Dosierung/AnwendungDie Einleitung der Procysbi-Therapie sollte unter der Kontrolle eines Arztes erfolgen, der über Erfahrung in der Behandlung von Cystinose verfügt.
Die Mercaptamin-Therapie muss umgehend nach Bestätigung der Diagnose einer nephropathischen Cystinose (d.h. anhand eines erhöhten leukozytären Cystingehaltes) eingeleitet werden, damit ein höchstmöglicher therapeutischer Nutzen erreicht wird.
Übliche Dosierung
Der Cystingehalt der Leukozyten kann mit einer Reihe unterschiedlicher Methoden bestimmt werden, z.B. mit spezifischen Leukozyten-Untergruppen (z.B. Granulozyten-Assay) oder mittels Leukozytengemisch-Assay, wobei für jeden Assay unterschiedliche Zielwerte bestehen. Angehörige von Gesundheitsberufen sollten sich bei Entscheidungen hinsichtlich der Diagnose und der Dosierung von Procysbi für Patienten mit Cystinose auf die Assay-spezifischen, von den einzelnen Testlaboratorien angegebenen therapeutischen Zielwerte beziehen. Zum Beispiel besteht das therapeutische Ziel darin, den Cystingehalt der Leukozyten unter 1 nmol Hemicystin/mg Protein (bei Bestimmung mittels Leukozytengemisch-Assay) 30 min nach der Einnahme zu halten. Bei Patienten, die Procysbi in stabiler Dosierung einnehmen und die keinen einfachen Zugang zu einer Einrichtung haben, in der ihr leukozytärer Cystingehalt bestimmt werden kann, besteht das Therapieziel darin, die Mercaptaminkonzentration im Plasma über 0,1 mg/l 30 min nach der Einnahme zu halten.
Zeitpunkt der Bestimmung: Procysbi sollte alle 12 Stunden eingenommen werden. Die Bestimmung des Cystingehalts der Leukozyten und/oder des Mercaptamingehalts im Plasma muss 12,5 Stunden nach der vorabendlichen Einnahme erfolgen und damit 30 Minuten nach der folgenden morgendlichen Einnahme.
Umstellung von Mercaptaminbitartrat-Hartkapseln mit sofortiger Freisetzung auf Procysbi
Patienten mit Cystinose, die Mercaptaminbitartrat mit sofortiger Freisetzung einnehmen, können auf eine tägliche Gesamtdosis Procysbi umgestellt werden, die ihrer vorigen täglichen Gesamtdosis Mercaptaminbitartrat mit sofortiger Freisetzung entspricht.
Die tägliche Gesamtdosis sollte auf zwei Gaben aufgeteilt werden, die im Abstand von 12 Stunden eingenommen werden. Die empfohlene Höchstdosis Mercaptamin beträgt 1,95 g/m2/Tag. Die Anwendung höherer Dosen als 1,95 g/m2/Tag wird nicht empfohlen (siehe Abschnitt «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Patienten, die von Mercaptaminbitartrat mit sofortiger Freisetzung auf Procysbi umgestellt werden, sollten 2 Wochen nach der Umstellung und anschliessend alle 3 Monate ihren leukozytären Cystingehalt bestimmen lassen, damit überprüft werden kann, ob die oben beschriebene optimale Dosis erreicht wurde.
Neu diagnostizierte erwachsene Patienten
Bei neu diagnostizierten erwachsenen Patienten sollte die Procysbi-Dosis zu Behandlungsbeginn 1/6 bis 1/4 der angestrebten Erhaltungsdosis betragen. Die angestrebte Erhaltungsdosis beträgt 1,3 g/m2/Tag, aufgeteilt auf zwei Gaben mit Einnahme im Abstand von 12 Stunden. Die Dosis sollte alle 4-6 Wochen erhöht werden, wenn der Patient das Arzneimittel gut verträgt und der Cystingehalt der Leukozyten über 1 nmol Hemicystin/mg Protein (bei Bestimmung mittels Leukozytengemisch-Assay) liegt. Die empfohlene Höchstdosis Mercaptamin beträgt 1,95 g/m2/Tag. Die Anwendung höherer Dosen als 1,95 g/m2/Tag wird nicht empfohlen (siehe Abschnitt «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Die in der Fachinformation angegebenen Zielwerte werden mittels Leukozytengemisch-Assay erhalten. Es ist zu beachten, dass die therapeutischen Ziele für die Cystindepletion Assay-spezifisch sind und für unterschiedliche Assays spezifische Behandlungsziele bestehen. Aus diesem Grund sollten sich Angehörige von Gesundheitsberufen auf die Assay-spezifischen, von den einzelnen Testlaboratorien angegebenen therapeutischen Zielwerte beziehen.
