Eigenschaften/WirkungenATC-Code
J01XA01
Wirkungsmechanismus
Vancomycin ist ein trizyklisches Glykopeptid-Antibiotikum, das die Synthese der Zellwand in empfindlichen Bakterien durch hochaffine Bindung an das endständige D-Alanyl-D-Alanin von Vorläufereinheiten der Zellwand hemmt. Das Arzneimittel wirkt bei sich teilenden Mikroorganismen langsam bakterizid. Ausserdem beeinträchtigt es die Permeabilität der bakteriellen Zellmembran und die RNA-Synthese.
Beziehung zwischen Pharmakokinetik und Pharmakodynamik
Vancomycin weist eine konzentrationsunabhängige Aktivität auf. Der primäre prädiktive Wirksamkeitsparameter ist die Fläche unter der Konzentrationskurve (AUC) geteilt durch die minimale Hemmkonzentration (MIC) des Zielorganismus. Auf Basis von In-vitro-, tierexperimentellen und begrenzten Humandaten wurde ein AUC/MIC-Verhältnis von 400 als PK/PD-Ziel zur Erreichung einer klinischen Wirksamkeit von Vancomycin etabliert. Um diesen Zielwert bei einer MIC von ≥1,0 mg/l zu erreichen, sind eine Dosierung im oberen Bereich und hohe Serum-Talkonzentrationen (15–20 mg/l) erforderlich (siehe Abschnitt «Dosierung/Anwendung»).
Klinische Wirksamkeit
Keine Angaben.
Resistenzmechanismus
Eine erworbene Resistenz gegen Glykopeptide tritt insbesondere bei Enterokokken auf und beruht auf dem Erwerb verschiedener Van-Gen-Komplexe, was zu einer Umwandlung der Zielstruktur D-Alanyl-D-Alanin in D-Alanyl-D-Laktat oder D-Alanyl-D-Serin führt, an welche Vancomycin nur schlecht bindet. In manchen Ländern werden vermehrt Resistenzfälle – vor allem bei Enterokokken – beobachtet; besonders alarmierend ist das Auftreten multiresistenter Stämme von Enterococcus faecium.
Van-Gene wurden in Staphylococcus aureus kaum gefunden, wo Veränderungen der Zellwandstruktur zu intermediärer Empfindlichkeit führen, welche sehr häufig heterogen ist. Ebenso wurde über methicillinresistente Staphylokokkenstämme (MRSA) mit reduzierter Empfindlichkeit gegenüber Vancomycin berichtet. Die reduzierte Empfindlichkeit bzw. Resistenz von Staphylokokken gegenüber Vancomycin ist noch nicht aufgeklärt. Verschiedene genetische Faktoren und Mehrfachmutationen spielen eine Rolle.
Zwischen Vancomycin und anderen Antibiotikaklassen besteht keine Kreuzresistenz. Eine Kreuzresistenz mit anderen Glykopeptid-Antibiotika, wie Teicoplanin, kommt vor. Eine sekundäre Resistenzentwicklung unter Therapie ist selten.
Synergismus
Die Kombination von Vancomycin mit einem Aminoglykosid-Antibiotikum hat eine synergistische Wirkung gegen viele Staphylococcus-aureus-Stämme, Nicht-Enterokokken-Streptokokken der Gruppe-D, Enterokokken und Streptokokken der Viridans-Gruppe. Die Kombination von Vancomycin mit einem Cephalosporin weist eine synergistische Wirkung gegen manche oxacillinresistente Staphylococcus-epidermidis-Stämme auf, und die Kombination von Vancomycin mit Rifampicin wirkt synergistisch gegen Staphylococcus epidermidis und teilweise synergistisch gegen manche Staphylococcus-aureus-Stämme. Da Vancomycin in Kombination mit einem Cephalosporin auch eine antagonistische Wirkung gegen manche Staphylococcus-epidermidis-Stämme haben kann, und in Kombination mit Rifampicin gegen manche Staphylococcus-aureus-Stämme, ist eine Synergietestung im Voraus hilfreich.
Es sollten Proben für Bakterienkulturen gewonnen werden, um die verursachenden Organismen zu isolieren und identifizieren sowie um deren Empfindlichkeit gegenüber Vancomycin zu bestimmen.
Grenzwerte zur Empfindlichkeitsprüfung
Vancomycin ist gegen grampositive Bakterien, wie Staphylokokken, Streptokokken, Enterokokken, Pneumokokken und Clostridien wirksam. Gramnegative Bakterien sind resistent gegen Vancomycin.
Die Prävalenz einer erworbenen Resistenz gegenüber einzelnen Spezies kann geografisch und zeitlich variieren. Örtliche Informationen zu Resistenzen sind daher wünschenswert, insbesondere bei der Behandlung schwerer Infektionen. Erforderlichenfalls ist Expertenrat einzuholen, wenn die örtliche Prävalenz der Resistenz die Nützlichkeit des Wirkstoffs zumindest bei einigen Arten von Infektionen infrage stellt. Diese Information liefert nur Anhaltspunkte dafür, ob die Mikroorganismen möglicherweise empfindlich auf Vancomycin sind.
Nachstehend sind die von EUCAST (European Committee on Antimicrobial Susceptibility Testing) erstellten Grenzwerte für die minimale Hemmkonzentration (MIC) aufgeführt:
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Empfindlich
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Resistent
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Staphylococcus aureus1
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≤2 mg/l
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>2 mg/l
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Staphylococcus koagulasenegativ1
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≤4 mg/l
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>4 mg/l
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Enterococcus spp.
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≤4 mg/l
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>4 mg/l
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Streptococcus Gruppe A, B, C und G
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≤2 mg/l
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>2 mg/l
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Streptococcus pneumoniae
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≤2 mg/l
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>2 mg/l
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Grampositive Anaerobier
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≤2 mg/l
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>2 mg/l
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1 S. aureus mit MIC-Werten für Vancomycin von 2 mg/l sind an der Grenze der Wildtyp-Verteilung und das klinische Ansprechen kann daher unzureichend sein.
Üblicherweise empfindliche Spezies
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Grampositiv Enterococcus faecalis Staphylococcus aureus Staphylococcus aureus methicillinresistent Staphylococcus koagulasenegativ Streptococcus spp. Streptococcus pneumoniae Enteroccocus spp. Staphylococcus spp. Anaerobe Spezies Clostridium spp. ausser Clostridium innocuum Eubacterium spp. Peptostreptococcus spp.
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Spezies, bei denen erworbene Resistenzen ein Problem darstellen können
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Enterococcus faecium
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Von Natur aus resistent
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Alle gramnegativen Bakterien Aerobe grampositive Spezies Erysipelothrix rhusiopathiae Heterofermentative Lactobacillus Leuconostoc spp Pediococcus spp. Anaerobe Spezies Clostridium innocuum
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Die Resistenzentwicklung gegenüber Vancomycin ist in jedem Krankenhaus unterschiedlich. Daher sollten relevante Informationen von einem mikrobiologischen Labor vor Ort eingeholt werden.
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