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Lampren®
Novartis Pharma Schweiz AG

Lepramittel 

Zusammensetzung

Wirkstoff: Clofaziminum.

Kapseln zu 50 mg und 100 mg.

Hilfsstoffe: Conserv.: E 215, E 217; Antiox.: E 321;
Ethylvanillin., Excip. pro caps.

Eigenschaften/Wirkungen

Clofazimin, der Wirkstoff von Lampren, übt am Menschen auf Mycobacterium leprae (Hansen-Bazillus) einen bakteriostatischen und schwach bakteriziden Effekt aus.
Der genaue Wirkungsmechanismus gegen Mycobakterien ist bisher nicht geklärt. Clofazimin bindet offenbar vorzugsweise an die DNA der Mycobakterien und hemmt deren Replikation und Wachstum.
Mit Dapson und Rifampicin besteht keine Kreuzresistenz, wahrscheinlich weil Clofazimin einen anderen Wirkungsmechanismus besitzt. Bisher wurde nur vereinzelt über eine Resistenz von M. leprae gegen Clofazimin berichtet.
Clofazimin besitzt auch eine entzündungshemmende Wirkung, welche unter Umständen die Wirksamkeit von Lampren bei Erythema nodosum leprosum (ENL) Reaktionen unterstützt.
Da sich M. leprae nicht auf künstlichen Nährböden vermehrt, können die üblichen Testmethoden nicht verwendet werden. Man benutzt hauptsächlich einen in vivo-Test, in dem man einer Mauspfote die bei leprakranken Patienten entnommenen M. leprae injiziert. Die zur Hemmung von M. leprae notwendige Mindestkonzentration von Clofazimin im Gewebe von Mäusen liegt schätzungsweise zwischen 0,1 und 1 µg/g; die ungleichmässige Verteilung im Gewebe schliesst eine genauere Schätzung aus.
Bei Patienten mit lepromatöser Lepra ist der antibakterielle Gesamteffekt von Lampren dem von Dapson vergleichbar. Allerdings setzt die antimikrobielle Wirkung von Lampren langsam ein und ist erst nach etwa 50 Behandlungstagen nachweisbar.

Pharmakokinetik

Absorption
Clofazimin wird relativ langsam resorbiert. Die Bioverfügbarkeit der mikronisierten Suspension in einer Öl-Wachs-Grundlage beträgt nach einer Dosis von 100 mg bis zu 70% und nimmt mit ansteigender Dosis ab. Die maximale Plasmakonzentration der unveränderten Substanz wird zwischen 8 und 12 Stunden nach einer oralen Einzeldosis erreicht. Die Verabreichung des Medikaments zusammen mit Nahrung erhöht die Bioverfügbarkeit, gemessen anhand der Fläche unter der Konzentrationskurve, um etwa 60% und führt unter Umständen zu einer Beschleunigung der Resorptionsgeschwindigkeit. Nach Verabreichung einer oralen Einzeldosis von 200 mg Clofazimin mit dem Frühstück wurden bei gesunden freiwilligen Probanden mittlere Plasmaspitzenkonzentrationen von 861 (± 289) pmol/g gemessen. Wird Clofazimin auf nüchternen Magen eingenommen, liegt die maximale Plasmakonzentration etwa 20% niedriger.
Bei wiederholter Gabe von Clofazimin in Tagesdosen von 50 und 100 mg wurden bei Lepra-Patienten nach 42 aufeinanderfolgenden Tagen mittlere morgendliche Tiefstkonzentrationen von 580 bzw. 910 pmol/g gemessen, wobei Steady-State-Konzentrationen in dieser Zeit noch nicht erreicht wurden.

Distribution
Clofazimin ist stark lipophil und reichert sich hauptsächlich im Fettgewebe und in den Makrophagen des retikulo-endothelialen Systems an. Nach Langzeitbehandlung wurde Clofazimin in folgenden Organen, Geweben und Körperflüssigkeiten nachgewiesen: Im subkutanen Fett, in den mesenterialen Lymphknoten, in Galle, Gallenblase, Nebenniere, Milz, Dünndarm, Leber, Muskelgewebe, Knochen und Haut, niemals aber im Gehirn. Clofazimin passiert die intakte Blut-Hirn-Schranke offenbar nicht.
Clofazimin passiert die Plazentaschranke und tritt in so grossen Mengen in die Muttermilch über, dass es eine Verfärbung der Milch bewirkt.

