ZusammensetzungWirkstoff:
6-Mercaptopurinum monohydricum.
Hilfsstoffe:
Lactosum monohydricum, Maydis amylum, Maydis amylum modificatum, Magnesii stearas, Acidum stearicum.
Indikationen/AnwendungsmöglichkeitenPuri-Nethol ist indiziert für die Behandlung akuter lymphatischer und myeloischer Leukämien in Kombination mit anderen Zytostatika (Induktions- und Erhaltungstherapie).
Puri-Nethol kann auch bei der chronischen myeloischen Leukämie verwendet werden.
Dosierung/AnwendungDie Behandlung mit 6-Mercaptopurin ist von einem Arzt oder einer anderen medizinischen Fachkraft mit Erfahrung in der Behandlung von Patienten mit ALL und APL (AML M3) zu überwachen.Die Tabletten sollen nicht geteilt oder zerstossen werden. Puri-Nethol sollte mit reichlich Flüssigkeit eingenommen werden. 6-Mercaptopurin kann mit einer Mahlzeit oder auf nüchternen Magen eingenommen werden, die Patienten sollten jedoch immer bei der gleichen Art der Anwendung bleiben. Die Dosis darf nicht zusammen mit Milch oder Milchprodukten eingenommen werden (siehe «Interaktionen»). 6-Mercaptopurin ist mindestens 1 Stunde vor oder 2 Stunden nach Milch oder Milchprodukten einzunehmen. (siehe «Pharmakokinetik»).
Übliche Dosierung bei Kindern/Jugendlichen und Erwachsenen
Im Allgemeinen wird Puri-Nethol in einer Tagesdosis von 2,5 mg/kg Körpergewicht oder 50–75 mg/m² Körperoberfläche verabreicht, in der Regel in einer Gabe.
Nur bei Kindern mit 20 kg oder 40 kg Körpergewicht ist mit der 50 mg-Tablette eine exakte Dosierung möglich. In allen anderen Fällen ist hierfür eine spezielle Herstellung erforderlich.
Bei Kindern mit Gewicht über der 75% Perzentile ist bei Dosierung nach m² Körperoberfläche die verabreichte Dosis eventuell zu hoch. Die Therapie sollte hier engmaschig überwacht werden (siehe «Pharmakokinetik»).
Die Dosis und die Anwendungsdauer richten sich nach dem jeweiligen Schema der Kombinationstherapie; Einzelheiten sind der Literatur zu entnehmen.
Spezielle Dosierungsanweisungen
Ältere Patienten
Eine Überwachung der Nieren- und Leberfunktion ist bei diesen Patienten ratsam und im Falle einer Funktionsstörung sollte eine Reduktion der Puri-Nethol-Dosis vorgenommen werden (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Patienten mit Niereninsuffizienz
Eine eingeschränkte Nierenfunktion kann zu einer langsameren Ausscheidung von Mercaptopurin und seiner Metabolite und daher zu einer stärkeren kumulativen Wirkung führen. Da die Pharmakokinetik von 6-Mercaptopurin bei Nierenfunktionsstörung jedoch nicht untersucht wurde, können keine speziellen Dosierungsanweisungen gegeben werden. Es wird empfohlen, mit einer reduzierten Dosis zu beginnen und die Dosis vorsichtig zu steigern (siehe «Pharmakokinetik»). Die Patienten sind engmaschig auf Nebenwirkungen zu überwachen (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Patienten mit Leberinsuffizienz
Bei Patienten mit Leberfunktionsstörung kann es zu einer reduzierten Elimination von Mercaptopurin kommen. Da die Pharmakokinetik von 6-Mercaptopurin bei Leberfunktionsstörung jedoch nicht untersucht wurde, können keine speziellen Dosierungsanweisungen gegeben werden. Es wird empfohlen, mit einer reduzierten Dosis zu beginnen und die Dosis vorsichtig zu steigern (siehe «Pharmakokinetik»). Die Patienten sind engmaschig auf Nebenwirkungen zu überwachen (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Anwendungs- und Dosierungsanweisungen aufgrund von Wechselwirkungen mit Arzneimitteln
Bei gleichzeitiger Gabe von 6-Mercaptopurin und der Xanthinoxidasehemmer Allopurinol, Oxipurinol oder Thiopurinol ist es wichtig, dass nur ein Viertel der üblichen Dosis von 6-Mercaptopurin gegeben wird, da diese Substanzen den Katabolismus von 6-Mercaptopurin verringern. Die gleichzeitige Verabreichung von anderen Xanthinoxidasehemmern, wie Febuxostat, sollte vermieden werden (siehe «Interaktionen»).
Aminosalicylatsäurederivate (z. B. Olsalazin, Mesalazin oder Sulfasalazin) können das Enzym Thiopurinmethyltransferase (TPMT) hemmen. Deshalb sollten geringere Dosen von 6-Mercaptopurin in Betracht gezogen werden, wenn gleichzeitig Aminosalicylatderivate verabreicht werden (siehe «Interaktionen»).
In Kombination mit Methotrexat erhöhte sich die Exposition gegenüber 6-Mercaptopurin und damit das Risiko für eine Myelotoxizität. Wenn es daher gleichzeitig mit Methotrexat > 20 mg/m2 verabreicht wird, sollte die Dosis von 6-Mercaptopurin reduziert werden. Auch in Kombination mit anderen myelosuppressiven Arzneimitteln muss die Dosis von 6-Mercaptopurin möglicherweise reduziert werden (siehe «Interaktionen»).
Die gleichzeitige Anwendung von Ribavirin und 6-Mercaptopurin wird nicht empfohlen, da Ribavirin die Wirksamkeit von 6-Mercaptopurin reduzieren und die Toxizität verstärken kann.
Grundsätzlich sind Patienten mit erhöhtem Risiko für Toxizität aufgrund von Wechselwirkungen engmaschig auf Nebenwirkungen zu überwachen (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Anwendungs- und Dosierungsanweisungen aufgrund genetischer Polymorphismen
TPMT-Mangel
Patienten mit einer angeborenen Thiopurin-S-Methyltransferase (TPMT)-Defizienz bzw. geringerer TPMT-Aktivität weisen ein erhöhtes Risiko für schwere 6-Mercaptopurin-Toxizität mit herkömmlichen Dosen von 6-Mercaptopurin auf und erfordern in der Regel eine erhebliche Dosisreduktion. Die optimale Anfangsdosis für homozygot defiziente Patienten wurde nicht bestimmt.
