PharmakokinetikBioäquivalenz
Die Emtricitabin- und Tenofoviralafenamid-Expositionen bei gesunden Probanden (n = 100) waren nach einer Einzeldosis von 200/10 mg Descovy zusammen mit 150 mg Elvitegravir und 150 mg Cobicistat nach einer Mahlzeit bioäquivalent zur Fixkombinationstablette E/C/F/TAF (150/150/200/10 mg).
Die Emtricitabin- und Tenofoviralafenamid-Expositionen bei gesunden Probanden (n = 116) waren nach einer Einzeldosis von 200/25 mg Descovy nach einer Mahlzeit bioäquivalent im Vergleich zur Fixkombinationstablette E/C/F/TAF (150/150/200/10 mg).
Absorption
Emtricitabin wird nach oraler Anwendung rasch und extensiv absorbiert, wobei die maximalen Plasmakonzentrationen 1 bis 2 Stunden nach Dosisgabe erreicht werden. Nach wiederholter oraler Anwendung von Emtricitabin bei 20 HIV-1infizierten Patienten betrugen die maximalen Plasmakonzentrationen (Cmax) (Mittelwert ± SD) von Emtricitabin im Steady-state 1,8 ± 0,7 µg/mL, und die Fläche unter der Plasmakonzentrations-Zeit-Kurve während eines 24stündigen Dosisintervalls (AUC) lag bei 10,0 ± 3,1 µg•h/mL. Die mittlere Plasma-Talkonzentration im Steady-state 24 Stunden nach Dosisgabe war vergleichbar mit oder höher als der mittlere Invitro-IC90-Wert für die Anti-HIV-1-Aktivität.
Die mittlere absolute Bioverfügbarkeit der 200mg-Emtricitabin-Kapsel betrug 93%. Die mittlere absolute Bioverfügbarkeit der 10mg/mL-Emtricitabin-Lösung zum Einnehmen betrug 75%.
Die Anwendung von Emtricitabin während einer Mahlzeit hatte keine Auswirkung auf die systemische Emtricitabin-Exposition.
Die Auswirkung einer Mahlzeit auf die Absorption von Tenofoviralafenamid wurde in zwei Phase-1-Studien bei gesunden Probanden untersucht, bei denen Tenofoviralafenamid in fixen Kombinationsdosen angewendet wurde: 25 mg Tenofoviralafenamid in Form von Descovy und 10 mg Tenofoviralafenamid in Form von E/C/F/TAF. Nach einer Mahlzeit wurden bei beiden Tenofoviralafenamid-Gaben maximale Plasmakonzentrationen etwa 1 Stunde nach Dosisgabe beobachtet. Die mittleren Cmax- und AUClast-Werte (Mittelwert ± SD) nach einer Mahlzeit betrugen nach einer Einzeldosis von 25 mg Tenofoviralafenamid in Form von Descovy 0,21 ± 0,13 µg/mL bzw. 0,25 ± 0,11 µg•h/mL. Die mittleren Cmax- und AUClast-Werte nach einer Einzeldosis von 10 mg Tenofoviralafenamid in Form von E/C/F/TAF betrugen 0,21 ± 0,10 µg/mL bzw. 0,25 ± 0,08 µg•h/mL.
Im Vergleich zur Anwendung im Nüchternzustand führte die Anwendung von Descovy zusammen mit einer fettreichen Mahlzeit (ca. 800 kcal, 50% Fett) zu einer Abnahme der Cmax (15-37%) von Tenofoviralafenamid und einem Anstieg der AUClast (17-77%). Diese geringen Veränderungen werden nicht als klinisch bedeutsam angesehen.
Distribution
Die Invitro-Bindung von Emtricitabin an humane Plasmaproteine lag bei < 4% und war im Bereich von 0,02 bis 200 µg/mL konzentrationsunabhängig. Beim Erreichen der maximalen Plasmakonzentration lag das mittlere Verhältnis von Plasma- zu Blutkonzentration des Arzneimittels bei ca. 1,0 und das mittlere Verhältnis von Sperma- zu Plasmakonzentration des Arzneimittels bei ca. 4,0.
Die Invitro-Bindung von Tenofovir an humane Plasmaproteine liegt bei < 0,7% und ist im Bereich von 0,01 bis 25 µg/mL konzentrationsunabhängig. Die Exvivo-Bindung von Tenofoviralafenamid an humane Plasmaproteine in während klinischer Studien gesammelten Proben lag bei ungefähr 80%.