Metabolismus
Über den Metabolismus von Clofazimin liegen nur begrenzte Informationen vor. Im Urin wurden drei Metaboliten, zwei davon Glucuronide, nachgewiesen.

Elimination
Clofazimin wird langsam aus dem Plasma eliminiert. Bei gesunden freiwilligen Probanden betrug die mittlere Eliminationshalbwertszeit der unveränderten Substanz nach Gabe einer Einzeldosis von 200 mg 10,6 (± 4,0) Tage. Bei Lepra-Patienten betrug die Eliminationshalbwertszeit nach wiederholter Verabreichung von 50 mg und 100 mg/d, geschätzt anhand der Konzentrationskurve, etwa 25 Tage.
Das unveränderte Clofazimin wird hauptsächlich über die Galle mit den Faeces ausgeschieden. Innerhalb von 3 Tagen wurden durchschnittlich 35% der verabreichten Dosis gefunden. Höchstens 0,4% der verabreichten Dosis werden nach 24 Stunden als unverändertes Clofazimin im Urin gefunden. Die Metaboliten im Urin machen etwa 0,6% der Tagesdosis aus.

Kinetik in besonderen klinischen Situationen
Über die Auswirkungen des Alters oder bestehender Leber- oder Nierenfunktionsstörugen auf die Pharmakokinetik von Clofazimin liegen keine Daten vor.

Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten

Belegte Indikationen
Lampren dient in Kombination mit Rifampicin und Dapson zur Behandlung der multibazillären Lepraformen wie lepromatöse (LL), borderline-lepromatöse (BL) und mid-borderline (BB) Lepra (Klassifikation nach Ridley und Jopling) und des Erythema nodosum leprosum (ENL).
Eine «multidrug»-Therapie (MDT) ist notwendig, um das Aufkommen resistenter Stämme von M. leprae zu verhindern.
Quelle: WHO Expert Commitee on Leprosy, Seventh Report, Technical Report Series No. 874, 1998, ISBN 92 4 120874 0.
Zu beachten ist, dass die Kalender-Blisterpackungen zur MDT von der WHO gratis erhältlich sind.

Dosierung/Anwendung

Zur Behandlung der Lepra empfiehlt die WHO folgende Dosierungsschemata:

Multibazilläre Lepra (LL, BL, BB)

Erwachsene

Lampren: 300 mg 1× pro Monat unter Überwachung + 50 mg 1× pro Tag als Selbstmedikation + Rifampicin: 600 mg 1× pro Monat unter Überwachung + Dapson: 100 mg 1× pro Tag als Selbstmedikation.

Kinder (10-14 Jahre)

Lampren: 150 mg 1× pro Monat unter Überwachung + 50 mg jeden zweiten Tag als Selbstmedikation + Rifampicin: 450 mg 1× pro Monat unter Überwachung + Dapson: 50 mg 1× pro Tag als Selbstmedikation.

Kinder <10 Jahre
Die Dosis sollte nach Bedarf angepasst werden, z.B.:

Lampren: 100 mg 1× pro Monat unter Überwachung + 50 mg 2× pro Woche als Selbstmedikation + Rifampicin: 300 mg 1× pro Monat unter Überwachung + Dapson: 25 mg 1× pro Tag als Selbstmedikation.

Behandlungsdauer
Zu verabreichen sind zwölf Therapiezyklen. Dies sollte innerhalb von 12 Monaten geschehen.

Erythema nodosum leprosum (ENL)

Erwachsene und Kinder
Beim Auftreten von Erythema nodosum leprosum wird die bisherige Therapie mit Rifampicin und Dapson unverändert fortgesetzt und die Dosierung von Lampren auf 200-300 mg/d, unter Überwachung verabreicht, erhöht. Diese hohen Tagesdosen dürfen nicht länger als 3 Monate verabreicht werden.
Quelle: WHO Expert Commitee on Leprosy, Seventh Report, Technical Report Series No. 874, 1998, ISBN 92 4 120874 0.

