Eigenschaften/WirkungenATC-Code
L01AB02
Pharmakotherapeutische Gruppe: Antineoplastische Mittel, Alkylierende Mittel
Wirkungsmechanismus / Pharmakodynamik
TRECONDI ist ein Prodrug eines bifunktionellen Alkylierungsmittels mit zytotoxischer Wirkung gegen hämatopoetische Vorläuferzellen. Die Wirkung von TRECONDI beruht auf der spontanen Umwandlung in ein Monoepoxid-Zwischenprodukt und L-Diepoxybutan (siehe Rubrik «Pharmakokinetik»).
Die gebildeten Epoxide alkylieren nukleophile Zentren der Desoxyribonukleinsäure (DNA) und sind in der Lage, DNA-Querverbindungen zu induzieren, die für die Stammzellen abbauenden und antineoplastischen Wirkungen verantwortlich gemacht werden.
Klinische Wirksamkeit
Erwachsene Patienten mit malignen Erkrankungen
In der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie (MC-FludT.14/L Trial II) wurden erwachsene Patienten mit akuter myeloischer Leukämie (AML) oder myelodysplastischem Syndrom (MDS) und einem erhöhten Risiko bei Standardkonditionierungstherapien aufgrund eines höheren Lebensalters (≥ 50 Jahre) oder Begleiterkrankungen (hämatopoetischer Zelltransplantations-Komorbiditätsindex [HCT-CI] Score > 2) randomisiert einem Konditionierungsschema mit 3 × 10 g/m² TRECONDI in Kombination mit Fludarabin (FT10; n = 268) oder einem Schema mit intravenösem Busulfan (Gesamtdosis 6,4 mg/kg) in Kombination mit Fludarabin (FB2; n = 283), gefolgt von einer allo-HSCT, zugewiesen. Vierundsechzig Prozent der Patienten hatten eine AML und 36% eine MDS. Das mediane Alter der Patienten betrug 60 Jahre (Bereich 31–70 Jahre); 25% der Patienten waren älter als 65 Jahre.
Der primäre Endpunkt dieser Studie war das ereignisfreie Überleben (EFS) nach 2 Jahren. Ein Krankheitsrezidiv, Transplantatversagen oder Tod waren als Ereignisse definiert (je nachdem, was zuerst eintrat). Die Nichtunterlegenheit von FT10 gegenüber der Referenzbehandlung FB2 wurde statistisch belegt.
Nach 24 Monaten hatten im Treosulfan Arm 36,2 % und im Busulfan Arm 48,4 % ein EFS Ereignis. Das EFS nach 2 Jahren betrug im Treosulfan Arm 65,7 % und im Busulfan Arm 51,2 % bei einer Hazard Ratio von 0,64 (95 % KI 0,49-0,84).
Nach 24 Monaten betrug die Gesamtüberlebensrate im Treosulfan Arm 72,7 % und im Busulfan Arm 60,2 %. Die kumulative Inzidenz einer akuten GvHD lag bei 52,8 % (Grad 3-4: 6,4 %) im Treosulfan Arm und 57,2 % (Grad 3-4: 8,1 %) im Busulfan Arm. Eine chronische GvHD (bis zu 2 Jahre nach der allo HSCT) wurde bei 61,7 % der Patienten im Treosulfan Arm und bei 60,3 % im Busulfan Arm beobachtet.
Die Analysen des EFS nach 2 Jahren für verschiedene vordefinierte Untergruppen (Spendertyp, Risikogruppe, Erkrankung, Altersgruppe, HCT-CI-Score, Remissionsstatus bei Studieneintritt und verschiedene Kombinationen dieser Parameter) fielen zugunsten der Treosulfan-Therapie aus (Hazard Ratio [HR] von FT10 vs. FB2 < 1), mit nur einer Ausnahme (Risikogruppe II Patienten mit passendem Spender in der Familie [matched related donor, MRD]; HR 1,18 [95 % KI 0,61-2,26]).
Erwachsene Patienten mit nichtmalignen Erkrankungen
Es liegen nur begrenzte Informationen über eine Treosulfan-basierte Konditionierungsbehandlung (FT14 Schema ± Thiotepa; siehe Rubrik «Dosierung/Anwendung») bei erwachsenen Patienten mit nichtmalignen Erkrankungen vor. Die Hauptanwendungsgebiete für eine allo-HSCT mit Treosulfan-Konditionierung bei erwachsenen Patienten mit nichtmalignen Erkrankungen sind Bluterkrankungen (wie z. B. Sichelzellkrankheit, Thalassämie major [TM]), primäre Immunschwäche, Hämophagozytose, Immundysregulation und Knochenmarkinsuffizienz.
