ZusammensetzungWirkstoffe
Garadacimab (aus gentechnisch veränderten CHO (Chinese Hamster Ovary) Zellen hergestellt).
Hilfsstoffe
L- Histidin, L-Arginin Hydrochlorid, L-Prolin, Polysorbat 80, Wasser für Injektionszwecke.
Indikationen/AnwendungsmöglichkeitenANDEMBRY ist indiziert zur Langzeitprophylaxe wiederkehrender akuter Schübe des hereditären Angioödems (HAE) bei erwachsenen und pädiatrischen Patienten im Alter von 12 Jahren oder älter (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen» und «Klinische Wirksamkeit»).
Dosierung/AnwendungANDEMBRY ist nicht zur Behandlung akuter HAE-Attacken vorgesehen (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Dieses Arzneimittel sollte nur unter Aufsicht einer in der Behandlung von HAE erfahrenen medizinischen Fachperson angewendet werden.
ANDEMBRY kann vom Patienten selbst oder von einer Betreuungsperson verabreicht werden, nachdem eine Schulung in der Technik zur subkutanen Injektion durch eine medizinische Fachperson erfolgt ist.
Jede ANDEMBRY-Einheit (Fertigpen) ist nur für den einmaligen Gebrauch vorgesehen.
Um die Rückverfolgbarkeit von biotechnologisch hergestellten Arzneimitteln sicherzustellen, wird empfohlen, Handelsname und Chargennummer bei jeder Behandlung zu dokumentieren.
Dosierung
Erwachsene und Jugendliche ab 12 Jahren:
Die empfohlene Dosierung von ANDEMBRY besteht aus einer initialen Aufsättigungsdosis von 400 mg, subkutan verabreicht in Form von zwei Injektionen zu je 200 mg am ersten Behandlungstag, und nachfolgend einer monatlichen Dosis von 200 mg.
Der Nutzen einer initialen Aufsättigungsdosis gegenüber einer Behandlung ohne Aufsättigungsdosis wurde nicht untersucht.
Versäumte Dosen
Wenn eine Dosis ANDEMBRY versäumt wurde, ist die Dosis so bald wie möglich zu verabreichen, mit einem Abstand von mindestens einem Monat zwischen den nachfolgenden Dosen.
Art der Anwendung
ANDEMBRY ist ausschliesslich zur subkutanen (s.c.) Anwendung vorgesehen.
Die Injektion muss auf die empfohlenen Injektionsstellen beschränkt werden: das Abdomen, die Oberschenkel und die äusseren Oberarme. Es wird empfohlen, die Injektionsstelle regelmässig zu wechseln. Es wird empfohlen, die Injektionsstelle am Oberarm nur dann zu verwenden, wenn der Patient dabei durch eine Pflegekraft unterstützt wird (siehe auch «Hinweise für die Handhabung»).
Pädiatrische Population
ANDEMBRY ist für die Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren nicht zugelassen.
Ältere Patienten
Die verfügbaren Daten von 13 Patienten im Alter von ≥65 Jahren deuten darauf hin, dass für diese Patientenpopulation keine Dosisanpassungen erforderlich sind (siehe «Pharmakokinetik»).
Patienten mit Leberfunktionsstörungen
Es wurden keine Studien zu Patienten mit Leberfunktionsstörung durchgeführt. Bei Patienten mit milder Leberfunktionsstörung ist keine Dosisanpassung erforderlich (siehe «Pharmakokinetik»). Für Patienten mit moderater und schwerer Leberfunktionsstörung liegen nur begrenzt Daten vor.
Patienten mit Nierenfunktionsstörungen
Es wurden keine Studien zu Patienten mit Nierenfunktionsstörung durchgeführt. Zu Patienten mit einer geschätzten glomerulären Filtrationsrate (EGFR) von 30–60 ml/min/1,73 m² liegen nur begrenzte Daten vor. Bei Patienten mit milder Nierenfunktionsstörung ist keine Dosisanpassung erforderlich (siehe «Pharmakokinetik»). Für Patienten mit moderater und schwerer Nierenfunktionsstörung liegen nur begrenzt Daten vor.
KontraindikationenÜberempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile (siehe «Zusammensetzung»).
Warnhinweise und VorsichtsmassnahmenAllgemeine Hinweise
Die Sicherheit und Wirksamkeit von ANDEMBRY zur Behandlung akuter HAE-Attacken oder für die präoperative Prophylaxe wurde nicht untersucht.
