PharmakokinetikPropiverin wird fast vollständig aus dem Magen-Darm-Trakt resorbiert. Es unterliegt einem extensiven First-Pass-Metabolismus. Wirkungen an den Zellen der glatten Muskulatur der Harnblase sind durch den Wirkstoff sowie durch drei aktive Metaboliten bedingt, die schnell in den Urin ausgeschieden werden.
Die folgenden Informationen beziehen sich auf eine Formulierung mit 15 mg Propiverinhydrochlorid.
Absorption
Nach oraler Gabe von 15 mg Propiverinhydrochlorid wird Propiverin schnell aus dem Gastrointestinaltrakt resorbiert und erreicht maximale Plasmakonzentrationen nach 2,3 Stunden.
Die mittlere absolute Bioverfügbarkeit von 15 mg Propiverinhydrochlorid beträgt 40,5% (arithmetischer Mittelwert aus AUC0-∞ (p.o.) / AUC0-∞ (i.v.)).
Durch Nahrungsaufnahme wird die Bioverfügbarkeit von Propiverin erhöht (mittlerer Anstieg um das 1,3-fache), jedoch ohne signifikanten Einfluss auf die maximale Plasmakonzentration von Propiverin oder seines Hauptmetaboliten Propiverin-N-Oxid. Es ist unwahrscheinlich, dass dieser Unterschied in der Bioverfügbarkeit klinische Bedeutung hat. Eine Dosisanpassung könnte jedoch für Patienten mit eingeschränkter Leber- und/oder Nierenfunktion notwendig sein. Deshalb sollte Propiverin von allen Patienten vor dem Essen eingenommen werden.
Distribution
Nach Gabe von 15 mg Propiverinhydrochlorid t. i. d. wird ein Steady state (Fliessgleichgewicht) nach 4 bis 5 Tagen auf einem höheren Konzentrationsniveau als nach einer Einzelgabe erreicht (CMittelwert = 61 ng / ml).
Das Verteilungsvolumen wurde bei 21 gesunden Probanden nach intravenöser Gabe von Propiverinhydrochlorid bestimmt und lag zwischen 125 und 473 L (Mittelwert 279 L), was darauf hindeutet, dass eine grosse Menge des verfügbaren Propiverins in periphere Kompartimente verteilt wird. Die Plasmaprotein-Bindung beträgt 90 - 95 % für die Stammverbindung und etwa 60 % für den Hauptmetaboliten.
Plasmakonzentrationen von Propiverin bei 16 gesunden Probanden nach einmaliger und wiederholter Gabe von 15 mg Propiverinhydrochlorid (t. i. d. über 6 Tage):

Steady-state-Eigenschaften von Propiverin nach wiederholter Gabe von 15 mg Propiverinhydrochlorid an 16 gesunde Probanden (t. i. d. über 6 Tage):
Dosierungs- intervall
|
AUC0-τ
|
PTF
|
CMittelwert
|
[h]
|
[ng.h / ml]
|
CV [%]
|
[%]
|
CV [%]
|
[ng / ml]
|
CV [%]
|
0 - 8
|
515
|
35
|
57
|
16
|
64
|
36
|
8 - 16
|
460
|
33
|
70
|
25
|
57
|
33
|
16 - 24
|
421
|
36
|
52
|
39
|
52
|
36
|
CV: Variationskoeffizient PTF: Maximum-Minimum-Streuung (peak-trough fluctuation)
|
Metabolismus
Propiverin wird extensiv durch intestinale und hepatische Enzyme metabolisiert. Der Hauptabbauweg schliesst die Oxidation des Piperidyl-N ein und wird durch CYP 3A4 und die Flavin-Monooxygenasen (FMO) 1 und 3 vermittelt und führt zur Bildung des weit weniger aktiven N-Oxids, dessen Plasmakonzentration die der Ausgangssubstanz deutlich übersteigt. Vier Metaboliten wurden im Urin nachgewiesen, zwei davon sind pharmakologisch aktiv und können zur therapeutischen Wirksamkeit von Propiverin beitragen.
In vitro ist eine geringfügige Hemmung von CYP 3A4 und CYP 2D6 messbar, die bei Konzentrationen auftritt, die die therapeutischen Plasmakonzentrationen um das 10- bis 100-fache übersteigen.