Distributionsstudien an Hunden zeigten 24 Stunden nach Verabreichung von [14C]-Tenofoviralafenamid eine 5,7- bis 15fach höhere [14C]-Radioaktivität in lymphatischen Geweben (iliakale, axilläre, inguinale und mesenteriale Lymphknoten sowie Milz) im Vergleich zu einer äquivalenten Dosis von [14C]-Tenofovirdisoproxilfumarat.
Metabolismus
Nach Verabreichung von [14C]-Emtricitabin wurde die Emtricitabin-Dosis vollständig mit dem Urin (ca. 86%) und den Fäzes (ca. 14%) ausgeschieden. 13% der Dosis lagen im Urin in Form von drei vermeintlichen Metaboliten vor. Die Biotransformation von Emtricitabin umfasst die Oxidation des Thiol-Anteils zu 3'-Sulfoxid-Diastereomeren (ca. 9% der Dosis) sowie die Konjugation mit Glukuronsäure zum 2'-O-Glukuronid (ca. 4% der Dosis). Es wurden keine anderen Metaboliten identifiziert.
Die Metabolisierung ist ein wichtiger Eliminationsweg für Tenofoviralafenamid beim Menschen und betrifft > 80% einer oralen Dosis. Invitro-Studien haben gezeigt, dass Tenofoviralafenamid durch Cathepsin A in PBMCs (einschliesslich Lymphozyten und andere HIV-Zielzellen) und Makrophagen sowie durch Carboxylesterase 1 in Hepatozyten zu Tenofovir (Hauptmetabolit) metabolisiert wird. In vivo wird Tenofoviralafenamid intrazellulär zu Tenofovir (Hauptmetabolit) hydrolysiert, welches zum aktiven Metaboliten Tenofovirdiphosphat phosphoryliert wird. In klinischen Studien am Menschen führte eine orale Dosis von 10 mg Tenofoviralafenamid zu 3- bis 5fach höheren Konzentrationen von Tenofovirdiphosphat in PBMCs sowie zu > 90% geringeren Plasmakonzentrationen von Tenofovir im Vergleich zu einer oralen Dosis von 245 mg Tenofovirdisoproxil (als Fumarat).
In vitro wird Tenofoviralafenamid nicht durch CYP1A2, CYP2C8, CYP2C9, CYP2C19 oder CYP2D6 metabolisiert. Tenofoviralafenamid wird geringfügig durch CYP3A4 metabolisiert.
Elimination
Emtricitabin wird primär über die Nieren eliminiert, wobei die Dosis vollständig mit dem Urin (ca. 86%) und den Fäzes (ca. 14%) ausgeschieden wird. 13% der Emtricitabin-Dosis wurden im Urin in Form von drei Metaboliten wiedergefunden. In den Fäzes war die Ausgangssubstanz für 96% der insgesamt wiedergefundenen Radioaktivität verantwortlich. Die systemische Clearance von Emtricitabin betrug im Durchschnitt 307 mL/min. Nach oraler Verabreichung liegt die Eliminations-Halbwertzeit von Emtricitabin bei ca. 10 Stunden.
Tenofoviralafenamid wird nach seiner Metabolisierung zu Tenofovir eliminiert, dem in Fäzes und Urin vorherrschenden Metaboliten. Alle anderen in Fäzes und Urin nachgewiesenen Metaboliten kamen nur in Spuren vor. Tenofoviralafenamid und Tenofovir haben eine mediane Plasmahalbwertzeit von 0,51 bzw. 32,37 Stunden. Tenofovir wird renal sowohl durch glomeruläre Filtration als auch aktive tubuläre Sekretion eliminiert. Die renale Ausscheidung von intaktem Tenofoviralafenamid ist von untergeordneter Bedeutung, da < 1% der Dosis über den Urin eliminiert werden. Der pharmakologisch aktive Metabolit, Tenofovirdiphosphat, hat in PBMCs eine Halbwertzeit von 150-180 Stunden.
Linearität/Nichtlinearität
Die Pharmakokinetik von Emtricitabin ist in einem Dosisbereich von 25 mg bis 200 mg nach wiederholter Anwendung proportional zur Dosis.
Die Exposition von Tenofoviralafenamid ist in einem Dosisbereich von 8 mg bis 125 mg proportional zur Dosis.