Es liegen nur begrenzte klinische Daten zur Anwendung von ANDEMBRY bei HAE-Patienten mit normaler Aktivität des C1-Esterase-Inhibitors (C1-INH) vor (siehe «Klinische Wirksamkeit»).
Überempfindlichkeit
Schwere Überempfindlichkeitsreaktionen wurden nicht beobachtet, können aber theoretisch auftreten. Die Anzeichen und Symptome einer Überempfindlichkeitsreaktion können Urtikaria (lokal oder generalisiert), Engegefühl in der Brust, Atembeschwerden, Giemen, Hypotonie und/oder Anaphylaxie während oder nach der ANDEMBRY-Injektion umfassen. Im Falle einer schweren Überempfindlichkeitsreaktion ist die Anwendung von ANDEMBRY abzubrechen und eine geeignete Behandlung einzuleiten.
Patienten mit relevanten Überempfindlichkeitsreaktionen in der Vorgeschichte waren von den klinischen Studien mit ANDEMBRY ausgeschlossen.
Weitere Patientengruppen mit begrenzter Evidenz
Bei Jugendlichen und bei Patienten im Alter von ≥65 Jahren liegen nur begrenzte Daten zur Sicherheit und Wirksamkeit von ANDEMBRY vor (siehe «Unerwünschte Wirkungen» und «Klinische Wirksamkeit»).
ANDEMBRY wurde bei Patienten mit Gerinnungsstörungen nicht untersucht, und die klinische Erfahrung bei Patienten mit gleichzeitiger medikamentöser Antikoagulation ist begrenzt.
ANDEMBRY wurde bei Patienten mit Thromboembolien nicht untersucht.
Beeinflussung diagnostischer Methoden
In klinischen Studien wurde eine Verringerung der D-Dimer Konzentrationen beobachtet, zum Teil unterhalb des unteren Normwertbereichs. Die klinische Relevanz dieser Beobachtung ist unklar. Garadacimab kann die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) aufgrund einer Wechselwirkung von Garadacimab mit dem aPTT-Assay erhöhen. aPTT-Erhöhungen bei mit Garadacimab behandelten Patienten wurden nicht mit unerwünschten Blutungsereignissen assoziiert. Zwischen den Behandlungsgruppen bestanden keine klinisch relevanten Unterschiede im Hinblick auf die International Normalized Ratio (INR).
InteraktionenGaradacimab wurde nur als Monotherapie und nicht in Kombination mit anderen Produkten untersucht, die zur Langzeitprophylaxe von HAE angezeigt sind (siehe «Klinische Wirksamkeit»). Es wurden keine speziellen Studien zur Erfassung von Interaktionen beim Menschen durchgeführt. Da Antikörper nicht in der Leber verstoffwechselt werden, ist nicht mit CYP-Enzym-vermittelten Interaktionen zu rechnen. Basierend auf einer pharmakokinetischen Populationsanalyse, hatte die Anwendung von Analgetika, Antibiotika, Antihistaminika, Antiphlogistika und Antirheumatika keine Auswirkungen auf die Pharmakokinetik (PK) von Garadacimab. Bei Durchbruchs-HAE-Attacken hatte die bedarfsmässige Anwendung von aus Plasma gewonnenem oder rekombinantem C1-Esterase-Inhibitor oder von Icatibant keine Auswirkungen auf die PK von Garadacimab.
Schwangerschaft, StillzeitSchwangerschaft
Bisher liegen keine oder nur sehr begrenzte Erfahrungen (weniger als 300 Schwangerschaftsausgänge) mit der Anwendung von Garadacimab bei Schwangeren vor. . Tierexperimentelle Studien ergaben keine Hinweise auf direkte oder indirekte gesundheitsschädliche Wirkungen in Bezug auf eine Reproduktionstoxizität (siehe «Präklinische Daten»). Monoklonale Antikörper können hauptsächlich im dritten Trimenon der Schwangerschaft die Plazentaschranke passieren. Aus diesem Grund sind mögliche Auswirkungen auf einen Fetus im dritten Trimenon vermutlich stärker. Für Garadacimab zeigen die zur Verfügung stehenden toxikologischen Daten vom Tier, dass die Plazentaschranke passiert wurde. Aus Vorsichtsgründen soll eine Anwendung von ANDEMBRY während der Schwangerschaft vermieden werden.