Elimination
Nach oraler Gabe von 30 mg 14C-Propiverinhydrochlorid an gesunde Probanden wurden innerhalb von 12 Tagen 60 % der Radioaktivität im Urin und 21 % der Radioaktivität in den Faeces gefunden. Weniger als 1 % einer oralen Gabe wird unverändert mit dem Urin ausgeschieden. Die mittlere totale Clearance nach einmaliger Gabe von 30 mg beträgt 371 ml/min (191 - 870 ml/min).
Im Rahmen von drei Studien, in die insgesamt 37 gesunde Probanden eingeschlossen waren, wurden mittlere Eliminationshalbwertzeiten von 14,1 bzw. 20,1 bzw. 22,1 Stunden ermittelt.
Linearität/Nicht Linearität
Die pharmakokinetischen Parameter von Propiverin und Propiverin-N-Oxid nach oraler Gabe von 10 – 30 mg Propiverinhydrochlorid stehen in einem linearen Zusammenhang mit der Dosis.
Während des Steady state sind keine Veränderungen in der Pharmakokinetik im Vergleich zur Einzelgabe zu sehen.
Kinetik spezieller Patientengruppen
Leberfunktionsstörungen
Verglichen mit 12 gesunden Kontrollpersonen war die Steady-state-Pharmakokinetik von 15 mg Propiverinhydrochlorid t. i. d. über 5 Tage ähnlich der von 12 Patienten mit milder bis moderater Leberfunktionseinschränkung durch eine Fettleber. Für schwere Leberfunktionseinschränkungen liegen keine Daten vor.
Nierenfunktionsstörungen
Aus einer Single-Dose-Studie an 12 Patienten mit einer Kreatininclearance < 30 ml/min wurde geschlussfolgert, dass eine schwere Nierenfunktionseinschränkung die Eliminierung von Propiverin und seinem Hauptmetaboliten Propiverin-N-Oxid nicht wesentlich ändert. Eine Dosisanpassung ist nicht notwendig, wenn die Gesamt-Tagesdosis 30 mg Propiverinhydrochlorid nicht überschreitet. Soll eine höhere Dosis gegeben werden, ist eine vorsichtige Titration der Dosis unter Berücksichtigung der anticholinergen Wirkungen als Marker für die Verträglichkeit zu empfehlen.
Ältere Patienten
Der Vergleich von Tal-Plasmakonzentrationen während des Steady state (15 mg Propiverinhydrochlorid t. i. d. über 28 Tage) zeigt keinen Unterschied zwischen älteren Patienten (60 – 85 Jahre; Mittelwert 68) und jungen gesunden Probanden. Das Verhältnis der Muttersubstanz zum Metaboliten bleibt bei älteren Patienten unverändert, was darauf hindeutet, dass die metabolische Umsetzung von Propiverin in seinen Hauptmetaboliten Propiverin-N-Oxid nicht altersabhängig oder nicht limitierend bei der Gesamtausscheidung ist.
Kinder
Eine Dosis-Findungs-Studie an Kindern belegte für die Dosierung von zweimal täglich durchschnittlich 0,4 mg/kg KM ein ausgewogenes Verhältnis zwischen Wirksamkeit und Verträglichkeit. Bis zum empfohlenen Dosierungsbereich sind die pharmakokinetischen Eigenschaften (z.B. AUC0-8, cmax, cav) dosisproportional. Nach Gabe einer Dosis von zweimal täglich 0,4 mg/kg KM erreichen die Serumspiegel bei Kindern im Alter von 5 bis 10 Jahren in etwa die Werte wie nach Gabe der therapeutischen Dosis von zweimal täglich 15 mg Propiverinhydrochlorid bei Erwachsenen.
Glaukom-Patienten
Wie in zwei Placebo-kontrollierten Studien gezeigt werden konnte, erhöht 15 mg Propiverinhydrochlorid t. i. d. über 7 Tage nicht den Augeninnendruck bei Patienten mit Weitwinkelglaukom und bei Patienten mit behandeltem (kontrolliertem) Engwinkelglaukom.
|