Warnhinweise und VorsichtsmassnahmenBei Kindern mit strukturellen Herzanomalien, die mit Stimulantien, einschliesslich Methylphenidat, behandelt wurden, wurde über plötzliche Todesfälle berichtet. Vereinzelt wurde auch über solche Ereignisse bei Patienten mit vermuteten vorbestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen berichtet. Bei Kindern mit strukturellen kardialen Anomalien oder kardiovaskulären Vorerkrankungen sollte Methylphenidat deshalb nicht angewendet werden (s. «Kontraindikationen»).
Um auch bestehende Herzkrankheiten zu erkennen, sollte bei Patienten, bei denen eine Behandlung mit Ritalin/-LA vorgesehen ist, eine sorgfältige Anamnese (einschliesslich Abklärung der Familiengeschichte in Bezug auf plötzliche Todesfälle oder ventrikuläre Arrhythmien) und eine körperliche Untersuchung durchgeführt werden. Falls erste Befunde auf eine solche Erkrankung hinweisen, sollten weitere kardiologische Untersuchungen durchgeführt werden (z.B. Elektrokardiogramm, Echokardiogramm).
Der kardiovaskuläre Status sollte beobachtet werden. Blutdruck und Herzfrequenz sollten bei jeder Dosisanpassung oder in angemessenen Abständen (mindestens aber alle 6 Monate) überprüft und dokumentiert werden und anschliessend, wann immer klinisch indiziert.
Bei Kindern, bei denen während einer Behandlung mit Ritalin/-LA Symptome wie Palpitationen, Brustschmerzen bei körperlicher Anstrengung, Synkopen oder andere Symptome auftreten, welche auf eine Herzerkrankung hindeuten, sollte umgehend eine kardiologische Abklärung erfolgen.
Missbrauch und kardiovaskuläre Ereignisse: Der Missbrauch von Stimulanzien des zentralen Nervensystems, einschliesslich Ritalin/-LA, kann mit plötzlichem Tod und anderen schwerwiegenden kardiovaskulären unerwünschten Ereignissen verbunden sein.
Zerebrovaskuläre Erkankungen: Patienten mit vorbestehenden Anomalien des zentralen Nervensystems (ZNS), z.B. zerebralem Aneurysma und/oder anderen Gefässanomalien wie Vaskulitis oder stattgehabtem Schlaganfall, sollten nicht mit Ritalin behandelt werden. Patienten mit zusätzlichen Risikofaktoren (wie kardiovaskulären Erkrankungen in der Anamnese, Begleitmedikamenten, die den Blutdruck erhöhen) sollten nach Beginn der Behandlung mit Ritalin/-LA regelmässig auf neurologische/psychiatrische Anzeichen und Symptome untersucht werden (siehe oben, Abschnitt zu Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Abschnitt zu Interaktionen).
Zerebrale Vaskulitis scheint eine sehr seltene idiosynkratische Reaktion auf eine Methylphenidat-Einnahme zu sein. Es gibt einige Hinweise, dass Patienten mit höherem Risiko identifiziert werden können. Das initiale Auftreten von Symptomen kann der erste Hinweis auf eine zugrunde liegende klinische Erkrankung sein. Eine frühe Diagnose aufgrund starker Hinweise kann das umgehende Absetzen von Ritalin und eine frühzeitige Behandlung ermöglichen. Die Diagnose sollte daher bei jedem Patienten in Betracht gezogen werden, der unter einer Ritalin-Behandlung neue neurologische Symptome entwickelt, die einer zerebralen Ischämie entsprechen. Zu diesen Symptomen können schwere Kopfschmerzen, Taubheitsgefühl, Schwäche, Lähmungen und Beeinträchtigungen von Koordination, Sehen, Sprechen, Sprache oder Gedächtnis zählen.
Verschlimmerung bestehender psychotischer oder manischer Symptome: Bei psychotischen Patienten kann die Verabreichung von Ritalin/-LA die Symptome von Verhaltens- und Denkstörungen verschlimmern.
Auftreten neuer psychotischer oder manischer Symptome: Behandlungsbedingte psychotische Symptome (visuelle/taktile/auditive Halluzinationen und Wahnvorstellungen) oder Manie bei Kindern und Jugendlichen ohne bekannte psychotische Erkrankung oder Manie können durch normale Dosierungen von Ritalin hervorgerufen werden. Wenn manische oder psychotische Symptome auftreten, sollte an einen möglichen kausalen Zusammenhang mit Ritalin gedacht und ein Abbruch der Therapie in Erwägung gezogen werden.
Bipolare Störungen: Besondere Vorsicht ist bei der Anwendung von Ritalin/-LA zur Behandlung von ADHS bei Patienten mit bipolaren Begleiterkrankungen geboten, da bei solchen Patienten Bedenken wegen einer möglichen Auslösung eines gemischten/manischen Schubs bestehen.