Stillzeit
Es ist nicht bekannt, ob Garadacimab in die Muttermilch übergeht. Humane Immunglobuline (IgGs) gehen bekanntermassen in den ersten Tagen nach der Geburt in die Muttermilch über und sinken kurz danach auf geringe Konzentrationen ab. Ein Risiko für das Neugeborene/gestillte Kind kann nicht ausgeschlossen werden. Es muss eine Entscheidung getroffen werden, ob das Stillen oder die Behandlung mit ANDEMBRY unterbrochen werden soll. Dabei ist sowohl der Nutzen des Stillens für das Kind als auch der Nutzen der Therapie für die Mutter abzuwägen.
Fertilität
Die Wirkung von Garadacimab auf die Fertilität beim Menschen wurde nicht untersucht. Tierexperimentelle Studien haben keine Beeinträchtigung der männlichen oder weiblichen Fertilität gezeigt (siehe Rubrik «Präklinische Daten»).
Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von MaschinenEs wurden keine entsprechenden Studien mit ANDEMBRY durchgeführt.
Unerwünschte WirkungenZusammenfassung des Sicherheitsprofils
Die am häufigsten (13,37 %) in Zusammenhang mit ANDEMBRY beobachteten unerwünschten Wirkungen waren Reaktionen an der Injektionsstelle (Injection Site Reactions, ISR), einschliesslich Erythem an der Injektionsstelle, Bluterguss an der Injektionsstelle, Pruritus an der Injektionsstelle und Urtikaria an der Injektionsstelle. Fast alle diese ISR waren leicht und klangen nach 1–3 Tagen ohne Dosierungsänderung wieder ab.
Liste der unerwünschten Wirkungen
Alle klinischen Studien, einschliesslich der 172 mit ANDEMBRY behandelten Probanden, wurden im Hinblick auf die Bestimmung der unerwünschten Arzneimittelwirkungen (ADRs) bewertet. Die nachstehende Tabelle fasst die in der gepoolten Übersicht beobachteten ADRs zuammen, die bei 172 HAE-Patienten mit ≥200 mg ANDEMBRY beobachtet wurden.
Die nachfolgende Liste der unerwünschten Wirkungen basiert auf Erfahrungen aus klinischen Studien und wird in Tabelle 1 unten nach Systemorganklasse und Häufigkeit klassifiziert: sehr häufig (≥1/10), häufig (≥1/100 bis < 1/10), gelegentlich (≥1/1000 bis < 1/100), selten (≥1/10 000 bis < 1/1000), sehr selten (< 1/10 000) und nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar).
Tabelle 1: Unerwünschte Arzneimittelwirkungen (UAWs) aus klinischen Studien mit ANDEMBRY
MedDRA Standard Systemorganklasse
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Unerwünschte Wirkung (Bevorzugter Begriff)
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Häufigkeit
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Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort
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Reaktion an der Injektionsstelle*
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Sehr häufig (13.37%)
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Erkrankungen des Nervensystems
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Kopfschmerzen
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Häufig
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Erkrankungen des Gastrointestinaltrakts
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Bauchschmerzen
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Häufig
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*Zu den Reaktionen an der Injektionsstelle gehören Erythem, Bluterguss, Pruritus und Urtikaria an der Injektionsstelle.
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Beschreibung ausgewählter unerwünschter Wirkungen und Zusatzinformationen
Reaktionen an der Injektionsstelle
In der zusammengefassten Übersicht, wurden 53 Fälle von Reaktionen an der Injektionsstelle bei 23 Patienten unter ANDEMBRY beobachtet, von denen 51 leicht und 2 mittelschwer waren. Ein zeitlicher Zusammenhang (Beginn innerhalb von 1–3 Tagen nach Verabreichung des Prüfmedikaments und Abklingen der Mehrheit ohne Änderung der Dosierung) wurde für alle 53 Reaktionen an der Injektionsstelle festgestellt und mit ANDEMBRY in Zusammenhang stehend bewertet.
In einer offenen klinischen Studie, an der 57 Patienten teilnahmen, die von VANGUARD übernommen wurden, wurde 161 Patienten mit HAE jeden Monat ANDEMBRY 200 mg subkutan verabreicht. Reaktionen an der Injektionsstelle (z.B. Bluterguss an der Injektionsstelle, Erythem an der Injektionsstelle, Hämatom an der Injektionsstelle, Jucken an der Injektionsstelle, Urtikaria an der Injektionsstelle) wurden bei 16 (10 %) Patienten berichtet.
