Warnhinweise und VorsichtsmassnahmenDie Therapie mit Atazanavir-Mepha soll durch einen Arzt bzw. eine Ärztin mit Erfahrung in der HIV-Therapie initiiert werden.
Obwohl die wirksame Virussuppression durch eine antiretrovirale Therapie das Risiko einer sexuellen Übertragung erheblich reduziert, kann ein Restrisiko nicht ausgeschlossen werden. Es sollen die entsprechenden Vorsichtsmassnahmen zur Vermeidung einer Übertragung gemäss den relevanten Therapie-Richtlinien beachtet werden.
Die gleichzeitige Verabreichung von Atazanavir-Mepha mit Ritonavir in Dosen höher als 100 mg 1× pro Tag wurde nicht klinisch untersucht. Die Verwendung einer höheren Dosis Ritonavir hat möglicherweise Einfluss auf das Sicherheitsprofil von Atazanavir (kardiale Effekte, Hyperbilirubinämie) und wird deshalb nicht empfohlen.
Patienten mit Begleitfaktoren
Leberfunktionsstörungen: Atazanavir wird primär in der Leber metabolisiert. Bei Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion wurden erhöhte Plasmakonzentrationen von Atazanavir beobachtet (siehe auch «Dosierung/Anwendung», «Kontraindikationen» und «Pharmakokinetik»).
Die Sicherheit und Wirksamkeit von Atazanavir-Mepha wurde bei Patienten mit signifikanten Leberfunktionsstörungen nicht etabliert. Patienten mit chronischer Hepatitis B oder C, die eine kombinierte antiretrovirale Therapie erhalten, haben ein erhöhtes Risiko für schwere und möglicherweise fatale hepatische Nebenwirkungen. Falls gleichzeitig eine Behandlung gegen Hepatitis B oder C erforderlich ist, soll die Fachinformation der entsprechenden Präparate beachtet werden.
Bei Patienten mit Leberfunktionsstörungen (inkl. chronisch aktiver Hepatitis) treten während einer kombinierten antiretroviralen Therapie vermehrt hepatische Störungen auf; diese Patienten sollten daher angemessen überwacht werden. Falls eine Verschlechterung der Leberfunktion eintritt, soll ein Therapieunterbruch oder -abbruch in Erwägung gezogen werden.
Eingeschränkte Nierenfunktion: Bei Patienten mit Hämodialyse wird die Anwendung von Atazanavir-Mepha mit oder ohne Ritonavir nicht empfohlen (siehe auch «Dosierung/Anwendung» und «Pharmakokinetik»).
Chronische Nierenerkrankung: Bei HIV-infizierten Patienten, welche mit Atazanavir, mit oder ohne Ritonavir, behandelt wurden, wurde während der Postmarketing-Phase über Fälle von chronischer Nierenerkrankung berichtet. Atazanavir-Mepha sollte mit Vorsicht angewendet werden und eine intensive Überwachung der Nierenfunktion ist erforderlich, insbesondere bei denjenigen Patienten, welche andere Risikofaktoren für eine chronische Nierenerkrankung haben.
Störungen der Reizleitung: Bei Patienten mit Störungen der Reizleitung, d.h. AV-Block Grad 2 oder höher oder Schenkelblock («Complex Bundle Branch Block») sollte Atazanavir-Mepha mit Vorsicht angewendet werden und nur, wenn der erwartete Nutzen das Risiko überwiegt. In klinischen Studien wurde unter der Therapie mit Atazanavir eine dosisabhängige asymptomatische Verlängerung des PR-Intervalls beobachtet. Besondere Vorsicht ist geboten bei der Komedikation mit Arzneimitteln, die das QTc-Intervall verlängern können (siehe auch Kapitel «Kontraindikationen» und «Interaktionen: Interaktionen von Atazanavir-Mepha mit oder ohne Ritonavir und anderen Arzneimitteln») sowie bei Patienten mit Risikofaktoren (Bradykardie, verlängertes kongenitales QTc-Intervall, Störungen des Elektrolythaushaltes; siehe auch «Präklinische Daten»).
