jede Indikation nach dem Körpergewicht richtet und dem klinischen Verlauf der oben genannten Erkrankungen angepasst wird.
KontraindikationenÜberempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder den Hilfsstoff (siehe Kapitel «Zusammensetzung»).
Überempfindlichkeit gegen Immunglobuline vom Menschen, insbesondere bei Patienten mit einem IgA Mangel, wenn diese Patienten Antikörper gegen IgA aufweisen.
Hyperprolinämie Typ I oder II. Hyperprolinämie ist eine sehr seltene Krankheit, welche weltweit nur einzelne Familien betrifft.
Warnhinweise und VorsichtsmassnahmenBestimmte schwere Nebenwirkungen können mit der Infusionsgeschwindigkeit zusammenhängen. Die im Kapitel «Dosierung/Anwendung: Art der Anwendung» empfohlene Infusionsgeschwindigkeit ist unbedingt einzuhalten. Die Patienten sind über den gesamten Zeitraum der Infusion und danach zu überwachen und hinsichtlich des Auftretens von Symptomen jeglicher Art sorgfältig zu beobachten.
Bestimmte Nebenwirkungen können häufiger vorkommen bei
·einer hohen Infusionsgeschwindigkeit,
·Patienten mit Hypo- oder Agammaglobulinämie mit oder ohne IgA-Mangel,
·Patienten, die erstmals Immunglobulin vom Menschen erhalten, oder, in seltenen Fällen, bei einem Wechsel des Immunglobulin-Präparates, oder nach einer längeren Behandlungspause.
Mögliche Komplikationen können oft vermieden werden, wenn sichergestellt wird, dass die Patienten:
·keine Überempfindlichkeit gegenüber Immunglobulin vom Menschen aufweisen, indem ihnen das Präparat zunächst langsam injiziert wird (0,3 ml/kg KG/Stunde);
·während der gesamten Dauer der Infusion sorgfältig auf Symptome jeglicher Art überwacht werden. Insbesondere Patienten, die erstmals Immunglobulin vom Menschen erhalten, die von einem anderen Immunglobulin Präparat umgestellt werden, oder die eine längere Behandlungspause hatten, sollten während der ersten Infusion und anschliessend eine Stunde lang überwacht werden, um mögliche Nebenwirkungen festzustellen. Alle anderen Patienten sind für die Dauer von mindestens 20 Minuten nach der Verabreichung zu beobachten.
Bei Auftreten einer Nebenwirkung muss entweder die Infusionsgeschwindigkeit verringert oder die Infusion abgesetzt werden. Die erforderliche Behandlung hängt von der Natur und der Schwere der Nebenwirkung ab.
Bei Auftreten von Schocksymptomen sind die medizinischen Standardmassnahmen für eine Schockbehandlung anzuwenden.
Bei höheren Dosierungen ist mit einer höheren Nebenwirkungsrate zu rechnen. Daher sollte beim individuellen Patienten die niedrigste wirksame Dosis angestrebt werden und eine sorgfältige Überwachungsroutine ist zu etablieren.
Bei allen Patienten erfordert die Behandlung mit IVIg eine adäquate Hydratation vor Beginn der IVIg-Infusion.
Überempfindlichkeit
Echte Überempfindlichkeitsreaktionen sind selten. Sie können bei Patienten mit anti-IgA-Antikörpern auftreten.
Bei Patienten mit selektivem IgA-Mangel ohne Beeinträchtigung der anderen Ig-Klassen darf IVIg nicht zur Ig-Substitution verwendet werden.
Selten kann Immunglobulin vom Menschen einen Abfall des Blutdrucks mit einer anaphylaktischen Reaktion bewirken, selbst bei Patienten, die eine Behandlung zuvor vertragen hatten.
Hämolytische Anämie
IVIg Produkte können Antikörper gegen Blutgruppenantigene enthalten. Solche Antikörper können als Hämolysine die in vivo Bindung von Immunglobulinen an Erythrozyten bewirken. Dies kann zu einer positiven direkten Antiglobulin Reaktion (Coombs-Test) führen und selten zu einer Hämolyse. Nach einer Behandlung mit IVIg kann es wegen der gesteigerten Sequestrierung von Erythrozyten zu einer hämolytischen Anämie kommen.
Im Zusammenhang mit Hämolyse wurden vereinzelte Fälle von Nierenfunktionsstörungen / Nierenversagen oder disseminierter intravaskulärer Gerinnung berichtet, zum Teil mit Todesfolge.
Die folgenden Risikofaktoren stehen im Zusammenhang mit der Entstehung einer Hämolyse: hohe Dosen, verabreicht als einmalige Gabe oder in Teildosen über mehrere Tage gegeben (die IVIg-Verabreichung in mehrere Einzeldosen aufzuteilen ist nicht geeignet, um eine mögliche Hämolyse zu verhindern, weil die Halbwertszeit von Immunglobulinen in der Grössenordnung von 3-4 Wochen liegt); Blutgruppe A, B oder AB; gleichzeitig vorliegende entzündliche Grunderkrankung. Da Hämolyse häufig gemeldet wurde bei Patienten der Blutgruppe A, B oder AB, die zugleich hohe IVIg Dosen für nicht primäre Immunmangelkrankheiten (PID)-Indikationen erhielten, wird eine erhöhte Aufmerksamkeit empfohlen. Hämolyse wurde nur selten bei PID-Patienten unter Substitutionstherapie berichtet.