Korrekte Art der Einnahme
Um eine maximale Resorption zu erreichen, sollte Lampren zu den Mahlzeiten oder mit Milch eingenommen werden.

Anwendungseinschränkungen

Kontraindikationen
Bekannte Überempfindlichkeit gegenüber Clofazimin oder einem anderen Bestandteil von Lampren.

Vorsichtsmassnahmen
Lampren sollte zur Behandlung der Lepra nie allein angewendet werden. Dreierkombinationstherapie (MDT) ist zur Vorbeugung von Therapieresistenzen erforderlich.
Leprapatienten, die wiederholt an Bauchschmerzen und Durchfällen leiden, sowie Kranke mit Leber- oder Nierenschäden sollten wenn möglich nicht mit Lampren behandelt werden. Falls die Behandlung unumgänglich ist, müssen diese Patienten unter medizinischer Überwachung bleiben.
Eine Therapie mit Tagesdosen von mehr als 100 mg Lampren sollte nicht länger als 3 Monate dauern; die Patienten sind während dieser Zeit ärztlich zu überwachen.
Bei längerer Anwendung in hoher Dosierung kann es zur Akkumulation und Präzipitation von Clofazimin im Gewebe kommen, z.B. in der Dünndarmwand. Eine Enteropathie kann sich entwickeln, wenn es zu Kristallablagerungen in der Lamina propria der Mukosa des Jejunums und den Lymphknoten des Mesenteriums kommt, die in manchen Fällen einen Darmverschluss zu Folge haben. Treten unter der Behandlung gastrointestinale Beschwerden auf, ist die Dosis herabzusetzen oder das Einnahmeintervall zu verlängern. Nach dem Absetzen des Medikaments gehen die Symptome unter Umständen langsam zurück.
Bei anhaltenden Durchfällen oder Erbrechen muss der Patient hospitalisiert werden.
Der Arzt sollte sich bewusst sein, dass die Hautverfärbung durch Lampren zu einer Depression führen kann (es wurde über zwei Fälle von Depression mit Suizid berichtet). Die Patienten sind vorsorglich darüber aufzuklären, dass es durch Lampren zu Verfärbungen von Bindehaut, Tränenflüssigkeit, Schweiss, Sputum, Urin, Faeces, Nasenschleim, Sperma und Muttermilch sowie zu rötlicher bis bräunlichschwarzer Verfärbung der Haut kommen kann. Die Patienten sind darauf hinzuweisen, dass die Hautverfärbungen zwar reversibel sind, doch unter Umständen erst Monate oder Jahre nach Beendigung der Therapie mit Lampren gänzlich abklingen.

Schwangerschaft/Stillzeit
Schwangerschaftskategorie C.
Tierstudien haben unerwünschte Effekte auf den Foetus gezeigt, und es existieren keine kontrollierten Humanstudien.
Die Erfahrungen mit Lampren in der Schwangerschaft sind begrenzt. Clofazimin passiert die Plazentaschranke, und es wurden Hautverfärbungen bei Neugeborenen beobachtet. In der Schwangerschaft sollte Lampren daher nur angewendet werden, wenn der potentielle Nutzen das Risiko für den Foetus rechtfertigt. Da eine Schwangerschaft zur Exazerbation einer bestehenden Lepra führt, empfiehlt die WHO, die Therapie mit Lampren in der Schwangerschaft fortzuführen.
Clofazimin tritt in die Muttermilch über und kann beim Säugling zu Hautverfärbungen führen. Der potentielle Nutzen für die Mutter und das Risiko für den Säugling (Hautverfärbung) sollen beim Entscheid über die Anwendung von Lampren während der Stillzeit sorgfältig gegeneinander abgewogen werden.