Blutungsrisiko: Bei Patienten mit Hämophilie Typ A und B wurde unter Proteaseinhibitor-Therapie ein erhöhtes Blutungsrisiko festgestellt, inkl. spontaner kutaner Hämatome und Hämarthrosen. In einigen Fällen wurde zusätzlich der Faktor VIII eingesetzt. Bei mehr als der Hälfte der gemeldeten Fälle konnte nach Absetzen des Präparates die Behandlung mit Proteaseinhibitoren fortgesetzt bzw. wieder aufgenommen werden. Ein Kausalzusammenhang wurde angenommen, obwohl der Wirkungsmechanismus nicht bekannt ist. Patienten mit Hämophilie sollten daher auf eine mögliche erhöhte Blutungstendenz aufmerksam gemacht werden.
Hinweis für Patienten mit Lactose-Intoleranz: Die Kapseln enthalten Lactose: 67,2 mg (150 mg Kapsel), 89,6 mg (200 mg Kapsel) und 134,4 mg (300 mg Kapsel). Diese geringen Mengen reichen wahrscheinlich nicht aus, um die spezifischen Symptome einer Lactoseintoleranz auszulösen. Patienten mit der seltenen hereditären Galactose-Intoleranz, völligem Lactase-Mangel oder Glucose-Galactose-Malabsorption sollten dieses Arzneimittel nicht einnehmen.
Pädiatrie
Sicherheit: Asymptomatische PR-Intervallverlängerung trat bei pädiatrischen Patienten häufiger auf als bei Erwachsenen. Bei pädiatrischen Patienten wurde ein asymptomatischer AV-Block Grad 1 oder 2 beobachtet (siehe «Unerwünschte Wirkungen»). Arzneimittel, die bekannterweise eine PR-Verlängerung induzieren können, sollten mit Vorsicht angewendet werden. Bei pädiatrischen Patienten mit Störungen der Reizleitung, d.h. AV-Block Grad 2 oder höher oder Schenkelblock («Complex Bundle Branch Block») sollte Atazanavir-Mepha mit Vorsicht angewendet werden und nur, wenn der erwartete Nutzen das Risiko überwiegt. Basierend auf den vorliegenden klinischen Befunden (z.B. Bradykardie) wird eine Überwachung der Herzfunktion empfohlen.
Wirksamkeit: Atazanavir/Ritonavir ist bei Virusstämmen mit mehreren Resistenzmutationen nicht wirksam. Bei erwachsenen Patienten mit ≥4 Proteaseinhibitor-Mutationen ist kein Behandlungserfolg zu erwarten, während dies bei vorbehandelten Kindern möglicherweise sogar bereits bei weniger Proteaseinhibitor-Mutationen der Fall ist (siehe auch «Eigenschaften/Wirkungen»).
Immunrekonstitutionssyndrom
Bei HIV-Patienten mit schwerer Immundefizienz bei Beginn einer antiretroviralen Kombinationstherapie kann eine entzündliche Reaktion gegenüber asymptomatischen oder residuellen opportunistischen Pathogenen auftreten. Dies kann zu gravierenden klinischen Komplikationen oder zu einer Verschlechterung bestehender Symptome führen. Solche Reaktionen (z.B. Retinitis verursacht durch Zytomegalovirus, generalisierte und/oder lokalisierte mykobakterielle Infektionen, Pneumonie verursacht durch Pneumocystis carinii) wurden innerhalb der ersten Wochen oder Monate nach Beginn einer antiretroviralen Kombinationstherapie beobachtet. Alle auftretenden entzündlichen Symptome sollten evaluiert und, falls erforderlich, adäquat behandelt werden.