Ein deutlich erhöhtes Risiko für eine klinisch relevante Hämolyse besteht für Patienten der Blutgruppe A, B oder AB, die kumuliert ≥ (1-) 2 g/kg KG IVIg mit einem hohen Isoagglutinin Titer erhalten. Bei der Verwendung von IVIg Produkten mit einem medianen anti A-Titer ≤1:16 (gemessen mit dem Direkten Agglutinations-Test gemäss Ph. Eur.) wurden nur seltene Fälle von Hämolyse gemeldet. Privigen hat einen medianen anti A-Titer von 1:8 (siehe Kapitel «Wirkungsmechanismus/Pharmakodynamik»).
Empfänger von IVIg sollten bezüglich klinischer Anzeichen und Symptome einer Hämolyse überwacht werden. Wenn sich während oder nach einer IVIg-Infusion Anzeichen und/oder Symptome einer Hämolyse zeigen, sollte der behandelnde Arzt eine Unterbrechung der Behandlung mit IVIg in Erwägung ziehen (siehe auch Kapitel «Unerwünschte Wirkungen»).
Syndrom der aseptischen Meningitis (AMS)
Bei der Behandlung mit intravenösem Immunglobulin sind Fälle von AMS aufgetreten. Der Abbruch der Behandlung führte innerhalb weniger Tage zu einer Remission des AMS ohne Folgeschäden. Das Syndrom tritt in der Regel innerhalb weniger Stunden bis 2 Tage nach Beginn der Behandlung mit IVIg auf. Liquoruntersuchungen sind häufig positiv mit einer Pleozytose bis zu mehreren tausend Zellen pro mm³ (überwiegend Granulozyten) und mit erhöhtem Proteinspiegel bis zu mehreren Hundert mg/dl. AMS kann häufiger bei einer hochdosierten Behandlung mit intravenösen Immunglobulinen (2 g/kg KG) auftreten.
Thromboembolie
Es liegen klinische Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen der Verabreichung von IVIg und thromboembolischen Ereignissen wie Myokardinfarkt, apoplektischer Insult (Schlaganfall), Lungenembolie und tiefer Venenthrombose vor. Diese sind wahrscheinlich auf einen relativen Anstieg der Blutviskosität bei Anwendung von Immunglobulinen in Risikopatienten zurückzuführen. Bei der Verschreibung und der Infusion von intravenösem Immunglobulin ist daher bei übergewichtigen Patienten und Patienten mit vorbestehenden Risikofaktoren für thromboembolische Ereignisse (wie fortgeschrittenes Alter, Bluthochdruck, Diabetes mellitus, eine Vorgeschichte von Gefässkrankheiten oder thrombotischen Episoden, erworbene oder angeborene Thromboseneigung, länger dauernde Immobilität, schwere Hypovolämie, und Krankheiten, welche die Blutviskosität erhöhen) besondere Vorsicht angezeigt.
Bei Patienten mit einem Risiko für thromboembolische Reaktionen sollen IVIg-Präparate mit der niedrigst möglichen Infusionsgeschwindigkeit und der niedrigst möglichen, nach klinischem Ermessen praktikablen Dosis verabreicht werden.
Akutes Nierenversagen
Fälle von akutem Nierenversagen wurden bei Patienten beschrieben, die eine intravenöse Immunglobulin Therapie erhielten. In den meisten Fällen wurden Risikofaktoren identifiziert, z.B. vorbestehende Niereninsuffizienz, Diabetes mellitus, Hypovolämie, Übergewicht, nephrotoxische Begleitmedikation oder Alter über 65.
Im Falle einer Nierenfunktionsbeeinträchtigung sollte ein Absetzen von IVIg-Präparaten erwogen werden.
Obwohl die Berichte über Nierenfunktionsstörungen und akutes Nierenversagen mit der Anwendung vieler zugelassener IVIg-Präparate mit verschiedenen sonstigen Bestandteilen wie Saccharose, Glukose und Maltose in Verbindung gebracht wurden, war der Anteil der Präparate, die Saccharose als Stabilisator enthielten, unverhältnismässig hoch. Bei Risikopatienten sollte deshalb die Anwendung von saccharosefreien IVIg-Präparaten erwogen werden. Privigen enthält weder Saccharose, noch Glukose oder Maltose.
Bei Patienten mit einem Risiko für akutes Nierenversagen sollen IVIg-Präparate mit der niedrigsten möglichen Infusionsgeschwindigkeit und der niedrigsten möglichen, nach klinischem Ermessen praktikablen Dosis verabreicht werden.
Transfusionsassoziierte akute Lungeninsuffizienz (TRALI)
In sehr seltenen Fällen kann ein nicht-kardiogenes Lungenödem bei der Behandlung mit IVIg-Präparaten, auftreten. TRALI ist durch klinische Anzeichen wie schwere Atemnot, Lungenödem, Hypoxämie, normale linksventrikuläre Funktion und Fieber gekennzeichnet. Die Symptome erscheinen in der Regel innerhalb von 1 bis 6 Stunden nach der Behandlung.
Patienten sollten daher auf die Anzeichen unerwünschter Reaktionen in der Lunge überwacht werden. TRALI kann unter der Anwendung der Sauerstoff-Therapie mit adäquater Beatmung behandelt werden.
