Eigenschaften/WirkungenATC-Code
A16AX04
Wirkungsmechanismus
Nitisinon ist ein kompetitiver Inhibitor der 4-Hydroxyphenylpyruvatdioxygenase, dem zweiten Schritt des Tyrosinstoffwechsels. Durch die Hemmung des normalen Tyrosinabbaustoffwechsels bei Patienten/Patientinnen mit HT-1 verhindert Nitisinon die Ansammlung schädlicher Metaboliten nach dem 4-Hydroxyphenylpyruvatdioxygenase-abhängigen Schritt.
Der biochemische Defekt bei HT-1 ist ein Mangel an Fumarylacetoacetathydrolyase, dem Endenzym des Tyrosinkatabolismus. Nitisinon verhindert die Ansammlung der toxischen Zwischenprodukte Maleylacetoacetat und Fumarylacetoacetat. Diese Zwischenprodukte werden anderenfalls zu den toxischen Metaboliten Succinylaceton und Succinylacetoacetat umgewandelt. Succinylaceton hemmt die Porphyrinsynthese, wodurch es zur Ansammlung von 5-Aminolaevulinat kommt.
Pharmakodynamik
Bei Patienten/Patientinnen mit HT-1 führt die Nitisinonbehandlung zu einem normalisierten Porphyrinstoffwechsel mit normaler Porphobilinogen-Synthaseaktivität in den Erythrozyten und normalem 5-Aminolävulinat-Urinspiegel, verringerter Ausscheidung von Succinylaceton im Harn, Anstieg der Tyrosinkonzentration im Plasma und erhöhter Ausscheidung von Phenolsäuren im Harn. Die verfügbaren Daten aus einer klinischen Studie weisen darauf hin, dass sich bei über 90 % der Patienten der Succinylaceton-Urinspiegel während der ersten Behandlungswoche normalisiert. Succinylaceton sollte bei richtig eingestellter Nitisinondosis im Urin oder Plasma nicht nachweisbar sein.
Klinische Wirksamkeit
Es wurde eine unverblindete, nicht kontrollierte Studie mit n=250 Patientinnen/Patienten durchgeführt. In der Studie betrug die Anwendungshäufigkeit zweimal täglich.
In der Studie zeigte sich eine Überlebenswahrscheinlichkeit von 93% nach 2, 4 und 6 Jahren falls man mit einer Behandlung im Alter von 6 Monaten und jünger begonnen hat. War der Patient älter als 6 Monate betrug die Überlebenswahrscheinlichkeit 96% (nach 2 Jahren) beziehungswiese 95% nach 4 und 6 Jahren; als durchschnittliche Überlebenswahrscheinlichkeit resultiert ein Wert von 94%.
Eine historische Kontrolle, in welcher die Überlebenswahrscheinlichkeiten nach 1 Jahr und 2 Jahren, unterteilt nach dem Zeitpunkt des Auftretens der ersten Symptome (< 2 Monate, 2 - 6 Monate und > 6 Monate) gemessen wurden, zeigte eine höhere Überlebenswahrscheinlichkeit je später die ersten Symptome diagnostiziert wurden (> 6 Monate: 96%) (van Spronsen et al., 1994). Traten die Symptome während der beiden ersten Lebensmonate auf, betrug die Überlebenswahrscheinlichkeit 38% nach 1 Jahr und 29% nach 2 Jahren. Hingegen betrug die Überlebenswahrscheinlichkeit 74% (nach 1 und 2 Jahren) falls die Symptome zwischen dem zweiten und sechsten Lebensmonat auftraten.
Die Nitisinonbehandlung (n=250) führte den Ergebnissen zufolge ausserdem zu einem (im Vergleich mit historischen Daten über die ausschliessliche Behandlung mit Ernährungseinschränkungen) verringerten Risiko für die Entstehung von Leberzellkarzinomen. Es wurde festgestellt, dass die frühzeitige Einleitung der Behandlung zu einer weiteren Verringerung des Risikos für die Entstehung von Leberzellkarzinomen führte.
Wurde im Alter von 24 Monaten und jünger mit einer Nitisinonbehandlung begonnen, betrug die Wahrscheinlichkeit für das Nicht-Auftreten eines HCC (engl. Hepatocellular carcinoma) 99% nach 2, 4 und 6 Jahren. War der Patient älter als 24 Monate betrug sie 92% nach 2, 82% nach 4 und 75% nach 6 Jahren.
Eine internationale Untersuchung von HT-1- Patienten, die ausschliesslich eine Behandlung mit Ernährungseinschränkungen erhielten, zeigte, dass bei 18 % aller Patienten ab 2 Jahren ein HCC diagnostiziert wurde.
In einer Studie mit 19 HT-1-Patienten wurden die Pharmakokinetik, Wirksamkeit und Sicherheit der einmal täglichen Dosierung mit der zweimal täglichen Dosierung verglichen. Zwischen der einmal täglichen und der zweimal täglichen Dosierung wurden keine klinisch bedeutsamen Unterschiede hinsichtlich der unerwünschten Ereignisse (UE) oder anderer Sicherheitsbeurteilungen festgestellt. Bei keinem der Patienten war am Ende der einmal täglichen Behandlungsperiode Succinylaceton (SA) nachweisbar. Die Studie deutet darauf hin, dass die einmal tägliche Gabe in allen Altersgruppen der Patienten sicher und wirksam ist. Die Daten zu Patienten mit einem Körpergewicht < 20 kg sind jedoch begrenzt.
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