Dosierung/AnwendungBehandlung der chronischen Eisenüberladung
Das Hauptziel der Chelationstherapie bei Eisenüberladung bei gut kontrollierten Patienten besteht darin, ein Eisengleichgewicht aufrechtzuerhalten und einer Hämosiderose vorzubeugen. Bei Patienten mit Eisenüberladung ist hingegen eine negative Eisenbilanz erwünscht, um die erhöhten Eisenvorräte zu reduzieren und die toxischen Wirkungen von Eisen zu vermeiden.
Behandlung der akuten Eisenvergiftung
Desferal wird zusätzlich zu den für die Behandlung der akuten Eisenvergiftung üblichen therapeutischen Massnahmen angewendet.
In folgenden Situationen ist eine Desferal Behandlung indiziert:
·alle symptomatischen Patienten, welche mehr als geringe, vorübergehende Symptome entwickeln (z.B. mehr als einmaliges Erbrechen oder weichen Stuhlgang);
·Patienten mit evidenter Lethargie, signifikanten Abdominalschmerzen, Hypovolämie oder Azidose;
·Patienten mit positiver Abdominal-Radiographie, welche multiple Strahlenundurchlässigkeit demonstrierten (die grosse Mehrheit dieser Patienten wird Symptome einer Eisenvergiftung entwickeln);
·jegliche symptomatischen Patienten mit einem Serum-Eisenspiegel von mehr als 300-350 µg/dl, unabhängig von der totalen Eisenbindungskapazität (TIBC).
Es ist auch vorgeschlagen worden, dass bei asymptomatischen Patienten mit Serum-Eisenspiegeln zwischen 300 und 500 µg/dl, sowie bei Patienten mit selbst-limitierter, nicht blutiger Emesis oder Diarrhoe ohne andere Symptome, ein konservativer Approach ohne Desferal Behandlung in Betracht gezogen werden sollte.
Die kontinuierliche intravenöse Verabreichung von Desferal ist die bevorzugte Applikationsart. Die empfohlene maximale Infusionsrate beträgt 15 mg/kg/h und sollte, sobald es die Umstände erlauben, reduziert werden. In der Regel erfolgt die Reduktion nach 4-6 h, so dass die totale intravenöse Dosis die empfohlenen 80 mg/kg/24 h nicht übersteigt.
Die folgenden Kriterien gelten als angemessene Voraussetzungen für das Absetzen von Desferal. Die Chelationstherapie soll fortgesetzt werden, bis alle der folgenden Kriterien erfüllt sind:
·Der Patient muss frei von Anzeichen oder Symptomen einer systemischen Eisenvergiftung sein (z.B. keine Azidose, keine Verschlechterung der Hepatotoxizität).
·Der korrigierte Serum-Eisenspiegel sollte idealerweise normal oder tief sein (z.B. <100 µg/dl). Da jedoch die Eisenkonzentration im Serum in Gegenwart von Desferal nicht akkurat bestimmt werden kann, ist es akzeptabel, Desferal abzusetzen, wenn alle anderen Kriterien erfüllt und die gemessenen Werte nicht erhöht sind.
·Da multiple Strahlenundurchlässigkeit als Marker für fortgesetzte Eisenabsorption dient, sollte bei Patienten mit initial multipler Strahlenundurchlässigkeit die Abdominal-Radiographie wiederholt werden, um sicherzugehen, dass diese verschwunden sind, bevor Desferal abgesetzt wird.
·Bei Patienten, welche zu Beginn der Desferal Therapie eine rötliche Färbung des Urins beobachtet haben, scheint es vernünftig, Desferal nicht abzusetzen, bevor sich diese Verfärbung normalisiert hat (die Entfärbung des Urins alleine rechtfertigt ein Absetzen von Desferal jedoch nicht).
Die Wirksamkeit der Behandlung hängt von einer genügenden Urinausscheidung ab, damit die Elimination des Eisenkomplexes Ferrioxamin (FO) sichergestellt ist. Beim Auftreten von Oligurie oder Anurie können deshalb Peritoneal-, Hämodialyse oder Hämofiltration notwendig werden, um die Ausscheidung von FO zu gewährleisten.