Stimulanzien mit Wirkung auf das Zentralnervensystem einschliesslich Methylphenidat sind mit der Auslösung oder Verschlimmerung motorischer und verbaler Tics oder Tourette's Syndrom in Verbindung gebracht worden. Vor der Behandlung mit Stimulanzien sollte deshalb eine klinische Beurteilung der Patienten hinsichtlich Tics oder Tourette's Syndrom durchgeführt werden. Dabei ist auch die Familienanamnese beizuziehen. Ritalin/-LA ist im Fall einer Diagnose oder Familienhistorie mit Tourettes Syndrom kontraindiziert (s. «Kontraindikationen»).
Bei Überdosierungen, also Überschreitung der therapeutischen Dosierungen, kann es bei Patienten mit prädisponierenden Faktoren zu einer Myopathie/Rhabdomyolyse kommen. (s. «Überdosierungen»).
Bei der Langzeitbehandlung von Kindern mit Ritalin/-LA wurde über Wachstumshemmung (reduzierte Zunahme von Gewicht und/oder Körpergrösse) berichtet. Follow-up Untersuchungen bei Kindern zwischen 7 und 10 Jahren deuten darauf hin, dass Kinder, die konstant (z.B. 7 Tage pro Woche während 1 Jahr) Methylphenidat einnehmen, eine vorübergehende Verlangsamung der Wachstumsrate (im Durchschnitt 2 cm weniger Längenwachstum und 2.7 kg weniger Gewichtszunahme über 3 Jahre) zeigen können. Aus diesem Grunde sollten Patienten, die eine Langzeitbehandlung benötigen, sorgfältig (mindestens alle 6 Monate) bezüglich Grösse, Gewicht und Appetit überwacht und in einer Wachstumskurve dokumentiert werden. Bei Patienten, bei denen Wachstum oder Gewichtszunahme nicht den Erwartungen entsprechen, sollte die Behandlung unterbrochen werden.
Es gibt klinische Hinweise darauf, dass während der Verabreichung von Arzneimitteln mit dem Wirkstoff Methylphenidat vermehrt psychiatrische Störungen (einschliesslich Suchtverhalten und suizidales Verhalten) sowie Gewichts- und Appetitverlust auftreten. Eine sorgfältige Erfassung solcher Veränderungen oder aber von Anzeichen für Fehlgebrauch und Missbrauch des Medikaments muss bei jedem Besuch und jeder Dosisanpassung vorgenommen werden. Die Patienten und ihre Betreuungspersonen sollten darauf aufmerksam gemacht werden, dass darauf geachtet werden muss, ob eine klinische Verschlechterung, suizidales Verhalten oder Suizidgedanken oder ungewöhnliche Verhaltensänderungen auftreten, und dass in einem solchen Fall unverzüglich ein Arzt bzw. eine Ärztin zu konsultieren ist. Der Arzt bzw. die Ärztin sollte eine angemessene Behandlung jeder psychiatrischen Grunderkrankung einleiten und einen möglichen Abbruch oder eine Änderung der ADHS-Behandlung in Betracht ziehen.
Ritalin/-LA soll nicht zur Prävention oder Behandlung normaler Ermüdungszustände verwendet werden.
Bei Patienten, die eine Therapie mit Methylphenidat beginnen, sollte auf das Auftreten oder die Verstärkung von aggressivem Verhalten geachtet werden. Eine sorgfältige Überwachung ist nötig. Aggression ist häufig mit ADHS assoziiert; dennoch wurde von unerwartetem Auftreten oder einer Verstärkung von Aggression während der Therapie mit Methylphenidat berichtet. Ein Therapieabbruch kann in Betracht gezogen werden. (s. «Unerwünschte Wirkungen»).
Wird das Arzneimittel abgesetzt, ist eine sorgfältige Überwachung erforderlich, da es zu Entzugserscheinungen sowie zur Demaskierung von Depressionen oder von Effekten chronischer Überaktivität kommen kann. Gewisse Patienten müssen daher möglicherweise während längerer Zeit beobachtet werden.
Für Wechselwirkungen mit zentral wirksamen Alpha-2-Agonisten wie Clonidin siehe «Interaktion».
In seltenen Fällen sind Symptome von Sehstörungen vorgekommen. Dabei ist über Akkommodationsstörungen und verschwommenes Sehen berichtet worden.
Zu Wirksamkeit und Sicherheit und zur Dosierung bei Kindern unter 6 Jahren liegen keine ausreichenden Daten vor.
Serotoninsyndrom: Wie auch bei anderen serotonerg wirkenden Substanzen kann unter Methylphenidat ein Serotoninsyndrom, eine potentiell lebensbedrohliche Situation, auftreten, insbesondere dann, wenn Methylphenidat gleichzeitig verabreicht wird mit anderen serotonergen Arzneimitteln. Dazu gehören selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI), Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI), trizyklische Antidepressiva, Phenothiazine, Triptane, Lithium, Fentanyl, Dextromethorphan, Tramadol, Tapentadol, Meperidin, Methadon, Pentazocin, Johanneskraut (Hypericum) oder Wirkstoffe, die den Metabolismus von Serotonin beeinflussen, wie der antibiotische Wirkstoff Linezolid und der nicht-selektive MAO-Inhibitor Methylenblau, mit reversibler nicht-selektiver MAO-Hemmung oder Serotonin-Vorstufen (wie Tryptophan).