Zur Sicherheit bezüglich übertragbaren Erregern
Privigen wird aus humanem Plasma hergestellt. Standardmassnahmen zur Verhinderung von Infektionen, die aus der Anwendung von aus menschlichem Blut oder Plasma hergestellten Arzneimitteln resultieren könnten, beinhalten die Spenderauswahl, die Testung einzelner Spenden und Plasmapools auf spezifische Marker für Infektiosität und die Einführung wirksamer Herstellungsschritte zur Inaktivierung/Eliminierung von Viren (vgl. auch Kapitel «Eigenschaften / Wirkungen»). Dennoch kann bei der Verabreichung von Arzneimitteln, die aus menschlichem Blut oder Plasma hergestellt wurden, die Möglichkeit einer Übertragung infektiöser Erreger nicht vollständig ausgeschlossen werden. Dies gilt auch für bislang unbekannte oder neu aufkommende Viren und andere Krankheitserreger.
Die durchgeführten Massnahmen werden als wirksam gegen umhüllte Viren wie das humane Immundefizienz-Virus (HIV), das Hepatitis-B-Virus (HBV) und das Hepatitis-C-Virus (HCV) sowie gegen nicht umhüllte Viren wie das Hepatitis-A-Virus (HAV) und das Parvovirus B19 betrachtet.
Die klinische Erfahrung zeigt, dass Übertragungen von Hepatitis A- oder Parvovirus B19-Infektionen durch Immunglobuline nicht vorkommen, und es wird zudem angenommen, dass der Antikörpergehalt einen wichtigen Beitrag zur Virussicherheit liefert.
Es wird empfohlen, bei jeder Verabreichung von Privigen den Namen und die Chargennummer des Präparates zu dokumentieren, um einen Zusammenhang zwischen Patient und Produktcharge herzustellen.
Natriumgehalt
Privigen enthält weniger als 1 mmol Natrium (23 mg) pro Durchstechflasche, das heisst es ist nahezu «natriumfrei».
Kinder und Jugendliche
Die verfügbaren Daten zu pädiatrischen Patienten weisen darauf hin, dass dieselben Warnungen, Vorsichtsmassnahmen und Risikofaktoren für Kinder und Jugendliche gleichermassen gelten. Privigen soll bei Kindern und Jugendlichen dennoch mit entsprechender Vorsicht und unter strikter Beachtung der genannten Warnhinweise angewendet werden.
InteraktionenAttenuierte Viruslebendimpfstoffe
Die Anwendung von Immunglobulinen kann die Wirksamkeit von attenuierten Viruslebendimpfstoffen wie Masern-, Mumps-, Röteln oder Windpocken für einen Zeitraum von mindestens 6 Wochen und bis zu 3 Monaten beeinträchtigen. Nach der Verabreichung dieses Präparates ist vor der Impfung mit attenuierten Viruslebendimpfstoffen eine Wartezeit von 3 Monaten einzuhalten. Bei einer Masernimpfung kann die Beeinträchtigung bis zu einem Jahr dauern. Daher sollte bei Patienten, die Masernimpfstoff erhalten, der Antikörperstatus überprüft werden.
Obwohl entsprechende Interaktionsstudien für Kinder und Jugendliche nicht vorliegen, muss bei Lebendimpfstoffen mit analogen Wechselwirkungen wie bei den Erwachsenen gerechnet werden.
Schwangerschaft, StillzeitSchwangerschaft
Es liegen keine kontrollierten klinischen Daten zur Anwendung von Privigen bei Schwangeren vor. Bei der Anwendung in der Schwangerschaft ist deshalb Vorsicht geboten. IVIg-Produkte sind besonders während des letzten Drittels der Schwangerschaft plazentagängig. Die lange klinische Erfahrung mit Immunglobulinen deutet jedoch darauf hin, dass keine schädigenden Wirkungen auf den Verlauf der Schwangerschaft, den Fötus oder das Neugeborene zu erwarten sind.
Tierexperimentelle Studien mit dem Hilfsstoff L-Prolin zeigten keine direkte oder indirekte Toxizität mit Auswirkung auf Schwangerschaft, Embryonalentwicklung und Entwicklung des Fötus.
Stillzeit
Immunglobuline werden in die Muttermilch ausgeschieden und können zum Schutz des Neugeborenen vor Erregern mit Eintrittspforte über die Schleimhäute beitragen.
Fertilität
Die klinische Erfahrung mit Immunglobulinen lässt erkennen, dass keine schädigende Wirkung auf die Fertilität zu erwarten ist.
Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von MaschinenPrivigen hat einen geringen Einfluss auf die Fahrtüchtigkeit oder die Fähigkeit, Maschinen zu bedienen.
Die Verkehrstüchtigkeit und die Fähigkeit zum Bedienen von Maschinen können durch bestimmte Nebenwirkungen von Privigen beeinträchtigt werden. Patienten, bei denen unter der Behandlung Nebenwirkungen auftreten, sollten erst wieder ein Fahrzeug lenken oder Maschinen bedienen, wenn die Nebenwirkungen abgeklungen sind.
Unerwünschte WirkungenZusammenfassung des Sicherheitsprofils
Im Zusammenhang mit der intravenösen Verabreichung von Immunglobulin vom Menschen, können gelegentlich unerwünschte Reaktionen wie Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Schwindel, Fieber, Erbrechen, allergische Reaktionen, Übelkeit, Gelenkschmerzen, niedriger Blutdruck und mittelstarke Rückenschmerzen auftreten.
Selten kann Immunglobulin vom Menschen, Überempfindlichkeitsreaktionen mit plötzlichem Blutdruckabfall verursachen, in Einzelfällen bis zum anaphylaktischen Schock, auch wenn der Patient bei früheren Anwendungen keine Überempfindlichkeit gezeigt hat.