Behandlung der chronischen Aluminiumüberladung bei Patienten mit terminalem Nierenversagen
Die Eisen- und Aluminiumkomplexe von Desferal sind dialysierbar. Patienten mit Organfunktionsstörungen infolge von Aluminiumüberladung sollten mit Desferal behandelt werden. Selbst bei asymptomatischen Patienten sollte eine Behandlung mit Desferal in Erwägung gezogen werden, wenn die Serum-Aluminiumwerte konstant über 60 ng/ml liegen und der Infusionstest mit Desferal (s. unten) positiv ausfällt. Dies ist insbesondere der Fall, wenn die Ergebnisse einer Knochenbiopsie auf eine aluminiumbedingte Knochenerkrankung hinweisen.
Desferal sollte einmal wöchentlich, in einer Dosis von 5 mg/kg verabreicht werden. Bei Patienten, die nach dem DFO-Test einen Serum-Aluminiumspiegel von bis zu 300 ng/ml aufweisen, sollte Desferal während der letzten 60 min einer Dialyse als langsame i.v.-Infusion verabreicht werden. Liegen die Serum-Aluminiumwerte über 300 ng/ml sollte Desferal 5 h vor der Dialyse langsam i.v. infundiert werden. Nach Beendigung des ersten, dreimonatigen Behandlungsdurchgangs mit Desferal sollte, nach einer vierwöchigen Auswaschphase, ein Infusionstest mit Desferal durchgeführt werden. Wenn zwei im Abstand von einem Monat durchgeführte Infusionstests mit Desferal Serum-Aluminiumspiegel von weniger als 50 ng/ml über dem Ausgangswert ergeben, wird eine weitere Behandlung mit Desferal nicht empfohlen.
Bei Patienten mit ambulanter Dauerperitonealdialyse (CAPD) oder zyklischer Dauerperitonealdialyse (CCPD) sollte Desferal einmal pro Woche als Einzeldosis von 5 mg/kg, vor dem letzten Wechsel der Dialyseflüssigkeit dieses Tages, verabreicht werden.
Bei diesen Patienten wird die intraperitoneale Verabreichung empfohlen, aber Desferal kann jedoch auch i.m., s.c. oder durch langsame i.v.-Infusion verabreicht werden.
Kinder und Erwachsene
Die Therapie mit Desferal sollte nach den ersten 10-20 Bluttransfusionen, oder wenn Anzeichen einer Eisenüberladung (z.B. Serum-Ferritin ≥1'000 ng/ml) vorhanden sind, begonnen werden.
Eisenüberladung oder exzessive Desferal-Dosen können zu Wachstumsverzögerung führen. Wird eine Chelationstherapie vor dem 3. Lebensjahr begonnen, muss das Wachstum sorgfältig überwacht werden und die mittlere Tagesdosis sollte 40 mg/kg nicht überschreiten.
Die Dosierung und Art der Verabreichung sollten individuell festgelegt und im Lauf der Therapie aufgrund der Eisenbelastung des Patienten angepasst werden. Es sollte die niedrigste wirksame Dosis gegeben werden.
Um das Ansprechen auf die Chelationstherapie zu überprüfen, kann initial die 24-h-Ausscheidung von Eisen im Urin täglich aufgezeichnet und so das Ansprechen auf steigende Desferal-Dosen ermittelt werden. Ist die angemessene Dosierung ermittelt, kann die Bestimmung der renalen Eiseneliminationsraten in Intervallen von einigen Wochen erfolgen. Alternativ kann die mittlere Tagesdosis auch aufgrund der Ferritin-Spiegel angepasst werden, um den therapeutischen Index unterhalb von 0.025 zu halten (d.h. die mittlere Tagesdosis an Desferal in mg/kg dividiert durch den Serumferritin-Wert in µg/l soll einen Wert unter 0.025 ergeben). Der therapeutische Index ist ein nützliches Hilfsmittel, um den Patienten vor einer übermässigen Chelatbildung zu bewahren, er ist aber kein Ersatz für eine sorgfältige medizinische Überwachung.
Die durchschnittliche Tagesdosis von Desferal liegt in der Regel zwischen 20 und 60 mg/kg. Patienten mit einem Serum-Ferritinspiegel unter 2'000 ng/ml benötigen in der Regel etwa 25 mg/kg/d. Bei einem Serum-Ferritinspiegel zwischen 2'000 und 3'000 ng/ml sind etwa 35 mg/kg/d erforderlich. Patienten mit einem höheren Serumferritin können bis zu 55 mg/kg/d benötigen. Es wird jedoch davon abgeraten, die durchschnittliche Tagesdosis von 50 mg/kg regelmässig zu überschreiten, es sei denn, in Patienten, welche das Wachstum abgeschlossen haben, wird eine sehr intensive Chelationstherapie benötigt. Fallen die Ferritin-Werte unter 1'000 ng/ml ist das Risiko einer Desferalintoxikation erhöht. Daher ist es wichtig, solche Patienten speziell sorgfältig zu überwachen und eventuell eine Senkung der wöchentlichen Totaldosis in Erwägung zu ziehen.