Es liegen auch Berichte über Autoimmunerkrankungen (wie z.B. Morbus Basedow) vor, die im Rahmen einer Immunreaktivierung auftraten. Allerdings ist der Zeitpunkt des Auftretens sehr variabel, und diese Ereignisse können viele Monate nach Beginn der Behandlung auftreten.
Hautausschläge und assoziierte Syndrome
Hautausschläge («Rash»), welche häufig während der Behandlung mit Atazanavir-Mepha auftreten (siehe auch «Unerwünschte Wirkungen») äussern sich üblicherweise als milde bis mässige makulopapulöse Hautausschläge, die innerhalb der ersten 3 Wochen nach Therapiebeginn auftreten. Bei den meisten Patienten verschwinden diese Hautausschläge bei Weiterbehandlung mit Atazanavir-Mepha innerhalb von 2 Wochen.
Bei gravierenden Hautausschlägen sollte die Behandlung mit Atazanavir-Mepha abgebrochen werden.
Unter Behandlung mit Atazanavir-Mepha wurde ebenfalls über Stevens Johnson Syndrom, Erythema multiforme und toxische Hautreaktionen berichtet, inkl. Rash durch Arzneimittel, Eosinophilie und systemische Symptome (DRESS-Syndrom).
Lipodystrophie und metabolische Störungen
Die antiretrovirale Kombinationstherapie wurde mit einer Umverteilung des Körperfetts (Lipodystrophie) bei HIV-Patienten in Verbindung gebracht. Die Langzeitwirkungen dieser Ereignisse sind derzeit nicht bekannt. Die Kenntnisse über den Mechanismus sind unvollständig. Ein Zusammenhang zwischen viszeraler Lipomatose und Proteaseinhibitoren sowie Lipoatrophie und nukleosidanalogen Reverse-Transkriptase-Hemmern wird angenommen. Ein erhöhtes Risiko für eine Lipodystrophie wurde mit individuellen Faktoren (z.B. höheres Alter) und mit arzneimittelabhängigen Faktoren (z.B. länger dauernde antiretrovirale Behandlung und den damit verbundenen metabolischen Störungen) assoziiert. Im Rahmen der klinischen Untersuchung sollte auf körperliche Anzeichen von Fettumverteilung geachtet werden. Siehe auch «Unerwünschte Wirkungen».
Osteonekrose
Obwohl eine multifaktorielle Ätiologie angenommen wird (darunter Anwendung von Kortikosteroiden, Alkoholkonsum, schwere Immunsuppression, höherer Body-Mass-Index), wurden Fälle von Osteonekrose insbesondere bei Patienten mit fortgeschrittener HIV-Erkrankung und/oder Langzeitanwendung einer antiretroviralen Kombinationstherapie (ART) berichtet. Die Patienten sind darauf hinzuweisen, bei Auftreten von Gelenkbeschwerden und -schmerzen, Gelenksteife oder Schwierigkeiten bei Bewegungen den Arzt aufzusuchen.
Lipidwerte/Blutzuckerspiegel
Eine Messung der Lipidwerte und der Blutzuckerspiegel sollte in Betracht gezogen werden. Lipidstörungen sind entsprechend dem klinischen Krankheitsbild zu behandeln.
In klinischen Studien zeigte Atazanavir (mit oder ohne Ritonavir) eine geringere Induktion von Dyslipidämien im Vergleich zu den Komparatoren. Jedoch ist die klinische Bedeutung dieser Befunde nicht geklärt, weil entsprechende kardiovaskuläre Endpunkte (kardiovaskuläre Morbidität, kardiovaskuläre Mortalität) nicht untersucht wurden.
Hyperglykämie
Es existieren Berichte über ein erstmaliges Auftreten von Diabetes mellitus, Hyperglykämie oder Exazerbation eines bereits bestehenden Diabetes mellitus bei Patienten unter Therapie mit Proteaseinhibitoren. In einigen Fällen war die Hyperglykämie schwerwiegend und bei manchen Patienten zudem mit einer Ketoazidose assoziiert. Viele Patienten hatten komplexe Begleitfaktoren, von denen einige eine Therapie mit Substanzen erforderte, die mit Diabetes oder Hyperglykämie assoziiert waren.