Fälle reversibler aseptischer Meningitis und seltene Fälle vorübergehender Hautreaktionen (einschliesslich kutaner Lupus erythematosus - Häufigkeit nicht bekannt) wurden bei der Anwendung von Immunglobulin vom Menschen, beobachtet.
In Patienten mit den Blutgruppen A, B und AB wurden hämolytische Reaktionen beobachtet. In seltenen Fällen kann es nach hochdosierter IVIg Therapie zu einer hämolytischen Anämie kommen, welche eine Transfusion erfordert (siehe auch Kapitel «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Ein Anstieg des Serumkreatinin-Spiegels und/oder akutes Nierenversagen wurden beobachtet.
Sehr selten sind transfusionsassoziierte akute Lungeninsuffizienz, thromboembolische Episoden wie Myokardinfarkt, apoplektischer Insult (Schlaganfall), Lungenembolie, und tiefe Venenthrombose aufgetreten.
Auflistung unerwünschter Arzneimittelwirkungen
Es wurden sieben klinische Studien zu Privigen durchgeführt, welche Patienten mit primärem Immundefekt (PID), primärer Immunthrombozytopenie (ITP) und chronisch inflammatorischer demyelinisierter Polyneuropathie (CIDP) einschlossen. In der pivotalen PID-Hauptstudie wurden 80 Patienten eingeschlossen und mit Privigen behandelt. Davon schlossen 72 die zwölfmonatige Therapie ab. In der PID Extension Studie wurden 55 Patienten eingeschlossen und mit Privigen behandelt. Eine weitere klinische Studie umfasste 11 PID-Patienten in Japan. Zwei ITP-Studien schlossen je 57 Patienten ein. Zwei CIDP Studien wurden mit 28 und 207 Patienten durchgeführt.
Die meisten in den sieben klinischen Studien beobachteten unerwünschten Arzneimittelwirkungen (UAW) waren leichter bis mittelschwerer Natur.
Die in klinischen Studien und im Rahmen der weltweiten Anwendung von Privigen nach der Marktzulassung beobachteten UAW sind in der folgenden Liste aufgeführt. Innerhalb der genannten Systemorganklassen sind die UAWs nach der Häufigkeit gemäss folgender Festlegung aufgeführt: Sehr häufig (≥1/10); Häufig (<1/10, ≥1/100); Gelegentlich (<1/100, ≥1/1000); Selten (<1/1000, ≥1/10'000); Sehr selten (<1/10'000); Nicht bekannt (Häufigkeit kann aus den verfügbaren Daten nicht abgeschätzt werden). Innerhalb jeder Häufigkeitsgruppe sind die UAWs nach abnehmender Häufigkeit angegeben.
Infektionen und parasitäre Erkrankungen:
Gelegentlich: Aseptische Meningitis.
Erkrankungen des Blutes und des Lymphsystems:
Häufig: Anämie, Hämolyse (einschliesslich hämolytischer Anämie¥, erniedrigtes Hämoglobin, positiver Coombs Test, erniedrigte rote Blutzellen, erniedrigter Hämatokrit, erhöhter Blutlaktatdehydrogenasespiegel), Leukopenie.
Gelegentlich: Anisozytose (einschliesslich Mikrozytose), Thrombozytose
Nicht bekannt: Erniedrigte Neutrophilenzahl.
Erkrankungen des Immunsystems:
Häufig: Hypersensitivität.
Nicht bekannt: Anaphylaktischer Schock.
Erkrankungen des Nervensystems:
Sehr häufig: Kopfschmerzen (39 %) (einschliesslich Sinuskopfschmerzen, Migräne, Beschwerden im Kopfbereich, Spannungskopfschmerzen).
Häufig: Benommenheit (einschliesslich Schwindel (Vertigo)).
Gelegentlich: Somnolenz, Tremor, Dysästhesie.
Herzerkrankungen:
Gelegentlich: Palpitationen, Tachykardie.
Gefässerkrankungen:
Häufig: Blutdruckerhöhung, Hautrötung (einschliesslich Hitzewallungen, Hyperämie, Nachtschweiss), Blutdruckabfall.
Gelegentlich: Thromboembolische Ereignisse (einschliesslich Lungenembolie), Vaskulitis (einschliesslich periphere Verschlusskrankheit).
Nicht bekannt: Transfusionsassoziierte akute Lungeninsuffizienz
Erkrankungen der Atemwege, des Brustraums und Mediastinums:
Häufig: Dyspnoe (einschliesslich Schmerzen im Brustraum, Engegefühl in der Brust/Hals, schmerzhafte Atmung).
Nicht bekannt: Respiratorische Insuffizienz.
Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts:
Häufig: Übelkeit, Erbrechen, Durchfall, Bauchschmerzen.
Leber- und Galleerkrankungen:
Häufig: Hyperbilirubinämie, erhöhte Alaninaminotransferase, erhöhte Aspartataminotransferase
Erkrankungen der Haut und des Unterhautzellgewebes:
Häufig: Erkrankungen der Haut (einschliesslich Ausschlag, Juckreiz, Urtikaria, makulopapulöser .Ausschlag, Erythem, Hautabschuppung)
Skelettmuskulatur-, Bindegewebs- und Knochenerkrankungen:
Häufig: Myalgie (einschliesslich Muskelspasmen, Steifheit des Bewegungsapparates, Schmerzen des Muskel- und Skelettsystems).
Erkrankungen der Nieren und Harnwege:
Gelegentlich: Proteinurie, erhöhter Blutkreatininspiegel.
Nicht bekannt: Akutes Nierenversagen.