Die meisten Patienten mit heterozygotem TPMT-Mangel vertragen die empfohlenen 6-Mercaptopurin-Dosen, einige benötigen jedoch eine Reduktion der Dosis.
Die Patienten sind engmaschig auf Nebenwirkungen zu überwachen (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Patienten mit NUDT15 Variante
Patienten mit einem vererbten mutierten NUDT15 Gen besitzen bereits bei üblichen Dosierungen ein erhöhtes Risiko für eine schwere 6-Mercaptopurin-Toxizität, wie frühe Leukopenie und Alopezie. Dies erfordert in der Regel eine erhebliche Dosisreduktion. Patienten asiatischer Herkunft tragen ein besonderes Risiko, aufgrund der erhöhten Häufigkeit des Auftretens dieser Mutation in dieser Population. Die optimale Anfangsdosis für heterozygot oder homozygot defiziente Patienten wurde nicht untersucht.
Bei allen Patienten sollten vor Einleitung einer 6-Mercaptopurin-Therapie genotypische und phänotypische Tests auf NUDT15 Varianten in Betracht gezogen werden (einschliesslich pädiatrischer Patienten), um das Risiko von 6-Mercaptopurin-Toxizität, vor allem in der asiatischen Population, zu reduzieren (siehe «Pharmakokinetik»).
Die Patienten sind engmaschig auf Nebenwirkungen zu überwachen (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Lesch-Nyhan-Syndrom
Begrenzte Hinweise legen nahe, dass bei Patienten mit der seltenen angeborenen Erkrankung Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase-Defizienz (Lesch-Nyhan-Syndrom) weder 6-Mercaptopurin noch dessen Prodrug Azathioprin wirksam sind. Die Anwendung von 6-Mercaptopurin oder Azathioprin wird bei diesen Patienten nicht empfohlen.
KontraindikationenÜberempfindlichkeit gegenüber 6-Mercaptopurin oder Azathiopurin (Prodrug von 6-Mercaptopurin) oder einen der Hilfsstoffe.
Gleichzeitige Anwendung mit Gelbfieberimpfstoff (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»)
Warnhinweise und VorsichtsmassnahmenPuri-Nethol ist ein Zytostatikum und sollte nur von Ärzten mit Erfahrung im Umgang mit solchen Substanzen angewendet werden.
Knochenmarkssuppression
Die Behandlung mit 6-Mercaptopurin bewirkt eine Knochenmarksuppression, die zu Leukopenie und Thrombozytopenie und, weniger häufig, zu Anämie führt. Aus diesem Grund muss während der Remissionseinleitung täglich ein vollständiges Blutbild erstellt und die Patienten während der Therapie engmaschig überwacht werden. Während der Erhaltungsphase ist eine regelmässige Kontrolle des Blutbildes einschliesslich der Zahl der Thrombozyten durchzuführen. Bei höherer Dosierung oder bei schweren Nieren- und/oder Leberfunktionsstörungen sind die Untersuchungen häufiger durchzuführen.
Da die Leukozyten und Thrombozyten auch nach der Therapie weiter fallen können, sollte die Behandlung beim ersten Zeichen eines abnormen Abfalls sofort unterbrochen werden. Die Knochenmarksuppression ist reversibel, wenn Puri-Nethol frühzeitig genug abgesetzt wird.
Nach einem Wechsel zwischen verschiedenen Darreichungsformen von 6-Mercaptopurin wird eine verstärkte hämatologische Überwachung des Patienten empfohlen.
Besondere Vorsicht ist geboten, wenn 6-Mercaptopurin mit anderen Arzneimitteln kombiniert wird, deren primäre oder sekundäre Toxizität in einer Myelosuppression besteht. Daher sollte insbesondere in Kombination mit Methotrexat die Dosis von 6-Mercaptopurin reduziert werden. Auch in Kombination mit anderen myelosuppressiven Arzneimitteln muss die Dosis von 6-Mercaptopurin möglicherweise reduziert werden (siehe «Dosierung/Anwendung» und «Interaktionen»).
TPMT-Mangel
Bei ca. 0,3 % (1:300) der Patienten findet sich eine geringe oder keine nachweisbare Enzymaktivität der Thiopurin-Methyltransferase (TPMT), und etwa 10 % der Patienten weisen eine niedrige oder mittlere TPMT-Aktivität auf. Es gibt Patienten mit einem angeborenen TPMT-Mangel, die ungewöhnlich sensibel auf die myelosuppressive Wirkung von 6-Mercaptopurin reagieren. Diese neigen dazu, nach Beginn der Behandlung mit Puri-Nethol eine schnell voranschreitende Myelosuppression zu entwickeln (siehe «Pharmakokinetik/Metabolismus» und «Dosierung/Anwendung»). Dieser Effekt kann sich bei gleichzeitiger Gabe von Medikamenten, welche die TPMT hemmen (wie z.B. Olsalazin, Mesalazin oder Sulfasalazin), verstärken (siehe «Interaktionen»). Ebenfalls ist ein möglicher Zusammenhang zwischen geschwächter TPMT-Aktivität und sekundärer Leukämie und Myelodysplasie bei Personen berichtet worden, die 6-Mercaptopurin in Kombination mit anderen zytotoxischen Arzneimitteln erhalten haben (siehe «Unerwünschte Wirkungen»).
Zwar werden von einigen Labors Tests zur Bestimmung der TPMT-Aktivität angeboten, doch wurde bisher kein Nachweis erbracht, dass diese Tests alle Patienten mit einem Risiko von schweren Toxizitätserscheinungen erkennen können. Daher ist eine engmaschige Überwachung der Blutwerte und der Patienten erforderlich.
