Zusammensetzung
Wirkstoff: Nadolol.
Tabletten zu 60 mg und 120 mg.
Eigenschaften/Wirkungen
Corgard wirkt als spezifischer Antagonist der Beta-1- und Beta-2-Rezeptoren. Durch die Blockade von Beta-1-Rezeptoren wird das Herz vor übersteigerten Erregungsimpulsen wirksam abgeschirmt. Die erhöhte Herzfrequenz wird gesenkt und die Herzarbeit herabgesetzt. Das Herz arbeitet ruhiger und verbraucht weniger Sauerstoff.
Corgard besitzt keine sympathikomimetische Eigenwirkung (SA) und weist auch keine unspezifische membranstabilisierende (lokalanästhetische, chinidinartige) Effekte auf. Die direkte Myokarddepression ist gering.
Im Gegensatz zu anderen Betarezeptorenblockern wie Propranolol wird unter Cogard trotz reduziertem Herzminutenvolumen die Nierendurchblutung entweder nicht verändert oder sogar erhöht, was besonders für ältere Patienten wichtig ist.
Die glomeruläre Filtrationsrate bleibt erhalten. Es wird ein direkter vasodilatierender Effekt auf die Nierengefässe postuliert.
Bei Angina pectoris werden Anfälle in ihrer Häufigkeit und Intensität durch eine Langzeitbehandlung mit Corgard deutlich verringert oder völlig beseitigt.
Bei Bluthochdruck senkt Corgard den systolischen und diastolischen Blutdruck in Ruhe und unter Belastung, sowohl im Stehen als auch im Liegen.
Corgard wirkt antiarrhythmisch; besonders wirksam ist es bei Arrhythmien, die durch einen erhöhten Katecholaminspiegel oder eine gesteigerte Ansprechbarkeit des Herzens auf Katecholamine verursacht sind.
Corgard wirkt auch bei vaskulärem Kopfschmerz und Migräne. Dessen Wirksamkeit bei gleichen Wirkstoffmengen bezüglich der Reduktion von Anfallshäufigkeit, -intensität und Schmerz ist vergleichbar oder besser als mit Propranolol.
Pharmakokinetik
Absorption
Nach oraler Verabreichung werden etwa 30% der Dosis resorbiert. Die maximale Serumkonzentration wird 3-4 Stunden nach Einnahme des Medikamentes erreicht. Die Nahrung hat keinen Einfluss auf die Absorption von Nadolol aus dem Magen-Darm-Trakt.
Distribution
Nadolol wird im extravasalen Raum verteilt. Das Verteilungsvolumen beträgt nach oraler Verabreichung etwa 2 l/kg Körpergewicht. Nadolol ist zu etwa 30% reversibel an Plasmaeiweiss gebunden.
Im Tierversuch konnte gezeigt werden, dass Nadolol sich rasch in Leber und Niere verteilt. Nadolol passiert die Plazenta. In der Muttermilch werden höhere Konzentrationen als im Serum gemessen.
Aufgrund der hydrophilen Eigenschaften von Nadolol ist ein Übergang in Liquor und Gehirn nicht zu erwarten.
Metabolismus
Nadolol wird beim Menschen nicht metabolisiert, deshalb kann die orale Resorptionsquote von 30% mit der Bioverfügbarkeit gleichgesetzt werden.
Elimination
Die Ausscheidung des Betablockers erfolgt hauptsächlich über die Nieren (Anteil 69-77%). Die extrarenale Dosisfraktion (Q o ) beträgt 0,25. Da die Substanz über einen enterohepatischen Kreislauf verfügt, wird der kleinere Anteil (23-31%) über die Fäzes ausgeschieden. Die Eliminationshalbwertszeit von Nadolol beträgt 20-24 Stunden, die klinisch-pharmakologische Wirkung ca. 24 Stunden.