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort:
Sehr häufig: Schmerzen (19 %) (einschliesslich Rückenschmerzen, Gliederschmerzen, Arthralgie, Nackenschmerzen, Gesichtsschmerzen), Fieber (17 %) (einschliesslich Schüttelfrost), grippeähnliche Symptome (14,7 %), (einschliesslich Nasopharyngitis, pharyngolaryngale Schmerzen, oropharyngale Bläschenbildung, Engegefühl in der Kehle).
Häufig: Müdigkeit, Asthenie (einschliesslich Muskelschwäche).
Gelegentlich: Schmerzen an der Injektionsstelle (einschliesslich Beschwerden an der Infusionsstelle).
¥ In der PASS-Studie gab es nach der Implementierung der Immunaffinitätschromatographie als Massnahme zur Risikoreduktion eine 89 %-ige Reduktion der Inzidenzrate einer möglichen hämolytischen Anämie im Vergleich zur Periode vor der Einführung der Immunaffinitätschromatographie. Die Reduktion der Inzidenzrate war signifikant bei Patienten, die mit Privigen-Dosen ≥0,75 g/kg KG behandelt wurden (statistische Signifikanz basierend auf einem Inzidenzratenverhältnis von 0,11, bereinigt um die stationäre/ambulante Situation, Alter, Geschlecht, Privigen-Dosis und Indikation zur Privigen-Anwendung; einseitiger p-Wert <0,01).
Informationen über die Virussicherheit und über weitere Einzelheiten zu schwerwiegenden Unerwünschten Wirkungen und Risikofaktoren: siehe Kapitel «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen».
Kinder und Jugendliche
In klinischen Studien mit Privigen an pädiatrischen Patienten mit Immundefekten oder ITP unterschied sich die Häufigkeit, Art und Schwere der Nebenwirkungen nicht von denen erwachsener Patienten. In einigen Berichten seit der Markteinführung wurde beobachtet, dass der Anteil auftretender Hämolysefälle im Vergleich zu allen Fallberichten bei Kindern etwas höher als bei Erwachsenen ist.
In einer beobachtenden, krankenhausbasierten Post-Authorisation Safety Study (PASS) wurden 28 pädiatrische Patienten im Alter von <18 Jahren mit CIDP im gesamten Studienzeitraum vom 1. Januar 2008 bis 30. April 2019 identifiziert. Bei insgesamt 486 Verabreichungen von Privigen hatte keiner dieser Patienten eine hämolytische Anämie, AMS, akute Nierenschädigung, schwere anaphylaktische Reaktionen oder ein thromboembolisches Ereignis. Zwei Patienten hatten eine moderate anaphylaktische Reaktion, was 0,4 % aller Privigen-Verabreichungen entspricht.
Siehe Abschnitt «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen» für Einzelheiten zu Risikofaktoren und Überwachungsempfehlungen.
Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von grosser Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdacht einer neuen oder schwerwiegenden Nebenwirkung über das Online-Portal ElViS (Electronic Vigilance System) anzuzeigen. Informationen dazu finden Sie unter www.swissmedic.ch.
ÜberdosierungEine Überdosierung kann zu einer Volumenüberlastung und Hyperviskosität führen, insbesondere bei Risikopatienten, einschliesslich älteren Patienten oder Patienten mit Herz- oder Nierenbeeinträchtigung.
Eigenschaften/WirkungenATC-Code
J06BA02
Pharmakotherapeutische Gruppe: Immunsera und Immunglobuline: Immunglobuline, Immunglobulin vom Menschen zur intravenösen Verabreichung.
Wirkungsmechanismus
Ausreichende Privigen Dosen können bei niedrigen IgG-Spiegeln Normalwerte wiederherstellen.
Der Wirkungsmechanismus bei anderen Anwendungsgebieten als der Substitutionstherapie ist noch nicht vollständig erforscht, schliesst jedoch immunmodulatorische Wirkungen ein.
Pharmakodynamik
Der Herstellprozess für Privigen beinhaltet folgende Schritte: Fällung der IgG Fraktion aus Plasma durch Ethanol gefolgt von einer Oktansäure Fraktionierung und pH4-Inkubation. Die weiteren Reinigungsschritte umfassen eine Tiefenfiltration, Chromatographie, Immuno-Affinitäts-Chromatographie zur spezifischen Abreicherung von anti-Blutgruppe-A und -B Antikörpern (Isoagglutininen) und einen Filtrationsschritt, der Partikel bis zu einer Grösse von 20 nm abtrennen kann.
Privigen enthält hauptsächlich Immunglobulin G (IgG) mit einem breiten Spektrum von funktionell intakten Antikörpern gegen infektiöse Erreger. Sowohl die Fc als auch die Fab Funktionen der IgG Moleküle sind erhalten. Die Fähigkeit der Fab Teile, Antigene zu binden, wurde mit biochemischen und biologischen Methoden nachgewiesen. Die Fc Funktion wurde anhand der Komplementaktivierung und anhand der Fc-Rezeptor vermittelten Leukozyten-Aktivierung getestet. Die Hemmung von Immunkomplex induzierter Komplementaktivierung („Scavenging“, eine entzündungshemmende Funktion von IVIgs) bleibt in Privigen erhalten. Privigen führt nicht zu einer unspezifischen Aktivierung des Komplementsystems oder von Präkallikrein.
Privigen enthält Immunglobulin G Antikörper, die in der Durchschnittsbevölkerung vorhanden sind. Es wird aus Plasma von mindestens 1000 Spendern hergestellt. Die IgG-Subklassenverteilung entspricht etwa der des unverarbeiteten humanen Plasmas.