Immunsuppression
Eine Immunisierung mit Lebendimpfstoffen kann bei immunsupprimierten Patienten zu einer Infektion führen. Die gleichzeitige Anwendung von Gelbfieberimpfstoff ist aufgrund des Risikos tödlich verlaufender Erkrankungen bei immungeschwächten Patienten kontraindiziert (siehe «Kontraindikationen»). Die Immunisierung mit anderen Lebendimpfstoffen wird während der Behandlung mit 6-Mercaptopurin nicht empfohlen. In allen Fällen sollten Patienten in Remission bis mindestens drei Monate nach Behandlungsabschluss der Chemotherapie keine Lebendimpfstoffe erhalten.
Infektionen
Patienten, die mit 6-Mercaptopurin allein oder mit 6-Mercaptopurin in Kombination mit Immunsuppressiva, einschliesslich Corticosteroiden, behandelt wurden, zeigten eine erhöhte Anfälligkeit für Viren-, Pilz- und bakterielle Infektionen, darunter auch schwere oder atypische Infektionen und Virusreaktivierungen. Die Infektionen und Komplikationen können bei diesen Patienten im Vergleich zu nicht behandelten Patienten einen schwereren Verlauf nehmen.
Eine frühere Exposition gegenüber oder eine Infektion mit dem Varizella-Zoster-Virus (Windpocken und Herpes zoster) muss vor Beginn der Behandlung berücksichtigt werden. Lokale Behandlungsrichtlinien, und ggf. Richtlinen zur prophylaktischen Therapie, sollten berücksichtigt werden. Eine serologische Untersuchung auf Hepatitis B sollte vor dem Beginn der Behandlung in Betracht gezogen werden. Im Fall einer positiven serologischen Untersuchung sollten lokale Richtlinien einschliesslich Richtlinien zur prophylaktischen Therapie, berücksichtigt werden. Fälle von neutropenischer Sepsis wurden bei Patienten berichtet, die 6-Mercaptopurin zur Behandlung einer ALL erhalten hatten.
Wechselwirkungen
Xanthinoxidase-Hemmer
Patienten, die mit den Xanthin-Oxidase-Hemmern Allopurinol, Oxipurinol oder Thiopurinol und 6-Mercaptopurin behandelt werden, dürfen nur ein Viertel der üblichen Dosis von 6-Mercaptopurin erhalten, da diese Substanzen den Katabolismus von 6-Mercaptopurin verringern (siehe «Dosierung/Anwendung» und «Interaktionen»).
Die gleichzeitige Gabe von Ribavirin und 6-Mercaptopurin ist nicht anzuraten. Ribavirin kann die Wirkung von 6-Mercaptopurin schwächen und seine Toxizität erhöhen (siehe «Interaktionen»).
Leberfunktionsstörung und Hepatotoxizität
6-Mercaptopurin wirkt bei Mensch und Tier hepatotoxisch. Daher ist insbesondere bei der Gabe von 6-Mercaptopurin an Patienten mit Leberfunktionsstörungen Vorsicht geboten. Für sie sollten eine Reduktion der Dosis in Erwägung gezogen und eine engmaschige Überwachung erfolgen, inklusive einer sorgfältigen Beobachtung des Blutbildes (siehe «Dosierung/Anwendung» und «Pharmakokinetik»).
Die histologischen Befunde beim Menschen zeigen Lebernekrosen und Cholestase. Die Häufigkeit der Hepatotoxizität schwankt beträchtlich und kann bei jeder Dosis auftreten, ist aber vor allem dann erhöht, wenn die empfohlene Tagesdosis von 2,5 mg/kg Körpergewicht oder 75 mg/m² Körperoberfläche überschritten wird. Die Gamma-Glutamyl-Transferase (GGT)-Werte im Plasma erlauben möglicherweise eine Vorhersage, wann das Arzneimittel wegen Hepatotoxizität abgesetzt werden sollte. Die Überwachung der Leberwerte kann eine frühzeitige Entdeckung der Hepatotoxizität ermöglichen. Diese ist in der Regel reversibel, wenn die Behandlung mit 6-Mercaptopurin früh genug abgebrochen wird, doch ist es auch schon zu letalen Leberschädigungen gekommen. Es sollten während der Behandlung wöchentlich die Leberwerte bestimmt werden. Eine häufigere Kontrolle kann angezeigt sein bei vorbestehendem Leberschaden oder bei Kombination mit anderen potentiell lebertoxischen Mitteln. Der Patient sollte angewiesen werden, beim Auftreten eines Ikterus die Therapie sofort zu unterbrechen und den Arzt aufzusuchen.
Nierenfunktionsstörung und Nierentoxizität
Eine eingeschränkte Nierenfunktion kann zu einer langsameren Ausscheidung von Mercaptopurin und seiner Metabolite führen. Daher ist bei der Gabe von 6-Mercaptopurin an Patienten mit Nierenfunktionsstörungen Vorsicht geboten. Für sie sollten eine Reduktion der Dosis in Erwägung gezogen und eine engmaschige Überwachung erfolgen, inklusive einer sorgfältigen Beobachtung des Blutbildes (siehe «Dosierung/Anwendung» und «Pharmakokinetik»).
Tumorlysesyndrom
Während der Induktionstherapie mit raschem Zellzerfall sollte die Harnsäure in Blut und Urin kontrolliert werden, da eine Hyperurikämie und/oder eine Hyperurikosurie mit dem Risiko einer Harnsäure-Nephropathie auftreten kann (siehe oben bei Allopurinol und «Interaktionen/Allopurinol»).
Überempfindlichkeit
Patienten mit Verdacht auf eine frühere Überempfindlichkeitsreaktion auf 6-Mercaptopurin sollte abgeraten werden, sein Prodrug Azathioprin anzuwenden, es sei denn, der Patient wurde mittels allergologischer Tests als überempfindlich auf 6-Mercaptopurin bestätigt und negativ für Azathioprin getestet. Da Azathioprin ein Prodrug von 6-Mercaptopurin ist, müssen Patienten mit einer Überempfindlichkeit gegenüber Azathioprin in der Anamnese vor Beginn der Behandlung auf eine Überempfindlichkeit gegenüber 6-Mercaptopurin untersucht werden.
