Warnhinweise und VorsichtsmassnahmenKapanol ist für die orale Einnahme bestimmt. Die Kapseln dürfen weder aufgelöst und injiziert noch inhaliert werden, da dies zu einer sofortigen Freisetzung von Morphin und einer potenziell tödlichen Überdosierung bzw. zu schweren lokalen Reaktionen führen kann.
Um die Retardierung nicht zu beeinträchtigen, darf der Inhalt der Kapseln nicht zerkaut oder zerrieben werden. Die Anwendung eines zerkauten oder zerriebenen Kapselinhaltes führt zu einer schnellen Freisetzung und zur Resorption einer möglicherweise letalen Dosis von Morphin (siehe «Überdosierung»).
Bei Umstellung der Therapie auf eine andere Darreichungsform und/oder ein anderes Arzneimittel mit gleichem Wirkstoff ist Vorsicht geboten. Der Patient / die Patientin sollte adäquat kontrolliert werden (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Kapanol sollte nur mit Vorsicht und in niedrigen Dosen angewendet werden bei älteren oder geschwächten Patienten, Schilddrüsenunterfunktion (Myxödem), Harnröhrenstriktur, Prostatahypertrophie, Nebenniereninsuffizienz (einschliesslich Morbus Addison), Schock, ZNS-Depression, toxischer Psychose, Delirium tremens oder schwerer Kyphoskoliose.
Pankreatitis, Gallenwegserkrankungen oder bevorstehende Gallenoperation
Bei Patienten mit Pankreatitis, Gallenwegserkrankungen oder bevorstehender Gallenoperation sollte Kapanol nur mit Vorsicht und in niedrigen Dosen angewendet werden.
Paralytischer Ileus
Bei Verdacht auf paralytischen Ileus oder bei Auftreten während der Behandlung muss Kapanol sofort abgesetzt werden.
Nieren- und Leberfunktionsstörungen
Bei Nierenfunktionsstörungen und stark eingeschränkter Leberfunktion ist Vorsicht geboten und Kapanol soll individuell angepasst und gegebenenfalls die Dosis reduziert werden.
Verzögerte Magen-Darm-Passage oder prä- und perioperative Verabreichung
Bei verzögerter Magen-Darm-Passage ist Vorsicht geboten und Kapanol soll individuell angepasst und gegebenenfalls die Dosis reduziert werden.
Die prä- und perioperative Verabreichung von Kapanol ist nicht zu empfehlen und stellt keine gesicherte Indikation dar. Daher sollte Kapanol 24 Stunden vor und in den ersten 24 Stunden nach einer Operation nicht verabreicht werden und auch später nur mit Vorsicht, insbesondere nach Operationen im Abdominalbereich.
Überempfindlichkeitsreaktionen
Bei Patienten mit bekannter Überempfindlichkeit gegenüber Opioiden einer anderen Klasse kann es nach Verabreichung von Morphin zu einer Überempfindlichkeitsreaktion kommen. Bei diesen Patienten ist bei der Anwendung von Morphin Vorsicht geboten (siehe „Kontraindikationen“).
Arzneimittelabhängigkeit und Missbrauchspotenzial
Unter der wiederholten Anwendung von Opioiden können sich Toleranz und physische und/oder psychische Abhängigkeit entwickeln. Nach Anwendung von Opioiden kann eine iatrogene Abhängigkeit auftreten. Kapanol kann wie andere Opioide missbraucht werden, und alle Patienten, die Opioide erhalten, sind auf Anzeichen von Missbrauch und Sucht zu überwachen. Patienten mit erhöhtem Risiko für Opioid-Missbrauch können dennoch angemessen mit Opioiden behandelt werden, diese Patienten müssen jedoch zusätzlich auf Anzeichen von Falschanwendung, Missbrauch oder Sucht überwacht werden. Die wiederholte Anwendung von Kapanol kann zu einer Opioidgebrauchsstörung führen. Missbrauch oder absichtliche Falschanwendung von Kapanol kann Überdosierung und/oder Tod zur Folge haben. Das Risiko für die Entwicklung einer Opioidgebrauchsstörung ist erhöht bei Patienten mit Substanzgebrauchsstörungen (einschliesslich Alkoholgebrauchsstörung) in der persönlichen oder familiären (Eltern oder Geschwister) Vorgeschichte, bei Rauchern oder bei Patienten mit anderen psychischen Erkrankungen (z.B. Major Depression, Angststörungen und Persönlichkeitsstörungen) in der Anamnese. Die Patienten müssen auf Anzeichen eines Suchtverhaltens (drug-seeking behaviour) überwacht werden (z.B. zu frühe Nachfrage nach Folgerezepten). Hierzu gehört auch die Überprüfung von gleichzeitig angewendeten Opioiden und psychoaktiven Arzneimitteln (wie Benzodiazepinen). Bei Patienten mit Anzeichen und Symptomen einer Opioidgebrauchsstörung sollte die Konsultation eines Suchtspezialisten oder einer Suchtspezialistin in Betracht gezogen werden.