In einer Studie wurden 31 Patienten mit nicht-malignen Erkrankungen mit dem FT14-Schema plus Anti-Thymozyten-Globulin behandelt. Das Alter der Patienten reichte von 0,4 bis 30,5 Jahre und 29 % hatten HCT-CI-Scores > 2. Alle Patienten zeigten ein Engraftment; die mediane Dauer bis zur Erholung der Neutrophilen betrug 21 (Bereich, 12–46) Tage. Das prognostizierte 2-Jahres-Gesamtüberleben betrug 90 %. Ein vollständiges Ansprechen der Krankheit, beurteilt anhand der klinischen Symptome und der Laboruntersuchungen, wurde bei 28 Patienten (90%) festgestellt.
Eine italienische Gruppe behandelte 60 Patienten mit TM (Altersbereich 1-37 Jahre, darunter 12 Erwachsene) nach dem FT14-plus-Thiotepa-Schema. Alle Patienten zeigten ein Engraftment, mit Ausnahme eines Patienten, der an Tag +11 verstarb. Die mediane Dauer bis zur Erholung der Neutrophilen und Thrombozyten betrug 20 Tage. Die mediane Nachbeobachtungsdauer betrug 36 Monate (Bereich 4-73) und die 5-Jahres-Gesamtüberlebenswahrscheinlichkeit lag bei 93 % (95 % KI 83-97 %). Es wurde kein Unterschied in Bezug auf das Behandlungsergebnis zwischen Kindern und Erwachsenen festgestellt.
Ein retrospektiver Vergleich der Treosulfan-basierten (n = 16) versus Busulfanbasierten Konditionierung (n = 81) bei erwachsenen Patienten zeigte vergleichbare Überlebensraten (70,3 ± 15,1 % vs. 69,3 ± 5,5 %), während das Risiko für eine akute GvHD in der Treosulfan-Gruppe niedriger war (Odds Ratio 0,28; 95 % KI 0,12-0,67; P = 0,004).
Pädiatrische Population
Pädiatrische Patienten mit malignen Erkrankungen
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Treosulfan-basierten Konditionierungsbehandlungen wurden bei 70 Patienten mit akuter lymphatischer Leukämie (ALL), AML, MDS oder juveniler myelomonozytärer Leukämie (JMML) untersucht, die ein Konditionierungsschema mit Treosulfan und Fludarabin mit (n = 65) oder ohne (n = 5) Thiotepa erhalten hatten (siehe Kapitel «Dosierung / Anwendung»). Die Treosulfan-Dosis wurde an die Körperoberfläche des Patienten angepasst. Es wurden täglich 10, 12 oder 14 g/m² KOF als zweistündige intravenöse Infusion an Tag -6, -5 und -4 vor der Stammzellinfusion (Tag 0) verabreicht. Insgesamt waren 37 Patienten (52,9 %) jünger als 12 Jahre.
Ein primäres Transplantatversagen trat bei keinem Patienten auf, aber ein Patient mit ALL zeigte ein sekundäres Transplantatversagen. Die Inzidenz eines vollständigen Spender-Chimärismus betrug 94,2 % (90 % KI 87,2-98,0 %) bei dem Besuchstermin an Tag +28, 91,3 % (90 % KI 83,6-96,1 %) bei dem Besuchstermin an Tag +100 und 91,2 % (90 % KI 82,4-96,5 %) bei dem Besuchstermin in Monat 12.
Das Gesamtüberleben nach 12 Monaten betrug 91,4 % (90 % KI 83,9-95,5 %). Von den 70 Patienten starben insgesamt 7 (10.0 %) innerhalb dieses Zeitraums, zwei Patienten an einem Rezidiv bzw. aufgrund der Progression der Erkrankung, drei Patienten transplantatbedingt und zwei weitere Patienten aus anderen Gründen. Die Freiheit von transplantatbedingter Mortalität bis Tag +100 nach der HSCT (primärer Endpunkt) betrug 98,6 % (90 % KI 93,4-99,7 %).
Die transplantatbedingte Mortalität nach 12 Monaten betrug 2,9 % (90 % KI 0,9-8,9 %). Elf Patienten erlitten ein Rezidiv oder zeigten eine Progression der Erkrankung. Die kumulative Inzidenz von Rezidiv/Progression betrug 15,7 % (90 % KI 8,6-22,9 %) in Monat +12.