Kinetik in besonderen klinischen Situationen
Die Ausscheidung von Nadolol ist bei einer Niereninsuffizienz verlangsamt. Die Dosierung muss der eingeschränkten Nierenfunktion angepasst werden (s. «Spezielle Dosierungsanweisungen»).
Indikationen/Anwendungsmöglichkeiten
Hypertonie: Zur Langzeitbehandlung entweder allein oder in Kombination mit anderen Medikamenten wie Diuretika.
Angina pectoris: Zur langfristigen Anfallprophylaxe; Corgard ist nicht zur Anfalltherapie geeignet.
Migräne: Zur Prophylaxe.
Dosierung/Anwendung
Corgard kann unabhängig von den Mahlzeiten, 1× täglich, mit Flüssigkeit eingenommen werden.
Hypertonie, Angina pectoris und zur Migräneprophylaxe
Beginn der Behandlung mit 1 Tablette Corgard 60 1× täglich. Sollte eine Dosisänderung erforderlich sein, so kann die Tagesdosis auf ½ Tablette Corgard 60 (= 30 mg Nadolol) gesenkt oder auf 1 Tablette Corgard 120 erhöht werden. Die Herzfrequenz sollte nicht unter 50 Schläge pro Minute gesenkt werden. Die meisten Patienten sprechen bereits auf 1 Tablette Corgard 60 1× täglich gut an.
Spezielle Dosierungsanweisungen
Niereninsuffizienz: Bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion ist die Dosis zu reduzieren und/oder sind die Einnahmeintervalle zu verlängern:
----------------------------------------------------
Kreatinin-Clearance Dosierungs-Intervall
(ml/Min./1,73 m²) (Std.)
----------------------------------------------------
>50 24
50-31 24-36
30-10 24-48
<10 40-60
----------------------------------------------------
Corgard ist dialysierbar, die Clearance von Corgard beträgt dabei 40-100 ml/Min.
Die Behandlung mit Corgard ist in der Regel eine Langzeittherapie. Soll, insbesondere bei Patienten mit Angina pectoris, die Behandlung mit Corgard beendet werden, so ist die Dosis schrittweise über 2 Wochen zu vermindern. Wie bei allen Betasympathikolytika können sonst durch plötzliches Absetzen Anfälle von Angina pectoris, Arrhythmien oder sogar ein Herzinfarkt ausgelöst werden.
Anwendungseinschränkungen
Kontraindikationen
Manifeste digitalisrefraktäre Herzinsuffizienz, AV-Block 2. und 3. Grades, sinuatrialer Block, Sinusknotensyndrom, kardiogener Schock sowie Bradykardie unter 50 Schläge/Min., Bronchialasthma.
Corgard darf nicht angewendet werden, wenn eine Überempfindlichkeit besteht gegenüber Nadolol oder irgendeiner Komponente des Präparates.
Da keine ausreichenden klinischen Erfahrungen über die Anwendung von Nadolol bei Kindern vorliegen, sollte das Präparat bei Kindern unter 12 Jahren nicht angewendet werden.
Vorsichtsmassnahmen
Obstruktive Atemwegserkrankungen (spastische Bronchitis, allergische Rhinitis), AV-Block 1. Grades, bifazikulärer Schenkelblock, extreme Hypotonie, metabolische Acidose, diabetische Ketoacidose, Diabetes, schwere Nieren- und Leberinsuffizienz, Cor pulmonale, Spätstadien peripherer Durchblutungsstörungen.
Bei Phäochromozytom darf Corgard nur gleichzeitig mit einem Alphablocker gegeben werden.
Corgard ist, insbesondere bei Patienten mit Koronarerkrankungen, nicht plötzlich abzusetzen, da sonst Angina-pectoris-Anfälle, Arrhythmien oder sogar ein Herzinfarkt ausgelöst werden können (s. «Spezielle Dosierungsanweisungen»).
Bei Patienten mit Diabetes oder Leberfunktionsstörungen sollte eine Dauerbehandlung mit Corgard nur unter regelmässiger Kontrolle der Laborwerte erfolgen.