In einer offenen Studie an gesunden Erwachsenen, in der der Fertigpen (N = 66) mit der Fertigspritze (N = 66) nach Einmalapplikation verglichen wurde, wurden Reaktionen an der Injektionsstelle bei 24.2% (Verhärtung 15.2%, Schmerz 9.1%, Rötung 4.5%) nach Verwendung des Fertigpens gegenüber 9.1% (Verhärtung 4.5%, Schmerz 4.5%, Rötung 3.0%) nach Verwendung der Fertigspritze beobachtet.
Immunogenität
Das beobachtete Auftreten von Anti-Drug-Antikörpern (ADA) hängt stark von der Sensitivität und der Spezifizität des Tests ab. Unterschiede bei den Testmethoden verhindern aussagekräftige Vergleiche des Auftretens von ADA im Rahmen der unten beschriebenen Studien mit dem Auftreten von ADA in anderen Studien, einschliesslich solcher mit ANDEMBRY oder anderen Garadacimab-Produkten.
In der Studie VANGUARD zeigte einer (2,6 %) von 39 mit ANDEMBRY behandelten Patienten während der sechsmonatigen Behandlungsphase eine Probe, die in sehr geringem Mass ADA-positiv (Titer: 10) war. In allen Studien mit ANDEMBRY betrug die Häufigkeit von ADA's 2,9 % (5/172 Probanden). Bei 2 von 5 (40%) ADA-positiven Patienten wurden Reaktionen an der Injektionsstelle berichtet im Vergleich zu 18.6% bei ADA-negativen Patienten.
Aufgrund der geringen Inzidenz der Bildung von ADA gegen ANDEMBRY ist eine umfassende Beurteilung der Auswirkung auf Pharmakokinetik (PK), Pharmakodynamik (PD), Sicherheit oder klinisches Ansprechen nicht möglich. Es liegen keine Daten zur Inzidenz von neutralisierenden ADA vor.
Pädiatrische Population
Für Jugendliche im Alter von 12 bis 17 Jahren liegen nur begrenzte Daten vor. Die Sicherheit von ANDEMBRY wurde bei 11 pädiatrischen Patienten im Alter von 12 bis 17 Jahren in Phase-III-Studien untersucht. Aufgrund der kleinen Patientenzahl und der begrenzten Behandlungs- und Nachbeobachtungsdauer ist eine umfassende Beurteilung der Sicherheit von ANDEMBRY bei pädiatrischen Patienten, inklusive Auswirkungen auf Wachstum und Entwicklung nicht möglich.
Ältere Patienten
Die Sicherheit von ANDEMBRY wurde bei Patienten (N = 13) im Alter von 65 Jahren oder älter mit HAE im Rahmen der Studie VANGUARD und der offenen VANGUARD-Verlängerungsstudie untersucht. Aufgrund der kleinen Patientenzahl ist eine umfassende Beurteilung der Sicherheit von ANDEMBRY älteren Patienten im Alter von 65 Jahren oder älter nicht möglich.
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von grosser Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdacht einer neuen oder schwerwiegenden Nebenwirkung über das Online-Portal ElViS (Electronic Vigilance System) anzuzeigen. Informationen dazu finden Sie unter www.swissmedic.ch.
ÜberdosierungEs wurden in klinischen Studien keine Fälle einer Überdosierung berichtet. Es liegen keine ausreichenden Daten vor, um mögliche Anzeichen oder Symptome einer Überdosierung zu identifizieren.
Eigenschaften/WirkungenATC-Code
B06AC07
Wirkungsmechanismus
Garadacimab ist ein spezifischer Inhibitor von aktiviertem Faktor XII (FXII). Garadacimab ist ein neuer, vollständig humaner, rekombinanter monoklonaler Antikörper (IgG4/Lambda), der an die katalytische Domäne des aktivierten FXII (FXIIa und βFXIIa) bindet und dessen katalytische Aktivität wirksam hemmt. FXII wird als erster Faktor im Kontaktaktivierungssystem aktiviert und initiiert das Kallikrein-Kinin-System, welches zur Bildung von proinflammatorisch wirkendem Bradykinin führt. Die Hemmung von FXIIa verhindert die Aktivierung von Präkallikrein zu Kallikrein und die Bildung von Bradykinin, das in Zusammenhang mit Entzündungen und Schwellungen bei HAE-Attacken steht, und blockiert so die Ereigniskaskade, die zu einer HAE-Attacke führt.
