Warnhinweise und VorsichtsmassnahmenBlutung
Integrilin ist ein Antithrombotikum, dessen Wirkmechanismus in der Hemmung der Thrombozytenaggregation besteht. Unter Integrilin kommt es häufig zu leichten Blutungen ohne identifizierbare Blutungsstelle (z.B. spontane Makrohämaturie; spontane Hämatemesis; beobachteter Blutverlust mit einer Abnahme des Hämoglobins um >3 bis ≤5 g/dl oder einer Abnahme des Hämatokrits um 12 bis 15%) oder eine insignifikante Blutung (die nicht ausreicht, die oben genannten Kriterien zu erfüllen).
Während der Herzkatheterisierung treten Blutungen hauptsächlich an der arteriellen Zugangsstelle auf. In seltenen Fällen können innere Blutungen auftreten und den Urogenitaltrakt betreffen. Im Allgemeinen sind Blutungen auf den Behandlungszeitraum und die 24 Stunden nach Infusionsende begrenzt.
Frauen, ältere Patienten und Patienten mit einem geringen Körpergewicht können ein erhöhtes Blutungsrisiko haben. Diese Patienten müssen im Hinblick auf das Blutungsrisiko engmaschig überwacht werden.
Schwere Blutungen, die definiert sind als intrakraniale Blutungen oder Blutungen im Zusammenhang mit einer Abnahme des Hämoglobins >5 g/dl oder einer Abnahme des Hämatokrits >15%, scheinen unter der Behandlung mit Integrilin nicht häufiger aufzutreten.
Im Falle einer schwerwiegenden Blutung, die nicht durch lokale Kompression unter Kontrolle gebracht werden kann, sind die Integrilin-Infusion und jede Heparin-Begleittherapie unverzüglich zu beenden. Alle möglichen Blutungsstellen, z.B. Katheterzugangsstellen, arterielle, venöse oder Nadelpunktionsstellen, Schnittstellen, gastrointestinale, urogenitale und retroperitoneale Stellen, sind sorgfältig zu überwachen.
Vor der Infusion von Integrilin werden folgende Labortests empfohlen, um vorbestehende hämostatische Abweichungen nachzuweisen:
Hämatokrit oder Hämoglobin, Thrombozytenzahl, Serumkreatinin sowie Thromboplastinzeit (PT) und aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT). Bei Patienten, die sich einer PCI unterziehen, ist zudem die aktivierte Gerinnungszeit (ACT) zu messen.
Zugangsstelle Arteria femoralis (Leiste)
Im Rahmen der Behandlung mit Integrilin wurde eine Zunahme leichter Blutungen, insbesondere an der arteriellen Zugangsstelle für die Platzierung des Femoralkatheters, beschrieben.
Entfernung des Femoralarterienkatheters während der Integrilin-Behandlung
Die Integrilin-Infusion ist über 18-24 Stunden fortzusetzen. Wenn die Läsion nach der Angioplastie angiographisch stabil zu sein scheint (z.B. bei Fehlen einer grösseren Dissektion oder eines Thrombus) ist keine weitere Heparin-Behandlung erforderlich. Der Katheter kann 3-4 Stunden nach dem Verfahren entfernt werden, wenn die aktivierte partielle Prothrombinzeit (aPTT) ≤45 Sekunden oder die aktivierte Gerinnungszeit (ACT) ≤150 Sekunden beträgt. Bei Überschreiten dieser Werte sind wiederholte Blutentnahmen erforderlich, bis die Zielwerte erreicht werden.
Eine Hämostase an der Katheterstelle ist mit standardmässigen Kompressionstechniken zu erzielen, wobei die Druckausübung für mindestens 30 Minuten zu erfolgen hat. Falls angezeigt kann Heparin 3-4 Stunden nach Erzielen der Hämostase erneut verabreicht werden. Die Dosis und Infusionsdauer liegen im Ermessen des Arztes.
Aufrechterhaltung des Femoralarterienzugangs über Nacht
Wird der Katheterzugang über Nacht aufrechterhalten, ist die Integrilin-Dauerinfusion für 18-24 Stunden gleichzeitig mit einer Heparin-Dauerinfusion mit einer Rate von mindestens 10 Einheiten/kg/Stunde zu applizieren, um die aPTT auf dem 2-3fachen des Kontrollwertes zu halten. Der Katheter kann 4 Stunden nach Absetzen der Integrilin- und Heparin-Infusion unter Verwendung üblicher Kompressionstechniken entfernt werden.