Patienten mit Claudicatio intermittens und einer Raynaud-Symptomatik bedürfen einer regelmässigen Kontrolle.
Bei Patienten mit einer Psoriasis in der Eigen- oder Familienanamnese sollte die Verordnung von Arzneimitteln, die Beta-Rezeptorenblocker enthalten, nur nach sorgfältiger Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen.
Schwangerschaft/Stillzeit
Schwangerschafts-Kategorie C.
Schwangerschaft: Tierstudien haben unerwünschte Effekte auf den Fötus gezeigt (Embryotoxizität, Fetotoxizität), und es existieren keine kontrollierten Humanstudien.
Nadolol passiert die Plazentarschranke und kann deshalb beim Fötus oder beim Neugeborenen zu Sinusbradykardie, bradykarden Herzrhythmusstörungen (Beta-1-Rezeptoren) und Hypoglykämie (Beta-2-Rezeptoren) führen.
Unter diesen Umständen soll Corgard nur verabreicht werden, wenn der potentielle Nutzen das fötale Risiko übersteigt.
Stillzeit: Nadolol wird in die Muttermilch ausgeschieden und kann deshalb beim Säugling Herzrhythmusstörungen und Hypoglykämie hervorrufen. Falls eine Therapie mit Nadolol in Erwägung gezogen wird, so sollte abgestillt werden.
Unerwünschte Wirkungen
Nebenwirkungen treten nur gelegentlich auf und sind meist von vorübergehender Natur; ein Therapieabbruch ist nur in Ausnahmefällen erforderlich.
Herz-/Kreislaufsystem: Gelegentlich können Bradykardie, AV- und sinuatrealer Block, Linksherzinsuffizienz, Hypotonie als bedrohliche Wirkungen auftreten.
Periphere arterielle Durchblutungsstörungen, wie periphere Vasokonstriktion (bei Patienten mit Morbus Raynaud kann es gelegentlich zu einer Verstärkung der Beschwerden kommen, ebenso bei Patienten mit Claudicatio intermittens), Muskelkrämpfe, Kribbeln, Taubheits- oder Kältegefühl in den Gliedmassen, Synkope sind gelegentlich beobachtet worden.
Respirationstrakt: Selten Bronchospasmus, Erhöhung des Atemwegswiderstandes, vor allem bei chronischer Bronchitis und Emphysem.
Zentralnervensystem: Gelegentlich Vertigo, selten Schlaflosigkeit, Alpträume, Kopfschmerzen, Müdigkeit, Halluzinationen, Muskelschwäche, Sehstörungen. Eine latente Depression kann manifest werden.
Magen-Darm-Trakt: Gelegentlich Emesis, Obstipation, Meteorismus, Diarrhoe, Mundtrockenheit.
Hauterscheinungen: Selten Erythem, Pruritus, trockene Haut.
Stoffwechsel: Durch die Beta-2-Rezeptoren-Blockade wird die Glykogenolyse gebremst. Dadurch kann es beim behandelten Diabetes mellitus leichter zu Hypoglykämien kommen. Da auch die peripheren Symptome der sympathischen Gegenregulation (Schwitzen, Zittern, Unruhe und Herzklopfen) durch die Blockade abgeschwächt werden, kann die Hypoglykämie durch Corgard maskiert werden. Die Betablockade vermindert die Insulinfreisetzung als Antwort auf eine Hyperglykämie, daher kann eine Anpassung der antidiabetischen Dosierung erforderlich sein.
Betablockade kann bestimmte Anzeichen (z.B. Tachykardie) eines Hyperthyreoidismus verschleiern. Bei Patienten mit Verdacht auf Hyperthyreose dürfen Betablocker nur vorsichtig abgesetzt werden, um ein akutes Entgleisen der Schilddrüsenfunktion zu vermeiden.
Hämatologie: Selten Agranulocytose, aplastische Anämie, Leukopenie, Thrombocytopenie oder nicht-thrombocytopenische Purpura.