Schwangerschaft
In Verbindung mit einer Therapie mit Mercaptopurin bzw. mit Azathioprin (Prodrug von 6-Mercaptopurin) wurde gelegentlich über eine Schwangerschaftscholestase berichtet (siehe Abschnitt „Schwangerschaft, Stillzeit“). Die Überwachung von 6-Methyl-Mercaptopurin (6-MMP) sollte bei Vorliegen von Pruritus mit erhöhten Gesamtgallensäurespiegeln im mütterlichen Serum im zweiten Trimenon der Schwangerschaft erwogen werden, um die Frühdiagnose zu erlauben und die Auswirkungen auf den Fetus zu minimieren. Wenn Cholestase während der Schwangerschaft auftritt, muss jeder Fall unter Berücksichtigung des Nutzen-Risiko-Profils des Präparats individuell beurteilt werden (Absetzen/Dosissenkung möglich). Bei Patientinnen, die Azathioprin erhalten, wurde über ein Absterben des Fetus in Verbindung mit Cholestase in der Schwangerschaft berichtet.
Mutagenität und Karzinogenität (siehe auch Abschnitt «Unerwünschte Wirkungen»)
Bei Patienten, die eine Therapie mit Immunsuppressiva erhalten, einschliesslich Mercaptopurin, besteht ein höheres Risiko für das Auftreten lymphoproliferativer Erkrankungen und anderer maligner Erkrankungen, insbesondere Hautkrebserkrankungen (Melanome und andere), Sarkome (Kaposi-Sarkom und andere) sowie In-situ-Karzinome der Cervix uteri. Das erhöhte Risiko scheint mit dem Grad und der Dauer der Immunosuppression zusammenzuhängen. Es wurde berichtet, dass ein Absetzen der Immunosuppression unter Umständen zu einer teilweisen Regression der lymphoproliferativen Erkrankung führt.
Ein Behandlungsschema mit mehreren Immunsuppressiva (einschliesslich Thiopurine) sollte daher mit Vorsicht angewendet werden, da es zu lymphoproliferativen Erkrankungen, darunter solchen mit berichteten Todesfällen, führen könnte. Eine Kombination mehrerer gleichzeitig angewendeter Immunsuppressiva erhöht das Risiko für Epstein-Barr-Virus (EBV) bedingte lymphoproliferative Erkrankungen.
Bei 2 Patienten, die wegen nicht-neoplastischer Erkrankungen mit Mercaptopurin in Kombination mit anderen Arzneimitteln behandelt wurden, trat eine akute nicht-lymphatische Leukämie auf. Es liegt ein Bericht über einen Patienten mit einer Pyoderma gangraenosum vor, der später nach einer Mercaptopurin-Behandlung eine akute nicht-lymphatische Leukämie entwickelte. Unklar blieb, ob die Leukämie nicht Teil des natürlichen Krankheitsverlaufes des Patienten war oder ob Mercaptopurin eine ursächliche Rolle bei der Auslösung spielte.
Ein Patient mit Morbus Hodgkin, der mit Mercaptopurin sowie mit zahlreichen weiteren zytotoxischen Arzneimitteln behandelt wurde, entwickelte eine akute myeloische Leukämie. Eine Patientin mit Myasthenia gravis entwickelte 12½ Jahre nach der Therapie mit Mercaptopurin eine chronische myeloische Leukämie (siehe «Präklinische Daten»).
Es wurden Fälle von hepatosplenalem T-Zell-Lymphom bei Patienten mit entzündlicher Darmerkrankung (IBD) (Off-Label-Indikation) gemeldet, die mit 6-Mercaptopurin in Kombination mit TNF-Antikörpern behandelt wurden (siehe «Unerwünschte Wirkungen»).
UV-Strahlung
Mit 6-Mercaptopurin behandelte Patienten sind gegenüber Sonnenlicht empfindlicher. Die Exposition gegenüber Sonnenlicht und UV-Licht sollte begrenzt sein, und den Patienten ist zu empfehlen, schützende Kleidung zu tragen und ein Sonnenschutzmittel mit hohem Lichtschutzfaktor zu verwenden.
Die Patienten sollen vor übermässiger Sonneneinstrahlung oder UV-Strahlung gewarnt werden, und die Haut soll in regelmässigen Abständen untersucht werden.
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen
Purinanaloga (Azathioprin und Mercaptopurin) können mit dem Niacinstoffwechsel interferieren, was potenziell zu Nikotinsäuremangel (Pellagra) führen kann. Fälle von Pellagra wurden unter der Anwendung von Purinanaloga gemeldet, insbesondere bei Patienten mit chronisch entzündlichen Darmerkrankungen. Die Diagnose von Pellagra sollte bei Patienten mit lokalem pigmentiertem Ausschlag (Dermatitis), Gastroenteritis oder neurologischen Defiziten, einschliesslich kognitiver Verschlechterung, erwogen werden. Es muss eine adäquate Behandlung mit Niacin/Nicotinamidpräparaten eingeleitet werden.
Makrophagenaktivierungssyndrom
Das Makrophagenaktivierungssyndrom (MAS) ist eine bekannte, lebensbedrohliche Erkrankung, die bei Patienten mit Autoimmunerkrankungen auftreten kann, insbesondere bei jenen mit entzündlicher Darmerkrankung (Mercaptopurin ist nicht indiziert zur Behandlung von Patienten mit entzündlichen Darmerkrankungen). Möglicherweise besteht bei der Anwendung von Mercaptopurin eine erhöhte Anfälligkeit für das Auftreten dieser Erkrankung. Wenn MAS auftritt oder vermutet wird, sollte die Untersuchung und Behandlung so bald wie möglich erfolgen und die Behandlung mit Mercaptopurin ist abzusetzen. Ärzte sollten auf Symptome für Infektionen mit Pathogenen wie EBV und Zytomegalievirus (CMV) achten, da diese bekannte Auslöser von MAS sind.
Kinder und Jugendliche
Bei an ALL erkrankten Kindern, die mit 6-Mercaptopurin behandelt werden, wurden Fälle von symptomatischer Hypoglykämie berichtet (siehe «Unerwünschte Wirkungen»). Die berichteten Fälle traten in der Mehrzahl bei Kindern unter sechs Jahren oder mit einem niedrigen Body-Mass-Index auf.