Auswirkungen auf die Fähigkeit, am Strassenverkehr teilzunehmen oder Maschinen zu bedienen
Unter der Behandlung mit Lampren wurde über undeutliches Sehen, Müdigkeit und Kopfschmerzen berichtet. Patienten, die unter derartigen Nebenwirkungen leiden, sollten kein Fahrzeug lenken und keine Maschine bedienen.

Unerwünschte Wirkungen

Folgende Nebenerscheinungen wurden beobachtet:

Haut und Hautanhangsgebilde

Häufig: Rötliche bis bräunlich-schwarze Verfärbung der Haut und der leprösen Läsionen, besonders an lichtexponierten Stellen bei hellhäutigen Patienten, sowie Verfärbung der Haare (bei 75-100% der Patienten). Die Verfärbung ist reversibel, klingt aber an der Haut unter Umständen erst Monate nach Beendigung der Therapie gänzlich ab. Ichthyosis und Hauttrockenheit.

Gelegentlich: Hautausschlag, Pruritus.

Selten: Photosensibilität, akneähnliche Eruptionen.

Vereinzelt: Exfoliative Dermatitis.

Gastrointestinaltrakt

Häufig: Übelkeit, Erbrechen, Bauchschmerzen, Durchfall (40-50% der Patienten).

Selten: Anorexie, eosinophile Enteropathie.

Vereinzelt: Darmverschluss.

Augen

Häufig oder gelegentlich: Verfärbung der Konjunktiva, der Kornea und der Tränenflüssigkeit.

Gelegentlich: Trockene, gereizte Augen. Undeutliches Sehen.

Selten: Pigmentierung der Macula. Subepithelial in der Kornea bräunlich pigmentierte Streifen aufgrund von Kristallablagerungen, die nach Absetzen von Lampren reversibel sind.

Zentralnervensystem

Selten: Kopfschmerzen, Müdigkeit, Neuralgien, Geschmacksstörungen.

Vereinzelt: Depression aufgrund von Hautverfärbungen.

Laborwerte

Selten: erhöhte Blutzuckerwerte.

Andere

Häufig: Verfärbung von Körperflüssigkeiten und Sekreten, z.B. Schweiss, Sputum, Urin, Faeces.

Gelegentlich: Gewichtsverlust.

Vereinzelt: Milzinfarkt, Lymphadenopathie.

Interaktionen

Dapson
Lampren hat offenbar keine wesentlichen Effekte auf die Pharmakokinetik von Dapson, obwohl die Ausscheidung von Dapson mit dem Urin bei einigen Patienten vorübergehend erhöht war. Hinweise auf eine Verminderung der entzündungshemmenden Wirkung von Lampren durch Dapson haben sich nicht bestätigt. Selbst wenn bei gleichzeitiger Behandlung mit Dapson und Lampren entzündliche Reaktionen auftreten, die in Zusammenhang mit der Lepra stehen, ist es ratsam, die Therapie mit beiden Medikamenten fortzusetzen.

Rifampicin
Clofazimin vermindert die Resorption von Rifampicin bei Leprapatienten und verlängert die Zeit bis zum Erreichen maximaler Serumkonzentrationen und die Halbwertszeit. Die Bioverfügbarkeit wurde nicht beeinträchtigt, weshalb diese Interaktion wahrscheinlich klinisch nicht signifikant ist.
Rifampicin beschleunigt die Plasma-Clearance von Dapson; in der Leprabehandlung erfordert dies jedoch keine Dosisänderung.

Isoniazid
Bei gleichzeitiger Anwendung von hohen Dosen Clofazimin (300 mg/d) und Isoniazid (300 mg/d) wurden erhöhte Konzentrationen von Clofazimin in Plasma und Urin festgestellt. In der Haut hingegen wurden geringere Konzentrationen gemessen.

Überdosierung

Bei einer akuten Überdosierung von Clofazimin ist der Patient zum Erbrechen zu bringen oder eine Magenspülung durchzuführen. Allenfalls auftretende Erscheinungen sollen symptomatisch behandelt werden.

Sonstige Hinweise

Haltbarkeit
Lampren soll vor Feuchtigkeit geschützt und nicht über 25 °C aufbewahrt werden.

IKS-Nummern

34914.

Stand der Information

März 2001.
RL88