Neu diagnostizierte Kinder und Jugendliche
Bei neu diagnostizierten Kindern im Alter von 1 Jahr oder älter sollte die Procysbi-Dosis zu Behandlungsbeginn 1/6 bis 1/4 der angestrebten Erhaltungsdosis betragen. Diese kann bei Kindern im Alter von 1 bis 6 Jahren alle 2 Wochen und bei älteren Kindern alle 4-6 Wochen bis zur angestrebten Erhaltungsdosis erhöht werden. Die angestrebte Erhaltungsdosis von 1,3 g/m2/Tag kann entsprechend der folgenden Tabelle angenähert ermittelt werden, wobei sowohl die Körperoberfläche als auch das Körpergewicht des Patienten berücksichtigt wird.
Körpergewicht in Kilogramm
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Empfohlene Dosis in mg alle 12 Stunden*
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0 – 5
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200
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5 – 10
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300
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11 – 15
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400
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16 – 20
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500
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21 – 25
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600
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26 – 30
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700
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31 – 40
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800
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41 – 50
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900
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>50
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1000
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* Zur Erreichung des Ziel-Cystingehalts der Leukozyten können höhere Dosen erforderlich sein.
Die Anwendung höherer Dosen als 1,95 g/m2/Tag wird nicht empfohlen.
Besondere Patientengruppen
Patienten, die Mercaptamin schlecht vertragen
Auch Patienten, die Mercaptamin schlechter vertragen, erfahren noch einen signifikanten Nutzen, wenn ihr leukozytärer Cystingehalt unter 2 nmol Hemicystin/mg Protein (bei Bestimmung mittels Leukozytengemisch-Assay) liegt. Um dies zu erreichen, kann die Mercaptamin-Dosis bis auf maximal 1,95 g/m2/Tag erhöht werden. Eine Dosis von 1,95 g/m2/Tag Mercaptaminbitartrat mit sofortiger Freisetzung wurde mit einer erhöhten Rate von Behandlungsabbrüchen aufgrund von Unverträglichkeit sowie einer erhöhten Rate unerwünschter Wirkungen assoziiert. Wenn Mercaptamin anfangs wegen gastrointestinaler (GI) Symptome oder vorübergehender Hautausschläge schlecht vertragen wird, sollte die Behandlung vorübergehend unterbrochen und mit einer niedrigeren Dosis wiederaufgenommen werden. Anschliessend sollte die Dosis schrittweise auf den angestrebten Wert gesteigert werden (siehe Abschnitt «Warnhinweise und Vorsichtsmassnahmen»).
Dialysepatienten und transplantierte Patienten
Beschränkte Erfahrungen zeigen, dass Dialysepatienten bestimmte Mercaptamin-Formen weniger gut vertragen (d.h. es treten mehr unerwünschte Wirkungen auf). Bei diesen Patienten wird eine engmaschigere Kontrolle des leukozytären Cystingehalts empfohlen.
Patienten mit Nierenfunktionsstörungen
Eine Dosisanpassung ist in der Regel nicht erforderlich, jedoch sollte der leukozytäre Cystingehalt überwacht werden.
Patienten mit Leberfunktionsstörungen
Eine Dosisanpassung ist in der Regel nicht erforderlich, jedoch sollte der leukozytäre Cystingehalt überwacht werden.
Art der Anwendung
Dieses Arzneimittel kann durch Schlucken der intakten Kapseln eingenommen werden oder indem der Kapselinhalt (magensaftresistent beschichtete Kügelchen) auf Nahrungsmittel gestreut wird. Es kann auch über eine Magensonde gegeben werden.
Die Kapseln oder der Kapselinhalt dürfen nicht zermahlen oder zerkaut werden.