Patienten mit NUDT15 Variante
Patienten mit einem vererbten mutierten NUDT15 Gen besitzen bereits bei üblichen Dosierungen einer Thiopurin-Therapie ein erhöhtes Risiko für eine schwere Thiopurin-Toxizität, wie frühe Leukopenie und Alopezie. Dies erfordert in der Regel eine erhebliche Dosisreduktion. Patienten asiatischer Herkunft tragen ein besonderes Risiko, aufgrund der erhöhten Häufigkeit des Auftretens dieser Mutation in dieser Population. Die optimale Anfangsdosis für heterozygot oder homozygot defiziente Patienten wurde nicht untersucht.
Bei allen Patienten sollten vor Einleitung einer Thiopurin-Therapie genotypische und phänotypische Tests auf NUDT15 Varianten in Betracht gezogen werden (einschliesslich pädiatrischer Patienten), um das Risiko von Thiopurin-bedingter schwerer Leukopenie und Alopezie, vor allem in der asiatischen Population, zu reduzieren (siehe «Pharmakokinetik»).
Antikoagulanzien
Eine Hemmung der gerinnungshemmenden Wirkung von Warfarin und Acenocoumarol wurde berichtet, wenn sie mit 6-Mercaptopurin gemeinsam verabreicht wurden; daher können höhere Dosen des Antikoagulans erforderlich sein (siehe «Interaktionen»). In diesen Fällen wird eine verstärkte Überwachung der INR (International Normalised Ratio) empfohlen.
Hilfsstoffe
Patienten mit der seltenen hereditären Galactose-Intoleranz, völligem Lactase-Mangel oder Glucose-Galactose-Malabsorption sollten dieses Arzneimittel nicht einnehmen.
Kreuzresistenz
Es besteht in der Regel eine Kreuzresistenz zwischen 6-Mercaptopurin und 6- Thioguanin.
InteraktionenImpfungen mit Lebendimpfstoffen sind bei Personen mit eingeschränktem Immunsystem nicht zu empfehlen (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Die Verabreichung von 6-Mercaptopurin mit Nahrungsmitteln kann die systemische Exposition leicht verringern. 6-Mercaptopurin kann mit einer Mahlzeit oder auf nüchternen Magen eingenommen werden, die Patienten sollten jedoch immer bei der gleichen Art der Anwendung bleiben. Die Dosis sollte nicht zusammen mit Milch oder Milchprodukten eingenommen werden, da diese Xanthinoxidase, ein Enzym, das 6-Mercaptopurin metabolisiert, enthalten und daher zu verminderten Plasmakonzentrationen von Mercaptopurin führen können.
Während einer Therapie mit Puri-Nethol durchgeführte Impfungen können auf Grund der Immunsuppression wirkungslos sein. Das Intervall zwischen Absetzen der Chemotherapie und die Wiederherstellung der Fähigkeit des Patienten auf die Impfung anzusprechen, hängt von der Intensität und Art, der die Immunsuppression verursachenden Arzneimittel, der Grunderkrankung und anderen Faktoren ab.
Wirkung gleichzeitig verabreichter Arzneimittel auf 6-Mercaptopurin
Infliximab
Es wurden Wechselwirkungen zwischen Azathioprin, einem Prodrug von 6-Mercaptopurin, und Infliximab beobachtet. Bei Patienten, die Azathioprin erhielten, kam es in den ersten Wochen nach der Infliximab-Infusion zu einer vorübergehenden Erhöhung des 6-TGN-Spiegels (6-Thioguanin-Nukleotid, ein aktiver Metabolit von Azathioprin) und einer Abnahme der mittleren Leukozytenzahl; nach 3 Monaten kehrten die Werte wieder auf das vorherige Niveau zurück.
Allopurinol/Oxipurinol/Thiopurinol und andere Xanthinoxidasehemmer
Die Xanthinoxidase-Aktivität wird durch Allopurinol, Oxipurinol und Thiopurinol gehemmt, was eine reduzierte Umwandlung von biologisch aktiver 6-Thioinosinsäure zu biologisch inaktiver 6-Thiorinsäure zur Folge hat. Bei gleichzeitiger Verabreichung von Allopurinol, Oxipurinol und/oder Thiopurinol und 6- Mercaptopurin muss die 6-Mercaptopurin-Dosis auf 25% der üblichen Menge reduziert werden (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Andere Xanthinoxidasehemmer wie z. B. Febuxostat können die Verstoffwechselung von 6-Mercaptopurin verlangsamen. Die gleichzeitige Gabe wird nicht empfohlen, da die vorliegenden Daten nicht ausreichen, um eine adäquate Reduktion der Dosis festzulegen.
Aminosalicylate
Es gibt in vitro- und in vivo-Hinweise darauf, dass Aminosalicylatsäurederivate (z. B. Olsalazin, Mesalazin oder Sulfasalazin) das Enzym Thiopurinmethyltransferase (TPMT) hemmen. Deshalb sollten geringere Dosen von 6-Mercaptopurin in Betracht gezogen werden, wenn gleichzeitig Aminosalicylatderivate verabreicht werden (siehe (siehe «Dosierung/Anwendung» und «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Ribavirin
Ribavirin hemmt das Enzym Inosin-Monophosphat-Dehydrogenase (IMPDH), was zu einer geringeren Produktion von aktiven 6-Thioguanin-Nukleotiden führt. Infolge der gleichzeitigen Anwendung von einem Prodrug von 6-Mercaptopurin und Ribavirin wurde eine schwerwiegende Myelosuppression beobachtet; deshalb ist die gleichzeitige Gabe von Ribavirin und 6-Mercaptopurin nicht empfohlen (siehe «Dosierung/Anwendung», «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen» und «Pharmakokinetik, Metabolismus»).
Myelosuppressive Arzneimittel
Wenn 6-Mercaptopurin mit anderen myelosuppressiven Arzneimitteln kombiniert wird, ist Vorsicht geboten; basierend auf hämatologischen Beobachtungen können Dosis-Reduktionen notwendig werden (siehe «Dosierung/Anwendung» und «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Methotrexat
Methotrexat (20 mg/m2 oral) erhöhte die Mercaptopurin-Exposition (Fläche unter der Kurve, AUC) um ca. 31 % und Methotrexat (2 oder 5 g/m2 intravenös) erhöhte die Mercaptopurin-AUC um 69 % bzw. 93 %. Bei gleichzeitiger Verabreichung mit hochdosiertem Methotrexat muss die Mercaptopurindosis möglicherweise angepasst werden.
