PharmakokinetikDie Pharmakokinetik von 6-Mercaptopurin wurde bei pädiatrischen Patienten untersucht.
Absorption
Die Bioverfügbarkeit von oral verabreichtem 6-Mercaptopurin zeigt eine beträchtliche interindividuelle Schwankungsbreite. Nach Gabe einer Dosis von 75 mg/m² Körperoberfläche bei sieben Kindern und Jugendlichen betrug die durchschnittliche Bioverfügbarkeit 16 % der verabreichten Dosis, bei einer Schwankungsbreite von 5 bis 37 %.
Nach der oralen Gabe von 6-Mercaptopurin 75mg/m2 an 14 jugendliche Patienten mit akuter lymphoblastischer Leukämie betrug die durchschnittliche Cmax 0,89µM, bei einer Bandbreite von 0,29 - 1,82µM und Tmax 2,2 Stunden, bei einer Bandbreite von 0.5 bis 4 Stunden.
Die durchschnittliche relative Bioverfügbarkeit von 6-Mercaptopurin war nach der Nahrungsaufnahme verglichen mit der Aufnahme nach nächtlichem Fasten um ungefähr 26 % niedriger. 6-Mercaptopurin ist in Milch aufgrund der vorhandenen Xanthinoxidase nicht stabil (30 % Verminderung innerhalb von 30 Minuten) (siehe «Dosierung/Anwendung»)
Distribution
Die Proteinbindung beträgt 19%. Diese wird jedoch nur bei hohen 6-Mercaptopurin-Konzentrationen nach i.v. Verabreichung erreicht. Das Verteilungsvolumen beträgt 0,9 l/kg. Es findet in geringem Umfang ein Übertritt von 6-Mercaptopurin in den Liquor statt.
Die Konzentration von 6-Mercaptopurin in der Zerebrospinalflüssigkeit (CSF) nach intravenöser oder oraler Gabe ist niedrig oder zu vernachlässigen (CSF: Plasmaraten von 0.05 bis 0.27). Die Konzentration in der CSF ist nach intrathekaler Gabe höher.
Metabolismus
6-Mercaptopurin wird über zahlreiche mehrstufige Wege umfassend zu aktiven und inaktiven Metaboliten metabolisiert. Wegen des komplexen Metabolismus erklärt die Hemmung eines einzelnen Enzyms nicht alle Fälle von Wirkungsmangel und/oder ausgeprägter Myelosuppression. Die wichtigsten für den Metabolismus von 6-Mercaptopurin oder seiner Abbauprodukte verantwortlichen Enzyme sind folgende: das polymorphe Enzym Thiopurin-S-Methyltransferase (TPMT), Xanthinoxidase, Inosin-Monophosphat-Dehydrogenase (IMPDH) und Hypoxanthin-Guanin-Phosphoribosyltransferase (HPRT). Weitere Enzyme, die an der Entstehung aktiver und inaktiver Metabolite beteiligt sind: Guanosin- Monophosphat-Synthetase (GMPS, das TGNs bildet) und Inosin-Triphosphat-Pyrophosphatase (ITPase). Ausserdem gibt es viele inaktive Metabolite, die auf andere Art und Weise gebildet werden.
Es gibt Hinweise darauf, dass Polymorphismen in den Genen, die die verschiedenen am Metabolismus von 6-Mercaptopurin beteiligten Enzymsysteme codieren, unerwünschte Wirkungen einer 6-MercaptopurinTherapie vorhersagen lassen. Zum Beispiel entwickeln Individuen mit TPMT-Mangel sehr hohe zytotoxische Thioguanin-Nukleotid-Konzentrationen (siehe «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Elimination
In einer Studie mit 22 erwachsenen Patienten betrugen der durchschnittliche vollständige 6-Mercaptopurin-Abbau und die Halbwertzeit nach intravenöser Infusion 864 ml/min/m2 bzw. 0,9 Stunden. Der vollständige Abbau in den Nieren betrug bei 16 dieser Patienten 191 ml/min/m2. Nur um die 20 % der Dosis wurde nach intravenöser Infusion im Urin als nicht metabolisierter Wirkstoff ausgeschieden. In einer Studie mit 7 pädiatrischen Patienten zeigte 6-Mercaptopurin als Infusion eine Clearance von 719 (+/-610) ml/min/m2 und eine Halbwertszeit von 0,9 (+/-0,3) Stunden.
Kinetik spezieller Patientengruppen
Ältere Patienten
Es wurden keine speziellen Studien mit Senioren durchgeführt (siehe «Dosierung/Anwendung»)
Nierenfunktionsstörung
Studien mit einem Prodrug von 6-Mercaptopurin haben keine Unterschiede in der Pharmakokinetik von 6-Mercaptopurin in urämischen Patienten im Vergleich zu nierentransplantierten Patienten gezeigt. Über die aktiven Metaboliten von 6-Mercaptopurin bei Nierenfunktionsstörungen ist wenig bekannt. (siehe Dosierung/Anwendung).
6-Mercaptopurin und/oder seine Metabolite werden durch Hämodialyse entfernt, wobei ungefähr 45% der radioaktiven Metabolite während einer achtstündigen Dialyse eliminiert werden.
Leberfunktionsstörung
Eine Studie mit einem Prodrug von 6-Mercaptopurin wurde mit drei Gruppen von nierentransplantierten Patienten durchgeführt: solche ohne Lebererkrankung, solche mit Leberschädigung (aber ohne Zirrhose) und solche mit Leberschädigung und Zirrhose. Die Studie zeigte, dass die 6-Mercaptopurin-Exposition bei Patienten mit Leberschädigung (aber ohne Zirrhose) 1,6-mal höher war, und bei Patienten mit Leberschädigung und Zirrhose verglichen mit Patienten ohne Leberschädigung 6-mal höher (siehe «Dosierung/Anwendung»).
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