Gemäss Ph. Eur. darf der anti-A Isoagglutinin Titer in intravenösen Immunglobulinpräparaten höchstens 1:64 betragen. Der Privigen Isoagglutinin Titer für anti-A liegt bei 1:8 und für anti-B bei 1:4 (Median von 149 Chargen, gemessen mit dem Direkten Agglutinations-Test gemäss Ph. Eur.).
Klinische Wirksamkeit
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Privigen wurden in 7 prospektiven, offenen, einarmigen Multizenterstudien untersucht, die in Europa (ITP, PID und CIDP Studien), Japan (PID und CIDP Studien) und in den USA (PID und CIDP Studien) sowie multinational (CIDP Studie) durchgeführt wurden. Zusätzliche Sicherheits- und Wirksamkeitsdaten wurden in einer prospektiven, offenen, einarmigen, multizentrischen Extension Studie mit PID-Patienten in den USA erhoben.
Primäre Immunmangelkrankheiten (PID)
In der Hauptstudie erhielten 80 Patienten zwischen 3 und 69 Jahren mit primärer Immunmangelkrankheit maximal ein Jahr lang alle 3 bis 4 Wochen eine Privigen Infusion mit einer medianen Dosierung zwischen 200 und 888 mg/kg KG. Dadurch wurden über die gesamte Behandlungsdauer hinweg konstante IgG Talspiegel mit durchschnittlichen Konzentrationen von 8,84 g/l bis 10,27 g/l erzielt. Die Rate der akuten, schwerwiegenden bakteriellen Infektionen (aSBI) betrug 0,08 pro Patient pro Jahr (das obere 97,5 %-ige Konfidenzintervall betrug 0,182).
In der PID-Extension Studie mit insgesamt 55 Patienten (davon 45 bereits in der Hauptstudie behandelt und 10 neu aufgenommen) wurden Privigen-Dosen wie in der Hauptstudie verabreicht. Die Ergebnisse der Hauptstudie wurden bestätigt für die durchschnittlichen IgG Talspiegel (9,31 g/l bis 11,15 g/l) sowie die Rate der aSBI (0,018 pro Patient pro Jahr mit einem oberen 97,5 %-igen Konfidenzintervall von 0,098).
Primäre Immunthrombozytopenie (ITP)
An der ITP-Studie nahmen 57 Patienten mit chronischer ITP im Alter zwischen 15 und 69 Jahren teil. Zu Beginn lag ihre Thrombozytenzahl bei 20 x 109/l. Nach Verabreichung von Privigen in einer Dosierung von 1 g/kg KG an zwei aufeinander folgenden Tagen stieg bei 80,7 % der Patienten die Thrombozytenzahl innerhalb von 7 Tagen nach der ersten Infusion auf mindestens 50 x 109/l an. Bei 43 % der Patienten wurde dieser Anstieg bereits nach einem Tag vor der zweiten Infusion erreicht. Die mittlere Zeit bis zur Erreichung dieser Thrombozytenzahl betrug 2,5 Tage. Bei Patienten, die auf die Behandlung ansprachen, verblieb die Thrombozytenzahl für eine mittlere Dauer von 15,4 Tagen auf einem Wert von ≥50 x 109/l.
In der zweiten ITP-Studie wurden 57 Patienten mit ITP (initiale Thrombozytenzahl (Base-Line Wert) von ≤30 x 109/l) im Alter von 18 bis 65 Jahren mit einer Privigen Dosis von 1 g / kg KG behandelt. Am dritten Tag der Behandlung konnten Patienten eine zweite Dosis von 1 g / kg KG erhalten. Bei Patienten mit einer Thrombozytenzahl unter dem Wert von <50×109 / l am Tag 3 war diese Dosis jedoch obligatorisch.
Bei 42 Patienten (74 %) stieg die Thrombozytenzahl innerhalb von 6 Tagen mindestens einmal auf den Wert von ≥50×109 / l nach der ersten Infusion.
Die zweite Dosis bei Patienten mit einer Thrombozytenzahl von ≥50×109 /l nach der ersten Infusion hatte einen relevanten Zusatznutzen in Form von höherer, maximal erreichter Thrombozytenzahl (Median von 261,5×109 / l [Range: 130 – 738×109 / l]) und länger anhaltendem Anstieg der Thrombozytenzahl (Median von 14,0 Tagen [Range: 8 – 28 Tage]) im Vergleich zur einmalig verabreichten Infusion (Median der maximal erreichten Thrombozytenzahl von 171,0×109 / l [Range: 22 – 516×109 / l] mit medianer Anstiegsdauer von 13,0 Tagen [Range: 3 – 30 Tage]).
Nach der obligatorischen zweiten Dosis bei Patienten mit der Thrombozytenzahl von <50×109 / l nach der ersten Dosis zeigten 30 % der Patienten eine Blutplättchenantwort von ≥50×109 / l.
Chronisch inflammatorische demyelinisierende Polyneuropathie (CIDP)
In der ersten CIDP Studie, der multizentrischen, offenen Studie PRIMA (Privigen impact on mobility and anatomy study) wurden 28 Patienten mit CIDP (13 Patienten mit vorausgehender IVIg Behandlung und 15 Patienten ohne IVIg-Vorbehandlung mit vor mindestens 2 Monaten neu diagnostizierter CIDP oder mit IVIG Behandlungsunterbrechung für mindestens 1 Jahr und fortgeschrittener Krankheitsverschlechterung in den 2 Monaten vor Studieneinschluss) mit Initialdosen von 2 g/kg KG verteilt auf 2-5 Tage behandelt. Anschliessend folgten 6 Erhaltungsdosen von 1 g/kg KG verteilt über 1-2 Tage alle 3 Wochen.