Sedierung
Die meisten Patienten, die Morphin erhalten, werden an einer anfänglichen Benommenheit leiden. Übermässige Sedierung (begleitet von Schwanken und Verwirrtheit) oder länger als einige Tage dauernde Sedierung sollte untersucht werden. Dabei sollten folgende Faktoren mit in Betracht gezogen werden: gleichzeitige sedative Medikation, das Bestehen von Leber- oder Niereninsuffizienz, Exazerbation einer respiratorischen Insuffizienz, Toleranz gegenüber der Dosis, insbesondere bei älteren Patienten, Schweregrad der Erkrankung und allgemeiner Zustand des Patienten / der Patientin. Falls eine Dosisreduktion von Kapanol vorgenommen wurde und daraufhin der Schmerz nicht ausreichend therapiert ist, kann die Dosis nach einigen Tagen wieder vorsichtig erhöht werden.
Auch bei bestimmungsmässigem Gebrauch von Morphin ist die Fähigkeit zur aktiven Teilnahme am Strassenverkehr und zur Bedienung von Maschinen nicht mehr gegeben.
Gleichzeitige Einnahme mit Alkohol
Eine gleichzeitige Einnahme von Kapanol Retardkapseln mit Alkohol führt nicht zu einer beschleunigten Morphinfreisetzung (kein «Dose-dumping Effekt»).
Epilepsie oder Prädisposition für Krampfanfälle
Vorsicht ist geboten bei der Anwendung von Morphin bei Epilepsie oder bei Prädisposition für Krampfanfälle.
Akutes Thorax-Syndrom (ATS) bei Patienten mit Sichelzellkrankheit (SZK)
Aufgrund eines möglichen Zusammenhangs zwischen ATS und der Anwendung von Morphin bei SZK-Patienten, die während einer vaso-okklusiven Krise mit Morphin behandelt werden, ist eine engmaschige Überwachung auf ATS-Symptome angezeigt.
Nebenniereninsuffizienz
Opioide können eine reversible Nebenniereninsuffizienz hervorrufen, die eine Überwachung und Glukokortikoid-Ersatztherapie erfordert. Symptome der Nebenniereninsuffizienz können u. a. Folgendes umfassen: Übelkeit, Erbrechen, Appetitverlust, Müdigkeit, Schwäche, Schwindel oder niedriger Blutdruck.
Verminderte Sexualhormone und erhöhtes Prolaktin
Die Langzeitanwendung von Opioiden kann mit erniedrigten Sexualhormon-Spiegeln und einem erhöhten Prolaktinspiegel verbunden sein. Die Symptome beinhalten verminderte Libido, Impotenz oder Amenorrhoe.
Schwere arzneimittelinduzierte Hautreaktionen
In Verbindung mit Morphinbehandlung wurde über akute generalisierte exanthematische Pustulose (AGEP), die lebensbedrohlich oder tödlich sein kann, berichtet. Die meisten dieser Reaktionen traten innerhalb der ersten 10 Behandlungstage auf. Die Patienten sollten über die Anzeichen und Symptome von AGEP informiert und darauf hingewiesen werden, medizinische Hilfe in Anspruch zu nehmen, falls bei ihnen solche Symptome auftreten.
Falls Anzeichen und Symptome auftreten, die auf diese Hautreaktionen hinweisen, sollte Morphin abgesetzt und eine alternative Behandlung in Betracht gezogen werden.
Spasmus des Sphincter Oddi/Pankreatitis
Opioide können eine Funktionsstörung und einen Spasmus des Sphincter Oddi verursachen, wodurch der intrabiliäre Druck zunimmt und das Risiko für Gallenwegsymptome und Pankreatitis steigt.