Bei den festgelegten Dosen handelt es sich um durchschnittliche Tagesdosen. Da die meisten Patienten Desferal an weniger als 7 Tagen pro Woche anwenden, unterscheiden sich die tatsächlichen Dosen pro Infusion in der Regel von den durchschnittlichen Tagesdosen (z.B.: Wird eine durchschnittliche Tagesdosis von 40 mg/kg benötigt und der Patient trägt die Pumpe 5 Nächte pro Woche, sollte jede Infusion 56 mg/kg enthalten).
Es konnte gezeigt werden, dass eine regelmässige Chelationstherapie mit Deferoxamin die Lebenserwartung von Thalassämie-Patienten verbessert.
Höhere Dosen sollten nur angewendet werden, wenn der therapeutische Nutzen für den Patienten das Risiko unerwünschter Wirkungen, bedingt durch wiederholte hohe Tagesdosen, übersteigt.
Ältere Patienten
Es wurden nicht genügend Patienten über 65 Jahre in klinische Studien mit Desferal eingeschlossen um bestimmen zu können, ob sie anders ansprechen als jüngere Patienten. Im Allgemeinen sollte die Auswahl der Dosis für ältere Patienten vorsichtig erfolgen und normalerweise, in Anbetracht der erhöhten Häufigkeit von eingeschränkter Leber-, Nieren- oder Herzfunktion und von Begleiterkrankungen oder anderen medikamentösen Therapien, am unteren Ende des Dosisbereiches.
Patienten mit Leberfunktionsstörung
Es wurden keine Studien bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion durchgeführt.
Patienten mit Nierenfunktionsstörung
Bei Patienten mit normaler Nierenfunktion werden die Metallkomplexe ungefähr zur Hälfte im Urin ausgeschieden. Daher ist bei Patienten mit schwerer Niereninsuffizienz Vorsicht geboten. Die Eisen- und Aluminiumkomplexe von Deferoxamin sind dialysierbar; ihre Elimination wird durch Dialyse bei Patienten mit Niereninsuffizienz gesteigert.
Einzelfälle von akutem Nierenversagen wurden berichtet (s. auch «Unerwünschte Wirkungen»). Eine Überwachung der Patienten auf Veränderungen der Nierenfunktion (z.B. erhöhtes Serumkreatinin) sollte erwogen werden.
Art der Anwendung
Desferal sollte durch langsame s.c.-Infusion mittels einer tragbaren, leichten Infusionspumpe, über einen Zeitraum von 8-12 h verabreicht werden. Dies ist für den ambulanten Patienten besonders geeignet. Desferal kann auch über einen Zeitraum von 24 h verabreicht werden. Desferal sollte 5-7-mal pro Woche angewendet werden. Die Anwendung von Desferal in Form einer s.c.-Bolusinjektion kann nicht unterstützt werden.
Desferal soll nicht in höheren Konzentrationen als 95 mg/ml verabreicht werden, da dies das Risiko für lokale Hautreaktionen erhöht (s. «Hinweise für die Handhabung»).
Wenn einzig die Möglichkeit einer i.m.-Injektion besteht, kann es nötig sein, höhere Konzentrationen zu verwenden, um die Injektion zu erleichtern (s. «sonstige Hinweise/Hinweise für die Handhabung»).
Bei s.c.-Injektion sollte die Nadel nicht zu nahe an die Dermis eingeführt werden.