Gleichzeitige Verabreichung dritter Wirkstoffe zusammen mit Descovy
Die Plasmaexpositionen von Tenofoviralafenamid (TAF) bei Patienten, die F/TAF zusammen mit verschiedenen dritten Wirkstoffen in der Studie GS-US-311-1089 erhielten, wurden anhand eines TAF-Populations-Pharmakokinetik-Modells geschätzt (Tabelle 13).
Tabelle 13: GS-US-311-1089: Pharmakokinetische Parameter für TAF im Plasma nach drittem Wirkstoff (TAF-Pharmakokinetik/Pharmakodynamik-Analysedatensatz)
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n
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TAF-PK-Parameter* Mittelwert (% CV)
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AUCtau (ng•h/mL)
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Cmax (ng/mL)
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Gesamt
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292
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137,2 (48,1)
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140,5 (54,0)
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Nach drittem Wirkstoff
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ATV+RTV
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44
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149,6 (50,8)
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127,1 (60,3)
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DRV+RTV
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72
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73,5 (41,0)
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74,0 (44,2)
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DTG
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25
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155,6 (18,5)
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166,3 (36,9)
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EFV
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6
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141,6 (18,7)
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126,9 (52,8)
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LPV+RTV
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15
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89,8 (25,0)
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97,1 (42,4)
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NVP
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67
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167,4 (32,1)
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178,1 (30,2)
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RAL
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61
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170,8 (37,2)
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185,4 (44,4)
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TAF = Tenofoviralafenamid, ATV = Atazanavir, RTV = Ritonavir, DRV = Darunavir, DTG = Dolutegravir, EFV = Efavirenz, LPV = Lopinavir, NVP = Nevirapin; RAL = Raltegravir
* Der Gesamtmittelwert (% CV) für die AUCtau von Tenofovir (TAF-Metabolit), in der Studie GS-US-311-1089 war 346,3 (40,0%) ng•h/mL. Im Gegensatz dazu betrug der Mittelwert (% CV) für die AUC0-∞ von Tenofovir nach Verabreichung einer Einzeldosis von TDF an nicht-HIVinfizierte Probanden 2050 (50,8%) ng•h/mL.
Kinetik spezieller Patientengruppen
Alter, Geschlecht und ethnische Zugehörigkeit
Es wurden keine klinisch relevanten pharmakokinetischen Unterschiede aufgrund des Geschlechts oder der ethnischen Zugehörigkeit für Emtricitabin oder Tenofoviralafenamid identifiziert.
Die Pharmakokinetik von Emtricitabin und Tenofovir wurde bei älteren Patienten (im Alter von ≥65 Jahren) nicht vollständig untersucht. Da im Allgemeinen die Nierenfunktion mit zunehmendem Alter abnimmt, besteht bei älteren Patienten theoretisch ein Risiko für eine erhöhte Tenofovir-Exposition im Vergleich zu jüngeren Patienten. Populationspharmakokinetische Analysen von HIVinfizierten Patienten in Phase-2- und Phase-3-Studien mit Emtricitabin+Tenofoviralafenamid zusammen mit Elvitegravir+Cobicistat, in Form einer Fixkombinationstablette, ergaben keine Hinweise, dass innerhalb der untersuchten Altersgruppe (12 bis 82 Jahre) das Alter klinisch relevante Auswirkung auf die Tenofoviralafenamid-Exposition hatte.
Bei 24 Jugendlichen im Alter von 12 bis < 18 Jahren waren die erreichten Emtricitabin- und Tenofoviralafenamid-Expositionen vergleichbar mit den Expositionen, die bei therapienaiven Erwachsenen erreicht wurden (Studie GS-US-292-0106).
Leberfunktionsstörungen
Die Pharmakokinetik von Emtricitabin wurde bei Patienten mit einer Leberfunktionsstörung nicht untersucht; allerdings wird Emtricitabin nicht signifikant durch Leberenzyme metabolisiert, so dass die Auswirkung einer Leberfunktionsstörung gering sein sollte.
Klinisch relevante Änderungen der Pharmakokinetik von Tenofoviralafenamid oder seines Metaboliten Tenofovir wurden nicht beobachtet bei Patienten mit einer leichten oder mittelschweren Leberfunktionsstörung. Bei Patienten mit schwerer Leberfunktionsstörung sind die Gesamt-Plasmakonzentrationen von Tenofoviralafenamid und Tenofovir niedriger als bei Probanden mit normaler Leberfunktion. Die unter Berücksichtigung der Proteinbindung korrigierten Plasmakonzentrationen von ungebundenem (freiem) Tenofoviralafenamid bei schwerer Leberfunktionsstörung und normaler Leberfunktion sind ähnlich.