Die Patienten können nach Ermessen des Arztes bereits 4 Stunden nach dem Ende der Integrilin-Infusion nach Hause entlassen werden.
Allgemeine pflegerische Massnahmen
Die Zahl der arteriellen und venösen Punktionen und intramuskulären Injektionen sollte möglichst gering gehalten werden. Harnkatheter, nasotracheale Intubationen, nasogastrische Schläuche und automatische Blutdruckmanschetten sollten nur nach strenger Indikationsstellung verwendet werden. Beim Legen eines i.v. Zugangs sind nicht kompressionsfähige Stellen, wie die Vena subclavia oder die Vena jugularis, zu vermeiden. Gefässpunktionsstellen sollten dokumentiert und regelmässig überwacht und die Verbände vorsichtig abgenommen werden. Die Verwendung von NaCl- oder Heparinschleusen zur Blutentnahme sollte in Betracht gezogen werden.
Thrombozytopenie und Immunogenität in Verbindung mit GP-IIb/IIIa-Inhibitoren
Integrilin (Eptifibatid) hemmt die Thrombozytenaggregation, scheint jedoch allgemein keine Auswirkungen auf die Lebensfähigkeit von Thrombozyten zu besitzen. Die Inzidenz von Thrombozytopenie war gering und fiel in klinischen Studien bei Patienten unter Eptifibatid bzw. unter Placebo vergleichbar aus, und nach der Zulassung wurde in seltenen Fällen über eine immunvermittelte Thrombozytopenie berichtet. Das Vorliegen von übertragbaren Faktoren im Plasma, die offenbar Eptifibatid-abhängig GP-IIb/IIIa-Rezeptoren binden, impliziert, dass bei Patienten, die zuvor noch kein GP-IIb/IIIa-Ligand-Mimetikum erhalten haben oder erneut mit Eptifibatid behandelt werden, eine immunvermittelte thrombozytopenische Reaktion zu beobachten sein könnte.
Der Mechanismus, ob immunvermittelt oder nicht, über den Eptifibatid eine Thrombozytopenie induzieren kann, ist noch nicht vollständig geklärt. Da entweder eine Reexposition gegenüber einem GP-IIb/IIIa-Ligand-Mimetikum (wie Abciximab oder Eptifibatid) oder eine Erstexposition gegenüber einem GP-IIb/IIIa-Inhibitor mit einer immunvermittelten thrombozytopenischen Reaktion einhergehen könnte, ist auf eine mögliche Thrombozytopenie in Verbindung mit Hypotonie und/oder andere Zeichen einer Überempfindlichkeit zu achten.
Die Bestimmung der Thrombozytenzahl sollte vor der Behandlung, 2-4 Stunden nach Applikation des Integrilin-Bolus und 24 Stunden nach Infusionsende oder vor der Entlassung des Patienten erfolgen. Sollte es zu einem bestätigten Abfall der Thrombozytenzahl auf <100'000/mm3 oder zu einer akuten tiefen Thrombozytopenie kommen, sollte sofort ein Absetzen jeglicher Medikation mit bekannten oder mutmasslichen thrombozytopenischen Effekten einschliesslich Eptifibatid, Heparin und Clopidogrel erwogen werden. Es sind unterstützende Massnahmen einzuleiten, darunter eine serielle Bestimmung der Thrombozytenzahlen zur Festlegung des Managements und Klärung der Ätiologie. Sollte die Thrombozytopenie nicht auf Eptifibatid zurückzuführen sein, so kann die Behandlung nach Normalisierung der Thrombozytenzahl wieder aufgenommen werden.
Verlängerung der Blutungszeit
Die Anwendung von Integrilin als intravenöser Bolus und Infusion führt zu einem bis zu 5fachen Anstieg der Blutungszeit. Dieser Anstieg geht nach Absetzen der Infusion schnell zurück, wobei die Blutungszeiten innerhalb von 2 bis 8 Stunden zum Ausgangswert zurückkehren. Integrilin hat bei alleiniger Anwendung keine nachweisbare Wirkung auf die Thromboplastinzeit (PT) oder die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT).