Laktatazidose
In den klinischen Studien mit Atazanavir (mit oder ohne Ritonavir) traten Laktatazidosen im Rahmen der kombinierten antiretroviralen Therapie auf (ca. 1%). Bei den Patienten, bei denen eine Laktatazidose beobachtet wurde, lagen üblicherweise begleitende Risikofaktoren, wie NRTI-Therapie, Übergewicht usw. oder weibliches Geschlecht vor. Die Daten bezüglich Entwicklung einer Laktatazidose bei der Kombinationsbehandlung mit Atazanavir und Ritonavir bei vorbehandelten Patienten sind noch beschränkt.
Nephrolithiasis
Bei Patienten unter Behandlung mit Atazanavir-Mepha wurde über Nephrolithiasis und/oder Cholelithiasis berichtet (siehe auch Kapitel «Unerwünschte Wirkungen»). Einige Patienten mussten für weitere therapeutische Massnahmen hospitalisiert werden und bei anderen Patienten traten Komplikationen auf. Bei Anzeichen oder Symptomen von Nephrolithiasis und/oder Cholelithiasis sollte ein vorübergehender Unterbruch oder ein Absetzen der Behandlung in Erwägung gezogen werden.
Erhöhte Bilirubinwerte/erhöhte Transaminasen
Eine reversible, indirekte (unkonjugierte) Hyperbilirubinämie infolge Hemmung der UDP-Glucuronosyl-Transferase (UGT) wurde unter einer Therapie mit Atazanavir beobachtet. Bei Patienten mit Erhöhung der Lebertransaminasen und gleichzeitig erhöhten Bilirubinwerten unter Atazanavir-Mepha-Therapie sollte die Ätiologie dieser veränderten Laborwerte abgeklärt werden. Bei stark ansteigenden Transaminasen muss die Behandlung mit Atazanavir-Mepha abgebrochen werden. In den klinischen Studien an therapienaiven Patienten trat eine Hepatitis, die zum Studienabbruch führte, insgesamt in weniger als 1% der Fälle auf.
Falls Ikterus oder Sklerenikterus für den Patienten ein kosmetisches Problem sind, kann eine Alternativtherapie zu Atazanavir-Mepha in Erwägung gezogen werden. Eine Dosisreduktion von Atazanavir-Mepha wird nicht empfohlen, weil dies zu einer verminderten therapeutischen Wirksamkeit und der Entwicklung einer Resistenz führen kann.
Schwangerschaft/Hyperbilirubinämie: siehe «Schwangerschaft/Stillzeit».
Indinavir/Hyperbilirubinämie: siehe «Interaktionen».
Erwachsene Patienten, bei denen KEINE Behandlung mit Atazanavir-Mepha ohne Ritonavir in Erwägung gezogen werden soll
Ein Behandlungsschema mit Atazanavir-Mepha ohne Ritonavir (ungeboostet) soll in folgenden Situationen nicht in Erwägung gezogen werden:
·bei vorherigem virologischen Versagen.
·wenn mit dem bestehenden Behandlungsschema eine nachweisbare Viruslast während 6 Monaten beobachtet wurde.
·bei bekannten HIV-assoziierten Resistenzmutationen gegenüber dem bestehenden Behandlungsschema.
·in der Schwangerschaft.
·bei bekannter Nicht-Compliance im Hinblick auf die HIV-Behandlung.
·bei bestimmten Begleitmedikationen, welche die Bioverfügbarkeit von Atazanavir reduzieren (siehe auch «Interaktionen: Interaktionen von Atazanavir mit oder ohne Ritonavir und anderen Arzneimitteln»).
Siehe auch «Dosierung/Anwendung: Absetzen von Ritonavir nur unter einschränkenden Voraussetzungen».
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