Bei zuvor behandelten Patienten wurde IVIg vor der Behandlung mit Privigen abgesetzt, bis eine Verschlechterung der klinischen Symptome anhand der INCAT Skala (Inflammatory Neuropathy Cause and Treatment) bestätigt wurde. Auf dieser 10-Punkte INCAT-Skala wurde bei 17 / 28 Patienten (60,7 %, 95 %-Konfidenzintervall 42,41, 76,4) zwischen der Baseline und der 25. Behandlungswoche eine klinisch relevante Verbesserung um mindestens 1 Punkt beobachtet. Neun Patienten sprachen bereits nach Verabreichung der Angangsdosis auf die Therapie in der Behandlungswoche 4 an und 16 bis Behandlungswoche 10.
In einer zweiten klinischen Studie, einer prospektiven, multizentrischen, randomisierten, Placebo-kontrollierten PATH-Studie, wurden 207 Patienten mit CIDP mit Privigen behandelt (Vor-Randomisierungsphase). Hierzu wurde vorab bei allen 207 Patienten mit einer vorangehenden IVIg-Therapie von mindestens 8 Wochen vor einem Screening eine IVIg-Abhängigkeit durch klinisch evidente Verschlechterung der Symptome in der bis zu 12-wöchigen IVIg-Absetzphase bestätigt. Anschliessend erhielten alle Patienten eine Initialdosis von 2 g/kg KG Privigen, gefolgt von bis zu 4 Erhaltungsdosen von 1 g/kg KG Privigen alle 3 Wochen über einen gesamten Zeitraum von bis zu 13 Wochen.
Eine klinische Verbesserung der CIDP Symptome wurde bei 91 % der Patienten (188 Patienten) bis zur Woche 13 bei mindestens einem der nachfolgenden Kriterien beobachtet: Rückgang um ≥1 Punkt auf der bereinigten INCAT-Skalaein um ≥4 Punkte höherer «Inflammatory Rasch-built Overall Disability Scale» (I-RODS)-Wert, eine durchschnittliche Zunahme der Griffkraft um ≥8 kPa oder ein Anstieg im Medical Research Council (MRC)-Summenscore um ≥3 Punkte. Insgesamt kam es bei 91 % der Patienten (188 Patienten) bis Woche 13 zu einer Verbesserung bei mindestens einem der oben genannten Kriterien.
Gemäss der bereinigten INCAT-Skala betrug die Ansprechrate bis Woche 13 72,9 % (151 von 207 Patienten). Dabei sprachen 149 Patienten bereits bis Woche 10 auf die Privigen-Behandlung an. Insgesamt erreichten 43 der 207 Patienten einen gemäss der bereinigter INCAT Skala besseren klinischen CIDP-Status als zu Studienbeginn.
Das Wirksamkeits- und Sicherheitsprofil in der PRIMA- und der PATH-Studie bei CIDP-Patienten war insgesamt vergleichbar. Die gemäss der bereinigten INCAT-Skala ermittelte mittlere Verbesserung der CIDP-Symptome bei Patienten zum Ende der Behandlung betrug 1,4 Punkte in der bei angepasstem INCAT Skala in der PRIMA- (1,8 Punkte bei IVIg-vorbehandelten Patienten) und 1,2 Punkte in der PATH-Studie im Vergleich zum Beginn der Behandlung. Die sekundären Endpunkte (I-Rods, Griffkraft und MRC) unterstützten die Befunde der primären Wirksamkeitsmessung.
Wirksamkeit bei pädiatrischen Patienten
In der Phase III Hauptstudie an Patienten mit PID (n = 80) wurden 19 Patienten im Alter von 3 bis 11 Jahren und 15 im Alter von 12 bis und mit 18 Jahren behandelt. In einer Verlängerungsstudie an Patienten mit PID (n = 55) waren es 13 Patienten im Alter von 3 bis 11 Jahren und 11 im Alter von 12 bis und mit 18 Jahren. In der klinischen Studie an 57 Patienten mit chronischer ITP wurden 2 Patienten (15 und 16 Jahre alt) behandelt. In den drei Studien war keine Dosisanpassung für Kinder erforderlich.
PharmakokinetikAbsorption
Normales Immunglobulin vom Menschen ist in der Blutbahn des Empfängers nach intravenöser Verabreichung unmittelbar und vollständig bioverfügbar.
Distribution
Es wird zwischen dem Plasma und der extravaskulären Flüssigkeit relativ rasch verteilt. Nach ca. 3 bis 5 Tagen ist das Gleichgewicht zwischen intra- und extravaskulärem Kompartiment erreicht.
Elimination
IgG und IgG-Komplexe werden in den Zellen des retikuloendothelialen Systems abgebaut. Die Halbwertszeit kann sich von Patient zu Patient ändern.
Die pharmakokinetischen Parameter von Privigen wurden in den beiden klinischen Studien bei Patienten mit primärer Immunmangelkrankheit bestimmt (vgl. Kapitel «Eigenschaften/Wirkungen»). 25 Patienten (zwischen 13 und 69 Jahren) in der Hauptstudie und 13 Patienten (zwischen 9 und 59 Jahren) in der Extension Studie beteiligten sich an den pharmakokinetischen Untersuchungen (vgl. die folgende Tabelle).