Bei Einnahme von Salicylaten, Sulfonamiden und Sedativa (wie z.B: Benzodiazepinen und Benzodiazepinanaloga) wurde eine verzögerte Myelodepression beobachtet.
Wirkung von 6-Mercaptopurin auf andere Arzneimittel
Antikoagulanzien
Eine Hemmung des gerinnungshemmenden Effekts von Warfarin und Acenocoumarol wurde beobachtet, wenn eine gleichzeitige Einnahme mit 6-Mercaptopurin erfolgte; deshalb könnten höhere Dosen des Antikoagulans notwendig sein. Es wird empfohlen, Gerinnungstests engmaschig durchzuführen, wenn Antikoagulanzien gleichzeitig mit 6-Mercaptopurin verabreicht werden.
Antiepileptika
Zytotoxika können die Resorption von Phenytoin im Darm senken. Eine sorgfältige Überwachung der Phenytoin-Serumwerte ist empfohlen. Es ist möglich, dass auch die Werte anderer Antiepileptika verändert werden. Die Serumwerte von Antiepileptika sollten während der Behandlung mit 6-Mercaptopurin engmaschig überwacht werden, bei Bedarf sind Dosisanpassungen vorzunehmen.
Schwangerschaft, StillzeitSchwangerschaft
Tierexperimentelle Studien zeigten verschiedene Grade von Missbildungen oder Teratogenität (siehe „Präklinische Daten“). Eine Übertragung von 6-Mercaptopurin und seine Stoffwechselprodukten wurde von der Mutter auf den Fötus beobachtet.
Während einer Behandlung mit Mercaptopurin sollten Frauen eine Schwangerschaft vermeiden. Männer sollten während und bis 6 Monate nach der Behandlung keine Kinder zeugen. Bei Kinderwunsch nach der Zytostatikatherapie wird eine genetische Beratung empfohlen.
Über Fehlgeburten und Frühgeburten wurde nach maternaler Exposition und über kongenitale Abnormalitäten nach maternaler Behandlung mit Mercaptopurin in Kombination mit anderen «Chemotherapien berichtet. Des Weiteren wurde nach paternaler Exposition über kongenitale Abnormalitäten und Fehlgeburten berichtet.
Wie bei allen zytotoxischen Chemotherapien sind adäquate kontrazeptive Massnahmen empfohlen, wenn einer der Partner 6-Mercaptopurin-Tabletten bekommt, während der Behandlung und mindestens drei Monate nach dem Erhalt der letzten Dosis.
Die Entscheidung über einen eventuellen Schwangerschaftsabbruch oder eine Therapieunterbrechung sollte in jedem Einzelfall nach sorgfältiger Abwägung des Nutzens für die behandelte Mutter und des Risikos für das ungeborene Kind getroffen werden (siehe «Präklinische Daten»).
In Verbindung mit einer Azathioprin (einem Prodrug von 6-Mercaptopurin)-Therapie wurde gelegentlich über eine Schwangerschaftscholestase berichtet. Wenn eine Schwangerschaftscholestase bestätigt wird, sollte eine sorgfältige Bewertung des Nutzens für die Mutter und der Auswirkungen auf den Fötus durchgeführt werden.
Stillzeit
6-Mercaptopurin wurde in der Muttermilch von Frauen nachgewiesen, die mit Azathioprin behandelt wurden. Deshalb darf während der Behandlung mit Mercaptopurin nicht gestillt werden.
Fertilität
Die Auswirkung einer 6-Mercaptopurin-Therapie auf die menschliche Fertilität ist unbekannt.
Es liegen Berichte über erfolgreiche Vaterschaft/Mutterschaft nach der Behandlung in der Kindheit oder Adoleszenz vor.
Eine vorübergehende Oligospermie wurde nach Exposition gegenüber 6-Mercaptopurin berichtet.
Wirkung auf die Fahrtüchtigkeit und auf das Bedienen von MaschinenEs liegen keine Daten über mögliche Auswirkungen von 6-Mercaptopurin auf die Fahrtüchtigkeit oder die Tauglichkeit zur Bedienung von Maschinen vor. Aufgrund unerwünschter Wirkungen wie Übelkeit und Erbrechen ist aber Vorsicht geboten.
Unerwünschte WirkungenDie wichtigste Nebenwirkung der Behandlung mit 6-Mercaptopurin ist eine Knochenmarksuppression, die primär zu Leukopenie und Thrombozytopenie führt.
Unerwünschte Arzneimittelwirkungen, die unter der Anwendung von Puri-Nethol auftreten können, sind: Sehr häufig (≥1/10), häufig <1/10, ≥1/100; gelegentlich <1/100, ≥1/1‘000; selten <1/1‘000, ≥1/10'000), sehr selten (<1/10‘000), nicht bekannt (Häufigkeit auf Grundlage der verfügbaren Daten nicht abschätzbar).
Unerwünschte Wirkungen nach Markteinführung
«Post-Marketing Erfahrung»: Die Daten aus der Post-Marketing Erfahrung beschreiben die weltweit spontan gemeldeten, in der Literatur beschriebenen und von den Behörden gemeldeten unerwünschten Wirkungen. Sie sind in nachfolgender Auflistung mit (*) gekennzeichnet.
Neoplasmen:
Selten: Neoplasien, einschliesslich lymphoproliferativer Erkrankungen, Hautkrebserkrankungen (Melanome und andere), Sarkome (Kaposi-Sarkome und andere) und In-situ-Karzinom der Cervix uteri
Sehr selten: Sekundäre Leukämie und Myelodysplasie; hepatosplenisches T-Zell-Lymphom
Infektionen
Pneumonie, Herpes zoster.
Gelegentlich: Bakterielle und virale Infektionen, neutropenische Infektionen
Störungen des Blut- und Lymphsystems
Sehr häufig: Knochenmarkssuppression; Leukopenie, Granulozytopenie Grad 3, Thrombozytopenie, Blutungsneigung.
Häufig: Anämie
Erkrankungen des Immunsystems
Gelegentlich: Überempfindlichkeitsreaktionen mit Arthralgie, Hautausschlag, medikamentös bedingtes Fieber.