Hepatitis-B- und/oder Hepatitis-C-Koinfektion
Die Pharmakokinetik von Emtricitabin und Tenofoviralafenamid wurde bei Patienten mit einer Koinfektion mit Hepatitis B und/oder C nicht vollständig untersucht.
Nierenfunktionsstörungen
Die Pharmakokinetik von Emtricitabin, Tenofoviralafenamid und seinem Metaboliten Tenofovir bei HIV-1-infizierten Patienten mit normaler Nierenfunktion oder mit einer leichten bis mittelschweren Nierenfunktionsstörung (eGFR nach der Cockcroft-Gault-Methode: 30-69 mL/min) wurde an einer Untergruppe virologisch supprimierter Patienten in einer offenen Studie (GS-US-292-0112), in der die Patienten Cobicistat-geboostetes Elvitegravir, Emtricitabin und Tenfofoviralafenamid (150/150/200/10 mg) erhielten, untersucht. Die Pharmakokinetik von Emtricitabin, Tenofoviralafenamid und seinem Metaboliten Tenofovir wird in Tabelle 14 beschrieben (siehe auch «Unerwünschte Wirkungen/Patienten mit Nierenfunktionsstörungen»).
Tabelle 14: Pharmakokinetik bei HIV-1infizierten Erwachsenen mit Nierenfunktionsstörung im Vergleich zu Patienten mit normaler Nierenfunktion
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AUCtau µg•h/mL Mittelwert (CV%)
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Kreatinin-Clearance (mL/min)
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≥90 (n = 18)a
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60-89 (n = 11)b
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30-59 (n = 18)c
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Emtricitabin
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11,4 (11,9)
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17,6 (18,2)
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23,0 (23,6)
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Tenofoviralafenamid*
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0,23 (47,2)
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0,24 (45,6)
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0,26 (58,8)
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Tenofovir
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0,32 (14,9)
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0,46 (31,5)
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0,61 (28,4)
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*AUClast
a Aus einer Phase-2-Studie mit HIV-infizierten Erwachsenen mit normaler Nierenfunktion.
b Diese Patienten aus der Studie GS-US-292-0112 hatten eine eGFR zwischen 60 und 69 mL/min.
c Studie GS-US-292-0112.
In einer Phase-1 Studie mit Tenofoviralafenamid war die mittlere systemische Exposition von Tenofoviralafenamid und Tenofovir bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung (geschätzte CrCl < 30 mL/min) höher (0,51 bzw. 2,07 µg•h/mL) als bei Probanden mit normaler Nierenfunktion (0,27 bzw. 0,34 µg•h/mL).
In einer separaten Phase-1-Studie mit Emtricitabin alleine, war die mittlere systemische Exposition von Emtricitabin bei Patienten mit schwerer Nierenfunktionsstörung (geschätzte CrCl < 30 mL/min) höher (33,7 µg•h/mL) als bei Probanden mit normaler Nierenfunktion (11,8 µg•h/mL) (siehe «Unerwünschte Wirkungen», «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen», «Dosierung/Anwendung»).
Die Emtricitabin- und Tenofovir-Expositionen bei 12 Patienten mit terminaler Nierenerkrankung (geschätzte CrCl < 15 mL/min) bei chronischer Hämodialyse, die in der Studie GS-US-292-1825 Emtricitabin und Tenofoviralafenamid in Kombination mit Elvitegravir und Cobicistat als Fixkombinationstablette (E/C/F/TAF) erhielten, waren signifikant höher als bei Patienten mit normaler Nierenfunktion. Dagegen zeigten sich keine klinisch relevanten Unterschiede hinsichtlich der Pharmakokinetik von Tenofoviralafenamid bei Patienten mit terminaler Nierenerkrankung bei chronischer Hämodialyse im Vergleich zu Patienten mit normaler Nierenfunktion (siehe «Unerwünschte Wirkungen», «Dosierung/Anwendung»).
Es liegen keine pharmakokinetischen Daten zu Emtricitabin oder Tenofoviralafenamid bei Patienten mit terminaler Nierenerkrankung (geschätzte CrCl < 15 mL/min) vor, die keine chronische Hämodialyse erhalten (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen», «Unerwünschte Wirkungen», «Dosierung/Anwendung»).
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