Pharmakokinetische Parameter von Privigen bei Patienten mit primärer Immunmangelkrankheit
Parameter
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Hauptstudie (N=25) Median (Bereich)
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Extension Studie (N=13) Median (Bereich)
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Cmax (Höchstwert) in g/l
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23,4 (10,4-34,6)
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26,3 (20,9-32,9)
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Cmin (Talspiegel) in g/l
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10,2 (5,8-14,7)
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9,75 (5,72-18,01)
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t½ (Halbwertszeit) in Tagen
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36,6 (20,6-96,6)
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31,1 (14,6-43,6)
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Die Halbwertszeit bei Patienten mit primärer Immunmangelkrankheit betrug in der Hauptstudie 36,6 Tage und in der Extension Studie 31,1 Tage.
Präklinische DatenDie Sicherheit von Privigen ist in mehreren präklinischen Studien untersucht worden. Dabei wurde besonderes Gewicht auf die Untersuchung des Hilfsstoffes L-Prolin gelegt. L-Prolin ist eine physiologische nicht-essentielle Aminosäure. Studien an Ratten mit täglichen L-Prolin Dosen von 1450 mg/kg KG ergaben keine Hinweise auf Teratogenität oder Embryotoxizität. Genotoxizitätsstudien mit L-Prolin waren ohne pathologische Befunde.
Einige publizierte Studien zur Hyperprolinämie ergaben ein mögliches Risiko bei Langzeitanwendung von hohen, täglichen L-Prolin Dosen hinsichtlich der Hirnentwicklung bei sehr jungen Ratten. In vergleichbaren Studien zur klinischen Anwendung von Privigen wurden jedoch keine solchen Nebenwirkungen festgestellt. Weitere sicherheitspharmakologische Studien mit L-Prolin an adulten und juvenilen Ratten ergaben keine Hinweise auf Verhaltensstörungen.
Immunglobuline sind natürliche Bestandteile des menschlichen Körpers. Bei Tieren ist die Prüfung der akuten und chronischen, sowie der embryo-fötalen Toxizität von Immunglobulinen auf Grund der Wechselwirkungen der Immunglobuline heterogener Spezies und der Induktion von Antikörpern gegen heterologe Proteine nicht aussagekräftig. In lokalen Toleranzstudien an Kaninchen mit intravenöser, paravenöser, intra-arterieller und subkutaner Applikation war Privigen gut verträglich.
Sonstige HinweiseInkompatibilitäten
Dieses Medikament darf nicht mit anderen Arzneimitteln gemischt werden, auch nicht mit physiologischer Kochsalzlösung. Ausgenommen davon ist das Verdünnen mit 5 %-iger Glukoselösung.
Beeinflussung diagnostischer Methoden
Nach Infusion von Immunglobulinen kann der vorübergehende Anstieg der verschiedenen passiv übertragenen Antikörper im Patientenblut zu falsch positiven serologischen Testergebnissen führen.
Die passive Übertragung von Antikörpern gegen Erythrozytenantigene, zum Beispiel A, B und D, kann einige serologische Tests auf Erythrozyten-Alloantikörper (z.B. den Coombs-Test), die Retikulozytenzählung und den Haptoglobin-Test verfälschen.
Interaktionen mit abgeschwächten Lebendimpfstoffen vgl. Kapitel «Interaktionen».
Haltbarkeit
Privigen ist bis zu dem auf Etikett und Faltschachtel unter «EXP» angegebenen Verfalldatum haltbar.
Nach Ablauf des aufgedruckten Verfalldatums (EXP) darf das Präparat nicht mehr verwendet werden.
Haltbarkeit nach Anbruch
Privigen ist für den Einmalgebrauch bestimmt. Da die Lösung kein Konservierungsmittel enthält, sollte Privigen baldmöglichst nach Öffnen der Durchstechflasche verbraucht/zur Infusion verwendet werden.
Besondere Lagerungshinweise
Nicht über 25 °C lagern. Nicht einfrieren.
Die Flasche in der Originalverpackung aufbewahren, um den Inhalt vor Licht zu schützen.
Ausser Reichweite von Kindern aufbewahren.
Hinweise für die Handhabung
Privigen ist eine gebrauchsfertige Lösung. Das Produkt sollte vor der Applikation Raum- oder Körpertemperatur aufweisen. Für die Verabreichung ist ein handelsübliches Infusionsbesteck mit integriertem Filter zu verwenden. Der Flaschenstopfen muss immer im markierten Zentrum durchstochen werden. Bei Bedarf kann Privigen unter aseptischen Bedingungen mit 5 %-iger Glukoselösung verdünnt werden. Privigen darf nicht mit physiologischer Kochsalzlösung gemischt werden. Das Nachspülen der Infusionsschläuche mit physiologischer Kochsalzlösung ist hingegen erlaubt.
Die Lösung muss klar oder leicht opaleszent sein. Lösungen, die Trübungen oder einen Niederschlag aufweisen, dürfen nicht verwendet werden.
Nicht verwendetes Arzneimittel und Abfallmaterial sind gemäss den lokalen Vorgaben zu entsorgen.
Zulassungsnummer58314 (Swissmedic).
PackungenLösung in Durchstechflaschen:
2,5 g / 25 ml (B)
5 g / 50 ml (B)
10 g / 100 ml (B)
20 g / 200 ml (B)
40 g / 400 ml (B)
ZulassungsinhaberinCSL Behring AG, Bern.
Stand der InformationOktober 2020.
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