Intravenöse Infusion während Bluttransfusionen
Da während Bluttransfusionen der Weg für eine intravenöse Verabreichung zur Verfügung steht, ist eine intravenöse Infusion z.B. bei Patienten, die bei subkutaner Infusion eine mangelhafte Therapiedisziplin zeigen und/oder sie nicht vertragen, möglich. Die Desferal-Lösung sollte nicht direkt in den Blutbeutel gegeben werden, kann aber mittels Y-Stück nahe der Injektionsstelle der laufenden Infusion zugegeben werden. Wie gewöhnlich sollte die Pumpe des Patienten verwendet werden, um Desferal zu verabreichen. Wegen der begrenzten Menge Arzneimittel, die mittels i.v.-Infusion während einer Bluttransfusion gegeben werden kann, ist der klinische Nutzen dieser Verabreichungsart begrenzt. Sowohl Patienten wie auch Pflegefachperson sollten davor gewarnt werden, die Geschwindigkeit der Infusion zu erhöhen, da ein intravenöser Desferal Bolus zu einem Kreislaufkollaps führen kann (s. «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Kontinuierliche intravenöse Infusion
Intravenöse Infusionssysteme zur Implantation können verwendet werden, wenn eine intensive Chelattherapie durchgeführt wird. Eine kontinuierliche intravenöse Infusion ist indiziert bei Patienten, welche die subkutane Infusion nicht weiterführen können, und bei Patienten mit kardialen Problemen infolge Eisenüberladung. Die Desferal-Dosis hängt vom Ausmass der Eisenüberladung ab. Ist eine intensive Chelationstherapie (i.v.) nötig, sollte die 24-h-Eisenausscheidung im Urin regelmässig gemessen und die Dosis entsprechend angepasst werden. Beim Durchspülen des Infusionsschlauches ist Vorsicht geboten, um eine schnelle Infusion von Desferal zu vermeiden, welches sich im Totraum des Schlauches befinden kann. Dies könnte zu einem Kreislaufkollaps führen (s. «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Intramuskuläre Verabreichung
Da subkutane Infusionen wirksamer sind, werden intramuskuläre Injektionen nur verabreicht, wenn subkutane Infusionen nicht möglich sind.
Unabhängig vom gewählten Darreichungsmodus ist die Erhaltungsdosis individuell festzulegen und hängt von der Eisenausscheidungsrate des Patienten ab.
Gleichzeitige Verabreichung von Vitamin C
Patienten mit Eisenüberladung entwickeln in der Regel einen Vitamin-C-Mangel, der vermutlich auf die Oxidation des Vitamins durch das Eisen zurückzuführen ist. Nach einmonatiger regelmässiger Chelattherapie mit Desferal kann Vitamin C, in einer Dosierung von bis zu 200 mg/d, in aufgeteilten Dosen, als Adjuvans zur Chelattherapie verabreicht werden (s. «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»). Vitamin C erhöht die Verfügbarkeit von Eisen zur Chelatbildung. Für Kinder unter 10 Jahren sind im Allgemeinen 50 mg, für ältere Kinder 100 mg ausreichend. Höhere Dosen an Vitamin C führen nicht zu einer zusätzlichen Erhöhung der Ausscheidung des Eisenkomplexes.
Diagnostischer Test mit Desferal
Der Test beruht auf dem Prinzip, dass Desferal beim Gesunden die Eisen- und Aluminiumausscheidung nicht über einen bestimmten Grenzwert hinaus steigert.
1. Test mit Desferal zur Feststellung einer Eisenüberladung bei Patienten mit normaler Nierenfunktion
Es sollen 500 mg Desferal intramuskulär injiziert und anschliessend während 6 h der Urin gesammelt und dessen Eisengehalt bestimmt werden. Wurden innerhalb dieser 6 h 1-1.5 mg (18-27 µmol) Eisen im Urin ausgeschieden, besteht Verdacht auf eine Eisenüberladung; Werte über 1.5 mg (27 µmol) können als pathologisch betrachtet werden. Der Test ergibt nur bei normaler Nierenfunktion zuverlässige Resultate.
2. Infusionstest mit Desferal zur Feststellung einer Aluminiumüberladung bei Patienten mit terminalem Nierenversagen
Bei Patienten mit Serum-Aluminiumwerten über 60 ng/ml und Serum-Ferritinwerten über 100 ng/ml empfiehlt sich die Durchführung eines Desferal-Infusionstests.
Unmittelbar vor Beginn einer Hämodialyse wird eine Blutprobe entnommen, um den Ausgangswert des Serum-Aluminiumspiegels zu bestimmen.
Während der letzten 60 min der Hämodialyse wird eine Dosis von 5 mg/kg (s. «Hinweise für die Handhabung») als langsame intravenöse Infusion verabreicht.
Zu Beginn der nächsten Hämodialyse (d.h. 44 h nach der Infusion von Desferal) wird eine zweite Blutprobe entnommen und wiederum der Serum-Aluminiumspiegel bestimmt.
Der Test gilt als positiv, wenn die Serum-Aluminiumwerte um mehr als 150 ng/ml über den Ausgangswert ansteigen. Ein negatives Testergebnis schliesst jedoch eine Aluminiumüberladung nicht mit absoluter Sicherheit aus.
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