Pharmakodynamik
Die konzentrationsabhängige Hemmung der FXIIa-vermittelten Kallikreinaktivierung wurde nach subkutaner Verabreichung von ANDEMBRY 200 mg einmal monatlich an HAE-Patienten belegt.
Klinische Wirksamkeit
Studie VANGUARD:
Die Wirksamkeit von ANDEMBRY hinsichtlich der Prävention von Attacken des hereditären Angioödems (HAE) bei Patienten im Alter von 12 Jahren oder älter mit HAE vom Typ I oder II wurde im Rahmen einer multizentrischen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Parallelgruppenstudie gezeigt.
Die Studie umfasste 64 erwachsene und pädiatrische Patienten (12 Jahre oder älter), die während der 3 Monate vor der Screening-Untersuchung und der anschliessenden zweimonatigen Run-in-Phase mindestens 1 HAE-Attacke/Monat erlitten hatten. Für die sechsmonatige Behandlungsphase wurden die Patienten im Verhältnis 3:2 zwei parallelen Behandlungsarmen (39 dem ANDEMBRY-Arm, 25 dem Placeboarm) zurandomisert (Garadacimab 200 mg monatlich nach einer initialen Aufsättigungsdosis von 400 mg oder ein volumengleiches Placebo). Erwachsene Patienten mussten vor Studienbeginn die Behandlung mit anderen prophylaktischen HAE-Arzneimitteln beenden. Adoleszente Patienten die eine HAE Langzeitprophylaxe erhielten, waren von der Teilnahme ausgeschlossen. Alle Patienten durften während der Studie Bedarfsmedikation zur Behandlung von akuten HAE-Attacken anwenden.
Insgesamt litten 87,5 % der Patienten an HAE vom Typ I. Eine Familienanamnese mit HAE lag bei 89,1 % vor, eine Anamnese mit Larynxödem-Attacken bei 59,4 % (53,8 % ANDEMBRY und 68 % Placebo), und 32,8 % erhielten zuvor eine Prophylaxe. Während der 3 Monate vor dem Screening oder Beginn der HAE-Prophylaxe betrug die mediane (min., max.) zeitnormalisierte Anzahl von HAE-Anfällen pro Monat 2 (1, 10). Die häufigsten Lokalisationen der HAE-Anfälle waren kutan an den Extremitäten (78%) und abdominal (75%); die Lokalisation Hals/Kehlkopf/Zunge wurde in 8% berichtet. Von den 244 HAE-Anfällen in der Run-in-Phase waren 30,3 % leicht, 59,8 % mittelschwer und 9,8 % schwer. Während der Run-in-Phase der Studie konnten Attackenraten von ≥3 Attacken/Monat bei insgesamt 59,4 % der Patienten beobachtet werden.
ANDEMBRY zeigte eine statistisch signifikante Wirksamkeit gegenüber Placebo in der Intent-to-treat-(ITT-)Population (siehe Tabelle 3).
Die mittlere zeitnormalisierte Anzahl HAE-Attacken pro Monat während der 6-monatigen Behandlungsphase, der primäre Endpunkt der Studie, betrug 0,27 im ANDEMBRY-Arm und 2,01 im Placeboarm. Die mittlere Reduktion der zeitnormalisierten Attackenrate gegenüber Placebo betrug 86,5 % (median 100 %).
71.8% der mit ANDEMBRY behandelten Patienten waren während der ersten 3 Behandlungsmonate frei von Attacken vs. 8,3 % der Patienten unter Placebo. Im insgesamt 6-monatigen Behandlungszeitraum betrug der prozentuale Anteil der attackenfreien Patienten 61,5 % im ANDEMBRY-Arm im Vergleich zu keinem Patienten im Placeboarm.