Atemdepression
Wie bei allen Opioiden besteht ein Risiko für eine klinisch relevante Atemdepression im Zusammenhang mit der Anwendung von Kapanol. Eine Atemdepression kann, wenn sie nicht sofort erkannt und behandelt wird, zu Atemstillstand und Tod führen. Die Behandlung einer Atemdepression umfasst je nach klinischem Zustand des Patienten / der Patientin eine engmaschige Beobachtung, unterstützende Massnahmen und die Verabreichung von Opioidantagonisten (siehe «Behandlung» unter Rubrik «Überdosierung»). Eine schwerwiegende, lebensbedrohliche oder tödliche Atemdepression kann zu jedem Zeitpunkt der Therapie auftreten, das Risiko ist zu Beginn der Therapie oder nach einer Dosiserhöhung am grössten.
Schlafbezogene Atemstörungen
Opioide können schlafbezogene Atemstörungen einschliesslich zentraler Schlafapnoe (ZSA) und schlafbezogener Hypoxämie verursachen. Die Anwendung von Opioiden geht mit einer dosisabhängigen Erhöhung des Risikos für eine zentrale Schlafapnoe einher. Bei Patienten mit zentraler Schlafapnoe sollte eine Verringerung der Opioid-Gesamtdosis in Betracht gezogen werden.
Gleichzeitige Anwendung mit zentral dämpfenden Substanzen
Die gleichzeitige Anwendung von Opioiden mit Benzodiazepinen oder anderen zentral dämpfenden Substanzen kann zu starker Sedierung, Atemdepression, Koma und Tod führen. Aufgrund dieser Risiken dürfen Opioide und Benzodiazepine oder andere zentral dämpfende Arzneimittel nur an Patienten, für die keine alternative Behandlungsoption in Frage kommt, begleitend verabreicht werden. Wird entschieden, Kapanol begleitend zu Benzodiazepinen oder anderen zentral dämpfenden Arzneimitteln zu verschreiben, sind die jeweils niedrigste wirksame Dosierung und eine minimale Dauer der gleichzeitigen Anwendung zu wählen. Die Patienten müssen engmaschig auf Anzeichen und Symptome von Atemdepression und Sedierung überwacht werden (siehe Rubrik «Interaktionen»).
Versehentliche Exposition
Die Patienten und ihre Betreuungspersonen müssen darüber in Kenntnis gesetzt werden, dass Kapanol einen Wirkstoff in einer Menge enthält, die tödlich sein kann, dies gilt besonders für Kinder. Patienten und ihre Betreuungspersonen müssen darauf hingewiesen werden, alle Dosiereinheiten für Kinder unerreichbar aufzubewahren und angebrochene oder nicht verwendete Dosiereinheiten ordnungsgemäss zu entsorgen.
Neonatales Opioidentzugssyndrom
Die längere Anwendung von Kapanol in der Schwangerschaft kann zu einem neonatalen Opioidentzugssyndrom führen, das potenziell lebensbedrohlich ist, wenn es nicht rechtzeitig erkannt und behandelt wird. Die Therapie sollte gemäss Protokollen erfolgen, die von Neonatologie-Experten entwickelt wurden. Ist der Einsatz von Opioiden bei einer Schwangeren über einen längeren Zeitraum notwendig, weisen Sie die Patientin auf das Risiko des neonatalen Opioidentzugssyndroms hin und stellen Sie sicher, dass die geeignete Behandlung gegebenenfalls zur Verfügung steht.
Gleichzeitige Anwendung von Monoaminoxidase-Hemmern (MAO-Hemmern)
Aufgrund einer Inhibition des Serotonin-Wiederaufnahmemechanismus sind bei gleichzeitiger Anwendung von Pethidin mit MAO-Hemmern oder innerhalb 14 Tage nach Unterbrechung einer Therapie mit MAO-Hemmern lebensbedrohende Wirkungen auf das Zentralnervensystem und auf die Atem- und Kreislauffunktionen beobachtet worden. Diese Interaktion ist mit Morphin unwahrscheinlich, da für Morphin keine serotonerge Wirkung nachweisbar ist. Trotzdem sollte Kapanol während der Behandlung mit MAO-Hemmern oder innerhalb 2 Wochen nach deren Absetzen nur mit grösster Vorsicht angewendet werden (siehe «Interaktionen»).
Thrombozytenhemmung mit oralen P2Y12-lnhibitoren
Eine verminderte Wirksamkeit der P2Y12-Inhibitor-Therapie wurde innerhalb des ersten Tages einer gemeinsamen Behandlung mit P2Y12-lnhibitoren und Morphin festgestellt (siehe Rubrik «Interaktionen»).