Andere mögliche unerwünschte Wirkungen: Selten Abnahme der Libido, Impotenz, verminderter Tränenfluss (Kontaktlinsenträger), Gewichtszunahme, Schwellung der Nasenschleimhaut, Husten, Schwitzen, Haarausfall, akute interstitielle Nephritis oder Verschlimmerung einer Myopie.
Interaktionen
Corgard kann die Wirkung von gleichzeitig verabreichten Antihypertonika wie ACE-Hemmer sowie von Curare-Präparaten verstärken; dies gilt insbesondere für Arzneimittel, welche die Adrenalinspeicher entleeren (Reserpin, Guanethidin).
Die gleichzeitige Gabe von Antidiabetika erfordert eine Überwachung des Patienten, da Symptome einer Hypoglykämie, wie Puls- und Blutdruckveränderungen, durch Betarezeptorenblocker verschleiert werden können (s. «Unerwünschte Wirkungen»).
Der kardiodepressive Effekt von Narkotika und Chinidin kann verstärkt werden. Vorsicht bei gleichzeitiger Verabreichung von Digitalis (Bradykardie), Chinidin und Phenytoin.
Bei gleichzeitiger Anwendung von antiarrhythmisch wirkenden Arzneimitteln und Kalziumantagonisten (z.B. Verapamil) kann es zu Hypotonie, Bradykardie und anderen Herzrhythmusstörungen kommen. Vorsicht und sorgfältige Überwachung des Patienten ist angezeigt.
MAO-Hemmer können die Wirkung von Betarezeptorenblockern verstärken.
Gleichzeitige Einnahme mit Clonidin kann zu einem paradoxen Blutdruckanstieg führen und sollte sorgfältig überwacht werden. Clonidin darf bei gleichzeitiger Gabe erst abgesetzt werden, wenn einige Tage zuvor die Verabreichung von Nadolol beendet wurde.
Überdosierung
Bei Überdosierung kann Nadolol aus dem Blutkreislauf durch Hämodialyse entfernt werden. Zusätzlich kann eine Magenspülung vorgenommen werden. Die lange Wirkungsdauer des Präparates muss bei den zu treffenden Massnahmen berücksichtigt werden.
Pulsverlangsamung, Blutdruckabfall
Bei bedrohlicher Pulsverlangsamung oder übermässigem Blutdruckabfall ist Corgard abzusetzen und, falls notwendig, eines der folgenden Antidote zu verabreichen:
Atropin intravenös 0,25-1 mg oder Orciprenalin 0,5 mg langsam intravenös.
Herzversagen
Abhängig vom Einzelfall wird ein Digitalis-Präparat und ein Diuretikum verabreicht. Auch die Anwendung von Glucagon hat sich bewährt.
Bronchospasmus
Orciprenalin langsam i.v.
Sonstige Hinweise
Patienten, speziell solche die an Koronarinsuffizienz leiden, müssen darauf hingewiesen werden, dass die Unterbrechung der Medikation zu Angina pectoris, Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkt und Kammerflimmern führen kann. Die Therapie mit Corgard darf nicht ohne die Benachrichtigung des Arztes abgebrochen werden. Allfällige Nebenwirkungen sollen deshalb sofort dem Arzt mitgeteilt werden.
Eine Allgemeinnarkose ist unter Corgard möglich. Der Patient muss jedoch gegen einen zu starken Vagotonus mit einer intravenösen Atropin-Injektion (0,25-1,0 mg Atropinsulfat) geschützt werden. Bestimmte Narkosemittel wie Ether, Chloroform, Cyclopropan und Trichlorethylen sind zu vermeiden. Es sollen Narkosemittel mit möglichst geringer negativ-inotroper Wirkung gewählt werden.
Haltbarkeit
Das Medikament darf nur bis zu dem auf dem Behälter mit «EXP» bezeichneten Datum verwendet werden.
Stand der Information
März 1993/KH.
RL88