Das Gesamtüberleben nach 24 Monaten betrug 85,7 % (90 % KI 77,1-91,2 %). Von den 70 Patienten starben insgesamt 12 (17,1 %), 8 Patienten an einem Rezidiv bzw. aufgrund der Progression der Erkrankung und 4 Patienten transplantatbedingt. Die Freiheit von transplantatbedingter Mortalität bis Tag +100 nach der HSCT betrug 98,6 % (90 % KI 93,4-99,9 %). Es wurde ein Todesfall aufgrund der Transplantation/einer behandlungsbedingten Ursache bis Tag +100 nach der HSCT festgestellt.
Die transplantatbedingte Mortalität nach 24 Monaten betrug 4,6 % (90 % KI 1,8-11,4 %). Sechzehn Patienten erlitten ein Rezidiv oder zeigten eine Progression der Erkrankung. Die kumulative Inzidenz von Rezidiv/Progression betrug 23,0 % (90 % KI 14,7-31,3 %) in Monat +24.
Pädiatrische Patienten mit nichtmalignen Erkrankungen
Die Wirksamkeit und Sicherheit von Treosulfan/Fludarabin ± Thiotepa-basierten Konditionierungsbehandlungen wurden bei 51 Patienten mit nicht-malignen Erkrankungen (primäre Immundefizienz, Hämoglobinopathie, angeborene Stoffwechselstörung oder Knochenmarkinsuffizienz-Syndromen) näher untersucht. Die Treosulfan-Dosis wurde an die Körperoberfläche des Patienten angepasst. Es wurden täglich 10, 12 oder 14 g/m² KOF als zweistündige intravenöse Infusion an Tag -6, -5 und -4 vor der Stammzellinfusion (Tag 0) verabreicht. Das Dosierungsschema wurde während der Studie hinsichtlich der für die unterschiedlichen Dosen angewandten KOF-Kategorien angepasst, weswegen 2 Patienten eine gegenüber dem ursprünglichen Dosierungsschema höhere Dosis erhielten. Als aktive Kontrollgruppe dienten 50 auswertbare Patienten, die mit dem Referenz-Konditionierungsschema Busulfan/Fludarabin ± Thiotepa behandelt wurden. Die Busulfan-Dosis wurde an das Körpergewicht des Patienten angepasst; an den Tagen -7, -6, -5 und -4 wurden 3,2 bis 4,8 mg/kg/Tag verabreicht. Die meisten Studienteilnehmer (84 % in beiden Armen) erhielten das intensivierte Behandlungsschema mit Thiotepa – verabreicht als 2 Einzeldosen zu 5 mg/kg/Körpergewicht an Tag -2. Das Alter der meisten Patienten lag zwischen 28 Tagen und 11 Jahren (88,2 % im Treosulfan-Arm und 80 % im Busulfan-Arm). In dieser Studie erfolgte keine Kontrolle des Alpha-Fehlers für multiple Tests. Die Inzidenz einer Freiheit von transplantatbedingter (behandlungsbedingter) Mortalität bis Tag +100 (primärer Endpunkt) betrug im Treosulfan-Arm 100,0 % (90 % KI 94,3–100,0 %) und 90,0 % (90 % KI 80,1–96,0 %) im Busulfan-Arm. Nach 3 Jahren betrug die transplantatbedingte Mortalität 3,9 % (90 % KI 1,2–12,0 %) unter Treosulfan und 14,0 % (90 % KI 7,8–24,5 %) unter Busulfan. Das Gesamtüberleben nach 1 Jahr lag bei 96,1 % (90 % KI 88,0–98,8 %) unter Treosulfan und bei 88,0 % unter Busulfan (90 % KI 77,9–93,7 %). Nach 3 Jahren lag das Gesamtüberleben im Treosulfan-Arm bei 94,1 % (90 % KI 85,4–97,7 %) und im Busulfan-Arm bei 86,0 % (90 % KI 75,5–92,2 %). Bei insgesamt 2 Patienten (3,9 %) im Treosulfan-Arm und 2 Patienten (4,0 %) im Busulfan-Arm kam es zu einem primären Transplantatversagen, während ein sekundäres Transplantatversagen bei 9 Patienten (18,4 %) berichtet wurde, die die Treosulfan-basierte Konditionierungsbehandlung erhielten. Unter Busulfan-basierter Konditionierungstherapie trat kein Fall von sekundärem Transplantatversagen auf. Die Inzidenz eines vollständigen Spender-Chimärismus war zwischen den Gruppen an Tag +28 vergleichbar. Im weiteren Verlauf nahm die Inzidenz eines vollständigen Spender-Chimärismus in beiden Gruppen ab, wobei der vollständige Spender-Chimärismus innerhalb der Treosulfan-behandelten Patienten insgesamt weniger beständig war.
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