Tabelle 3: Resultate der primären und sekundären Wirksamkeitsendpunkte (ITT-Analyseset)
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ANDEMBRY 200 mg (N = 39)
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Placebo (N = 25)
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Anzahl der evaluierbaren Patienten (n)
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39
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24a
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Anzahl der HAE-Attacken während der 6-monatigen Behandlungsphase
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63
|
264
|
Zeitnormalisierte Anzahl der HAE-Attacken pro Monat
|
|
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Mittelwert (SA)
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0,27 (0,683)
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2,01 (1,341)
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95%-KI
|
0,05; 0,49
|
1,44; 2,57
|
Median (IQR)
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0,00 (0,0 bis 0,31)
|
1,35 (1,00 bis 3,20)
|
p-Wert*
|
< 0,001
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Prozentuale Reduktion der zeitnormalisierten Anzahl von HAE-Attacken relativ zu Placebo während der 6-monatigen Behandlungsphase
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Mittelwert (95%-KI)
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86,5 (95,7; 57,9)
|
|
Median
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100
|
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p-Wert*
|
< 0,001
|
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Patienten, die während der ersten 3 Monate unter Behandlung (Monate 1–3) attackenfrei waren
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Anzahl (%) Patienten
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28 (71,8)
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2 (8,3)
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95%-KI
|
56,22; 83,46
|
2,32; 25,85
|
p-Wert*
|
< 0,001
|
KI = Konfidenzintervall; HAE = hereditäres Angioödem; ITT = Intention-To-Treat; N = Anzahl Patienten im ITT-Analyseset; SA = Standardabweichung LS = Kleinste Quadrate (Least Squares).
a Ein Patient hatte eine Behandlungsphase von weniger als 30 Tagen und wurde deshalb nicht in die Analyse eingeschlossen
* Ein hierarchisches Testverfahren kontrolliert für das zweiseitige Alpha-Niveau von 5 %
Vier pädiatrische Patienten im Alter von 12 Jahren oder älter wurden in der Studie mit ANDEMBRY behandelt. Aufgrund der kleinen Patientenzahl ist eine umfassende Beurteilung der Wirksamkeit von ANDEMBRY bei pädiatrischen Patienten nicht möglich.
Die offene VANGUARD-Verlängerungsstudie ist eine multizentrische, offene Phase-III-Studie zur Untersuchung der langfristigen Sicherheit (primäres Ziel) und Wirksamkeit von ANDEMBRY, in die insgesamt 161 Patienten eingeschlossen wurden. Die 161 Patienten kommen von: der Studie VANGUARD (n = 57), einer multizentrischen, randomisierten, doppelblinden, placebokontrollierten Phase-III-Parallelgruppenstudie; einer multizentrischen, randomisierten, doppelblinden Phase-II-Parallelarmstudie (n = 35); die restlichen Patienten (n = 69) wurden neu eingeschlossen und waren naiv in Bezug auf die Behandlung mit ANDEMBRY. Insgesamt hatten 145 (90,1 %) Patienten HAE vom Typ I. Von den 57 Probanden der VANGUARD-Studie wurden 21 mit Placebo behandelt und erhielten beim Übergang zur offenen VANGUARD-Verlängerungsstudie und der Umstellung auf ANDEMBRY (aktive Behandlung) keine Aufsättigungdosis. Die Behandlung mit einer initialen Aufsättigungsdosis gegenüber einer Behandlung ohne Aufsättigungsdosis wurde nicht untersucht. Zum Zeitpunkt der Zwischenanalyse mit Datenschnitt vom 15. Juni 2024) betrug die mediane Expositionsdauer 27.5 Monate. Die beobachtete zeitnormalisierte Anzahl von HAE-Attacken, die Reduktion der Attackenrate und die Attackenfreiheit waren konsistent mit den Resultaten der Studie VANGUARD.
Zehn pädiatrische Patienten im Alter von 12 Jahren oder älter wurden in der Studie mit ANDEMBRY behandelt. Aufgrund der kleinen Patientenzahl ist eine umfassende Beurteilung der Wirksamkeit von ANDEMBRY bei pädiatrischen Patienten nicht möglich.
PharmakokinetikIn der Studie VANGUARD, die auf einer pharmakokinetischen Populationsanalyse basiert, zeigten Patienten, die einmal monatlich 200 mg Garadacimab subkutan erhielten, eine mittlere (SA) modellvorhergesagten Fläche unter der Kurve über das Dosierungsintervall hinweg im Steady-State (AUCtau,ss), eine maximale Konzentration im Steady-State (Cmax,ss) und eine minimale Konzentration im Steady-State (Cmin,ss) von 10 300 (3380) μg∙h/ml, 21,2 (6,58) μg/ml bzw. 9,30 (3,73) μg/ml. Die Steady-State-Exposition von Garadacimab wurde nach der initialen subkutanen Verabreichung der Aufsättigungsdosis von 400 mg (2 Dosen zu je 200 mg) erreicht.