Schmerzbehandlung
Entzugssyndrom (Abstinenzsyndrom)
Die Anwendung von Opioid-Analgetika kann mit der Entwicklung von körperlicher und/oder psychischer Abhängigkeit oder Toleranz verbunden sein. Das Risiko steigt mit längerer Anwendungsdauer und höherer Dosierung des Arzneimittels. Die Symptome können durch Anpassung der Dosis oder der Darreichungsform sowie über das schrittweise Absetzen von Morphin verringert werden (Einzelne Symptome siehe Rubrik «Unerwünschte Wirkungen»).
Hyperalgesie
Opioid-induzierte Hyperalgesie (OIH) tritt auf, wenn ein Opioid-Analgetikum paradoxerweise eine Zunahme der Schmerzen oder eine Steigerung der Schmerzempfindlichkeit verursacht. Dieser Zustand unterscheidet sich von der Toleranz, bei der zur Aufrechterhaltung einer bestimmten Wirkung höhere Opioiddosen erforderlich sind. Zu den Symptomen der OIH gehören unter anderem eine Zunahme der Schmerzen bei Erhöhung der Opioiddosis, eine Abnahme der Schmerzen bei Verringerung der Opioiddosis oder Schmerzen bei normalerweise nicht schmerzhaften Reizen (Allodynie). Wenn bei einem Patienten / einer Patientin der Verdacht auf eine OIH besteht, ist eine Verringerung der Opioiddosis oder eine Opioidrotation zu prüfen.
Kinder und Jugendliche
Da noch zu wenige Erfahrungen vorliegen, darf Kapanol bei Kindern unter 12 Jahren zur Schmerzbehandlung nur in Ausnahmefällen angewendet werden.
Substitutionsbehandlung bei Opioidabhängigkeit
Besondere Risiken bei Patienten unter Substitutionsbehandlung
Der Patient / die Patientin ist darüber aufzuklären, dass der gleichzeitige Konsum von illegalen Opioiden, Benzodiazepinen, Alkohol oder anderen zentral dämpfenden Substanzen oder Arzneimitteln in Anbetracht der Potenzierung der Atemdepression zum Tod durch Atemstillstand führen kann (siehe «Interaktionen»). Informationen über alle früher oder aktuell konsumierten psychotropen Substanzen sowie über alle eingenommenen Arzneimittel sind von grösster Wichtigkeit zur Abschätzung von Interaktionen.
Bei der Substitutionsbehandlung ist besonders aufmerksam auf das Auftreten von Überdosierungs- oder Entzugssymptomen zu achten und die Dosierung bei Bedarf entsprechend anzupassen (siehe «Dosierung/Anwendung»).
Nur das Fehlen von Entzugssymptomen erlaubt es dem Patienten / der Patientin, auf zusätzlichen Opioidkonsum zu verzichten.
Bei Beendigung der Substitutionstherapie ist eine langsame Dosisreduktion über Wochen bis Monate angezeigt (siehe «Dosierung/Anwendung»). Der Patient / die Patientin muss über den Toleranzverlust und die erhöhte Gefahr einer Überdosierung bei erneutem Opioidkonsum informiert werden.
Patienten, die sich einem Eingriff während einer Kapanol-Therapie unterziehen müssen, sollten in Abhängigkeit von der Art des Eingriffs und des Anästhesieverfahrens aufgrund der retardierten Eigenschaften von Kapanol postoperativ sorgfältig auf Symptome wie Atemdepression überwacht werden.
Gleichzeitige Substitutions- und Schmerzbehandlung
Schmerzen sind grundsätzlich nach dem WHO-Schema zu behandeln. Aufgrund der Kreuztoleranz für die analgetische Wirkung von Opioiden müssen solche zur Erreichung der Schmerzfreiheit meist oft und in einer hohen Dosierung verabreicht werden. Die Substitutionsdosierung soll beibehalten und nicht reduziert werden.
Abhängigkeitsstörungen können eine Hyperalgesie begünstigen.
Die Anwendung von Kapanol kann bei Dopingkontrollen zu positiven Ergebnissen führen.
Hinweise zu den Hilfsstoffen
Kapanol enthält Saccharose. Patienten mit der seltenen hereditären Fructose/Galactose-Intoleranz, einer Glucose-Galactose-Malabsorption oder einer Sucrase-Isomaltase-Insuffizienz sollten dieses Arzneimittel nicht anwenden.
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