Selten: Überempfindlichkeitsreaktionen mit Ödem im Gesichtsbereich, Makrophagenaktivierungssyndrom.
Stoffwechsel- und Ernährungsstörungen
Gelegentlich: Anorexie.
Nicht bekannt: Hypoglykämie (bei Kindern und Jugendlichen), Pellagra (siehe Abschnitt «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Gastrointestinale Störungen
Häufig: Übelkeit, Erbrechen, Pankreatitis (bei einer nicht zugelassenen Indikation).
Selten: Stomatitis Grad 3, Pankreatitis (bei den zugelassenen Indikationen).
Sehr selten: Intestinale Ulzerationen.
Nicht bekannt: *Stomatitis, Cheilitis
Funktionsstörung der Leber und der Galle
Häufig: Cholestase, Lebertoxizität.
Selten: Leberzellnekrose.
Funktionsstörungen der Haut und des Unterhautzellgewebes
Selten: Haarausfall.
Nicht bekannt: Lichtempfindlichkeit, Erythema nodosum
Funktionsstörungen des Reproduktionssystems und der Brust
Sehr selten: Vorübergehende Oligospermie.
Allgemeine Erkrankungen und Beschwerden am Verabreichungsort
*Nicht bekannt: Schleimhautentzündung
Untersuchungen
Nicht bekannt: Erniedrigung der Gerinnungsfaktoren
Beschreibung ausgewählter Nebenwirkungen:
Leber- und Gallenerkrankungen:
6-Mercaptopurin wirkt hepatotoxisch (Lebernekrosen und Cholestase). Die Häufigkeit der Hepatotoxizität schwankt beträchtlich und kann bei jeder Dosis auftreten, ist aber vor allem dann erhöht, wenn die empfohlene Tagesdosis von 2,5 mg/kg Körpergewicht oder 75 mg/m² Körperoberfläche überschritten wird. Durch Überwachung mittels Leberfunktionstests, einschl. Gamma-Glutamyl-Transferase (GGT), kann eine Hepatotoxizität frühzeitig erkannt werden. Diese ist gewöhnlich reversibel, wenn die Therapie mit 6-Mercaptopurin früh genug abgesetzt wird. Dennoch sind tödliche Leberschädigungen aufgetreten (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Die Meldung des Verdachts auf Nebenwirkungen nach der Zulassung ist von grosser Wichtigkeit. Sie ermöglicht eine kontinuierliche Überwachung des Nutzen-Risiko-Verhältnisses des Arzneimittels. Angehörige von Gesundheitsberufen sind aufgefordert, jeden Verdacht einer neuen oder schwerwiegenden Nebenwirkung über das Online-Portal ElViS (Electronic Vigilance System) anzuzeigen. Informationen dazu finden Sie unter www.swissmedic.ch.
ÜberdosierungGastrointestinale Wirkungen, darunter Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö und Anorexie, können mögliche frühe Symptome einer Überdosierung sein. 6-Mercaptopurin ist vor allem für das Knochenmark toxisch und führt zu einer Myelosuppression. Diese ist bei chronischer Überdosierung verstärkt. Leberfunktionsstörungen und Gastroenteritis können ebenfalls auftreten. Das Risiko einer Überdosierung ist erhöht bei gleichzeitiger Einnahme von Allopurinol (siehe «Interaktionen»).
Da es kein bekanntes Antidot gibt, ist das Blutbild entsprechend häufig zu kontrollieren und es sind, wenn nötig, unterstützende Massnahmen zu treffen, eventuell auch Bluttransfusionen durchzuführen.
Eigenschaften/WirkungenATC-Code: L01BB02
Wirkungsmechanismus
6-Mercaptopurin ist ein Sulfhydryl-Analog der Purinbasen Adenin und Hypoxanthin und wirkt als zytotoxischer Anti-Metabolit.
6-Mercaptopurin ist ein inaktives Prodrug, das als Purin-Antagonist wirkt; es muss in die Zelle aufgenommen und intrazellulär zu Thioguanin-Nukleotiden (TGNs) umgewandelt werden, um zytotoxisch zu wirken. Die TGNs und andere Metabolite (z. B. 6-Methyl-Mercaptopurine-Ribonucleotide) hemmen die Purinsynthese und ihre Umwandlung zu Purinnukleotiden. Die TGNs werden ebenfalls in Nukleinsäuren eingebaut, was zur zytotoxischen Wirkung des Arzneimittels beiträgt.
Pharmakodynamik
Der zytotoxische Effekt von 6-Mercaptopurin kann in Beziehung zu den Werten der aus 6-Mercaptopurin abgeleiteten Thioguanin-Nukleotide in den Erythrozyten gesetzt werden, nicht jedoch zur 6-Mercaptopurin-Konzentration im Plasma.
PharmakokinetikDie Pharmakokinetik von 6-Mercaptopurin wurde bei pädiatrischen Patienten untersucht.
Absorption
Die Bioverfügbarkeit von oral verabreichtem 6-Mercaptopurin zeigt eine beträchtliche interindividuelle Schwankungsbreite. Nach Gabe einer Dosis von 75 mg/m² Körperoberfläche bei sieben Kindern und Jugendlichen betrug die durchschnittliche Bioverfügbarkeit 16 % der verabreichten Dosis, bei einer Schwankungsbreite von 5 bis 37 %.
Nach der oralen Gabe von 6-Mercaptopurin 75mg/m2 an 14 jugendliche Patienten mit akuter lymphoblastischer Leukämie betrug die durchschnittliche Cmax 0,89µM, bei einer Bandbreite von 0,29 - 1,82µM und Tmax 2,2 Stunden, bei einer Bandbreite von 0.5 bis 4 Stunden.
Die durchschnittliche relative Bioverfügbarkeit von 6-Mercaptopurin war nach der Nahrungsaufnahme verglichen mit der Aufnahme nach nächtlichem Fasten um ungefähr 26 % niedriger. 6-Mercaptopurin ist in Milch aufgrund der vorhandenen Xanthinoxidase nicht stabil (30 % Verminderung innerhalb von 30 Minuten) (siehe «Dosierung/Anwendung»)
Distribution
Die Proteinbindung beträgt 19%. Diese wird jedoch nur bei hohen 6-Mercaptopurin-Konzentrationen nach i.v. Verabreichung erreicht. Das Verteilungsvolumen beträgt 0,9 l/kg. Es findet in geringem Umfang ein Übertritt von 6-Mercaptopurin in den Liquor statt.