Absorption
Nach subkutaner Anwendung beträgt die Zeit bis zur maximalen Konzentration etwa 6 Tage. Die Stelle der subkutanen Injektion (Oberschenkel, Arm oder Abdomen) hatte keinen Einfluss auf die Absorption von Garadacimab. Die mittlere absolute Bioverfügbarkeit von Garadacimab bei HAE-Patienten betrug 39,5 % auf Basis der pharmakokinetischen Populationsanalyse.
Distribution
Das mittlere (SA) apparente Verteilungsvolumen von Garadacimab bei Patienten mit HAE beträgt 7,42 Liter (4,20). Garadacimab ist ein monoklonaler Antikörper und es wird nicht davon ausgegangen, dass er an Plasmaproteine bindet.
Metabolismus
Ähnlich wie bei anderen monoklonalen Antikörpern ist auch bei Garadacimab davon auszugehen, dass der Abbau durch enzymatische Proteolyse in kleine Peptide und Aminosäuren erfolgt. Aus diesem Grund wurden keine spezifischen Metabolismus-Studien mit Garadacimab durchgeführt.
Elimination
Garadacimab hat eine mittlere (SA) apparente Clearance von 0,0217 l/h (0,00793) und eine terminale Eliminationshalbwertszeit von ungefähr 19 Tagen.
Kinetik spezieller Patientengruppen
In einer pharmakokinetischen Populationsanalyse war, nach Bereinigung um das Körpergewicht (43,3 – 153 kg), kein Einfluss von Geschlecht, Alter (12 Jahre bis 73 Jahre) oder ethnische Zugehörigkeit auf die Clearance oder das Verteilungsvolumen von Garadacimab ersichtlich.
Zwar wurde das Körpergewicht als wichtige Kovariate zur Beschreibung der Variabilität der Clearance und des Verteilungsvolumens identifiziert, der Unterschied ist jedoch nicht klinisch relevant und es werden keine Dosisanpassungen empfohlen.
Nieren- und Leberfunktionsstörung
Da monoklonale IgG-Antikörper hauptsächlich über den intrazellulären Stoffabbau eliminiert werden, ist nicht davon auszugehen, dass eine Nieren- oder Leberfunktionsstörung Einfluss auf die Clearance von Garadacimab hat.
Dementsprechend hatte in einer pharmakokinetischen Populationsanalyse eine Nierenfunktionsstörung (geschätzte glomeruläre Filtrationsrate: ≥90 ml/min/1,73m2 [normal, N = 145], 60 bis < 90 ml/min/1,73m2 [mild, N = 26] und 30 bis < 60 ml/min/1,73m2 [moderat, N = 2]) und Leberfunktionsstörungen (indirekt bewertet anhand der Alanin-Aminotransferase- und Gesamtbilirubin; normal, N = 246, leicht, N = 15; schwer, N = 1) keine Auswirkung auf die PK von Garadacimab.
Präklinische DatenBasierend auf den konventionellen Studien lassen die präklinischen Daten keine besonderen Gefahren für den Menschen erkennen.
Garadacimab war sowohl bei Mäusen als auch bei Javaneraffen gut verträglich in Dosierungen bis zu 100 mg/kg intravenös und 200 mg/kg subkutan bei 3 bis 9 Anwendungen über bis zu 5 Wochen sowie in Dosierungen von 30 mg/kg intravenös und 60 mg/kg subkutan einmal wöchentlich für 26 Wochen.
Es wurden keine Studien durchgeführt, um die Genotoxizität und die Kanzerogenität von Garadacimab zu untersuchen. Es wird nicht davon ausgegangen, dass Garadacimab direkt in Interaktion tritt mit DNA oder anderem Chromosomenmaterial, da es vollständig aus natürlich vorkommenden Aminosäuren besteht und keine anorganischen oder synthetischen Linker oder andere Nicht-Protein-Anteile enthält.