Die gleichzeitige Verabreichung von Methylphenidat und serotonergen Arzneimitteln wird nicht empfohlen, da dies zur Entwicklung eines Serotoninsyndroms führen kann. Die Symptome des Serotoninsyndroms können umfassen: Veränderungen des mentalen Status (z.B. Agitation, Halluzinationen, Delirium und Koma), autonome Instabilität (z.B. Tachykardie, labiler Blutdruck, Schwindel, Diaphorese, Flush, Hyperthermie), neuromuskuläre Symptome (z.B. Tremor, Rigidität, Myoklonus, Hyperreflexie, Koordinationsstörungen), Krampfanfälle und/oder gastrointestinale Symptome (z.B. Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö). Das Serotonin-Syndrom in seiner schwersten Ausprägung kann einem malignen neuroleptischen Syndrom ähneln, das Symptome umfasst wie Hyperthermie, Muskelrigidität, autonome Instabilität mit möglicher schneller Fluktuation der Vitalzeichen und Veränderungen des mentalen Zustands. Rasches Erkennen dieser Symptome ist wichtig.
Methylphenidat und serotonerge Arzneimittel müssen unverzüglich abgesetzt werden und eine geeignete Behandlung eingeleitet werden (siehe «Interaktionen»).
Akutes Winkelblockglaukom
Es liegen Berichte über akutes Winkelblockglaukom im Zusammenhang mit der Behandlung mit Methylphenidat vor. Obwohl der Mechanismus nicht klar ist, sollten mit Ritalin/-LA behandelte Patienten, bei denen ein Risiko für ein akutes Winkelblockglaukom besteht (z.B. Patienten mit erheblicher Hyperopie), von einem Augenarzt untersucht werden.
Erhöhter Augeninnendruck und Glaukom
Es gibt Berichte über einen Anstieg des Augeninnendrucks (IOD) und ein Glaukom (einschliesslich Offenwinkelglaukom und Winkelblockglaukom) im Zusammenhang mit der Behandlung mit Methylphenidat (siehe Abschnitt «Unerwünschte Wirkungen»). Eine engmaschige Überwachung von mit Ritalin/-LA behandelten Patienten mit ungewöhnlich erhöhtem Augeninnendruck oder Glaukom in der Vorgeschichte wird empfohlen.
Priapismus
Im Zusammenhang mit der Behandlung mit methylphenidat-haltigen Produkten wurden sehr selten sowohl bei Kindern und Jugendlichen als auch bei Erwachsenen über langanhaltende und schmerzhafte Erektionen (Priapismus) berichtet, die eine sofortige ärztliche, gelegentlich eine chirurgische Intervention erforderten (s. «Unerwünschte Wirkungen»). Priapismus wurde nicht während des Therapiebeginns berichtet, sondern entwickelte sich nach einiger Zeit der Einnahme des Arzneimittels, oft im Anschluss an eine Dosiserhöhung. Priapismus trat auch während einer methylphenidat-freien Zeit (Therapiepause oder Therapieabbruch) auf. Patienten, die ungewöhnlich langanhaltende oder häufige und schmerzhafte Erektionen entwickeln, sollten unverzüglich eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen.
Krampfanfälle: Ritalin/-LA darf nur mit Vorsicht bei Patienten mit Epilepsie angewendet werden, da klinische Erfahrungen gezeigt haben, dass es bei einer kleinen Anzahl dieser Patienten zu einem Anstieg der Anfallshäufigkeit führen kann. Wenn die Anfallshäufigkeit zunimmt, sollte Ritalin abgesetzt werden.
Hämatologische Nebenwirkungen: Die Langzeitsicherheit und -wirksamkeit von Ritalin/-LA sind noch nicht vollständig bekannt. Daher sollten Patienten, die Ritalin über einen längeren Zeitraum einnehmen, engmaschig überwacht werden. Dazu gehören regelmässige Blutuntersuchungen, einschliesslich eines vollständigen Blutbildes, eines Differenzialblutbildes und einer Thrombozytenzählung. Treten dabei hämatologische Auffälligkeiten auf, sollte eine geeignete medizinische Behandlung in Erwägung gezogen werden (siehe Abschnitt zu unerwünschten Wirkungen).
Ritalin: Patienten mit der seltenen hereditären Galactose-Intoleranz, völligem Lactasemangel oder Glucose-Galactose-Malabsorption sollten dieses Arzneimittel nicht anwenden.
Eine Ritalin 10 mg-Tablette enthält nicht mehr als 4,8 Mikrogramm Gluten.
Ritalin LA: Patienten mit der seltenen hereditären Fructose-/Galactose-Intoleranz, einer Glucose-Galactose-Malabsorption oder einer Sucrase-Isomaltase-Insuffizienz sollten dieses Arzneimittel nicht anwenden.
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