Die Konzentration von 6-Mercaptopurin in der Zerebrospinalflüssigkeit (CSF) nach intravenöser oder oraler Gabe ist niedrig oder zu vernachlässigen (CSF: Plasmaraten von 0.05 bis 0.27). Die Konzentration in der CSF ist nach intrathekaler Gabe höher.
Metabolismus
6-Mercaptopurin wird über zahlreiche mehrstufige Wege umfassend zu aktiven und inaktiven Metaboliten metabolisiert. Wegen des komplexen Metabolismus erklärt die Hemmung eines einzelnen Enzyms nicht alle Fälle von Wirkungsmangel und/oder ausgeprägter Myelosuppression. Die wichtigsten für den Metabolismus von 6-Mercaptopurin oder seiner Abbauprodukte verantwortlichen Enzyme sind folgende: das polymorphe Enzym Thiopurin-S-Methyltransferase (TPMT), Xanthinoxidase, Inosin-Monophosphat-Dehydrogenase (IMPDH) und Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase (HPRT). Weitere Enzyme, die an der Entstehung aktiver und inaktiver Metabolite beteiligt sind: Guanosin- Monophosphat-Synthetase (GMPS, das TGNs bildet) und Inosin-Triphosphat-Pyrophosphatase (ITPase). Ausserdem gibt es viele inaktive Metabolite, die auf andere Art und Weise gebildet werden.
Es gibt Hinweise darauf, dass Polymorphismen in den Genen, die die verschiedenen am Metabolismus von 6-Mercaptopurin beteiligten Enzymsysteme codieren, unerwünschte Wirkungen einer 6-MercaptopurinTherapie vorhersagen lassen. Zum Beispiel entwickeln Individuen mit TPMT-Mangel sehr hohe zytotoxische Thioguanin-Nukleotid-Konzentrationen (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Elimination
In einer Studie mit 22 erwachsenen Patienten betrugen der durchschnittliche vollständige 6-Mercaptopurin-Abbau und die Halbwertzeit nach intravenöser Infusion 864 ml/min/m2 bzw. 0,9 Stunden. Der vollständige Abbau in den Nieren betrug bei 16 dieser Patienten 191 ml/min/m2. Nur um die 20 % der Dosis wurde nach intravenöser Infusion im Urin als nicht metabolisierter Wirkstoff ausgeschieden. In einer Studie mit 7 pädiatrischen Patienten zeigte 6-Mercaptopurin als Infusion eine Clearance von 719 (+/-610) ml/min/m2 und eine Halbwertszeit von 0,9 (+/-0,3) Stunden.
Kinetik spezieller Patientengruppen
Ältere Patienten
Es wurden keine speziellen Studien mit Senioren durchgeführt (siehe «Dosierung/Anwendung»)
Nierenfunktionsstörung
Studien mit einem Prodrug von 6-Mercaptopurin haben keine Unterschiede in der Pharmakokinetik von 6-Mercaptopurin in urämischen Patienten im Vergleich zu nierentransplantierten Patienten gezeigt. Über die aktiven Metaboliten von 6-Mercaptopurin bei Nierenfunktionsstörungen ist wenig bekannt. (siehe Dosierung/Anwendung).
6-Mercaptopurin und/oder seine Metabolite werden durch Hämodialyse entfernt, wobei ungefähr 45% der radioaktiven Metabolite während einer achtstündigen Dialyse eliminiert werden.
Leberfunktionsstörung
Eine Studie mit einem Prodrug von 6-Mercaptopurin wurde mit drei Gruppen von nierentransplantierten Patienten durchgeführt: solche ohne Lebererkrankung, solche mit Leberschädigung (aber ohne Zirrhose) und solche mit Leberschädigung und Zirrhose. Die Studie zeigte, dass die 6-Mercaptopurin-Exposition bei Patienten mit Leberschädigung (aber ohne Zirrhose) 1,6-mal höher war, und bei Patienten mit Leberschädigung und Zirrhose verglichen mit Patienten ohne Leberschädigung 6-mal höher (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Präklinische DatenMutagenität und Karzinogenität
Puri-Nethol wirkt, wie andere Antimetabolite, beim Menschen mutagen. Es wird über Chromosomenschäden bei der Maus und Ratte sowie beim Menschen berichtet.
Da 6-Mercaptopurin auf die zelluläre Desoxyribonukleinsäure (DNS) wirkt, ist das Präparat als potentiell karzinogen anzusehen. Fälle von akuter myeloischer Leukämie sind nach Therapie mit 6-Mercaptopurin beschrieben.
Reproduktionstoxizität
Für 6-Mercaptopurin sind bei Ratten, Mäusen, Hamstern und Kaninchen bei für das Muttertier nicht toxischen Dosen letale Wirkungen auf den Embryo und Teratogenität gezeigt worden. Die embryotoxische Wirkung ist dosisabhängig.
Sonstige HinweiseBei der Handhabung sollten möglichst Einmalhandschuhe verwendet respektive unmittelbar nach dem Kontakt mit den Tabletten sollen die Hände gewaschen werden. Es ist darauf zu achten, dass allfällige Tablettenteilchen (z.B. bei einer Beschädigung einer Tablette) nicht eingeatmet werden und nicht mit der Haut oder Schleimhaut in Kontakt kommen. Falls es zu einem Hautkontakt kommt, ist die Stelle mit Wasser und Seife zu waschen, bei Augenkontakt ist mit Wasser zu spülen.
Haltbarkeit
Das Präparat darf nur bis zu dem auf der Packung mit «EXP» bezeichneten Datum verwendet werden.
Besondere Lagerungshinweise
Bei Raumtemperatur (15–25 °C), vor Licht und Feuchtigkeit geschützt aufbewahren.
Zulassungsnummer21713 (Swissmedic).
PackungenTabletten zu 50 mg: 25. (A)
ZulassungsinhaberinAspen Pharma Schweiz GmbH, Baar.
Stand der InformationJanuar 2025
DOC-24-03-2025
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