Männliche und weibliche Fertilität wurden nicht beeinträchtigt, da keine negativen Auswirkungen auf Paarung, Fruchtbarkeit, Fertilitätsindizes, maternale Reproduktionsparameter, embryonales Überleben oder Spermaqualität bei geschlechtsreifen Kaninchen festgestellt wurden, die Garadacimab in Dosen bis zu 100 mg/kg intravenös einmal alle drei Tage erhalten hatten (dies resultiert in einer Exposition bei Weibchen bzw. Männchen, die, bezogen auf die AUC, etwa dem 83- bzw. 103-Fachen der Exposition entspricht, die mit der für Menschen empfohlenen Dosis von 200 mg subkutan einmal monatlich erreicht wird).
In einer prä- und postnatalen Entwicklungsstudie zur Toxizität bei wiederholter Gabe erhielten trächtige Kaninchen Garadacimab einmal alle 5 Tage, von der Einnistung bis zur Entwöhnung, in Form von subkutan oder intravenös verabreichten Dosen bis zu 100 mg/kg/Dosis. Bei Kaninchen, die Garadacimab subkutan erhielten, resultierte dies in ungefähr dem 53-Fachen der Exposition, die, bezogen auf die AUC, mit der für Menschen empfohlenen Dosis von 200 mg subkutan erreicht wird. Es gab keine Garadacimab-bedingte Toxizität bei der Eltern- oder der Nachkommengeneration bis zu einem Alter von 6 Monaten.
Sonstige HinweiseInkompatibilitäten
Nicht zutreffend.
Haltbarkeit
Das Arzneimittel darf nur bis zu dem auf der Packung mit «EXP» bezeichneten Datum verwendet werden.
Das Präparat enthält kein Konservierungsmittel.
Besondere Lagerungshinweise
Im Kühlschrank (2–8 °C) lagern.
Nicht einfrieren.
Den Behälter im Umkarton aufbewahren, um den Inhalt vor Licht zu schützen.
Ausser Reichweite von Kindern aufbewahren.
Die Lösung (Fertigpen) kann für bis zu 2 Monate bei Raumtemperatur, nicht über 25 °C, gelagert werden, jedoch nicht über das Verfalldatum hinaus. ANDEMBRY darf nicht wieder im Kühlschrank gelagert werden, nachdem es bei Raumtemperatur bis zu 25 °C aufbewahrt wurde.
Hinweise für die Handhabung
Garadacimab wird in Fertigpens angeboten.
Vor der Anwendung ist das Aussehen von ANDEMBRY durch vorsichtiges Überkopfdrehen visuell zu prüfen. Die Lösung soll leicht opalisierend bis klar, bräunlich-gelb bis gelb sein. Lösungen, die Verfärbungen aufweisen oder Partikel enthalten, dürfen nicht verwendet werden. Nicht schütteln.
Verabreichungsschritte
Den Fertigpen 30 Minuten vor der Anwendung aus dem Kühlschrank nehmen, damit er Raumtemperatur annehmen kann. ANDEMBRY subkutan in den Bauchbereich, den Oberschenkel oder den Oberarm injizieren (siehe «Art der Anwendung»).
Die Injektion mit dem Fertigpen kann bis zu 15 Sekunden dauern.
Auf das erste Klicken achten (dieses signalisiert den Start der Injektion, und der gelbe Kolben beginnt, sich durch das Sichtfenster zu bewegen). Den Pen gedrückt halten und beobachten, wie der gelbe Kolben nach unten wandert und das Sichtfenster füllt. Ein zweites Klicken ist hörbar, und das Sichtfenster ist komplett gelb. Weitere 5 Sekunden warten, um sicherzugehen, dass die Dosis vollständig verabreicht wurde.
Jeder Fertigpen ist nur zum einmaligen Gebrauch bestimmt. Den Fertigpen nach der Injektion in einem Behälter für scharfe/spitze Gegenstände oder in einem geschlossenen durchstichsicheren Behälter entsorgen.
Allfällige Medikamentenreste sind gemäss den örtlichen Vorschriften zu entsorgen.
Die Gebrauchsanweisung ist in der Patienteninformation enthalten.
Zulassungsnummer69553 (Swissmedic)
PackungenPackung mit 1 x 1,2-ml Injektionslösung mit einer Fertigspritze aus Glas innerhalb eines Fertigpens mit 200 mg Garadacimab [B]
ZulassungsinhaberinCSL Behring AG, Bern
Stand der InformationJanuar 2025
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