Vergessene Einnahme
Falls eine Einnahme vergessen wurde, sollte sie sobald wie möglich nachgeholt werden. Ist jedoch die folgende Einnahme innerhalb der nächsten 4 Stunden fällig, sollte die vergessene Einnahme übersprungen und anschliessend wieder das verschriebene Einnahmeschema eingehalten werden. Die Dosis darf nicht verdoppelt werden.
Einnahme mit Nahrungsmitteln
Mercaptaminbitartrat kann zusammen mit einem sauren Fruchtsaft oder mit Wasser eingenommen werden.
Mercaptaminbitartrat sollte nicht zusammen mit fett- oder proteinreichen Nahrungsmitteln oder mit gefrorenen Nahrungsmitteln wie Eiscreme eingenommen werden. Patienten sollten innerhalb von 1 Stunde vor und 1 Stunde nach der Einnahme von Procysbi darauf verzichten, Mahlzeiten und Milchprodukte zu sich zu nehmen. Wenn es nicht möglich ist, während dieses Zeitraums nüchtern zu bleiben, kann innerhalb der Stunde vor und nach der Einnahme von Procysbi eine kleine Menge Nahrung (ungefähr 100 Gramm) verzehrt werden (vorzugsweise Kohlenhydrate). Es ist jedoch wichtig, dass die Einnahme von Procysbi im Verhältnis zum Verzehr von Nahrungsmitteln stets auf die gleiche, reproduzierbare Weise erfolgt (siehe Abschnitt «Eigenschaften/Wirkungen»).
Bei Kindern im Alter bis zu 6 Jahren, bei denen ein Aspirationsrisiko besteht, sollten die Hartkapseln geöffnet und der Inhalt auf Nahrung oder Flüssigkeit gestreut werden wie nachfolgend beschrieben.
Aufstreuen auf Nahrung
Kapseln zur Einnahme am Morgen oder Abend werden geöffnet und der Inhalt wird auf 100 Gramm Apfelmus oder Beerengelee gestreut. Das Mercaptamin-Granulat wird zur Mischung vorsichtig in die weiche Nahrung eingerührt. Die gesamte Mischung sollte aufgegessen werden. Anschliessend können 250 ml einer sauren Flüssigkeit wie Fruchtsaft (z.B. Orangensaft oder ein sonstiger saurer Fruchtsaft) oder Wasser getrunken werden. Die Mischung muss innerhalb von 2 Stunden nach der Zubereitung gegessen und vom Zeitpunkt der Zubereitung bis zum Verzehr im Kühlschrank aufbewahrt werden.
Gabe über eine Magensonde
Kapseln zur Einnahme am Morgen oder Abend werden geöffnet und der Inhalt wird auf 100 Gramm Apfelmus oder Beerengelee gestreut. Das Mercaptamin-Granulat wird zur Mischung vorsichtig in die weiche Nahrung eingerührt. Die Mischung wird dann über eine Magensonde, eine nasogastrale Sonde oder eine Gastrotomie-/Jejunostomie-Sonde gegeben. Die Mischung muss innerhalb von 2 Stunden nach der Zubereitung gegeben und vom Zeitpunkt der Zubereitung bis zur Einnahme im Kühlschrank aufbewahrt werden.
Aufstreuen auf Orangensaft oder sonstigen sauren Fruchtsaft oder Wasser
Kapseln zur Einnahme am Morgen oder Abend werden geöffnet und der Inhalt wird auf 100 bis 150 ml sauren Fruchtsaft oder Wasser gestreut. Die Dosis kann wie folgt verabreicht werden:
·Option 1 / Spritze: Mercaptamin-Granulat und sauren Fruchtsaft oder Wasser 5 Minuten lang vorsichtig mischen und die Mischung anschliessend in eine Dosierspritze füllen.
·Option 2 / Tasse: Mercaptamin-Granulat und sauren Fruchtsaft oder Wasser in einer Tasse 5 Minuten lang vorsichtig mischen oder in einer Tasse mit Deckel (z.B. einer Schnabeltasse) 5 Minuten lang vorsichtig schütteln. Die Mischung anschliessend trinken.
Die Mischung muss innerhalb von 30 Minuten nach der Zubereitung eingenommen (getrunken) und muss vom Zeitpunkt der Zubereitung bis zur Einnahme im Kühlschrank aufbewahrt werden.
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