Anwendung von Heparin
Die Patienten sind mit Heparin zu behandeln, sofern keine Kontraindikation (wie Thrombozytopenie im Zusammenhang mit der Anwendung von Heparin in der Anamnese) vorliegt. Die Dosisempfehlung für Patienten mit einem Körpergewicht ≥70 kg beträgt 5000 Einheiten als Bolusdosis, gefolgt von einer intravenösen Dauerinfusion von 1000 Einheiten/h. Bei Patienten mit einem Körpergewicht <70 kg ist eine Bolusdosis von 60 Einheiten/kg anzuwenden, gefolgt von einer Infusion von 12 Einheiten/kg/h. Die aktivierte partielle Thromboplastinzeit (aPTT) ist zu überwachen, um einen Wert zwischen 50 und 70 Sekunden aufrechtzuerhalten.
Koronarangioplastie
Bei Durchführung einer Koronarangioplastie ist die aktivierte Blutgerinnungszeit (ACT) zu überwachen, um einen Wert zwischen 300 und 350 Sekunden aufrechtzuerhalten. Bei einer ACT von mehr als 300 Sekunden ist die Heparin-Behandlung abzusetzen. Heparin darf erst wieder verabreicht werden, wenn die ACT auf einen Wert von unter 300 Sekunden fällt.
Nicht-notfallmässige Koronarangioplastie mit intrakoronaren Stents
Bei Patienten, welche innerhalb von 6 Stunden vor dem geplanten Eingriff nicht mit Heparin behandelt wurden, ist die Verabreichung eines Heparin Bolus von 60 U/kg empfohlen. Die angestrebte Blutgerinnungszeit (ACT) während des Eingriffes beträgt 200 bis 300 Sekunden. Um die Blutgerinnungszeit (ACT) innerhalb dieses Bereiches zu halten, kann während der PCI ein zusätzlicher Heparin-Bolus verabreicht werden.
Patienten mit Nierenfunktionsstörungen
Bei Patienten mit mittelschwerer bis schwerer Niereninsuffizienz (Kreatinin-Clearance <50 ml/min) werden die Clearance von Eptifibatid um ca. 50% reduziert und die Steady-State-Plasmakonzentrationen annähernd verdoppelt. Deshalb sollte die Dosis der Dauerinfusion bei diesen Patienten auf 1,0 µg/kg/Minute reduziert werden (vgl. «Dosierung/Anwendung»). Es liegen keine Daten vor zur Pharmakokinetik und Sicherheit von Integrilin bei Patienten mit stark eingeschränkter Nierenfunktion (Kreatinin-Clearance <30 ml/min), deshalb sollte Integrilin bei diesen Patienten nicht verabreicht werden.
Die therapeutischen Erfahrungen mit Patienten, bei denen eine thrombolytische Therapie generell indiziert ist (z.B. beim akuten transmuralen Myokardinfarkt mit neuen pathologischen Q-Amplituden, erhöhten ST-Segmenten oder Linksschenkelblock im EKG), sind begrenzt. Folglich wird die Verwendung von Integrilin unter diesen Umständen nicht empfohlen. Die Integrilin-Infusion ist sofort zu stoppen, wenn Umstände auftreten, die eine thrombolytische Therapie notwendig machen, oder wenn der Patient sich einer Notfall-CABG-Operation (Coronary Artery Bypass Grafting) unterziehen muss oder eine intraaortale Ballonpumpe benötigt.
Leberfunktionsstörungen
Es liegen nur begrenzte Erfahrungen mit Patienten mit eingeschränkter Leberfunktion vor. In kontrollierten klinischen Studien traten bei Patienten mit leichter Leberfunktionsstörung keine unerwarteten Probleme auf. Es liegen keine Erfahrungen zur Dosisanpassung bei Patienten mit schwereren Leberfunktionsstörungen vor.
Labortests
Während und nach der Integrilin-Therapie und einer adjuvanten Heparintherapie sind die Thrombozytenzahl sowie die aktivierte Gerinnungszeit (ACT) oder die aktivierte partielle Prothrombinzeit (aPTT) engmaschig zu überwachen.
Natriumgehalt
Integrilin Injektionslösung enthält 1,38 mg Natrium pro ml resp. 13,8 mg pro Durchstechflasche zu 10 ml. Der Inhalt einer Durchstechflasche entspricht 0,69% der von der WHO für einen Erwachsenen empfohlenen maximalen täglichen Natriumaufnahme mit der Nahrung von 2 g.
Integrilin Infusionslösung enthält 1,61 mg Natrium pro ml resp. 161 mg pro Durchstechflasche zu 100 ml. Der Inhalt einer Durchstechflasche entspricht 8,05% der von der WHO für einen Erwachsenen empfohlenen maximalen täglichen Natriumaufnahme mit der Nahrung von 2 g.
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